Protokoll der Sitzung vom 26.06.2008

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hiermit bringe ich für die Landesregierung die Novelle des Landesgraduiertenförderungsgesetzes ein.

Unsere neun Universitäten haben in der Exzellenzinitiative exzellent abgeschnitten. Dieses exzellente Abschneiden hat seinen Grund auch in den herausragenden Arbeiten des wissenschaftlichen Nachwuchses. Die Forschung an den Universitäten lebt davon, dass ständig junge Menschen neu in die Universität gehen, in die Wissenschaft gehen und die Wissenschaft mit ihrem frischen Geist beleben, gerade über ihre Promotionen, die einen wesentlichen Teil der Forschung an den Universitäten ausmachen.

Die Frage ist: Warum sind unsere Universitäten so gut?

(Heiterkeit des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Kann ich beantwor- ten!)

Zu einem Teil sicherlich deshalb, weil wir ihnen die Freiheit, die Autonomie gegeben haben, sich selbst zu dieser Qualität zu entwickeln. Kurz gesagt: Wir haben ihnen die Freiheit gegeben, gut zu sein.

Diese Freiheit geben wir ihnen nun auch in der Landesgraduiertenförderung. Im Grunde genommen haben wir hier derzeit noch einen Restanten, indem wir den Hochschulen in unserer Autonomie noch nicht die Freiheit gegeben haben, über das Wesentliche selbst zu entscheiden. Wir verzichten deshalb darauf, das Wesentliche selbst durch ein Gesetz im Detail zu regulieren.

Das Land gibt pro Jahr bis zu 9,2 Millionen € für die Landesgraduiertenförderung aus. Das jetzige Gesetz, das wir novellieren, schrieb die Höhe der Förderung, die Förderdauer und die Förderkonditionen im Detail fest. Damit war keine Freiheit gegeben, nach Fächern zu differenzieren. Damit war vorgeschrieben, wie man z. B. das Faktum, dass jemand verheiratet ist, auf die Stipendienhöhe anrechnete. All dies können

die Hochschulen besser selbst regeln. Sie können nach Fächern differenzieren, die Laufzeiten flexibler handhaben und damit die Graduiertenförderung gerade auch für Frauen verbessern.

(Zuruf: Sehr richtig!)

Wir haben im Anhörungsverfahren zu diesem Gesetzentwurf eine breite Zustimmung erfahren. Bei der gesamten Gewährung der Freiheiten gewähren wir im Grunde genommen einen Globalzuschuss, und aus diesem finanzieren die Hochschulen jetzt die Promotionsstipendien. Wir haben nur den Vorbehalt einer Verordnungsermächtigung, die allerdings unter Parlamentsvorbehalt steht. Wir wollen nur dann durch eine Verordnung eingreifen müssen, wenn wirklich ein Missbrauch dieser Freiheit festgestellt werden könnte. Das heißt, wir wahren die Balance zwischen der Freiheit der Hochschulen und dem Recht und der Verpflichtung des Parlaments, darauf zu achten, dass die Mittel in Freiheit sinnvoll ausgegeben werden.

Ich glaube, dass wir damit für die Graduiertenförderung vonseiten des Landes einen neuen Schub erzeugen können, dass wir auch in dem Bereich des wissenschaftlichen Nachwuchses noch besser werden, als wir derzeit an unseren Universitäten schon sind.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Schütz für die Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Landesgraduiertenförderungsgesetz bedarf einer umfassenden Novellierung. Es ist zielführend, dass damit die Verantwortung in die Hände der Hochschulen gelegt wird, wie sie die Stipendien dotieren und auf welche Dauer diese angelegt werden. Bislang sind – darauf hat Herr Minister Professor Dr. Frankenberg in seiner Rede bereits hingewiesen – die Stipendien aus der Landesgraduiertenförderung auf eine Grundförderung in Höhe von 820 € monatlich und eine zweijährige Regelförderungsdauer mit einjähriger Verlängerungsmöglichkeit begrenzt.

Wie heute Morgen bereits mehrfach erwähnt, ist Baden-Würt temberg das Hochschulland Nummer 1. Herr Minister Professor Frankenberg hat dies bereits eingangs anhand der 20 Exzellenzprojekte dargestellt. Kein anderes Bundesland bietet eine solch große Vielfalt an Hochschulen wie Baden-Würt temberg. Forschung und Lehre an den Universitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen haben einen internationalen Rang. Unsere Hochschullandschaft genießt ein hohes Ansehen und besitzt Anziehungskraft für Talente aus der ganzen Welt.

Mit dem Gesetzentwurf wird der Entscheidungsspielraum für die Hochschulen bei der Förderung des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses während der Promotionsphase erweitert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP)

Geregelt wird nur das Förderverfahren. Die Entscheidung über die Förderhöhe und über die übrigen Förderkonditionen wird den jeweiligen Hochschulen überlassen. Mehr Freiheit, weniger Staat, gerade im Hochschulsektor – dafür steht die CDU.

Die Hochschulen können mit der Neufassung selbstständig entscheiden, ob sie mit den zur Verfügung gestellten Mitteln wenige Promovierende mit viel Geld, also gezielt, oder mehr Promovierende mit weniger Geld, also gestreut, unterstützen.

Bei der Bemessung des Stipendiums wird u. a. auf eine Anrechnung des Ehegatteneinkommens verzichtet, wie es bereits angeführt wurde. Durch diese Abschaffung der Anrechnung gelingt es uns hoffentlich auch, verstärkt Frauen, verheiratete Frauen – auch mit Kind – zu einer Promotion zu motivieren. In der Vergangenheit war es leider oft so, dass die Förderungen die der Familie durch die Weiterqualifizierung entstehenden Kosten nicht abgedeckt haben.

(Beifall der Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU und Diet- mar Bachmann FDP/DVP)

Dies hatte zur Folge, dass Akademikerinnen zu Hause geblieben sind und geistiges Potenzial verloren gegangen ist.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Aber wirklich!)

Dies ist das sogenannte Brain-drop-out-Syndrom, wie man so schön Neudeutsch sagt. Die Maßnahmen, über die wir heute entscheiden, sollen sich positiv auswirken im Sinne einer Weiterentwicklung als sogenannte Brain-drain-Synergie.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Baden-Württemberg liegt bei den Forschungsausgaben, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, über den Werten von Japan und den USA. Kein Bundesland verfügt über ein dichteres Netz an Forschungseinrichtungen, und nirgendwo in Deutschland gibt es mehr Patentanmeldungen pro Kopf der Bevölkerung als in BadenWürttemberg. Dies ist kein Zufall. Dies ist das Resultat einer erfolgreichen Wissenschaftspolitik unserer Landesregierung. An dieser Stelle möchte ich daher die Möglichkeit nutzen, mich öffentlich beim Wissenschaftsminister, Herrn Professor Dr. Frankenberg, für seine hervorragende, zukunftgerichtete und fundierte Arbeit zu bedanken.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Wir Christdemokraten setzen gezielt auf den wissenschaftlichen Nachwuchs. Eliteförderung statt Gleichmacherei –

(Lachen der Abg. Christine Rudolf SPD)

nur so werden wir auch in Zukunft den Wettbewerb um die besten Köpfe gewinnen und die Nase weiterhin vorn halten. Denn – wie bereits gesagt – nicht nur die Finanzmittel, die ein Bundesland in den Hochschulbereich fließen lässt, sondern gerade auch der Promotionsanteil an einer Hochschule sind Indikatoren für die Forschungsintensität eines Landes. Hier sind wir gut aufgestellt.

Es gilt, den wissenschaftlichen Nachwuchs weiter zu fördern. Die Landesgraduiertenförderung stellt einen zusätzlichen An

reiz dar und ist eine sinnvolle Investition in unseren wissenschaftlichen Nachwuchs. Daher begrüßt die CDU-Fraktion den Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung und stimmt diesem zu.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Stober für die Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wir begrüßen es, dass die Landesregierung das Landesgraduiertenförderungsgesetz an die heutigen Gegebenheiten anpassen will. Wir denken, dass es richtig ist, mehr Verantwortung an die Hochschulen zu delegieren.

Wir halten es auch für richtig, zu flexibleren Regelungen zu kommen, damit unsere Hochschulen im Wettbewerb z. B. mit Hochschulen in anderen Bundesländern, im Ausland oder im Endeffekt auch mit der Industrie hier im Lande attraktiv sind, und besondere Konditionen festzulegen, um entsprechende Promotionsvorhaben im Lande zu halten. Das ist eine richtige Grundintention dieses Gesetzes. Deswegen begrüßen wir das auch.

Wir begrüßen auch, dass die Verordnung, die nach § 10 dieses Gesetzes möglich ist, der Zustimmung des Landtags bedarf – dies war nach der bisherigen Regelung nicht der Fall – und damit an dieser Stelle auch die Rechte des Parlaments gestärkt werden.

Nichtsdestotrotz gibt es einige Punkte, die wir als SPD-Fraktion zu hinterfragen haben. Das eine ist, warum wir bei dem Thema Hochschulautonomie nicht konsequent sind, warum sich das Ministerium vorbehält, über die Ausrichtung von über einem Drittel der zur Verfügung stehenden Mittel mitzuentscheiden, und das nicht komplett den Hochschulen überlässt.

Uns ist im Zuge der Gesetzeslektüre auch aufgefallen, dass wir möglicherweise noch eine Unklarheit haben, was überhaupt den Zugang zur Promotion angeht, insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob es möglich ist, mit einem Bachelorabschluss zu promovieren. Hier sehen wir gewisse Widersprüche zwischen den Vorgaben in dem vorliegenden Gesetzentwurf und denen im Landeshochschulgesetz. Nach dem Landeshochschulgesetz ist es auch möglich, nach einem achtsemestrigen Studiengang an einer Universität, an einer Pädagogischen Hochschule oder an einer Kunsthochschule mit mindestens vierjähriger Regelstudienzeit zu promovieren. Das wäre auch ein Bachelorabschluss. Ich glaube, das würde der Grundintention des gestuften Systems mit Bachelor, Mas ter und möglicherweise der Promotion widersprechen. Ich denke, wir sollten in den Ausschussberatungen noch einmal konsequent schauen, ob das so intendiert ist oder ob man möglicherweise Korrekturen vornehmen muss.

Ich glaube, wir müssen auch über die Förderhöhen reden. Wir sind für mehr Flexibilität. Aber wir müssen schon hinterfragen – es war mir vorher nicht bewusst, dass es seitens der Landesregierung so intendiert ist –, was die Mindestbedingungen

sind. Ich glaube, es kann nicht sein, Herr Minister Frankenberg, dass Sie letzten Endes ein Gesetz machen, aber keine Mindestregelungen schaffen. Denn eine Mindestregelung ist für uns als Sozialdemokraten ganz klar: Das Stipendium muss existenzsichernd sein. Darunter kann es nicht gehen. Diese Regelung muss mindestens ins Gesetz oder in eine verbindliche Verordnung. Wenn das nicht geregelt ist, dann könnten wir den Gesetzentwurf, auch wenn wir ihn von der Grundintention her für zustimmungsfähig halten, an dieser Stelle nicht mittragen. Aber ich hoffe, wir finden in den Ausschussberatungen einen entsprechenden Weg.

Der andere große Punkt, der aber im Endeffekt nicht nur die Promotionen, die nachdem LGFG gefördert werden, sondern alle Promotionen betrifft, ist die Frage der Sozialversicherung. Es ist es natürlich die geschickteste Variante, wenn nebenher noch ein Job vorhanden ist, sodass die Sozialversicherung, insbesondere die Krankenversicherung, darüber läuft und somit die Belastungen für die Doktorandinnen und Doktoranden entsprechend geringer sind. Es ist möglicherweise nicht alles durch dieses Gesetz zu regeln, aber wir könnten dieses Thema mit Initiativen auf anderen Ebenen verbinden.

Zum Abschluss möchte ich Ihnen noch einmal die grundsätzliche Unterstützung der SPD-Fraktion signalisieren. Wir haben noch eine Reihe von Fragen, insbesondere was den Gesetzestext und die Verteilung der Mittel angeht. Daher werden Sie in den nächsten Tagen von uns einen entsprechenden Brief bekommen.

Ich denke, wir werden konstruktiv und sachlich im Wissenschaftsausschuss darüber diskutieren. In diesem Sinne wünsche ich uns allen, dass wir bei diesem Gesetz konstruktiv weiterkommen und nach Möglichkeit vieles gemeinsam beschließen können. In diesem Sinne Glückauf für unsere Hochschullandschaft in Baden-Württemberg – unabhängig davon, ob sie jetzt den Platz 1 einnimmt oder ob doch manche Kritikpunkte der Opposition gerechtfertigt sind.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Renate Rastätter GRÜNE)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Bauer für die Fraktion GRÜNE.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Für die Fraktion GRÜNE kann ich feststellen, dass auch wir im Grundsatz die Novelle des Landesgraduiertenförderungsgesetzes begrüßen. Wir finden den Grundsatz richtig, möglichst wenig im Detail von oben zu steuern und den Hochschulen möglichst viele Gestaltungsspielräume zu geben.

Wir finden aber auch, dass zu diesem richtigen Grundsatz immer zwei Seiten gehören. Auf der einen Seite ist es gut, Gestaltungsspielräume nach unten zu verlagern, auf der anderen Seite ist dies aber mit der Verpflichtung zur Transparenz verbunden. Deswegen möchten wir von Anfang an festgelegt haben, dass eine entsprechende Berichtspflicht der Hochschulen hinzukommt.

Ich finde es gut, wenn Hochschulen unterschiedliche Wege gehen können, aber ich finde, es gibt keinen Grund zu sagen: