Hans-Ulrich Sckerl

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Herr Staatssekretär, im Anschluss an die beiden Fragen der Kollegen, auch bezüglich der PPP-Projekte, frage ich: Können Sie mir etwas zum aktu ellen Stand der Erweiterung des Polizeipräsidiums Mannheim sagen, die ebenfalls einmal als PPP-Projekt ins Auge gefasst worden war?
Herr Minister, bitte ge statten Sie noch eine Frage zur Umsetzung dessen, was Sie uns vorgetragen haben. Wir haben in der kommunalen Praxis manchmal den Fall, dass bei Bebauungsplänen das Flächen maß, das im Flächennutzungsplan für diese Fläche vorgese hen ist, überschritten wird. Ich kenne jetzt mehrere Fälle: 25 %, 30 % und mehr. Gibt es irgendeine Regelung, einen Me chanismus dafür, dass dieser Flächenmehrverbrauch an ande
rer Stelle eingespart werden muss? Wirkt Ihr Ministerium oder wirken die Regierungspräsidien konkret darauf ein?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Scheuermann, das waren ja Krokodilstränen, die Sie hier über den vermeintli chen Stilbruch vergossen haben. Es waren Krokodilstränen, weil dieser „Stilbruch“ doch Ihr Verhältnis zu diesem Unter suchungsausschuss vom Anfang bis zum Ende gekennzeich net hat: die Arbeitsbedingungen und Spielregeln, die die Mehrheit der Minderheit aufgezwungen hat, ohne die Rechte der Minderheit auf angemessene Beteiligung zu achten und zu wahren,
und zwar durch Terminierung, Terminhetze, fehlende Proto kolle, viel zu späte Aktenvorlage, fehlende Möglichkeiten zur ausführlichen Beweiswürdigung. Wer so etwas zugelassen und zum Teil auch gefördert hat, der sollte sich hier nicht hinstel len und die Verletzung von Spielregeln reklamieren, meine Damen und Herren.
Dass der Untersuchungsausschuss für Sie nichts bedeutet hat, für Sie lästig war, haben Sie doch auch selbst in mehreren Pha sen unter Beweis gestellt.
Sie haben doch ein Fernsehinterview gegeben – da waren Sie schon Vorsitzender –
und haben gesagt, Sie wüssten, was dabei herauskommt; es sei eigentlich eine völlig überflüssige Veranstaltung. Das ist mehrfach passiert. Das hat die ganze Arbeit begleitet. Ihr Ver hältnis zu dieser Aufgabe ist dabei völlig deutlich geworden; daran kann es doch überhaupt keinen Zweifel geben. Für Sie war der 30. September offensichtlich nicht mehr als ein be dauerlicher Betriebsunfall, den man am liebsten spätestens Mitte Oktober gern beerdigt und über den man dann nicht mehr geredet hätte.
Aber das entspricht nicht der Wirklichkeit in dieser Stadt und in diesem Land. Denn für sehr viele Menschen war das ein ganz einschneidendes Ereignis, das sie zum Teil bis zum heu tigen Tag bewegt. Zu Recht wird Aufklärung gefordert, und es werden natürlich auch Konsequenzen in allen Bereichen, in denen es solche geben kann und geben muss, gefordert und
erwartet. Das ist, denke ich, der berechtigte Anspruch der Bür gerinnen und Bürger draußen im Land. Diesen Anspruch müsste der Untersuchungsausschuss heute erfüllen. Aber mit dem, was Sie hier vortragen, und mit dieser unglaublichen Selbstgerechtigkeit, die Sie hier inszenieren, ist der Weg zu einer offenen und ehrlichen Aufklärung versperrt, meine Da men und Herren.
Die Ergebnisse, die wir heute vorlegen und die unter schwie rigen Arbeitsbedingungen entstanden sind, haben es in sich. Sie gefallen Ihnen natürlich nicht. Es kann keine Rede davon sein, dass alle Vorwürfe und Behauptungen in sich zusammen gebrochen wären, dass nichts Substanzielles herausgekom men wäre.
Nennen wir doch einmal Erkenntnisse, die wir gemeinsam festgestellt haben und die es ohne diesen Untersuchungsaus schuss nicht gegeben hätte.
Die Entscheidung über diesen Polizeieinsatz vom 30. Septem ber, meine Damen und Herren, fiel am Nachmittag des 29. September im Staatsministerium
in Anwesenheit des Ministerpräsidenten, der jetzt leider nicht da ist.
Zu Beginn dieser Besprechung stand nicht fest, wann dieser Einsatz sein wird, ob er am 30. September um 10:00 Uhr oder um 15:00 Uhr stattfinden wird oder ob er später standfinden wird. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die Polizeiführungen des Landes und der Stadt Stuttgart noch einen Disput miteinan der geführt. Entschieden wurde es bei dieser Besprechung.
Ein Polizeiführer wie Herr Stumpf, der seit vielen Jahren im Amt ist, hat es im Untersuchungsausschuss sinngemäß als ei ne einmalige Erfahrung in all den vielen Jahren bezeichnet, dass die Politik derart direkt und unmittelbar an der Entschei dung über einen solchen Einsatz beteiligt ist.
Das ist ein Ergebnis des Untersuchungsausschusses, und die sem Ergebnis müssen Sie sich selbstverständlich stellen.
Das ist ein klares Ergebnis des Untersuchungsausschusses. Sie werden doch nicht ernsthaft bestreiten wollen,
dass die Entscheidung bei dieser Besprechung gefallen ist.
Es gibt eine Grenze von Vorhaltungen, über die hinwegzugehen ich nicht bereit bin. Das ist ein klares gemeinsames Ergebnis.
Es ist völlig berechtigt, zu sagen:
Die Politik hat sich eingemischt.
Die Politik hat sich in die Entscheidung über diesen Polizei einsatz eingemischt. So ist das.
Schon deshalb war der Untersuchungsausschuss notwendig.
Nein, die gestatte ich nicht.
Zweite Erkenntnis, meine Damen und Herren.
Der Polizeieinsatz – –
Vielen Dank, Herr Prä sident. Man muss sich daran gewöhnen, gegen eine Wand des Schreiens anzureden, weil das natürlich nicht gern gehört wird. Das ist mir klar.
Der Polizeieinsatz, meine Damen und Herren, wurde einer seits monatelang vorbereitet, andererseits kam die Polizei – durch die Politik – auf der Schlussgeraden in eine Situation, in der sie unter Druck geriet, und deswegen ist dieser Einsatz dann doch schlecht vorbereitet gewesen, mit heißer Nadel ge strickt gewesen, und er ist völlig aus dem Ruder gelaufen. Da für müssen Sie Verantwortung übernehmen. Hören Sie doch auf, sich ständig hinter dem Rücken der Polizei zu verstecken! Sie loben verbal die Polizei, aber hier machen Sie die Polizei endgültig zum Sündenbock.
Es gibt doch überhaupt keinen Zweifel daran, dass dieser Ein satz aus dem Ruder gelaufen ist und wahrscheinlich auch aus dem Ruder laufen musste.
Schauen Sie sich doch die Aussagen insbesondere der erfah renen Polizeiführer aus anderen Bundesländern an. Welches Fazit ist denn daraus zu ziehen? Das sind doch keine Leute, die ihren Kollegen in Baden-Württemberg in den Rücken fal len, sondern die haben klare Ergebnisse bilanziert und haben gesagt: Solch einen Einsatz mit einem fast nicht vorhandenen Organisationskonzept haben sie in ihrer langen beruflichen Laufbahn noch nie erlebt.
Die Polizei war an diesem Tag personell auf Kante genäht, wie man so schön sagt. Das wissen Sie. Denn bis in die späten Abend stunden des 29. September mussten auswärtige Einsatzkräfte re krutiert werden. Das hätte auch schiefgehen können. Die Ret tungsdienste waren nicht rechtzeitig informiert. Sie hätten zum Zeitpunkt der Freigabe von Wasserwerfer und Pfefferspray in formiert werden müssen. Es hat aber Stunden gedauert. Deshalb kann beim Einsatz von Wasserwerfer und Pfefferspray von fest stehender Rechtmäßigkeit überhaupt keine Rede sein.
Im Gegensatz zu Ihnen haben wir uns auch – sowohl aus Für sorge für die Bürgerschaft als auch aus Fürsorge für die Poli zei – in der Bewertung ein Stück weit zurückhaltender ver halten. Für Sie stand das Urteil ab der ersten Stunde fest. Wir aber schauen uns erst Beweise an, wir hören uns fast 70 Zeu gen an. Wir sind auch in der Lage, Gerichtsentscheidungen, die noch kommen werden, abzuwarten und dann irgendwann im Verlauf dieses Jahres ein endgültiges Urteil zu fällen.
Aber dass Sie sich hier hinstellen und sagen, der Einsatz von Wasserwerfern, auch gegen Schülerinnen und Schüler – 15, 16 Jahre alt –, gegen Seniorinnen und Senioren – 70 bis 80 Jahre alt –
sei per se rechtmäßig, ist der eigentliche Skandal, meine Da men und Herren. Ihnen fehlt jede Spur von Selbstkritik – je de Spur!
Der Gutachter Professor Poscher hatte recht, als er sagte: Letztendlich wurde mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Da mit kommen wir zum zentralen Problem dieser Auseinander setzungen: Ihren Umgang mit einer kritischen Bürgerschaft.
Ab dem 1. Oktober hat es dem Ministerpräsidenten gedäm mert. Da kamen plötzlich Ideen wie Schlichtung und alles Mögliche; da kam ein Dialog zustande. Aber bis zum 30. Sep tember ging es um Durchsetzung, um die Demonstration von Macht, um das Bild des starken Ministerpräsidenten, um die Regierungserklärung. Am 6. Oktober sollte hier ursprünglich kein Ministerpräsident stehen, der von Dialog und Aufge schlossenheit gegenüber der Kritik der Bürgerschaft spricht, sondern einer, der eine erfolgreiche Bilanz präsentiert und sagt: „Ich habe im Mittleren Schlossgarten für klare Verhält nisse und für die Durchsetzung von Recht und Ordnung ge sorgt.“ Das war doch das eigentliche Ziel gewesen, meine Da men und Herren.
Deshalb ist der Umgang mit kritischer Bürgerschaft das zen trale Problem Ihrer Politik.
Sie können nicht akzeptieren, dass plötzlich eine Bürgerschaft, ganz breit aufgestellt aus allen Teilen der Gesellschaft, auch aus Wählerinnen und Wählern der CDU, mit einem hohen An teil von Seniorinnen und Senioren, kritische Fragen an ein wichtiges Projekt Ihrer Politik stellt
und auf die Straße geht. Damit haben Sie ein Problem. Bis zum heutigen Tag kommt Ihnen das vor wie die Invasion von Marsmenschen, aber nicht wie Proteste von normalen Bürge rinnen und Bürgern dieser Gesellschaft.
Solange Sie Ihre Selbstgerechtigkeit und diesen Stil, den Sie predigen, nicht aufgeben, werden Sie diese Probleme weiter hin haben.
Sie sprechen den Bürgerinnen und Bürgern pauschal das Grundrecht auf Demonstration ab,
indem Sie sagen: Alles, was am 30. September im Schloss garten stattgefunden hat, war rechtswidrig.
Das steht in Ihrer Bewertung: „Der Protest war rechtswidrig, die Demonstrationen waren unfriedlich, es waren ausschließ lich Verhinderungsblockaden.“ Das ist doch Ihre Feststellung.
Diese Feststellung hat mit der Wahrheit leider wenig zu tun. Sie sind offensichtlich gewillt, als Märchenerzähler
mit einer neuen Geschichte des 30. September im Wahlkampf unterwegs zu sein. Das ist im Interesse einer echten, objekti ven und auch selbstkritischen Aufklärung schwer verdauliche Kost, die Sie heute anbieten, meine Damen und Herren.
So sind dann auch Ihre Empfehlungen, und die gipfeln dann in der Forderung an die jungen Leute, an die Schülerinnen und Schüler: Denen muss wieder mehr Recht und Ordnung beige bogen werden, die müssen lernen, was staatsbürgerliche Rech te und Pflichten sind.
Wir werden diese Botschaft draußen im Land gern erzählen. Das dürfen Sie mir glauben.
Im 21. Jahrhundert jungen Leuten, die wir zu kritischen, mün digen Staatsbürgern erziehen wollen, so eine Botschaft – „Zu rück in die Fünfzigerjahre des letzten Jahrhunderts“ – zu prä sentieren, das muss man sich einmal vor Augen führen. Das ist die einzige Konsequenz, die Sie aus dem 30. September ziehen wollen. Wir meinen, das wird der Aufgabenstellung ei ner Regierung, einer regierungsfähigen Partei im 21. Jahrhun dert im Umgang mit kritischen, modernen Bürgern,
die auf Augenhöhe mit der Politik reden wollen, die kritische Fragen haben, nicht gerecht. Deswegen ist der 30. September in seiner Konsequenz auch ein Ereignis, das Sie unbedingt auf die Oppositionsbank in diesem Landtag verbannen muss, mei ne Damen und Herren.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In der Kürze liegt hier die Würze.
Deshalb erstens: Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu.
Zweitens: Das Gesetz ist wichtig für die Rettungsdienste, in erster Linie für das DRK.
Drittens: Es bedarf einer schnellen Ergänzung aus Berlin für die großen Fahrzeuge – Stichwort Feuerwehren.
Viertens: Frau Ministerin, wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie beim Vorliegen der entsprechenden bundesrechtlichen Er mächtigung dafür Sorge tragen könnten, dass sich der Anwen dungsbereich im Weiteren nicht nur auf die Mitglieder der Rettungsdienste, sondern auch auf die Mitarbeiter der Ret tungsdienste erstreckt. Gerade in den großstädtischen oder größeren Rettungsdiensten wäre das eine wichtige Ergänzung, die diese brauchen.
Ansonsten, wie gesagt, stimmen wir zu.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin fast geneigt, zu sagen: Der Wor te sind genug gewechselt. Das Einzige, was wirklich auffällt, ist: Der Gesetzentwurf kommt spät. Die Regierungsfraktio nen haben den Änderungsbedarf spät bemerkt.
Aber die Artikel 1 und 2 des Gesetzentwurfs sind völlig un streitig. Wir werden dem Gesetzentwurf morgen zustimmen.
Vielen Dank.
Verehrte Frau Präsiden tin, meine Damen und Herren! Das Wesentliche ist in dieser Debatte bereits gesagt worden. Ich kann mich sehr kurz fas sen.
Der Handlungsbedarf ist erkannt und richtig begründet. Es geht darum, bezüglich des Nachwuchses insbesondere Sorgen bei den Rettungsdiensten, beim Technischen Hilfswerk usw. zu zerstreuen und den Helfern adäquate Arbeits- und Einsatz bedingungen zu schaffen. Es ist richtig gesagt worden, dass die entscheidende Regelung für die Feuerwehren tatsächlich die bundesrechtliche Ermächtigung sein wird. Dennoch brau chen wir die Regelung, wie sie jetzt vorliegt.
Ich muss Ihre Geduld nicht über Gebühr strapazieren. Ich kann mich den Argumenten meiner Vorredner anschließen.
Wir werden diesem Gesetzentwurf zustimmen. Wir werden bei den Beratungen im Innenausschuss noch ein paar kleine Vorschläge machen, die aus den Reihen der Organisationen selbst stammen. Das spielt aber heute hier keine Rolle.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Ministerin, noch einmal zum Verhältnis zwischen Land und Kommunen. Wir haben mehrere Fälle, in denen sich Kommunen über das Ver halten von Straßenverkehrsbehörden beschweren, die die An ordnung straßenverkehrsrechtlicher Maßnahmen blockieren oder ablehnen. Es sind Maßnahmen, die die Kommunen gern im Lärmaktionsplan hätten. Das gilt z. B. für Geschwindig keitsbegrenzungen auf Bundesstraßen oder Autobahnen als wichtigem integralem Instrument einer lokalen Aktionspla nung. Übergeordnete Verkehrsbehörden lehnen dies ab.
Wie beurteilen Sie dies, und wie werden Sie auch vor dem Hintergrund eingreifen, dass Sie gleichzeitig sagen, Kommu nen seien in diesem Zusammenhang gegenüber dem Land nicht weisungsabhängig?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Hauk, vielen Dank dafür, dass Sie uns als Opposition das Minderheitenrecht auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zumindest nicht bestritten haben.
Dafür muss man nach Ihrer Rede schon dankbar sein.
Im Übrigen darf ich Sie darauf hinweisen, dass die Strategie, die Sie eben aufzubauen versucht haben, schon in sich zusam mengebrochen ist.
Sie haben am 1. Oktober, am 2. Oktober und am 5. Oktober angekündigt, dass Sie den Nachweis dafür erbringen werden, dass die alleinige Verantwortung für die Eskalation der Ge walt am 30. September aufseiten der Demonstrierenden lag.
Sie konnten uns bis zum heutigen Tag nicht die angekündig ten entscheidenden Bilder dafür zeigen.
Sie konnten uns nur einzelne Sequenzen zeigen, und Sie ha ben in den Tagen nach dem 30. September sehr schnell ge merkt, dass Ihre These haltlos ist, dass es im Rahmen der Er eignisse,
wie sie tatsächlich stattgefunden haben, nichts gibt, was die se These stützt und trägt. Das ist Ihr Problem.
Deshalb wenden Sie sich – das wurde in Ihrer Rede deutlich – natürlich gegen den Untersuchungsausschuss.
Wir sind der Meinung, dass die Ursachen für diese traurigen Vorgänge,
die das Land nachhaltig erschüttert haben, woanders liegen.
Deshalb wollen wir den Untersuchungsausschuss. Denn es wurde auch sehr schnell klar – schon bei der ersten bewerten den Pressekonferenz am 1. Oktober, aber insbesondere am 5. Oktober –, dass ein Aufklärungsinteresse auf Ihrer Seite gar nicht vorhanden ist. Das Urteil war schon gefällt: Es waren vermeintlich Demonstrierende. Der Satz „Der Einsatz der Po lizei war verhältnis- und rechtmäßig“ war von Anfang an zu hören.
Sie haben dichtgemacht. Sie haben Ihre übliche Wagenburg mentalität – die Sie zugegebenermaßen beherrschen – ausge breitet, und so ist es seitdem.
Jedem Beteiligten war klar: Wir werden in dieser so einschnei denden Frage um eine gründliche parlamentarische Untersu chung nicht herumkommen.
Ich sage Ihnen auch, warum. Es ist kein Problem der Grünen oder der SPD im Landtag. Dieses Ereignis war einschneidend, die Bilder gingen um die ganze Welt. Diese Bilder fangen Sie übrigens nie mehr ein. Das wissen Sie auch. Es war so ein schneidend, dass sich viele Tausend Menschen in Stuttgart, im Land, in der Republik und darüber hinaus bis zum heuti gen Tag die Frage stellen: Wie konnte es denn so weit kom men? Was ist dafür ursächlich gewesen? Was ist passiert, dass ein Kurs der Deeskalation, der stattgefunden hat und auch er folgreich war, aufgegeben wurde?
Stichwort „Abriss des Nordflügels“: Da werden auch Sie nicht behaupten, es habe gewalttätige Demonstrationen dagegen ge geben. Sie werden das nicht sagen, und Sie haben es auch nicht gesagt.
Was ist passiert?
Was ist am 30. September passiert, dass es diesen Strategie wechsel gegeben hat? Es ist doch vollkommen klar, dass die se Frage aufgeklärt werden muss. Sie bewegt Tausende von Bürgerinnen und Bürgern. Wir müssen den Bürgern diese Fra ge beantworten. Sie haben einen Anspruch darauf. Es gibt Ver letzte. Es gibt sogar Menschen, die ihr Augenlicht verloren haben. Es gibt junge Menschen, die eine schlimme Lektion in Staatsbürgerkunde erhalten haben.
Es gibt verletzte Polizisten – deren Verletzungen wir ebenso bedauern und bedauert haben
wie die Verletzungen von Demonstrierenden. Das ist über haupt keine Frage. Natürlich haben wir das getan.
Ich habe dies persönlich mehrfach in Diskussionen mit Poli zisten und Gewerkschaften der Polizei zum Ausdruck ge bracht. Was soll das denn hier? Selbstverständlich ist jeder Verletzte ein Verletzter zu viel. Das ist das Thema.
Weil es ein so einschneidendes Ereignis war, muss es aufge klärt werden.
Wir haben nun einmal begründeten Anlass für die Annahme, dass nicht einfach die Polizei irgendwann am Vormittag des 30. September gesagt hat: Heute müssen wir irgendwie ein mal härter durchgreifen und den Strategiewechsel vollziehen. Vielmehr haben wir Anlass zu der Annahme, dass die Politik da kräftig mitgemischt hat.
Denn es ging ja auch um etwas. Weil es so ist, müssen wir uns auch die Frage stellen, Herr Ministerpräsident: Worum geht es bei dieser Auseinandersetzung im Kern? Es geht im Kern um die Frage: Wie geht ein Staat mit Protesten seiner Bürge rinnen und Bürger um, insbesondere dann – das ist für uns al le in dieser Qualität in Baden-Württemberg neu –, wenn die se Bürgerinnen und Bürger eine in ihrer Vielzahl und Ent schiedenheit nie gekannte oder nie für möglich gehaltene Mas senbewegung – so wie in Stuttgart – darstellen? Das hat Sie selbstverständlich überrascht. Damit konnten Sie und können Sie bis zum heutigen Tag nicht umgehen, zumal wenn diese Massenbewegung die Regierung auch noch massiv unter Druck setzt und wenn diese Bürger in ihrem Anliegen, in ih rem Begehren eben besonders hartnäckig sind.
Die Antworten auf diese Fragen muss man finden. Auch da für muss es einen Untersuchungsausschuss geben. Für uns ist die politische Antwort – ohne Bewertung der einzelnen Vor gänge – in jedem Fall klar: In einer zivilen Gesellschaft muss eine Regierung ein solches Problem auch zivil lösen. Sie muss den Dialog führen,
sie muss sich den Bürgerinnen und Bürgern stellen, und sie muss vielleicht sogar – Stuttgart 21 gibt begründeten Anlass dazu – Konsequenzen aus der Ablehnung ihrer Position und ihrer bisherigen Politik ziehen.
Für Sie – dafür gibt es Anlässe – war zumindest am 30. Sep tember diese Antwort offensichtlich nicht klar. Entweder es hat Sie überrascht, oder Sie haben mit diesem Polizeieinsatz vorsätzlich oder fahrlässig die falsche Antwort gegeben.
Das herauszufinden ist Aufgabe des Untersuchungsausschus ses. Das ist seine ganz vornehme Aufgabe.
Wir müssten heutzutage doch gemeinsam zu der Überzeugung kommen,
dass Wasserwerfer, Pfefferspray
und Schlagstöcke in einer modernen Demokratie kein Mittel der Überzeugung mehr sind.
Feuerwerkskörper auch nicht. Daran haben wir nie einen Zweifel gelassen.
Aber wir müssen, meine Damen und Herren von der CDU, die Verhältnismäßigkeit der Mittel wahren.
Es ging am Vormittag des 30. September los, als über 1 000 Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen 13 und 17 Jah ren
im Mittleren Schlossgarten aufgetaucht sind.
Zeigen Sie uns doch einmal die Gewaltszenen. Zeigen Sie uns die Gewalthandlungen dieser Schülerinnen und Schüler, und zeigen Sie uns den Anlass, den es für die Polizei gegeben hat, so zu reagieren, wie sie reagiert hat. Zeigen Sie uns diesen Anlass! Ich sage Ihnen: Fehlanzeige!
Wir haben Videos gesehen, ja, richtig,
mit Uhrzeiten wie „14:00 Uhr“, „16:00 Uhr“, „18:00 Uhr“, „22:00 Uhr“ – das bestreitet niemand –, allerdings nicht für den entscheidenden Zeitraum. Verstehen Sie? Als Schülerin nen und Schüler demonstriert haben,
ist mit diesem Polizeieinsatz in verantwortungsloser Weise re agiert worden, meine Damen und Herren. Das ist das Prob lem.
Das muss aufgeklärt werden; das ist keine Frage.
Die Einflussnahme der Politik muss aufgeklärt werden. Es gibt Hinweise. Es gibt eine große Betroffenheit in der Polizei.
Dafür setzen wir einen Untersuchungsausschuss ein.
Unterschätzen Sie die Stimmung in der Polizei nicht. Die Po lizei muss mehr und mehr zu dem Eindruck gelangen,
dass sie wieder einmal als Prügelknabe für gescheiterte Poli tik missbraucht wird.
Unterschätzen Sie das nicht. Es gibt weit mehr als den einen Kollegen, der sich kritisch geäußert hat. Es gibt viel mehr Kol legen. Das Problem dieser Kollegen ist – aber auch da wird der Untersuchungsausschuss Aufklärung bringen –, dass sie natürlich Angst vor disziplinarischen Maßnahmen haben.
Deswegen sagen wir: Für den Untersuchungsausschuss ist ei ne wesentliche Voraussetzung, dass Polizistinnen und Polizis ten ohne Angst vor disziplinarischen Maßnahmen dort aussa gen können. Das ist eine ganz wesentliche Voraussetzung, meine Damen und Herren.
Nein, die gestatte ich nicht.
Im Zentrum steht für uns die Frage, wer für diesen Strategie wechsel verantwortlich ist und wer diesen wollte.
Warum musste die Herstellung des Baufelds unbedingt am erstmöglichen Tag stattfinden? Das sind Fragen, die im Ge samtkontext unbedingt beantwortet werden müssen. Warum gab es keinen maßvollen Weg, wie ihn – Kollege Schmiedel hat zu Recht darauf hingewiesen – der Stuttgarter Polizeiprä sident drei Monate zuvor beschrieben hat? Warum gab es ei nen solchen nicht? Diese Fragen müssen beantwortet werden. Deshalb begrüßen wir, dass die SPD heute diesen Antrag ge stellt hat, keine Frage.
Nachdem Herr Kollege Schmiedel ein paar kritische Anmer kungen an unsere Adresse gerichtet hat, darf ich sagen, dass wir es begrüßt hätten, wenn es einen gemeinsamen starken Auftritt der Opposition bereits zu Beginn gegeben hätte. Noch ist aber nichts verloren. Lassen Sie uns im Untersuchungsaus schuss gemeinsam kritisch diese Fragen stellen. Ich glaube, die Aufregung im Regierungslager zeigt deutlich, wie notwen dig diese Aufklärung ist – um es einmal ganz vorsichtig zu formulieren.
Herr Kollege Schmiedel, unser Antrag präzisiert an notwen digen Stellen den Untersuchungsauftrag. Ich erinnere Sie an das, was Sie vorhin gesagt haben. Wir könnten in eine Situa tion kommen, in der Beweisanträge deshalb nicht gestellt wer den können, weil sie vom ursprünglichen Untersuchungsauf trag nicht gedeckt sind. Dies gilt sowohl für die Frage nach der politischen Verantwortung für diesen Einsatz als auch für die Frage der Verhältnismäßigkeit der eingesetzten Mittel, als auch für zusätzliche Fragen.
Dabei geht es nicht um die Frage des Juchtenkäfers; das ha ben Sie völlig falsch verstanden. Es geht vielmehr um die Fra ge, ob nach all dem, was wir zwischenzeitlich wissen, der Po lizeieinsatz überhaupt rechtmäßig war, ob er hätte stattfinden dürfen oder ob damit nicht zu diesem Zeitpunkt eine rechts widrige Maßnahme durchgesetzt worden ist. Das ist eine klas sische Aufgabe für einen Untersuchungsausschuss.
Ich sage Ihnen zu, dass wir gern zusammenarbeiten und ge meinsam das Beste versuchen werden, weil wir bei vielen Tau send Bürgerinnen und Bürgern im Wort stehen, die seitdem Fragen haben. Dieser einmalige Vorgang muss aufgeklärt wer den, und dann müssen entsprechende Konsequenzen daraus gezogen werden.
Vielen Dank.
Frau Ministerin, am 30. September war ein Verfahren zum Erlass einer einstwei ligen Verfügung wegen der Baumfällungen im Gang. Davon wussten Sie – der Antrag lag ja rechtzeitig vor –, davon wuss te die Stadt Stuttgart, und davon wusste die Landesregierung insgesamt. In einem solchen Verfahren ist es übliche Praxis, das Gericht über sich ändernde Tatsachen wie diese Anforde rungen des EBA zu unterrichten, weil das verfahrenserheb lich bzw. bei einer einstweiligen Anordnung unmittelbar ent scheidungserheblich sein kann. Wieso wurde es unterlassen, das Verwaltungsgericht darüber zu informieren?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bürgerinnen und Bür ger in unserem Land wollen mehr Mitsprache: Sie wollen ge hört werden, sie wollen ernst genommen werden, und sie wol len zumindest bei wichtigen Grundsatzentscheidungen über die Zukunft unseres Landes mitreden. Das ist das Gebot die ser Tage, dieser Monate; das machen viele Umfragen deut lich. Deshalb passt der gemeinsame Gesetzentwurf von SPD und Grünen in diese Zeit; er gibt genau die richtige Antwort.
Wir müssen, auch wenn wir fast schon am Ende dieser 14. Wahlperiode sind, endlich zu einer vernünftigen Reform beim Thema Volksbegehren und bezüglich der Mitwirkungs möglichkeiten auch auf Landesebene kommen. Dazu ist un ser gemeinsamer Gesetzentwurf ein Angebot. Er ist ein An gebot an die Regierungsfraktionen, in Gespräche einzutreten, um dem Landtag in einer zweiten Lesung – selbstverständlich noch in diesem Jahr – ein gutes und überzeugendes Angebot vorlegen zu können.
Wir haben kein Interesse daran, das übliche Ritual abzuspu len: Ausschuss, Pflichtberatung: abgelehnt; zweite Lesung:
abgelehnt. Wir wollen, dass die Zeichen der Zeit erkannt wer den, meine Damen und Herren, und wir wollen endlich für substanzielle Änderungen bei den Mitsprachemöglichkeiten unserer Bürgerinnen und Bürger sorgen.
Dazu brauchen wir, Herr Innenminister, eine Reform, die die sen Namen auch wirklich verdient. Was Sie Anfang dieses Jahres vorgelegt haben, verdient den Namen „Reform“ nicht. Denn es reicht eben nicht aus, am Ende, bei der eigentlichen Volksabstimmung selbst, das Quorum abzusenken, die hohen Hürden am Anfang aber unverändert zu lassen. Was nützt es, wenn man von dem Berg, auf den man erst gar nicht hinauf kommt, etwas sanfter hinabrutschen kann? Die Steilwand wird etwas sanfter für das Hinabsteigen gestaltet, aber sie bleibt beim Hochklettern unverändert steil.
Die Hürden für ein Volksbegehren auf Landesebene sind er kennbar unüberwindlich. Deswegen gab es seit 1974 auch kei nen einzigen ernsthaften Versuch eines Volksbegehrens. Selbst Großorganisationen wie der Deutsche Gewerkschaftsbund sa gen: „Das schaffen wir nicht. Das ist eine Zumutung. 1,25 Millionen Bürgerinnen und Bürger binnen 14 Tagen ohne amt liche Bekanntmachung, ohne offizielle Aufforderung, dass es um eine Volksabstimmung geht, zu mobilisieren, auf die Amtsstuben zu gehen, ist nicht möglich.“ Deshalb müssen hier Reformen her.
Der Kollege Stickelberger hat zu Recht gesagt: Im Ranking schneiden wir verdammt schlecht ab. Das muss doch jeden anständigen CDU-Abgeordneten verdammt jucken.
Baden-Württemberg ist doch nach Ihrer Lesart immer spitze. Aber beim Volksbegehren, bei der Bürgermitwirkung sind wir im Vergleich der Bundesländer aktuell auf Platz 15.
Hinter uns ist nur noch das Saarland – auf Platz 16.
Im aktuellen Ranking von „Mehr Demokratie“, einer wichti gen Vereinigung auf Bundesebene, erhält Baden-Württemberg hinsichtlich der direkten Mitwirkung von Bürgerinnen und Bürgern die Note „mangelhaft“.
Unsere Landesverfassung und die Ausführungsgesetze sind in diesem Punkt Volksbegehrenverhinderungsgesetze, aber keine bürgerfreundlichen Mitwirkungsgesetze. Das müssen wir ändern, meine Damen und Herren.
Es hat keinen Sinn, zu glauben, die repräsentative Demokra tie, die man mit der Gründung der Bundesrepublik oder des Landes Baden-Württemberg geschaffen hat, könne einfach immer völlig unverändert in die nächsten Jahre und Jahrzehn te überführt werden. Wir erleben es doch aktuell: Dieses De mokratiemodell hat sich restlos verbraucht.
Jetzt hören Sie doch erst einmal zu.
Wir brauchen Maßnahmen, um unsere Demokratie wieder le bendig und attraktiv zu machen
und aus ihrem verstaubten Dasein herauszuholen. Nicht an al ten Ritualen festhalten, sondern die Bürgerinnen und Bürger auf die Reise in die Zukunft mitnehmen; das wird letztendlich auch dem Landtag selbst nutzen.
Es wird die repräsentative Demokratie wieder attraktiv ma chen, wenn der Bürger mehr mitgestalten kann.
Deshalb will unser Gesetzentwurf keine Ablösung der reprä sentativen Demokratie, sondern ein notwendiges Korrektiv, meine Damen und Herren. Darum geht es.
Deswegen muss eine Politik, die immer nur die Verhinderung von Bürgermitwirkung parat hat, aufhören.
Ich habe hohen Respekt vor den Gutachten, die die Landes regierung gestern präsentiert hat. Wir werden sie uns auch noch ausführlich anschauen. Hier haben sich zwei renommier te Verfassungsrechtler geäußert. Aber ihre politische Botschaft lautet dennoch: „Es gibt nichts, liebe Bürgerinnen und Bür ger. Wir haben nicht den politischen Willen dazu, dass ihr künftig mitwirken könnt.“ Diese Botschaft kommt draußen verheerend an. Wir müssen das ändern.
Zu Einzelheiten hat Kollege Stickelberger schon einiges ge sagt. Wir können das gern in der zweiten Runde vertiefen.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Kollegen Mack haben den Diskussions- und den Gesprächsbedarf deut lich gemacht.
Vieles, was Sie gesagt haben, kann in der Sache nicht stehen bleiben und ist historisch völlig unzulässig. Da schließe ich mich nahtlos Herrn Kollegen Stickelberger an. Ich muss mich auch entschieden dagegen verwahren, hier mit radikalen Kräf ten verglichen zu werden.
Herr Mack, es kam so herüber.
Dann haben Sie nachher vielleicht Gelegenheit zur Korrek tur; sie wäre dringend notwendig. Tut mir leid.
Zu Ihrem Beispiel mit der Volksabstimmung in der Schweiz über ein Verbot des Baus von Minaretten: Entschuldigung, bei uns genießt religiöse Betätigung Grundrechtsschutz und wird deshalb nicht Gegenstand eines Volksbegehrens sein – auf Landesebene schon gar nicht. Sie haben auch hier einen völ lig unzulässigen Vergleich angestellt.
Es geht bei einem Volksbegehren auf der Ebene Baden-Würt tembergs immer um Angelegenheiten des Landes. Diese sind klar definiert. Jeder Abgeordnete kennt sie. Abgabengesetze, Besoldungsfragen und das Haushaltsgesetz sind dabei von Volksbegehren ausgeschlossen.
Wir orientieren uns an der Volksentscheidsgesetzgebung an derer Bundesländer. In Niedersachsen, Hessen, Sachsen und Bayern regiert die CDU bzw. die CSU. Da gibt es Gesetze über moderne Bürgerbeteiligung auf der Höhe der Zeit. Dem gegenüber ist das, was Sie vertreten, wirklich beschämend, meine Damen und Herren.
Herr Kollege Kluck, die FDP muss ihren Wählerinnen und Wählern erklären, wieso sie hinter die bundesdeutschen Min deststandards und -formen der direkten Demokratie zurück fällt.
Doch, Herr Kluck. – Sie müssen schon die Frage beantwor ten, was Ihr Koalitionsreförmchen eigentlich soll, außer eine Placebowirkung zu erzielen, wenn ich eine Volksabstimmung erst gar nicht erreiche. Sie müssen vorn reformieren – vorn und nochmals vorn! Sie müssen die Höhe der Quoren bei ei nem Volksbegehren absenken. Dann können wir gern über die Höhe des Zustimmungsquorums „hinten“, bei der Volksab stimmung, reden, z. B. darüber, ob man 33 % oder 25 % nimmt.
Ich habe gesagt: Wir machen Ihnen ein Angebot. Nehmen Sie das doch bitte einmal ernst, und lassen Sie uns ins Gespräch kommen. Da ist vieles vorstellbar und verhandelbar. Bei ei ner schroffen Ablehnung werden wir natürlich – die SPD ge nauso wie wir – unsere Vorstellungen auch in der Öffentlich keit, auch im Wahlkampf kommunizieren.
Ich glaube, dass die guten Argumente und die Bürgerinnen und Bürger in dieser Frage auf unserer Seite sind.
Beschäftigen Sie sich doch einmal – das ist mir auch in die sen Tagen deutlich geworden – mit dem Phänomen, dass ein großes Projekt wie Stuttgart 21, das durch Parlamentsbe schlüsse, Gemeinderatsbeschlüsse, Planfeststellungsbeschlüs se, Gerichtsentscheide ganz sicher legitim zustande gekom men ist – –
Da muss man überhaupt keinen dummen Beifall klatschen. Das haben wir nie bestritten.
Das haben wir nie bestritten. Trotzdem: Beantworten Sie doch einmal die Frage, warum ein legitimes Projekt keine Legiti mation in der Bevölkerung hat, warum Zehntausende jeden Montag und jeden Freitag dagegen auf die Straße gehen.
Beantworten Sie diese Frage. Beantworten Sie dann auch die Frage, ob die repräsentative Demokratie in ihrer jetzigen Ge stalt ohne dieses Korrektiv
der direkten Demokratie in der Lage ist, diese Herausforde rungen zu bewältigen, Konflikte zu lösen, Konflikte zu befrie den. Ich sage Nein.
Deshalb unser Vorschlag. Die Stärkung der Bürgermitwirkung und -mitbestimmung steht auf der Tagesordnung. Sie wird nicht mehr von der Tagesordnung herunterkommen. Hören Sie rechtzeitig die Zeichen der Zeit. Sonst werden Sie schwe ren Zeiten entgegengehen.
Vielen Dank.
Ja.
Das stand doch nie in frage.
Nein.
Liebe Kollegen von der CDU, daran könnt ihr euch berau schen, wie ihr wollt.
Zwischen Herrn Kretschmann und alle anderen Mitglieder der Fraktion GRÜNE passt kein Millimeter, kein Handtuch, gar nichts.
Es ist geradezu lächerlich, zu meinen, wir könnten jetzt über die Begriffe „legal“ und „legitim“ streiten.
Ich habe gesagt: Es gibt Beschlüsse von Gremien, und es gibt eine Bevölkerung, die das nicht anerkennt, die sagt: Nein, das ist nicht unser Beschluss, das wollen wir nicht.
Um diesen Konflikt zu lösen, haben Sie kein Instrument. Des halb schlagen wir die Ergänzung unserer repräsentativen De mokratie durch Elemente der direkten Demokratie vor, um auch für solche schwierigen Fragen eine Lösung zu haben. Darum geht es. Diese Frage müssen Sie beantworten.
Vielen Dank.
Von Herrn Kluck gern.
Herr Kollege Kluck, das ist mir jetzt im Einzelnen nicht bekannt.
Aber ich schließe solche Konflikte nicht aus. Das wäre ein fach weltfremd. Konflikte können immer aus einer örtlichen Situation resultieren. Ich meine nur, dass ein Volksentscheid über Stuttgart 21 die besten Voraussetzungen zur Befriedung dieses Konfliktes schaffen würde. Darum geht es, und dazu müssen Sie Ihr Verhalten erklären.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Landesbegleitgesetz ist kein stritti ges Thema, auch bei uns nicht. Es regelt das Notwendige. Die Kompetenz liegt beim Bund.
Wesentlich ist – Kollege Heiler hat es richtig gesagt – die Ab deckung des kommunalen Mehraufwands. Wir würden heute gern hören, Herr Minister, dass die Landesregierung vom Grunde her hier die Gültigkeit des neuen Konnexitätsprinzips anerkennt – ohne Festlegung auf die damit verbundenen kos tenmäßigen Folgen in der Zukunft, die erst einmal evaluiert werden sollen. Ich glaube, das wäre eine wichtige Aussage für die Kommunen.
Mehr muss man, glaube ich, zu diesem Landesbegleitgesetz nicht sagen.
Ich will aber die Gelegenheit nutzen, um noch einmal deut lich zu machen, dass nicht umsonst von vielen bürgerrechts bewegten Gruppierungen – Humanistische Union, Anwalts vereine und andere – schwerwiegende Bedenken gegen die Einführung des elektronischen Personalausweises geltend ge macht worden sind. Dieser wird am 1. November kommen; das wissen wir. Aber wir sollten uns schon darüber im Klaren sein, dass das ein weiterer Schritt hin zum gläsernen Bürger sein wird, insbesondere durch die Speicherung biometrischer Daten, auch wenn der Fingerabdruck nur freiwillig genom men werden wird.
Wir haben uns noch einmal das Gesetzgebungsverfahren an geschaut und festgestellt: Selbst das Bundeskriminalamt hat im Vorfeld zum Ausdruck gebracht, dass es mit dem bisheri gen Dokument Personalausweis eigentlich keine Sicherheits probleme gibt und dass Fälschungen von ihrem Umfang her eine vernachlässigbare Größe sind. In diesem Zusammenhang ist aus unserer Sicht bei dem Pflichtdokument Personalaus weis nicht dargetan, warum es genau diese Art von Ausweis mit genau diesen biometrischen Daten sein soll.
Es gibt Sicherheitsprobleme, Herr Minister. Wir würden es, auch wenn die gesetzgeberische Beratung im Bundesrat in zwischen abgeschlossen ist – das wissen wir –, sehr begrüßen, wenn Sie sich auf der nächsten Innenministerkonferenz noch mals um die Themen „Sicherheitslücken bei den Lesegerä ten“, „Raub der PIN-Nummer“ und „Missbrauch mit den künftigen PIN-Daten des Bürgers“ beschäftigen würden. Da gab es in der Fachdiskussion Ende September Sicherheitsbe denken, die nach unserem Dafürhalten aufgeklärt werden müssen.
Die richtige und wichtige Idee bei diesem elektronischen Per sonalausweis ist die Schaffung einer optionalen Identifikati onsfunktion für die Onlinetätigkeit. Wenn der Bürger also On linebanking betreibt, dann soll er künftig die staatlich garan tierte und zertifizierte Sicherheit dafür haben. Aber muss es – die Frage muss erlaubt sein – wirklich das Pflichtdokument Personalausweis sein, oder hätte dafür nicht eine Identifikati onskarte genügt, die der Bürger zusätzlich erwerben kann, oh ne dies mit dem Personalausweis verbinden zu müssen? Inso fern bleibt ein schaler Beigeschmack.
Wir können dies vonseiten des Landes nicht beeinflussen; der Bundesgesetzgeber hat so entschieden. Ich möchte aber an dieser Stelle auch an Sie adressiert, lieber Herr Kollege Kluck, auf dieses Manko des Gesetzes im Hinblick auf die Bürger rechte ausdrücklich hinweisen. Dieses Gesetz ist schließlich durch die Bundesregierung unter Mitwirkung der FDP bestä tigt und letztlich umgesetzt worden.
Dem Landesgesetz stimmen wir zu.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss jetzt keine lan gen Ausführungen mehr machen und brauche Ihre Aufmerk samkeit nicht zu strapazieren.
Bei dem im Entwurf vorliegenden Gesetz findet sich auch nach gründlicher Suche, Herr Innenminister, kein Haar in der Suppe.
Das Gesetz ist rechtsstaatlich einwandfrei. Das Gesetz hat gu te Chancen, als eines der wenigen Gesetzesvorhaben dieser Landesregierung in dieser Legislaturperiode in die Geschich te einzugehen, das tatsächlich zu einem Bürokratieabbau bei trägt. Darauf setzen wir. Es passt sich an die veränderte Le benswirklichkeit vieler Bürgerinnen und Bürger an, die aus beruflichen oder Ausbildungsgründen einmal für einige Mo
nate in einer anderen Stadt leben müssen. Es erspart ihnen in diesem Zusammenhang den Gang zur Meldebehörde.
Wenn das Realität wird – wir werden uns dies anschauen –, dann ist das Gesetz die richtige Maßnahme zum richtigen Zeit punkt. Zum heutigen Stand werden wir diesem Gesetzentwurf zustimmen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist sicherlich wünschenswert, dass ei ne Kommune, ein Land, ein Staat verlässliche Planungsdaten hat: Größe der Bevölkerung, Gebäudezahl, Wohnungszahl usw. Trotzdem ist im Jahr 2010 mit fortgeschrittener Technik auch in diesem Bereich die Frage erlaubt: Brauchen wir, wenn auch nur in Teilbereichen, dafür noch immer eine Volkszäh lung alten Typs, oder sind wir nicht längst in der Lage, die notwendigen Erkenntnisse und die Planungssicherheit mit ei nem rein registergestützten Zensus zu erlangen?
Diese Frage hat der Bundesgesetzgeber leider nicht schlüssig beantwortet. Vielmehr hat er ein Sowohl-als-auch beschlos sen. Jetzt haben wir im Grunde einen registergestützten Zen sus – das ist ein Fortschritt –, aber ergänzt um die Komponen ten Gebäude- und Wohnungszählung. Davon wird in BadenWürttemberg rund ein Drittel der Bevölkerung betroffen sein; allein bei der Haushaltsbefragung sind das 1,1 Millionen Bür gerinnen und Bürger.
Expertinnen und Experten haben im Vorfeld die Frage gestellt: Wieso brauchen wir diese Stichprobe im Umfang von 10 %? 5 % würden auch ausreichen. Wieso müssen wir in unnötiger Weise Bürokratie aufbauen, Kosten produzieren und Bürge rinnen und Bürger in Anspruch nehmen, zumal die Auskunfts verweigerung bußgeldbewehrt sein wird? Die Auskunft wird verpflichtend gemacht. Für den Fall einer Verweigerung wird ein Bußgeld in der Größenordnung von bis zu 5 000 € ange droht.
Wie gesagt: Wir sind davon überzeugt – darüber könnte man intensiv diskutieren; leider gibt es diese Möglichkeit auf Lan desebene nicht mehr –, dass man mit einem registergestütz ten Zensus zu ebenso planungssicheren Ergebnissen kommt wie mit einer Volkszählung.
Dennoch ist es notwendig und muss es erlaubt sein, dass vor der Beschlussfassung über ein Ausführungsgesetz des Landes kritische Fragen beleuchtet werden. Wir sind auch unbedingt dafür, dass dies in den Ausschussberatungen erfolgt. Es darf nicht nur eine „Schnellschussberatung“ übermorgen im Fi nanzausschuss geben, nach der kurz vor der Sommerpause die Zweite Beratung erfolgt, woraufhin das Gesetz dann beschlos sen ist.
Wie gesagt: Die Frage nach dem Stichprobenumfang von 10 % ist für uns bis heute nicht schlüssig beantwortet worden. Wenn wir diesem Ausführungsgesetz zustimmen sollen, brau chen wir auf diese Frage eine Antwort – auch unter Kosten gesichtspunkten. Der Kollege Heiler hat diese Frage zu Recht kritisch aufgeworfen. Es geht um einen Kostenumfang von 80 Millionen € in Baden-Württemberg. Das ist angesichts der gegenwärtigen Situation der öffentlichen Kassen nicht einfach ein „Nullthema“. Vielmehr ist das ein Thema, das man in die sem Zusammenhang aufmerksam beobachten muss.
Warum wurde das Zensusgesetz und in seiner Folge auch das Ausführungsgesetz in Baden-Württemberg – ohne Not, sagen wir – entgegen der EU-Verordnung erweitert? Warum wird in Deutschland im Gegensatz zu anderen EU-Ländern die Reli
gionszugehörigkeit erfragt? Warum ist dieses Merkmal ein unverzichtbarer Bestandteil einer kleinen Volkszählung?
Warum ist die Auskunft, ob man Mitglied einer anerkannten Religionsgemeinschaft ist, verpflichtend, und warum ist eine Auskunftsverweigerung bußgeldbewehrt?
Das sind Fragen, die in Teilen der Bevölkerung auch mit Blick auf die Volkszählung im Jahr 1987 erneut großes Misstrauen hervorrufen. Wir werden das in den nächsten Wochen und Mo naten in der Diskussion deutlich merken.
Auch die Frage nach dem Migrationshintergrund – sie wird in der EU-Verordnung nicht verlangt – macht für den eigent lichen Planungszweck des Staates erkennbar keinen Sinn, ist aber Bestandteil der kleinen Volkszählung 2011.