Protokoll der Sitzung vom 28.06.2006

Deswegen kann ich mir ergänzend Lehrer als Angestellte vorstellen. Ich will aber nicht, dass 100 000 Lehrer Angestellte sind. Dann wäre die Übermacht der Gewerkschaft für alle arbeitsrechtlichen Verhandlungen eindeutig gegeben. Ich glaube, dass das Beamtentum auch in Zukunft eine geeignete Grundlage für eine gute Schule, eine gute Bildung und eine gute Erziehung in Baden-Württemberg ist.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dietmar Bach- mann FDP/DVP – Zuruf des Abg. Alfred Winkler SPD)

Breiten Raum nahm das Thema Energiepolitik ein. Ich bin davon überzeugt, dass Baden-Württemberg bei vielen erneuerbaren Energiequellen den Markt stärker als andere Länder erobern kann. Bei Biodiesel hat Baden-Württemberg längst den stärksten Absatz. Die Bereitschaft der Autoindustrie, Biodiesel zu akzeptieren, ist gerade in Baden-Württemberg hoch.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Nicht mal die landes- eigenen Fahrzeuge!)

Bei der Geothermie ist unser Programm überbucht. Auch bei der Tiefengeothermie werden wir in den nächsten Jahren erfolgreich sein. Bei der Kleinen Wasserkraft und der Großen Wasserkraft haben wir überhaupt kein Problem. Treiben Sie uns an! Wir sind bereit, so schnell wie möglich in mehr Marktanteile zu gehen.

Auch die Windkraft lehnen wir nicht generell ab,

(Abg. Ute Vogt SPD: Aber die Standorte werden hintertrieben!)

aber da muss eine Unterscheidbarkeit möglich sein. Im Einklang mit kommunalen Mandatsträgern,

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

mit Tourismusvertretern und mit Landwirten glauben wir, dass viele Regionen Baden-Württembergs keine idealen Standorte für Windkraft sind. Wir sagen nicht generell Nein,

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: So ist es!)

aber leider in vielen Fällen. Das ist die Politik unserer Regierung, und die setzen wir fort.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Reinhold Gall SPD: Es gibt Kommunen, die möch- ten das, und Sie lehnen es ab! – Zuruf des Abg. Bo- ris Palmer GRÜNE)

Es bleibt das Thema Kernenergie. Da überzeugen Sie mich nicht. Ich bleibe bei meiner Linie und hoffe noch immer, dass eine Chance besteht. Denn in zwei Jahren muss Neckarwestheim vom Netz.

(Abg. Ute Vogt SPD: Genau!)

Als Obrigheim vom Netz ging, hat die Energie BadenWürttemberg nach geltendem Energierecht wieder Strom aus Öl und alten Kohlekraftwerken hergestellt. Das heißt, die alten Brenner wurden wieder in Betrieb genommen.

(Ministerpräsident Günther Oettinger)

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Und verschan- deln nicht die Landschaft!)

Deswegen: Wer zum jetzigen Zeitpunkt nicht einsichtig ist, wer nicht über Laufzeitenübertragung nachdenkt, wird erleben, dass mit der Abschaltung der Ökologie der Umwelt Schaden zugefügt wird

(Oh-Rufe von der SPD)

und die erneuerbaren Energien im Grunde noch mehr als notwendig verdrängt werden.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Wenn Argumente der Technik nicht helfen, dann muss das Feindbild her. Sie sprachen von Reibach.

(Zuruf des Abg. Alfred Winkler SPD)

Liebe Frau Kollegin Vogt, was meinen Sie damit, Aktionäre würden noch mehr Reibach machen? Wissen Sie eigentlich, wer die Aktionäre der Energie Baden-Württemberg sind?

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Offensichtlich nicht!)

Das ist zuallererst die OEW. Das sind die Bürger in Ravensburg, in Friedrichshafen, in Biberach, in Ulm, im AlbDonau-Kreis, in Rottweil.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Die EdF! – Abg. Ute Vogt SPD: Die EdF nicht vergessen! – Weitere Zu- rufe)

Augenblick. Wenn, dann ist es der Staat Frankreich, aber nicht irgendein Kapitalist. – Es geht darum, dass hier im Grunde genommen Interessen zu wahren sind. Ich will, dass man nicht Vermögensinteressen in Baden-Württemberg aufs Spiel setzt. Kollege Zeller, zumindest Sie im Bodenseekreis müssten mithelfen, dass die Aktie werthaltig bleibt. Das geht besser, wenn die Energie Baden-Württemberg länger als von Rot-Grün vorgesehen Kernkraft in Baden-Württemberg technisch sinnvoll anwenden darf.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP – Zurufe von der SPD)

Ich zitiere wörtlich aus der „Financial Times Deutschland“ von heute:

Nur noch 40 % der Bevölkerung wollen am Ausstieg festhalten, fast 60 % plädieren angesichts der neuen geopolitischen Probleme für Aufgeschlossenheit gegenüber Kernkraft.

40 % gegenüber 60 %.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das passt ge- nau!)

Der Wähler in Deutschland ist so klug wie der Wähler in Baden-Württemberg. Ich behaupte: Auch populistisch ist Ihr Weg eine Sackgasse. Werden Sie endlich differenzierter. Ermöglichen Sie einen Energiemix in Deutschland, zu dem die Kernkraft noch auf längere Zeit gehört.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zurufe von der SPD und den Grünen)

Das Landeserziehungsgeld, die Kinderpolitik und die Familienpolitik wurden hier dargestellt. Ich glaube, dass das Landeserziehungsgeld und das Elterngeld keine Gegensätze sind, sondern beides Sinn macht. Kollege Kretschmann sprach die soziale Gerechtigkeit an. Wenn ein Programm in Baden-Württemberg sozial gerecht ist, den Schwächsten ohne Ansehen von Herkunft oder Nationalität hilft, wenn ein Programm wirklich über die Sozialhilfe hinaus Familien ertüchtigen will, dann war und ist es das Landeserziehungsgeld. Ob das eine Kernaufgabe ist, ist eine andere Frage, aber sozial gerecht ist das Programm allemal. Es zum jetzigen Zeitpunkt, zu dem Menschen Sorge um ihre finanziellen Überlebensmöglichkeiten und um ihren Arbeitsplatz haben, abzuschaffen wäre der falsche Weg.

Andererseits sehen wir, dass das Landeserziehungsgeld kompatibel gemacht werden muss, wenn das Elterngeld kommt.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: So ist es!)

Deswegen hat die Koalition genau dazu eine richtige und differenzierte Aussage in der Koalitionsvereinbarung gemacht: Elterngeld ein Jahr plus gegebenenfalls ein zweites Jahr. Da macht ein Erziehungsgeld ab dem 25. Monat keinen Sinn, weil zehn oder zwölf Monate zu überbrücken sind. Also prüfen wir, ob wir unser Erziehungsgeld auf die Zeit des zweiten Lebensjahrs des Kindes vorziehen oder es halbieren und es zwei Jahre zahlbar wird. Beide Wege sind vorstellbar. Wir nehmen ganz bewusst einen Teil des Erziehungsgeldes in die Hand, mindestens 10 %, 8 Millionen € oder mehr.

Wir haben schon im Haushalt 2006 10,4 Millionen € für die Tagesmütter und für die Kinderkrippen, das heißt für die Bildung und Erziehung der Kleinstkinder, für die Einbis Dreijährigen

(Zuruf: Null- bis Dreijährigen!)

eingestellt. Die Höhe dieser Mittel wird – ich vereinfache – tendenziell auf 20 Millionen € gehen, und daraus wird dann eine faire Partnerschaft, damit die Träger vor Ort – die Kommunen, die freien Träger, die Kirchen – entsprechend dem Bedarf auch für die Altersgruppe von einem bis drei Jahren

(Zuruf: Null bis drei!)

etwas aufbauen können, was für die Zeit vor dem Kindergarten gehört und was Familien ergänzt. Ich glaube, dass das Erziehungsgeld, so umgebaut, und die Hilfen für Kinderkrippen und Tagesmütter, so ausgebaut, die richtige Antwort auf die Bundespolitik sind.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Nichts Halbes und nichts Ganzes!)

Dann wurde uns das Thema „Hochschule und Studiengebühren“ vorgehalten. Auch darauf am Schluss noch eine kurze Antwort: Wenn wir in den nächsten Monaten, Kollege Kretschmann – nachdem wir in jeder Region Veranstaltungen mit der Wirtschaft, den Kammern und den Hochschulen durchgeführt haben werden –, darüber nachdenken,

(Ministerpräsident Günther Oettinger)

welcher Bedarf an Studienplätzen 2012 in Baden-Württemberg besteht, und zwar nicht nur der Zahl nach, sondern auch der Qualität nach – denn es geht nicht nur um die Zahl, sondern auch um die Standorte, die Fächer und die Hochschularten; darüber beraten wir derzeit –, und der Wissenschaftsminister uns im Spätherbst ein Konzept zur Hochschule 2012 und einen achtjährigen Solidarpakt vorlegen wird, dann ist der Zeitpunkt gegeben, um zu beraten. Das bieten wir ausdrücklich an.

Klar ist – dies kann man auch allen meinen Aussagen entnehmen –: Wenn es um bis zu 30 % mehr Studienplätze geht, dann ist dies kein Nullsummenspiel. Dann braucht die Hochschule tendenziell für die Hälfte der Mehrkosten Geld des Landes ergänzend zu den Status-quo-Mitteln und wird dann gemeinsam mit der Wirtschaft sowie durch Umbau und eigene Maßnahmen die andere Hälfte erbringen können. Diese Formel – etwa halb/halb – wird die Formel der Beratungen sein. Im Herbst dazu mehr.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Da sind wir ge- spannt!)