Protokoll der Sitzung vom 30.04.2008

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 44. Sitzung des 14. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie. Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen und die Gespräche einzustellen.

Urlaub für heute habe ich Frau Abg. Chef erteilt.

Krank gemeldet sind Herr Abg. Reichardt und Herr Staatssekretär Hillebrand.

Meine Damen und Herren, für Frau Kollegin Carla Bregenzer ist dies die letzte Plenarsitzung, bevor sie mit Ablauf des heutigen Tages aus dem Landtag ausscheidet.

Liebe Frau Bregenzer, Sie gehören dem Landtag seit April 1992 als Mitglied an, also ziemlich genau 16 Jahre. Sie konzentrierten sich bei Ihrer parlamentarischen Arbeit zehn Jahre lang auf den Schulausschuss und teilweise parallel dazu zwölf Jahre lang auf den Wissenschaftsausschuss. Ihre Arbeit in beiden Ausschüssen war immer von großer Sachkompetenz geprägt. Durch Ihre parlamentarischen Initiativen zu den Jugendsekten und zu Scientology haben Sie Maßstäbe gesetzt und sich als Expertin auf diesem Gebiet große Anerkennung erworben.

Der Landtag von Baden-Württemberg verliert mit Ihnen eine starke Persönlichkeit, die mit Kraft und Leidenschaft hier Politik betrieben hat.

Ich möchte Ihnen, liebe Frau Bregenzer, auch namens des ganzen Landtags für Ihre parlamentarische Arbeit sehr herzlich danken und Ihnen weiterhin alles Gute wünschen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Meine Damen und Herren, eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt vervielfältigt auf Ihren Tischen. Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvorschlägen zu. – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Im Eingang befinden sich:

1. Schreiben des Bundesverfassungsgerichts vom 15. April 2008, Az.: 1 BvR 906/08 – Verfassungsbeschwerde der Diskothekenbetreiberin H. GmbH & Co. KG gegen § 7 des Landesnichtraucherschutzgesetzes

Überweisung an den Ständigen Ausschuss

2. Mitteilung der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) vom 24. April 2008 – Information der Landesparlamente über die wirtschaftliche und finanzielle Lage der Landesrundfunkanstalten der ARD – Drucksache 14/2590

Überweisung an den Ständigen Ausschuss

3. Mitteilung des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) vom 22. April

2008 – Information der Landesparlamente über die wirtschaftliche und finanzielle Lage des ZDF – Drucksache 14/2669

Überweisung an den Ständigen Ausschuss

4. Mitteilung des Deutschlandradios vom 24. April 2008 – Information

der Landesparlamente über die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Deutschlandradios – Drucksache 14/2670

Überweisung an den Ständigen Ausschuss

Noch ein Hinweis: Unter Punkt 2 unserer Tagesordnung ist die Zweite und Dritte Beratung von zwei Gesetzentwürfen zur Änderung der Landesverfassung vorgesehen. Sie sind gemäß § 50 unserer Geschäftsordnung mit der Fristverkürzung für die Dritte Beratung dieser beiden Gesetzentwürfe einverstanden. – Auch dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist auch dies so beschlossen.

Meine Damen und Herren, es ist eine Geschäftsordnungsdebatte angekündigt. Das Wort zur Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abg. Drexler.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem CDU und FDP/DVP in der letzten Woche im Präsidium weder die Dringlichkeit unseres Antrags mitbeschlossen haben noch zu diesem Thema eine Aktuelle Debatte genehmigt haben, beantrage ich jetzt namens der SPD-Landtagsfraktion, unseren Antrag Drucksache 14/2640 – Sofortiger Stopp aller Planungen zur 2. Startbahn am Flughafen Stuttgart – gemäß § 57 der Geschäftsordnung für dringlich zu erklären.

Ich begründe das wie folgt: Wie es heißt, soll Anfang Juni der Koalitionsausschuss – das ist ja unwidersprochen geblieben – die Vergabe eines Gutachtens beschließen. Der Landtag hat im Mai keine Plenarsitzung mehr. Wir haben deshalb keinerlei Chance, zuvor parlamentarisch darauf einzugehen und darüber noch einmal eine Debatte zu führen. Wir glauben aber, dass der baden-württembergische Landtag das Recht hat, über

diese Frage noch einmal zu diskutieren, bevor der Auftrag zur Erstellung eines Gutachtens erteilt wird.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Nun ist uns gesagt worden, der Koalitionsausschuss sei kein staatliches Gremium. Das ist richtig. Aber das ist auch gar nicht Bedingung für die Dringlichkeit.

(Zuruf des Abg. Michael Theurer FDP/DVP)

Wenn es von dem Gremium abhängt, ob ein Gutachten in Auftrag gegeben wird, dann ist die Dringlichkeit natürlich gegeben.

In der Zwischenzeit gibt es ja noch weitere, inhaltliche Gründe. Der Ministerpräsident hat in der Zwischenzeit seine Haltung auch geändert und das Motto ausgegeben: „Badehose von Karlsruhe aus und Schlips von Stuttgart aus“, also Geschäftsreisen von Stuttgart aus

(Abg. Ute Vogt SPD: Und Freude in Baden!)

und Urlaubsflieger von Karlsruhe aus. Wenn er damit das gemeint hat, was wir seit acht Jahren verlangen, nämlich dass eine Flughafenkonzeption erstellt werden soll, die auch die Einzugsbereiche der Flughäfen berücksichtigt – in der 60-Minuten-Isochrone, wie das im Fachdeutsch heißt, um Karlsruhe leben drei Millionen Menschen und um Stuttgart 4,5 Millionen Menschen –, und wenn er das anders aufteilen will, dann ist er bei uns. Herr Ministerpräsident, dann wollen Sie das, was wir seit acht Jahren fordern, nämlich eine integrierte Flughafenkonzeption.

Zweitens: Der Innenminister hat zusammen mit seinem Haus acht Jahre lang immer wieder erklärt: „Es geht nicht.“ Seit Neuestem, seit drei Wochen, erklärt er: „Es ist schwierig, aber es könnte auch klappen.“

Und drittens: Einige von Ihnen – noch nicht alle, aber einige – waren in der Zwischenzeit auch auf den Fildern und haben gesehen, was dort passieren würde – Herr Mappus, Sie auch. Jeder, der die Absteckungen gesehen hat und weiß, dass 6 bis 10 Millionen m3 Erde dort hinaufgekarrt werden müssen, damit diese Start- und Landebahn gebaut werden kann – das sind also eine Million Lkw-Ladungen –, und jeder, der weiß, dass die Böschung in Scharnhausen vor den Häusern bis zu 20 m hoch ist, und berücksichtigt, dass die Flugzeuge später 40 m über den Friedhof von Scharnhausen oder 100 m über die Kirche in Scharnhausen hinwegfliegen, wird sagen: Wir brauchen keine zweite Startbahn; das geht nicht.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Deshalb brauchen wir kein Gutachten. Wir brauchen es auch deswegen nicht, weil wir natürlich inhaltlich etwas anderes brauchen. Wir brauchen eine integrierte Flughafenkonzeption. Dabei gilt es erstens, alle Flughäfen im Land zu vernetzen, vor allem natürlich den Flughafen Karlsruhe. Auch das wird bisher nicht gemacht, obwohl im Generalverkehrsplan steht: die Vernetzung des Schienen- und des Luftverkehrs. Wir haben es für Stuttgart beschlossen, für Karlsruhe bisher nicht. Es wird vom Innenminister sogar abgelehnt, eine Schienenanbindung an den Karlsruher Flughafen zu schaffen.

Das Zweite ist, dass wir den Schienenverkehr insgesamt ausbauen müssen. Um dieses Ziel zu erreichen, nehmen wir ja auch viel Geld für Stuttgart 21 in die Hand. Sie sehen, dass durch Schienenangebote nicht nur Verkehr verlagert, sondern auch Flugverkehr reduziert wird. Auch das ist Aufgabe einer Flughafenkonzeption. Aufgrund der TGV-Verbindung wurden die Flugverbindungen Paris–Lyon und Paris–Straßburg eingestellt. Germanwings fliegt ab 1. April dieses Jahres nicht mehr von Köln nach Paris, weil eine entsprechende Zugverbindung mit dem TGV besteht.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Was hat denn das mit der Geschäftsordnung zu tun? Reden Sie doch zur Geschäftsordnung!)

Ich rede doch zur Geschäftsordnung. Ich begründe gerade inhaltlich unseren Antrag, Herr Kollege Herrmann. Ich weiß das schon.

(Beifall bei der SPD – Abg. Klaus Herrmann CDU: Als Vizepräsident sollten Sie wissen, dass Sie gera- de die Geschäftsordnung beugen!)

Als Stuttgarter Abgeordneter sollten Sie wissen, wie die Situation auf den Fildern aussieht.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Ich bin von Ludwigs- burg, nicht von Stuttgart! – Heiterkeit bei der CDU)

Sie sind von Ludwigsburg, okay.

(Heiterkeit)

Ich habe gedacht, bloß Herr Schmiedel komme aus Ludwigsburg.

(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Thomas Blenke CDU: Der ist aber nicht bei uns!)

Der dritte Punkt ist, dass in dieser Flughafenkonzeption auch die gleiche Besteuerung drin ist.

Jetzt kriegen wir eine Debatte darüber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ob es eine Flugverbindung von Dubai nach Stutt gart geben solle.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ich wollte immer schon nach Dubai!)

Darüber kann man möglicherweise reden, aber nicht solange im Planfeststellungsbeschluss steht, die Flugstrecken dürften 3 000 km nicht überschreiten und es solle ein europäischer Mittelstreckenflughafen sein.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Machen Sie jetzt eine in- haltliche Diskussion, oder diskutieren wir zur Ge- schäftsordnung?)