Wenn es Ihnen zu viel ist, sich mit den Kommunen auseinander zu setzen, dann hätte ich einen Vorschlag: Machen Sie eine konkrete Aufgabenteilung. Wünschenswert wäre, wenn Sie zum Beispiel hergingen und deutlich machten: Wir hören mit vielen Mischfinanzierungen auf. Nehmen wir das Beispiel „Schule und Kindergarten“. Versuchen wir doch einmal einen Weg, um zu erreichen, dass wir in fünf bis acht Jahren eine Zuständigkeit der Kommunen haben für alles, was den Kindergartenbereich betrifft. Das Land übernimmt dann aber komplett die Verantwortung für alles, was den Schulbereich betrifft. Dann hätten wir konkrete Zuständigkeiten, und Sie hätten nicht das Problem, dass Sie sich in Verhandlungen stürzen müssen. Ich halte es aber für eine Selbstverständlichkeit, dass Sie sich mit Kommunen auseinander setzen. Denn ohne ein kommunales Leben hät
Sie haben ein paar spannende Stichworte wiederholt: Standardabbau. Ja, welche Standards, wo, bei wem?
Wer muss abbauen? Wer trifft die Entscheidungen? Keine abstrakte Vorgabe, konkret und direkt aufgezählt!
(Abg. Peter Schneider und Abg. Winfried Scheuer- mann CDU: Das hat er doch gesagt! – Gegenruf des Abg. Thomas Knapp SPD: Kein einziger Satz! – Abg. Norbert Zeller SPD: Nein, hat er nicht ge- sagt!)
Das wäre es, was wir erwartet haben. Möglicherweise werden wir ja in der Haushaltsberatung mehr dazu hören.
wenn Sie wirklich der Meinung sind, dass es notwendig ist, etwas beim Finanzausgleich zu verändern, sollten wir tatsächlich dieses Thema ernst nehmen. Wenn Sie sechs Bundesländer zu Verbündeten erklären und mit diesen sechs Bundesländern dann nichts anderes im Kopf haben, als eine Verhinderungsstrategie zu fahren, dann kann man dadurch natürlich die Grundgesetzänderung verhindern, wenn diese sich alle einig werden. Aber viel wichtiger wäre es doch, etwas Positives zu schaffen. Wir sind doch nicht gewählt, um Dinge zu verhindern, sondern wir sind gewählt, um etwas zu gestalten, und zwar auch über das eigene Land hinaus.
Ich hätte mich gefreut, wenn Sie da auf unser Angebot eingegangen wären, wenn Sie gesagt hätten: „Jawohl, wir machen gemeinsam einen Vorschlag zur Föderalismusreform, Teil II. Wir machen einen Vorschlag, wie wir die Länderfinanzen neu ordnen, wie wir Möglichkeiten schaffen, eigene Steuereinnahmen zu bekommen, und wie wir auch den schwächeren Ländern so helfen, dass sie selbst auf Dauer auf die Beine kommen.“ Aber das geht nicht, wenn Sie nur den Bund der Starken schließen. Das geht nur, wenn auch die kleinen, die finanzschwächeren Länder merken, dass wir es ernst meinen und auch bereit sind, ihre Interessen mit zu berücksichtigen. Da geht es nicht um das gemeinsame Ziel – das teilen wir vielleicht sogar –, sondern um die Frage, welchen Weg Sie einschlagen. Mit dem falschen Weg – wenn man den Leuten die Brechstange ins Kreuz haut –, erreicht man im Grunde gar nichts. In unser aller Interesse ist es, dass wir es schaffen, hier tatsächlich eine Veränderung zu erreichen.
(Beifall bei der SPD – Abg. Thomas Blenke CDU: Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute!)
Dann, Herr Ministerpräsident, will ich noch Ihre „hervorragende“ Idee mit dem Feldversuch ansprechen: Lasst doch
alle neu eingestellten Arbeitnehmer für drei Jahre befristet arbeiten. Ich darf Sie erinnern: Wir haben auf Bundesebene – übrigens unter Verantwortung der rot-grünen Regierung – den Kündigungsschutz der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer genau in diesem Sinne gelockert. So ist es inzwischen möglich, einen älteren Arbeitnehmer neu einzustellen, ohne dass dieser ein Kündigungsschutzrecht nach alter Gestaltung hat. Vielmehr wurde das Kündigungsschutzrecht im Grunde dadurch „erledigt“, dass man gesetzlich verwirklicht hat, dass Arbeitnehmer nur noch befristet für ein Jahr eingestellt werden und die Befristung unendlich verlängert werden kann. Das Ergebnis ist, dass im Grunde heute noch weniger ältere Beschäftigte in den Betrieben sind als vor dieser Regelung. Insofern war diese Regelung nicht nur falsch und überflüssig – das muss ich auch an die eigene Adresse sagen –, sondern am Ende durchaus schädlich. Genutzt hat sie nichts. Wenn Sie jetzt im Prinzip das Gleiche machen, indem Sie einführen, dass jemand, der neu in den Beruf einsteigt oder seinen Beruf wechselt, für drei Jahre keinen Kündigungsschutz haben soll, was passiert denn dann? Jeder, der einen Job hat, wird überhaupt nicht mehr freiwillig wechseln, sondern versuchen, so lange wie möglich in seinem Job zu bleiben. Das zementiert auch den Arbeitsmarkt.
Und was machen die von Ihnen so geförderten Familien? Wer will denn ein Haus bauen oder kaufen oder eine teure Wohnung mieten, wenn er die Perspektive hat, in den nächsten drei Jahren keine Sicherheit zu haben?
Wer hat denn den Mut, eine Anschaffung zu machen oder überhaupt erst eine Familie zu gründen, wenn die Perspektive ist, drei Jahre lang in der völligen Unsicherheit zu leben? Insoweit ist Ihr Vorschlag, Herr Ministerpräsident, nicht durchdacht und auch schädlich für das Ziel, ein Kinderland in Baden-Württemberg zu schaffen.
Ich kann Ihnen deshalb empfehlen: Das, was Sie dialogorientiert umsetzen wollen, sollten Sie nicht immer nur im Dialog mit den eigenen Leuten angehen. Nehmen Sie das Beispiel aus Ulm, das Sie vorhin entgegnet haben: Wenn die Eltern es im Grunde Klasse fänden, dass wir jetzt nur noch Kleinkinder betreuen, aber die Kinder im Alter von vier bis sechs Jahren herausmüssen, dann hätten sich die Eltern nicht über diese Zustände beklagt.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Eben! – Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Klaus Herrmann: Diese Kinder sind im städtischen Kindergarten!)
Das Problem an dieser Sache ist doch, dass es völlig andere Öffnungszeiten gibt, dass es räumlich eine ganz andere Entfernung ist. Es kann doch nicht sein, dass unsere Kinderpolitik und Betreuungspolitik und die Möglichkeit, Kinderbetreuung zu stärken, so abläuft, dass nur die Kinder im Alter von bis zu drei Jahren betreut werden und die vier- bis sechsjährigen Kinder hinausgeworfen und an andere Stellen verpflanzt werden. Es kann nicht sein, dass die kleinen auf
Kosten der größeren Kinder eine entsprechende Betreuung finden. Jedenfalls habe ich Ihr Kinderland so nicht verstanden, Herr Kollege Oettinger.
Deshalb kann ich Ihnen nur empfehlen: Weiten Sie den Dialog aus! Reden Sie auch mit den Betroffenen direkt und nicht nur mit denen, die Interessen vertreten! Und beziehen Sie auch Menschen ein, die Ihnen nicht immer nach dem Mund reden!
Nehmen Sie das Beispiel der Gewerkschaften: Sie haben ja formal den Dialog mit den Gewerkschaften eröffnet. Aber hier im Landtag haben Sie wieder in Bezug auf die Lehrerbesoldung und die Frage, ob Lehrerinnen und Lehrer Beamte sein sollen, die Gewerkschaften als „das Damoklesschwert“ für die Entwicklung in den Schulen genannt. Wie sonst ist zu erklären, dass Sie solche Ängste davor haben, dass es einmal einen Streik geben könnte? Erinnern Sie sich überhaupt noch, wann zum letzten Mal in den Krankenhäusern gestreikt wurde? Ich glaube, das ist weit über zehn Jahre – ich glaube, fast 20 Jahre – her. So heftig kann das nicht sein.
In den Kindertagesstätten wurde gestreikt. Und vorher war dort fast 20 Jahre Ruhe. Es ist also nicht so, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus Jux und Tollerei streiken würden. Aber erkennen Sie doch an, dass Gewerkschaften und auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich deshalb zusammenschließen, weil man auf gleicher Augenhöhe verhandeln können muss und weil es ein großes Unrecht ist, wenn nur derjenige, der die Arbeit zur Verfügung stellt, über jeden Einzelnen bestimmen kann. Wir waren in unserer sozialen Marktwirtschaft schon einmal weiter.
Es geht darum, dass wir auf gleicher Augenhöhe miteinander verkehren. Nur dann, Herr Ministerpräsident, macht das Wort vom Dialog Sinn, wenn Sie nicht Angst vor Ihren Dialogpartnern haben,
sondern wenn Sie aufgeschlossen und offen sind und auch tatsächlich Mut beweisen, wenn Sie nicht nur zuhören, sondern tatsächlich die Themen anpacken, von denen Sie gerne reden. Handeln ist gefragt. Das ist es, was wir von Ihnen erwarten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Wort erteile ich dem Kollegen Kretschmann. Nach § 82 Abs. 4 der Geschäftsordnung muss nach der Erklärung des Ministerpräsidenten zuerst den Vorsitzenden der Oppositionsfraktionen das Wort erteilt werden. Erst danach geht es in der normalen Reihenfolge weiter, Herr Kollege Mappus. Das steht so in der Geschäftsordnung.
(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Da merkt man den Unterschied! Der kennt sich aus! Das war ein Lob, Herr Präsident!)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Ministerpräsident, lieber Günther Oettinger, dein Konter war kraftvoll geschossen, er ist aber am Tor vorbeigegangen.
Herr Ministerpräsident, Sie haben jetzt wortreich erklärt, welches die Gründe dafür waren, dass wir die erhöhte Zahl bei der Einstellung von Lehrern nicht durch die Einsparungen im Größenordnungsbereich von 10 000 Beschäftigten in anderen Bereichen kompensieren können. Das war alles richtig.
Kollege Mappus hat gesagt, ohne Hilfe von außen gehe es nicht. Er hat also rein darauf spekuliert, dass wir beim Länderfinanzausgleich Änderungen erreichen können. Sie haben aber in Bezug auf die Frage, wie man jetzt trotzdem zu einem ausgeglichenen Haushalt kommt, überhaupt nicht die Kurve gekriegt. Darum hat mich das wenig beeindruckt.
Herr Kollege Mappus, wir sind uns einig: Der Länderfinanzausgleich ist zwar richtig, und wir halten auch an ihm fest, aber nicht in dieser Form. Er bietet in der Tat zu wenige Leistungsanreize für die Nehmerländer, sich nach der Decke zu strecken.
Er ist auch leistungshemmend für die starken Länder. Schließlich kann man nicht die starken Länder immer so weit schwächen, bis sie irgendwann selbst nichts mehr abgeben können.
Das ist richtig. Aber ich möchte mich trotzdem gegen die Töne, ganz aus dem Länderfinanzausgleich auszusteigen, verwahren. Die Drohung mit einem Ausstieg wird auch nicht zum Erfolg führen.
Das ist alles bekannt. Aber wo sind jetzt die Vorschläge gewesen, wie man trotzdem zu einer Nettonullverschuldung bis zum Jahre 2011 kommt? Das sind ja immerhin Ihre Ansagen.
Wenn Sie glauben, dass es gar nicht geht, dann sagen Sie: „Dieses Ziel können wir leider nicht erreichen. Da sind wir von anderen abhängig.“ Das haben Sie aber nicht gemacht.
Sie haben noch einmal auf die mittelfristige Finanzplanung verwiesen. Herr Ministerpräsident, das hätten Sie besser unterlassen. Das, was Sie in der mittelfristigen Finanzplanung dargelegt haben, ist nichts anderes als ein billiger Trick. Da sollten Sie, Herr Finanzminister, zuhören. Sie sind ja schließlich dafür verantwortlich.