Protokoll der Sitzung vom 25.06.2008

Es geht um das, was nach der Schule passiert.

Auch über das Thema Lehrerstellen würde ich gern mit Ihnen reden. Sie sprechen immer in abstrakter Weise von Lehrerstellen. Gleichzeitig werden viele neue Projekte dadurch finanziert, dass man Lehrerstellenmittel zurückhält, um sie in Projektsachmittel umzuwidmen, und dass man Lehrer aus dem Unterricht herausnimmt, damit diese dann andere Aufgaben außerhalb der Schule wahrnehmen.

(Widerspruch bei der CDU)

Wie könnten Sie denn sonst erklären, dass sich der Unterrichtsausfall nicht verringert, dass es keine Verbesserungen bei den Krankheitsvertretungen gibt usw.? Es zeigt sich ja, dass von den fantastischen Lehrerstellenzahlen, die Sie nennen, unten gar nichts bemerkbar ist.

(Abg. Norbert Zeller SPD: So ist es!)

Damit bin ich bei den Themen Management und Personalentwicklung. Gleichzeitig komme ich damit auch zum Thema Ehrlichkeit und zu der Forderung, die Debatte nicht nur auf der Grundlage abstrakter Zahlen zu führen.

(Beifall bei der SPD)

Das ist mein dritter Punkt: Der Kollege Schmiedel hat einen Oberbürgermeister mit CDU-Parteibuch zitiert. Sie haben reflexhaft das getan, was Sie hier immer tun. Wir können zehn Beispiele anführen, wir können hundert oder tausend Beispiele bringen. Sie sagen immer: „Das ist ein Einzelfall und hat mit der Situation im Land insgesamt nichts zu tun.“ Worauf wir jedoch hinweisen, ist die Wahrnehmung der Menschen draußen, und dieser Wahrnehmung müssen Sie sich irgendwann einmal stellen und dürfen nicht immer nur mit rhetorischen Mitteln die einzelnen Beispiele abbügeln oder dies – wie Herr Rau das im letzten Sommer hier getan hat – als Hetze diffamieren.

(Zuruf von der SPD: So ist es!)

Denn gleichzeitig wird ja bereits vor den Herbstferien gesagt: „Von dieser Verrentung hatten wir nichts gewusst; diese Schwangerschaft war uns nicht bekannt,“ – wobei der zweite Fall ja zutreffen mag – „und wir haben leider keine Krankheitsvertretung.“ So kann man nicht mit den Problemen umgehen, sondern hier müssen Antworten her, die auch durchgreifen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Ich schließe mich den Ausführungen von Herrn Kretschmann zu den Privatschulen uneingeschränkt an. Wir müssen doch untersuchen, warum die Eltern ihre Kinder denn lieber in eine Privatschule schicken. Das muss eine Herausforderung für unser Schulsystem sein. Das ist die Logik – und nicht, dass wir etwas gegen Privatschulen hätten.

Es kann uns doch nicht egal sein, Herr Ministerpräsident, dass in Heidelberg schon fünf private Grundschulen existieren, dass jetzt drei weitere Anträge eingegangen sind und dass die Zahl der privaten Grundschulen dort bald fast halb so hoch ist wie die der Regelgrundschulen. Als Argument für die Gründung privater Grundschulen wird angegeben, dass in den Mittelschichtstadtteilen die Einrichtung staatlicher Ganztagsgrundschulen nicht genehmigt werde, weil dort kein sozialer Brennpunkt gegeben sei. Den Bedarf muss man einfach einmal akzeptieren und die Landesausbauprogramme für Ganztagsschulen danach ausrichten, anstatt sich über Hefe, Hefe und Hefe zu freuen – oder Sauerteig – und darüber zu vergessen, dass wir die Aufgabe haben, die Kinder, die in einem Stadtteil zusammen aufwachsen, mindestens vier Jahre gemeinsam in einer Schule zusammenzuhalten. Nach unserer Meinung müssten es eigentlich sogar zehn Jahre sein.

(Beifall bei der SPD)

Herr Mappus, ich will noch einmal versuchen, Ihnen unseren heute vorliegenden Antrag zu erklären. Sie und auch der Herr Ministerpräsident müssen sich schon einmal die richtigen Fragen stellen. Es geht nämlich nicht darum, ob die Presse sagt, der Antrag gehe zu weit, oder nicht; das ist die übliche Frage. Vielmehr geht es um die Frage, ob irgendjemand in der letzten Woche gesagt hat: „Jawohl, Herr Rau ist der richtige Mann für diesen Job.“ Haben Sie das irgendwo gelesen?

(Unruhe – Zurufe von der CDU: Ja!)

Haben Sie einen Kommentar gelesen, der sagt, wir täten dem Mann Unrecht? Sie haben keinen gefunden.

(Anhaltende Unruhe bei der CDU – Zurufe von der CDU: Aber sicher!)

Sie haben ein Personalproblem in Ihrer Regierung, und das muss man offen aussprechen.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU – Glo- cke des Präsidenten)

Ich weiß, ich habe ein Zeitproblem.

Herr Abg. Dr. Mentrup, ich darf Sie bitten, zum Ende zu kommen.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Vier Punkte sind einfach ein bisschen viel!)

Ich kürze ab: Ich habe noch niemanden gehört, der gesagt hat, diese Bildungspolitik sei aus fachlicher Sicht die richtige. Ich habe niemanden gehört, der gesagt hat, man sei fachpolitisch richtig aufgestellt. Ich habe aber ganz viele Artikel über die gesammelten Defizite gelesen.

(Zuruf von der CDU: Da müssen Sie besser zuhö- ren!)

Ich habe vor allem aus der Regierung und aus den Fraktionen nur wahrgenommen, dass Herr Dr. Noll seit einer Woche schweigt, aber ich habe keine positiven Resonanzen an dieser Stelle gehört.

(Unruhe bei der CDU – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Sie haben uns zur Zusammenarbeit aufgefordert. Wir bieten Ihnen heute die Möglichkeit, etwas zu tun, was der Ministerpräsident vielleicht schon längst hätte tun müssen, nämlich hier eine personelle Neuaufstellung vorzunehmen.

(Beifall bei der SPD – Unruhe bei der CDU – Abg. Stefan Mappus CDU: Wie großzügig!)

Wenn Sie das nicht annehmen,

(Abg. Stefan Mappus CDU: Der ist ja noch schlech- ter als Schmiedel! – Unruhe bei der CDU)

dann müssen Sie anschließend erklären, warum Sie sich in dieser Abstimmung positiv zu dieser Politik, zu dieser Person und zu diesem Zustand Ihrer Regierung bekannt haben. Darauf bin ich gespannt.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir kommen nun zur A b s t i m m u n g über den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 14/2865, der folgenden Wortlaut hat:

Der Landtag wolle beschließen,

gemäß Artikel 56 der Landesverfassung den Ministerpräsidenten aufzufordern, Herrn Helmut Rau aus der Landesregierung zu entlassen.

Nach Artikel 56 der Landesverfassung muss der Ministerpräsident einem dahin gehenden Ersuchen entsprechen, wenn der Beschluss mit zwei Dritteln der Mitglieder des Landtags gefasst wird. Das heißt, mindestens 93 Mitglieder müssten dem Antrag zustimmen.

Wer dem Antrag auf Entlassung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltun gen? – Der Antrag ist damit mehrheitlich abgelehnt.

(Zuruf von der CDU: Mit großer Mehrheit!)

Damit ist Punkt 3 der Tagesordnung erledigt.

Wir treten in die Mittagspause ein. Die Sitzung wird um 14:15 Uhr fortgesetzt.

(Unterbrechung der Sitzung: 12:59 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 14:16 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.

Ich sehe die Kollegen noch nicht, die sich darüber beklagt hatten, dass es im Plenarsaal sehr warm sei und wir heute eine drückende Schwüle hätten. Wegen dieser äußeren Bedingun gen schlage ich vor, dass wir uns heute im Plenarsaal ohne Jackett bewegen können, ohne dass dies parlamentarisch irgendwelche Schwierigkeiten hervorrufen könnte.

(Abg. Karl-Wolfgang Jägel CDU: Nein! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das sind israelische Verhältnisse!)

Deswegen, Herr Kollege, können Sie sich Ihres Jacketts entledigen – die Damen natürlich auch, wenn sie wollen.

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zu dem Staatsvertrag zwischen dem Land BadenWürttemberg und dem Land Rheinland-Pfalz über die Vereinigung der Landesbank Baden-Württemberg und der LRP Landesbank Rheinland-Pfalz und zur Änderung des Landesbankgesetzes – Drucksache 14/2739

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksache 14/2841

Berichterstatter: Abg. Michael Theurer