Protokoll der Sitzung vom 04.06.2008

Deshalb, glaube ich, ist es richtig, dass man zunächst als „ers te Feuerwehr“ ein Darlehen angeboten hat. Gerade in den beiden Landkreisen, lieber Dieter Ehret, ist das wichtig, was auch der Kollege Pix gesagt hat, nämlich dass man fragt: Was ist im nächsten Jahr? Da muss man sehen, dass die Hauptbetroffenen auf jeden Fall möglichst schnell ihre Bestände wieder aufbauen können. Dann ist auch gewährleistet, dass diejenigen Pflanzen, die auf Insektenbestäubung angewiesen sind, auch wieder zu einem Ertrag kommen.

Das Land, meine Damen und Herren, ist weiterhin gefordert, insbesondere die Berufsimker, aber auch die Hobbyimker zu unterstützen und vor allem auch die Beratung zu verstärken. Wir haben die Fachleute dafür in Hohenheim. Wir haben Fachleute in der Landesanstalt. Wir haben auch andere Landesanstalten. Hier muss man die Beratung noch verstärkt in Anspruch nehmen.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Wie gesagt: Die Haftungsfrage muss geklärt werden. Da stehe ich zu allen Rednern, auch zu denen aus der Opposition. Dann muss den Imkern der Schaden ersetzt werden. Generell eine andere Agrarpolitik zu fordern halte ich für falsch; denn wir befinden uns nicht auf einer Insel der Seligen, und Landwirtschaft hat nichts mit Romantik zu tun.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Bayer das Wort.

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Jetzt kommt die Romantik!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ihnen wird, wie mir auch, der Magen knurren. Deswegen mache ich es jetzt sehr kurz.

(Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Schön!)

Eine kleine Replik, Herr Minister, an Sie: Ihre Rede war sehr lang. Sie war geprägt von Abwiegeln und von Rechtfertigungen bis zum Gehtnichtmehr.

(Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Sie war von Sach- lichkeit geprägt!)

Allein das ist ein massiver Hinweis auf die Dramatik in der Sache und auch auf eigene Hilflosigkeit.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Wir bitten Sie nochmals eindringlich, unseren Antrag zu unterstützen, der begehrt, beim Schadensersatz in Vorleistung zu treten, und es nicht darauf ankommen zu lassen, dass jeder einzelne Imker sich seinen Schadensersatz irgendwo erstreiten muss, möglicherweise sogar in Auseinandersetzung mit heimischen Landwirten, denen dann vorgeworfen wird, sie hätten die Saat nicht ordnungsgemäß ausgebracht. Auch das ist eine mögliche juristische Variante. Das darf nicht sein. Deswegen müssen Sie in Vorleistung gehen und müssen ein Monitoring zur Regulierung der den Imkern entstandenen Schäden anbieten.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Winfried Scheuermann CDU: Jedem Richter stehen die Haare zu Berge!)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Abg. Kretschmann das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Minister Hauk, Sie haben im ers ten Teil eine technokratische Abwiegelungsrede gehalten.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Seine Spezialität!)

Aber da es ja auch darum ging, ob man aus dieser Katastrophe etwas lernt und die Richtung ändert, haben Sie dann allgemeine Ausführungen zur sozialen und ökologischen Marktwirtschaft gemacht, die natürlich jeder irgendwie unterstreichen kann, z. B. dass man keinen Bauern zwingen kann, ökologischen Landbau zu betreiben. Aber wissen Sie: Eine vernünftige Politik liegt genau zwischen Technokratie und allgemeinen seminaristischen Ausführungen über Landwirtschaftspolitik.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wir haben diese Debatte hier beantragt, weil uns das Thema auch emotional sehr bewegt und es ein ganz exemplarisches und wichtiges Thema ist. Ich habe als Fraktionsvorsitzender gesprochen, um das deutlich zu machen – aber nicht nur deshalb. Ich war nämlich von 1980 bis 1984 agrarpolitischer Sprecher meiner Fraktion.

(Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Lang her!)

Das Schlimme ist: Daran, wie hier durch das Landwirtschaftsressort geredet wird, hat sich seither im Kern nichts geändert.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Genau! – Abg. Ingo Rust SPD: Das sind die gleichen Leute!)

In der Landwirtschaftspolitik hat sich etwas geändert. Ihr Vorvorgänger Weiser hat mich noch wegen des ökologischen Landbaus verhöhnt; das habe ich noch gut im Ohr. Heute ist dieser Landbau eine anerkannte Tatsache. Wir könnten heute

in Baden-Württemberg viel mehr Lebensmittel aus ökologischem Landbau verkaufen, sind dazu aber nicht in der Lage und müssen sie importieren, weil nicht genug produziert werden. – Das zur Romantik, Herr Kollege Bullinger.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Das ist doch keine Romantik, das ist Fortschritt!)

Es ist dasselbe Strickmuster geblieben: Sie bringen den ökologischen Landbau mit der Landwirtschaft von vor 300 Jahren in Verbindung. Das ist einfach skandalös.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Das ist jetzt auch nicht sach- lich!)

Doch. Das ist wirklich skandalös.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Als würden die Landwirte mit dem Ochsenkarren durch die Gegend fahren!)

Immer noch den Eindruck bei der Bevölkerung zu erwecken, pestizidfreier, moderner ökologischer Landbau sei ein Rückschritt in vergangene Jahrhunderte, ist einfach skandalös.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das hat der Minister doch gar nicht gesagt! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Das ist eine unzutreffende Unterstellung!)

Ich habe Ihnen die Zitate vorgelesen.

In Wirklichkeit geht es darum: Es ist seit jeher immer dasselbe Strickmuster, bei DDT, bei Lindan, bei Atrazin – und jetzt bei Clothianidin. Diese Mittel, die Katastrophen verursacht haben, waren zum jeweiligen Zeitpunkt immer genehmigt. Wenn das immer wieder passiert, dann macht eine vernünftige Politik etwas, was auch auf anderen Gebieten ganz üblich ist: Sie ändert die Richtung und die Rahmenbedingungen, damit wir aus dieser Pestizidfalle endlich herauskommen. Das wäre die richtige, zukunftweisende Politik, statt immer nur wie Sie in der Giftfalle zu bleiben und daran herumzudoktern – was Sie dann mehr oder weniger erfolgreich machen. Darum geht es.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Kretschmann, kommen Sie bitte zum Ende.

Anhand dieser Katastrophe wollen wir die Frage stellen: Geht die Landwirtschaft in die richtige Richtung, und wie befördert man die richtige Richtung? Wir fragen nicht: Wie zwingt man Leute in die richtige Richtung? Davon hat überhaupt noch nie jemand geredet, sondern es geht um die Fragen: Wie machen wir eine Rahmen- und Förderpolitik? Wie stützen wir uns auf die Verbraucher, die solche Lebensmittel aus dem ökologischen Landbau nachfragen? Wie bringen wir es hin, dass das Zug um Zug in diese Richtung geht und wir ganz andere Margen in der ökologischen Landwirtschaft bekommen, als wir sie heute haben?

Das war unser Anliegen. Dazu haben Sie, Herr Minister, es leider an jeder vernünftigen und zukunftweisenden Antwort vermissen lassen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen jetzt zur Verbescheidung der Anträge.

Abschnitt I des Antrags der Fraktion GRÜNE, Drucksache 14/2698, ist ein Berichtsteil. Ich gehe davon aus, dass dieser Abschnitt erledigt ist.

Abschnitt II beinhaltet Handlungsersuchen. Darüber wird sicherlich Abstimmung verlangt. Wer Abschnitt II des Antrags der Fraktion GRÜNE, Drucksache 14/2698, zustimmt, möge bitte die Hand erheben. – Wer ist dagegen? –

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Stopp! Herr Präsident, wir wollen, dass der Antrag an den Aus- schuss überwiesen wird! – Gegenruf des Abg. Hel- mut Walter Rüeck CDU)

Der Antrag Drucksache 14/2698 wird zur weiteren Beratung an den Ausschuss Ländlicher Raum und Landwirtschaft überwiesen.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Es ist abge- stimmt!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn eine Fraktion verlangt, einen Antrag, über den im Plenum debattiert wurde, zur weiteren Beratung an einen Ausschuss zu überweisen, kann man diesem Anliegen folgen. Das entspricht gutem parlamentarischen Brauch, würde ich sagen. Wir überweisen den Antrag Drucksache 14/2698 also an den Ausschuss Ländlicher Raum und Landwirtschaft.

Wir kommen zum Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 14/2722. Dabei handelt es sich um einen reinen Berichtsantrag. Dieser Antrag wird durch die Aussprache für erledigt erklärt.

Soll der zu diesem Antrag eingebrachte Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 14/2789, ebenfalls zur weiteren Beratung an den Ausschuss überwiesen werden? –

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Nein, nein! Abstimmen! – Gegenruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das ist die übliche Uneinigkeit in der SPD!)