Protokoll der Sitzung vom 05.11.2008

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullin- ger FDP/DVP: Gut! – Abg. Dieter Kleinmann FDP/ DVP: Sehr gut! – Abg. Reinhold Gall SPD: Und jetzt?)

Aber, meine Damen und Herren, Frau Vogt hat von einem Änderungsantrag gesprochen. Ein solcher liegt mir nicht vor. Meinen Sie den Entschließungsantrag?

(Abg. Ute Vogt SPD: Ja!)

Sie wollen das Gesetz also jetzt nicht ändern, sondern wollen lediglich eine Entschließung dazu?

(Abg. Ute Vogt SPD: Und Ihre Zustimmung, dass Sie auch ändern wollen!)

Wir Liberalen wollen – ich habe es gerade schon gesagt – die Datenschutzkontrolle für den öffentlichen und den nicht öffentlichen Bereich zusammenführen, weil ein weiteres Nebeneinander von Zuständigkeiten zum Verschwenden von Ressourcen und zu unterschiedlichen Auslegungen führen kann, Herr Kollege Gall.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Deswegen stimmen Sie vermutlich gegen unseren Antrag! Sehr interessant!)

Bei dieser Zusammenlegung ist Hektik ein schlechter Ratgeber. Wir müssen die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs abwarten. Bekanntlich entsprechen auch die von Ihnen, Frau Vogt, hier angeführten gemeinsamen Datenschutzstellen in anderen Bundesländern nicht den Vorgaben der europäischen Richtlinien. Das ist eindeutig, und deshalb bringt es nichts, wenn wir jetzt das Gleiche machen, was die anderen tun, sondern wir müssen abwarten, bevor wir eine Änderung vornehmen. Diese Änderung muss dann auch wirklich hieb- und stichfest sein. Deshalb werden wir Ihren Entschließungsantrag heute ablehnen müssen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Schon wieder eine Chan- ce verpasst!)

Ich kann immer wieder nur an die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger appellieren, nicht so sorglos mit ihren Daten umzugehen. Man darf nicht bei allen möglichen Gelegenheiten alles Mögliche von sich selbst preisgeben. Das ist ungefähr so, als ob Sie Ihre Brieftasche mit allen Papieren im Schlemmergrill auf dem Hauptbahnhof liegen lassen. Dann kann auch jeder wissen, was da ist. Die Leute geben überall Pay-back-Karten hier und Pay-back-Karten da, und man weiß genau, was da alles ist.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Das ist wirklich Blöd- sinn!)

Ich appelliere auch an die Wirtschaft, dem Datenschutz einen höheren Stellenwert einzuräumen, denn Datenschutz kann ein Wettbewerbsvorteil sein. Würden die Firmen das offensiv vertreten und damit werben, wäre es ein Vorteil.

(Beifall des Abg. Michael Theurer FDP/DVP)

Bislang gibt es aber kaum ein Unternehmen – es sei denn, Sie betrachten die FDP/DVP-Landtagsfraktion als ein solches –, das mit besonderer Sicherheit von Kundendaten wirbt. Vielleicht macht einmal die Telekom den Versuch eines Neuanfangs.

(Beifall des Abg. Michael Theurer FDP/DVP)

Ich will jetzt nicht weiter auf privaten Datensammlern und -klauern herumhacken, und die Kolleginnen und Kollegen zu meiner Linken wie auch zu meiner Rechten sollten das auch nicht tun. Ende September wurde ja der Inhalt einer Übereinkunft von Frau Zypries und Herrn Schäuble mit den USA bekannt. US-Strafverfolgern, Grenzbehörden und Geheimdiens ten wird ein direkter Onlineabgleich von Fingerabdrücken und DNA-Körperproben mit deutschen Datenbanken ermöglicht. Außerdem sollen deutsche Behörden den USA ungefragt Leute melden, von denen sie annehmen, dass sie etwas mit Terrorverdächtigen am Hut haben könnten – und das alles heimlich, still und leise, ohne Benachrichtigung der Betroffenen. Das ist ein dicker Hund,

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

und Sie sollten einmal schauen, dass die SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag von solcher Praxis Abschied nimmt.

Wir wollen ein in sich stimmiges Datenschutzkonzept, das mit der Technik Schritt hält. Wir wollen eines, das nachvollziehbar ist für die Bürgerinnen und Bürger. Die vielen bereichs

spezifischen Regelungen sollten auf das absolut Notwendige beschränkt werden. Neue Regeln müssen den Zugang zu Daten gewährleisten, wenn es sinnvoll ist. So habe ich mich einmal in Mainz – da regiert die SPD – nach dem Todesdatum vom Schinderhannes – das war ein Räuberhauptmann – erkundigt. Der ist wohl am 20. November 1803 enthauptet worden, und man hat mir gesagt, das könne man mit Rücksicht auf den Datenschutz nicht bestätigen.

(Beifall und Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Innenminister Rech das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Kollegen! Das Hauptziel des Gesetzentwurfs, den Berichtszeitraum von einem Jahr auf zwei Jahre zu verlängern, wurde hier schon ausführlich besprochen und diskutiert. Der nächste Datenschutzbericht wäre demnach am 1. De zember des kommenden Jahres fällig. Die Landesregierung kommt mit der Vorlage des Entwurfs einer entsprechenden Aufforderung des Landtags vom 2. April nach.

Ich will in aller Kürze darauf hinweisen, dass seit dem Inkrafttreten des Landesdatenschutzgesetzes im Jahr 1980 der Landesbeauftragte jedes Jahr zum Jahresende einen Tätigkeitsbericht vorlegt. Zehn andere Bundesländer – ich will sie jetzt nicht einzeln aufführen –, die anfangs ebenfalls einen einjährigen Berichtszeitraum vorgesehen hatten, sind inzwischen auf eine zweijährige Berichtsperiode übergegangen. Auch der Berichtszeitraum des Bundesbeauftragten für den Datenschutz beträgt mittlerweile zwei Jahre. Das hat sich im Bund und in diesen zehn Bundesländern bewährt. Es entlastet den Landesbeauftragten, und es entlastet die Stellen, die regelmäßig mit der Erarbeitung der Stellungnahme befasst sind. Deswegen ist es sinnvoll, dass auch wir hier im baden-württembergischen Landesdatenschutzgesetz einen zweijährigen Berichtszeitraum vorsehen.

Ich lege Wert auf die Feststellung, dass es der Landesregierung von Anfang an darauf ankam, dies im Konsens mit dem Landesbeauftragten für den Datenschutz zu tun. Gegen dessen Votum hätten wir es gewiss nicht gemacht.

Zu den gegenwärtigen Diskussionen im Bereich Datenschutz will ich einfach betonen – das müssen wir bitte so nüchtern sehen –, dass die Gesetzesänderung weder die Informationsmöglichkeiten des Landtags noch die Handlungsmöglichkeiten des Landesbeauftragten beschneidet. Der Landtag kann auch weiterhin vom Landesbeauftragten für den Datenschutz jederzeit Gutachten und besondere Berichte anfordern. Der Landesbeauftragte kann sich seinerseits jederzeit – gegebenenfalls auch mit einem Zwischenbericht – an den Landtag wenden. Es ist ihm außerdem unbenommen, sich zu jedem datenschutzrechtlichen Thema in der Öffentlichkeit zu Wort zu melden oder die Öffentlichkeit über die Ergebnisse einzelner von ihm untersuchter Vorgänge zu unterrichten.

Lassen Sie mich abschließend darauf hinweisen, dass die Verlängerung des Berichtszeitraums völlig unabhängig von der auch heute wieder in dem Entschließungsantrag geforderten Zusammenlegung der Datenschutzkontrolle über den nicht öffentlichen und über den öffentlichen Bereich beim Landesbe

auftragten für den Datenschutz zu sehen ist. Insoweit sieht die Landesregierung – das ist bekannt – keinen Handlungsbedarf.

Es bleibt in der Tat – Herr Kollege Kluck hat es gesagt – die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die Klage der Europäischen Kommission abzuwarten. Aber ich will schon klarmachen, dass die EU-Kommission geklagt hat, weil sie der Auffassung ist, dass die Aufsichtsbehörden in allen deutschen Bundesländern nicht den Anforderungen der europäischen Datenschutzrichtlinie an die notwendige Unabhängigkeit der Aufsichtbehörden entsprechen. Die Klage richtet sich, liebe Kolleginnen und Kollegen, also auch gegen diejenigen Länder, in denen die Aufsicht über den öffentlichen und den nicht öffentlichen Bereich zusammengelegt wurde. Da gibt es also keine Differenzierung. Die Zusammenlegung der Datenschutzaufsicht beim Landesbeauftragten würde, da er nach deutschem Verfassungsrecht der Rechtsaufsicht der Landesregierung unterstellt werden müsste, an diesem Zustand nichts ändern.

Ich bitte Sie deshalb darum, dem Gesetzentwurf in der vorliegenden Form zuzustimmen und den Entschließungsantrag abzulehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, in der Allgemeinen Aussprache liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen deshalb in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 14/3194.

Abstimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Ständigen Ausschusses, Drucksache 14/3440. Der Ständige Ausschuss empfiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.

Den zu dem Gesetzentwurf eingebrachten Entschließungsantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 14/3495, werde ich am Ende der Gesetzesberatung zur Abstimmung stellen.

Ich rufe auf

Artikel 1

Wer Artikel 1 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist Artikel 1 mehrheitlich angenommen.

Ich rufe auf

Artikel 2

Wer Artikel 2 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist Artikel 2 mehrheitlich zugestimmt.

Die Einleitung

lautet: „Der Landtag hat am 5. November 2008 das folgende Gesetz beschlossen:“.

Die Überschrift

lautet: „Gesetz zur Änderung des Landesdatenschutzgesetzes“. – Sie stimmen der Überschrift zu.

Wir kommen zur

S c h l u s s a b s t i m m u n g

Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmt, möge sich bitte erheben. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist dem Gesetz mehrheitlich zugestimmt.

Wir haben jetzt noch über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 14/3495, der vorher verteilt wurde, abzustimmen. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist dieser Entschließungsantrag mit Mehrheit abgelehnt worden.

Damit ist Tagesordnungspunkt 4 erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf: