Auch der Minister kann, bei aller Gabe der Prophetie, die Sie mir unterstellen, nicht sagen, was am Jahresende 2008 in die Kasse kommen kann. Man muss die Dinge ein bisschen ordnen. Man kann nur sagen: Bisher erfolgte eine Ausschüttung in Höhe von 6 % des Stammkapitals. Im Moment haben wir Anfang Oktober, müssen also noch drei Monate abwarten. Dann kommt der Jahresabschluss, und dann wird man sagen können, ob wir wieder 6 % ausschütten können oder nicht. Das erst einmal zu der Frage, inwieweit man im Moment verlässliche Zahlen nennen kann.
Das Zweite, was ich gern vorweg sagen würde: Ein „Finanzminister-Oberaufseher“ ist ein Wort für den Marktplatz, lieber Herr Schlachter. Dem Thema werden Sie damit aber nicht gerecht. Da muss man doch ein bisschen sauberer sortieren.
Wie sieht es denn aus? Ich beginne einmal mit dem Innenministerium und dem Finanzministerium. Wir haben die Rechtsaufsicht. Jetzt hoffe ich, dass jeder weiß, was Rechtsaufsicht inhaltlich bedeutet.
Dann – das muss man wissen – gibt es den Verwaltungsrat, der mit den Grundsätzen der Geschäftspolitik befasst ist. Im Verwaltungsrat sind viele von uns mit beteiligt. Wir sitzen dort und fragen immer wieder nach und werden unterrichtet.
Ferner gibt es die Trägerversammlung; das sind die Eigentümer. Dort sind die Stadt, das Land, die Sparkassen- und Giroverbände Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sowie die L-Bank vertreten.
So einfach ist die Konstruktion. Da gibt es also nicht einen, der der „Oberaufseher“ ist und der die Kasse, die Landesbankkasse richten muss. Das sind einfach Vokabeln, die nicht in dieses ernsthafte Thema hineinpassen. Deswegen vorab diese kleine Lehrstunde.
Jetzt aber zum Thema selbst, meine sehr geehrten Damen und Herren. Es wurde bereits gestern von unserem Ministerpräsidenten angesprochen. Es ist ganz klar: Eine handfeste Banken- und Finanzkrise liegt vor.
Aus den Vereinigten Staaten von Amerika kamen ja mehrere Schockwellen. Anfänglich glaubten wir, es gebe nur eine, vielleicht noch eine zweite. Mittlerweile wissen wir aber, dass es das weltweite Finanzsystem insgesamt erfasst hat. Die Wall Street hat sich verändert. Manche sagen, dass es nur tektonische Bewegungen sind, die im Moment stattfinden. Der Ministerpräsident hat es gestern angesprochen: Wo wird wohl künftig das Zentrum sein? Wird man sich wieder berappeln, oder wird sich da vieles verändern?
Besonders bei den Investmentbanken gab es Veränderungen. Einige wurden übernommen, eine hat Insolvenz angemeldet; zwei sind mittlerweile zu Geschäftsbanken geworden. Da hat sich natürlich einiges verändert.
Ich bin dankbar für diese Debatte. Das gibt mir die Möglichkeit, das Thema sachlich und ruhig anzugehen. Es gibt viel zu viel Panikmache und schrille Schlagzeilen. Deswegen zitiere ich keine Schlagzeile, sondern gehe einfach ganz ruhig und sachlich an das Thema heran. Das ist der beste Beitrag, den man im Moment liefern kann.
Was war der Ausgangspunkt? Kollege Stickelberger, man kann es einfach erklären. Bei uns, in unserer alemannischen Heimat, wissen halt alle: Wenn du beleihst und nicht die entsprechende Sicherheit dafür erhältst, dann geht es in der Regel schief. Und so begann es im Grunde: mit der Vergabe von Krediten an Häuslebauer in den USA ohne jegliche Sicherheiten – für uns unverständlich.
Was wir bei dieser Geschichte übrigens auch gelernt haben: In den USA ist der Regress offensichtlich nur in das jeweilige Objekt möglich. Da kann man bei uns viel breiter zupacken, wie wir wissen – oder bisher hoffentlich nicht wissen mussten. Kurzum: Das war der Ausgangspunkt.
Diese immensen Kreditrisiken wurden verbrieft und am weltweiten Kapitalmarkt platziert. So muss man zunächst einmal den Ausgangspunkt erklären. Daran liegt mir sehr, denn der Titel dieser Aktuellen Debatte könnte suggerieren, dass die Landesbanken den Ausschlag gegeben hätten.
Ganz klar: Aus dem Ganzen entstand eine Vertrauenskrise. Sie wissen, dass die Banken sich untereinander nicht mehr beleihen. Liquiditätsengpässe sind die Folge. Vor allem großvolumige Anleihen sind am Markt kaum mehr platzierbar. Demzufolge sind auch die Preise für die Absicherung gestiegen und die gesamten Refinanzierungskosten deutlich erhöht, mög licherweise sogar überhöht. Das ist die Situation.
Es kommt jetzt noch ein Zweites dazu, das übrigens viele vorausgeahnt haben. Ich weiß, Sie kennen die damaligen kritischen Stellungnahmen des Sparkassenverbands. Mit den neuen internationalen Rechnungslegungsvorschriften wird jetzt Öl ins Feuer gegossen, indem immer genau zum Stichtag, egal, was vorher und hinterher geschieht, ein Marktpreis gemacht werden muss. Wenn es gar keinen Markt gibt, wie dies derzeit der Fall ist, dann ist erst recht die Frage, was das
für ein Marktpreis ist. Er kann allenfalls nur ein verzerrtes Bild wiedergeben. Das sind diese internationalen Vorschriften, International Standards.
(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: IAS! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: International Accounting Stan- dards!)
Sie kennen diesen Bereich, der im Grunde die bisherigen Regelungen abgelöst hat. Diese neuen Vorschriften stoßen jetzt in ihrer ersten Anwendung genau in diese Situation hinein und erschweren das Ganze zumindest in der öffentlichen Darstellung erheblich.
Ich habe mir noch einmal die chronologische Darstellung angeschaut. Möge jeder sich selbst noch einmal die Hausnummern vor Augen führen, wo es begonnen hat.
(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Aber Sie müs- sen jetzt keinen Vortrag vor der Kinderuni halten! – Heiterkeit)
Lieber Herr Kretschmann, ich habe gestern Ihnen zuhören müssen. Sie werden heute auch mir zuhören müssen, wenn ich einiges sage, und zwar in der gebotenen Sachlichkeit, auch wenn das nach dem Beitrag des Grünen-Abgeordneten ausgesprochen schwerfällt.
Wenn Sie die Hausnummern anschauen, dann müssen Sie sich auch Folgendes vergegenwärtigen. In der Tat sind es bei den allermeisten andere Ursachen, die zu Bewegung und zu Kollaps geführt haben.
Die einen haben sich einfach in der Immobilie verzockt. Die IKB ist darunter einzuordnen, gar keine Frage. Dann gab es natürlich die anderen, und das ist auch hochinteressant im Blick auf die aktuelle Diskussion und die Frage, wie wir damit umgehen: Die Washington Mutual, die größte Sparkasse der Vereinigten Staaten, hat nicht gezockt, sondern war im Grunde dem Bank Run ausgeliefert. Sie hat Vertrauen bei den Kunden verloren, und innerhalb von zehn Tagen, habe ich gehört, hat sie 17 Milliarden abgeben müssen, weil die Leute einfach das Geld zurückholen. Das ist die zweite Möglichkeit. Dann gibt es noch diejenigen, die im Grunde mit dabei sind, weil sie plötzlich Kapitalmangel haben, weil sie Refinanzierungsschwierigkeiten haben. Und dann gibt es auch noch den Kollateralschaden. Ich glaube, gerade wenn man es jetzt richtig sondiert, muss man sich vergegenwärtigen, dass es da in der Tat unterschiedliche Gründe gab und unterschiedliche Adressen dann entsprechend reagieren konnten.
Die Märkte sind unsicher, das Misstrauen besteht. Fakt ist: Der Interbankenmarkt, wie man ihn nennt, ist geradezu aus
getrocknet. Das führt zu Liquiditätsengpässen. Sie wissen, verbriefte Kreditpapiere werden im Moment kaum noch gehandelt. Die Preise sind verzerrt, und demzufolge werden auch kaum reale Marktpreise genannt. Die Refinanzierungskosten sind gestiegen, der Primärmarkt ist ausgetrocknet, die Krise hält an. Die Zentralbanken sind gefordert.
Das Allerschlimmste wäre – damit sind wir beim Übergang zur Realwirtschaft –, wenn jetzt aufgrund dieser Situation die Kreditversorgung eine Bauchlandung machen würde.
Da komme ich jetzt zum Blick auf den deutschen Markt. Im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten – das ist nicht übertrieben, das ist eine selbstbewusste Darstellung der Situation – haben wir aufgrund unserer Drei-Säulen-Bankenstruktur diese Situation nicht, und es ist eher sehr, sehr unwahrscheinlich, dass wir diese Probleme in der Kreditversorgung hier bei uns bekommen.
Das ist ein ganz deutlicher Hinweis. Ich habe gesehen: Die Sparkassen und vielleicht auch die Volksbanken haben in den letzten Monaten sogar noch erhebliche Steigerungen der Kreditvergaben machen können.
Da ist gesichertes Volumen da, und demzufolge kann die Kreditversorgung in voller Höhe fortgesetzt werden, ins besondere in voller Höhe für unsere mittelständische Wirtschaft.
Jetzt zur LBBW. Meine Damen und Herren, Folgendes ist ganz wichtig für alle, die hier und anderswo darüber reden, wenn sie nicht vorsätzlich Schaden anrichten wollen.
Erstens: Die LBBW hat eine ausgesprochen stabile Liquiditätssituation, sie kann jederzeit ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen. Das ist aktuell eine ausgesprochen komfortable Situation, in der sich die LBBW befindet, wenn Sie schon Vergleiche anstellen wollen.
Jetzt eine Korrektur, die auch wichtig ist: Es gab eine Pressemeldung, wonach Refinanzierungen von über 74 Milliarden € in diesem Jahr anstünden und möglicherweise nicht geschultert werden könnten. Meine Damen und Herren, die richtige Zahl lautet 42 Milliarden €. Diese Mittel können zu akzeptablen Konditionen und Fristen kongruent am Markt beschafft werden. Das ist eine wichtige Botschaft, die rausmuss. Man darf das nicht schlechtreden, sondern muss sich einfach entlang der Fakten bewegen. Die Fakten bei der LBBW sind so, dass man nicht in Euphorie verfallen muss, weil die Banken- und Finanzkrise alle berührt, aber man muss doch einigermaßen die Kirche im Dorf lassen.
Die LBBW ist nach wie vor eine verlässliche, eine geschätzte Adresse. Sie hat auch eine hohe Liquidität. Sie hat auch die Möglichkeit, die sogenannten Overnight-Mittel jederzeit zu beschaffen. Das ist wichtig. Denn genau das ist das Kriterium der Flexibilität, über das manche stolpern, wenn sie nicht ganz schnell zu diesen Mitteln kommen.
Die LBBW ist im klassischen Kundengeschäft gut positioniert. Das heißt also, gerade in dem Themenfeld des Mittelstandsgeschäfts, das nicht in der Weise von der Finanzmarktkrise berührt ist, ist die LBBW tätig. Das ist das Vorteilhafte. Kurzum: Die Situation der LBBW hinsichtlich des operativen Ergebnisses kann für uns im gegenwärtigen Stadium nicht kritisiert werden. Wir müssen immer betrachten, was jetzt ist.