(Beifall bei der CDU und der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut! – Abg. Marianne Wonnay SPD: So eine kurze Re- de!)
Herr Präsident, meine sehr verehrte Damen und Herren! Zu Recht ist schon viel über die Wichtigkeit der kommunalen Selbstverwaltung gesagt worden. Ich will anfügen: 200 Jahre kommunale Selbstverwaltung. Die Städteordnung von 1808 unter Freiherr vom Stein sollte an dieser Stelle auch einmal erwähnt werden. Wenn die Verabschiedung des vorliegenden Gesetzes nun mit diesem 200Jahr-Jubiläum zusammenfällt, dann freut uns dies. Aber es hätte natürlich auch etwas früher auf den Weg gebracht werden dürfen.
Ich will die Gelegenheit nutzen – vieles ist auch schon vom Kollegen Stickelberger gesagt worden –, einer kleinen Legendenbildung vorzubeugen. Denn ein solch froher Tag dient auch dazu, dass gewisse Dinge schlichtweg übersehen werden. Es ist noch gar nicht lange her – nämlich ziemlich genau fünf Jahre –, als die FDP/DVP-Fraktion eine Große Anfrage zum Thema „Die Finanzkraft der Kommunen stärken“ eingebracht hat. Die Antwort der Landesregierung hierzu umfasste rund 25 Seiten. Darin kam das Wort „Konnexitätsprinzip“ ein einziges Mal vor.
Da hieß es: „Das Konnexitätsprinzip hat sich in unserer Landesverfassung bewährt.“ Kein Wort darüber, dass etwa bei uns im Land Verbesserungen notwendig seien. Kein Wort darüber, dass das 1953 in die Landesverfassung aufgenommene Konnexitätsprinzip zwar schön auf dem Papier zu lesen stand, aber in der kommunalen Wirklichkeit kaum angekommen war. Ich sage das auch als Bürgermeister: In den letzten Jahren gab es kaum eine Versammlung auf kommunaler Ebene, in der nicht das Thema „Wer bestellt, bezahlt“, sprich das Konnexitätsprinzip, auf der Tagesordnung stand, und das aus gutem Grund.
Wir haben jetzt sehr viel von deutlichen Fortschritten gehört. Aussagen wie „Stärkung der kommunalen Ebene“, „wichtige Verfassungsänderung“, „starke Position der Kommunen“ kann unsere Fraktion unterstreichen. Aber dies haben wir nicht et
wa dem forschen Vorangehen der Landesregierung zu verdanken, sondern einzig und allein den vielen Bürgermeistern, Oberbürgermeistern und Landräten, die dies über die kommunalen Landesverbände immer wieder zum Thema gemacht haben. Deshalb herzlichen Dank an unsere kommunalen Landesverbände für die Beharrlichkeit, die Geduld und das stete Drängen in dieser Thematik!
Einen Punkt will ich aufgreifen, der im Innenausschuss durchaus umstritten war. Kollege Herrmann hat geäußert – und auch die Landesregierung hat diese Auffassung vertreten –, dass das Konnexitätsprinzip bei Zustimmungsgesetzen nicht gelten solle. Wohl unbestritten ist es infolge der Föderalismusreform nicht mehr möglich, dass der Bund Aufgaben direkt auf die Kommunen überträgt. Hätte man dies politisch gewollt, hätte in der Beziehung zwischen Bund und Kommunen ebenfalls ein Konnexitätsprinzip eingeführt werden müssen.
In einem Punkt sind wir uns mit den kommunalen Landesverbänden einig: Wenn sich die Länder vom Bund Aufgaben übertragen lassen, im Bundesrat dem noch zustimmen und durch Landesgesetzgebung danach Aufgaben an die Kommunen übertragen werden, dann muss natürlich das Konnexitätsprinzip gelten. Alles andere wäre unlogisch und inkonsequent, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Insgesamt ist ein Kompromiss herausgekommen, der von beiden Seiten ein Nachgeben erforderte. Von Detailfragen abgesehen, ist es ein guter Kompromiss.
Die Kommunen haben sich bei der Vereinbarung vom Dezember 2006 auf finanzielle Zugeständnisse eingelassen und – das will ich betonen – somit zu einem wesentlichen Teil an der Konsolidierung des Landeshaushalts mitgewirkt.
Eine Kürzung des kommunalen Finanzausgleichs in den Jahren 2007 bis 2010 um jeweils 395 Millionen € und darüber hinaus eine Kürzung bei den allgemeinen Ausgaben um 10 Millionen €, das macht im Jahr 405 Millionen €, in vier Jahren damit 1,6 Milliarden €. Die Kommunen haben es dem Verhandlungsgeschick der Landesverbände zu verdanken, dass wir bei dieser Summe angekommen sind, denn die Landesregierung war mit einer wesentlich höheren Forderung in die Verhandlungen gegangen.
Unsere Fraktion wird dem Gesetz in der Erwartung zustimmen, dass damit eine neue Partnerschaft zwischen Land und Kommunen begründet wird und damit eine wesentliche Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung erfolgt.
Meine Damen, meine Herren, wir wollen in den Kommunen viele Aufgaben übernehmen, um näher an den Bürgerinnen und Bürgern sein zu können. Dafür brauchen wir in unseren Städten und Gemeinden auch das notwendige Geld.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Das Gesetz zur Stärkung des Konnexitätsprinzips setzt die soeben beschlossene Änderung der Landesverfassung und das erweiterte Konnexitätsprinzip dort konsequent um und beschreibt ein Verfahren, nach dem dies künftig im Zusammenspiel zwischen Landesregierung, Landtag und den kommunalen Landesverbänden funktionieren wird. Diesem Gesetz stimmen wir zu.
Wir stimmen ihm auch deshalb zu, weil das Verfahren schon im Vorfeld von den Verhandlungspartnern so beschrieben worden ist. Wenn die Verhandlungspartner sich auf diese schlanke Regelung einigen können – und wir haben eine schlanke Regelung, wenn wir es mit denen in anderen Bundesländern vergleichen, beim Konsultationsverfahren – und wenn sie sagen: „Wir haben genug Erfahrungswerte, und in den letzten Jahren ist auch einiges Vertrauen neu aufgebaut worden“, dann ist das für uns hinreichend, um mit diesem Verfahren einverstanden zu sein.
Ich darf an dieser Stelle für meine Fraktion sagen, dass auf unserer Seite durchaus ein gewisser Stolz angebracht ist. Denn exakt dieses Verfahren, diesen Vorschlag haben wir im Jahr 2005 in dieses Parlament eingebracht. Damals sind wir auf große Skepsis gestoßen, insbesondere bei den Regierungsfraktionen, die seinerzeit noch keinen Handlungsbedarf in dem beschriebenen und jetzt in Gesetzesform vorliegenden Sinn erkennen konnten. Dass wir das heute, drei Jahre später, so auf den Weg bringen, erfüllt uns mit Freude und beweist die alte Lebensweisheit: Eine gute, konstruktive Opposition regiert auch in Baden-Württemberg mit, meine Damen und Herren.
Schlanke Regelung, wie gesagt, ist richtig. Wir sind gespannt, wie sich das Gesetz zur Stärkung des Konnexitätsprinzips bewähren wird. Dass es Streitpunkte geben wird, Herr Kollege Heiler, haben wir im Vorfeld der heutigen Sitzung deutlich gemerkt. Die CDU hat fünfmal die Hand gehoben, dreimal zu Recht, zweimal nach unserer beiderseitigen Auffassung zu Unrecht. Es wird also auch in Zukunft selbstverständlich Auseinandersetzungen zwischen den Kommunen, ihren Landesverbänden und der Landesregierung über die Konnexitätsfolgen geben. Aber wir sind erst einmal zuversichtlich, dass die Aufstellung besser ist, dass die Augenhöhe „gleicher“ geworden ist als in der Vergangenheit und dass deswegen gute Voraussetzungen für eine faire Partnerschaft vorhanden sind.
Herr Kollege Wolf, die Kommunen und die Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg sind seit vielen Jahrzehnten erfolgreich. Sie sind Erfolgsgaranten für dieses Land, binden Bürger an unsere Demokratie. Sie tun das manchmal trotz und manchmal auch mithilfe der Landesregierung. Aber sie tun es, und das ist, denke ich, eine wichtige Erkenntnis und die Basis dafür, dass wir die kommunale Selbstverwaltung heute wieder um einen entscheidenden Schritt stärken.
Ich glaube, dass ansonsten alle Argumente ausgetauscht sind. Ich muss sie jetzt nicht unnötig wiederholen. Im Sinne der Sitzungsökonomie möchte ich an dieser Stelle schließen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nachdem wir vorhin bei der Änderung der Landesverfassung A gesagt haben, müssen wir jetzt auch B sagen
und diesem Gesetz zur Stärkung des Konnexitätsprinzips zustimmen. Für die FDP/DVP-Fraktion ist das kein Problem. Um Präzisierung, Verschärfung und Erweiterung des Prinzips „Wer bestellt, der muss auch zahlen“ konkret umsetzen zu können, brauchen wir eben dieses Gesetz. Das Gesetz ist auch notwendig, um möglichen Streitigkeiten bei der Umsetzung so weit wie möglich vorzubeugen. Deshalb ist es sinnvoll, die Grundsätze des speziellen Konsultationsverfahrens und die Grundsätze der dabei vorzunehmenden Kostenfolgenabschätzung gesetzlich zu regeln.
Zugleich wird klargestellt, dass damit das allgemeine Anhörungsrecht der kommunalen Landesverbände nach Artikel 71 der Landesverfassung, das uns sehr wichtig ist, nicht berührt ist und dass dies auch mit dem Finanzausgleichsgesetz nicht korreliert. Dazu haben wir ja die Gemeinsame Finanzkommission von Land und Kommunen, in der sie Empfehlungen zu Grundsatzfragen der Konnexität abgeben können.
Artikel 2 des Gesetzes, das wir jetzt debattieren, gibt den kommunalen Landesverbänden – und zwar jedem einzelnen; es ist uns auch sehr wichtig, dass jeder einzeln handeln kann – durch eine Änderung des Gesetzes über den Staatsgerichtshof das Recht, der Klage einer Kommune beizutreten.
Das Ganze ist sozusagen das Kleingedruckte dieses großen Vertrags zwischen Land und Kommunen vom Herbst 2006. Es ist gut, dass die gesetzestechnische Umsetzung hier im Landtag eine breite Mehrheit findet und auch die Zustimmung der kommunalen Landesverbände hat. Ich hoffe, dass wir bei der Abstimmung ein Ergebnis erzielen, das der Beschlusslage im Innenausschuss entspricht, und dies einstimmig verabschieden können.
Im Kreis Reutlingen, aus dem ich komme, gibt es einen Bürgermeisterchor, der schon dabei war, den bekannten Karnevalsschlager einzuüben: „Wer soll das bezahlen, wer hat das bestellt, wer hat so viel Pinkepinke, wer hat so viel Geld?“
Dieser Chor braucht dieses Lied nun nicht mehr weiter einzuüben, sondern kann andere, schönere Lieder singen,
Niemand wird bestreiten können, meine Damen und Herren, dass sich die FDP stärker und früher als andere, Herr Kollege Heiler, in dieser Frage engagiert hat. Der Kollege Theurer hat das ja bereits gesagt. Denn für uns ist die kommunale Selbstverwaltung kein Lippenbekenntnis, sondern sie hat hohe Bedeutung.
Wenn Sie mir damit die Ermächtigung geben, künftig auch für Grüne und Sozialdemokraten zu sprechen, dann will ich das gern tun – allerdings dann auch in anderen Fragen.
Es hat einige Zeit gedauert, bis wir dies gemeinsam mit den kommunalen Landesverbänden durchsetzen konnten. Dass es am Ende gelungen ist, heute zu einer einvernehmlichen Regelung zu kommen, zeigt wieder einmal: Es lohnt sich, unserer Spezialität zu frönen; es lohnt sich, dicke Bretter zu bohren.