Protokoll der Sitzung vom 12.02.2009

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Berroth für die Fraktion der FDP/DVP.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich kann an meinen letzten Beitrag hier anschließen, in dem es um Kultur und Theater ging. Natürlich sind auch wir froh, dass es gelungen ist, den Amateurtheatern zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen, und die Brauchtumspflege, Frau Kollegin Kurtz, „isch mir als langjährigem Mitglied vom Verei fer schwäbischa Dialekt natürlich au bsonders wichtich“.

Um die Protokollierung nicht zu erschweren, setze ich meine Ausführungen jetzt allerdings auf Hochdeutsch fort.

(Abg. Elke Brunnemer CDU: Können Sie das denn?)

Wir brauchen beim Sport diesmal glücklicherweise keine große Debatte, weil der Solidarpakt ja noch weiterläuft. Wir stimmen aber mit allen überein, die sagen, wir müssten frühzeitig über die Fortschreibung beraten, damit es einen nahtlosen Anschluss gibt.

Unser Dank gilt allen Ehren- und Hauptamtlichen im Sport. Wir wissen besonders die Integrationsfunktion des Sports zu schätzen. Ob es dafür jetzt eines Extratitels im Haushalt bedarf, muss man sich allerdings fragen. Viele dieser Integrationsfunktionen werden bereits mit den bisherigen Sportmitteln abgedeckt, und ich glaube, das kann man so fortführen.

Zum Ehrenamt gehören jedoch nicht nur die Übungsleiter, sondern z. B. auch die Jugendbegleiter, die Schülermentoren und alle, die sich weit über ihr Deputat hinaus, etwa für „Jugend trainiert für Olympia“, engagieren. Wir wissen dies zu schätzen und zu würdigen.

Zum Sportstättenprogramm wurde das Wichtige schon gesagt. Da werden sich Chancen aufgrund des Investitionsprogramms ergeben. Die Kommunen bekommen Pauschalen in sehr gro ßem Umfang und werden hieraus auch die Sanierung von Sportstätten durchführen können, sodass wir den dort bestehenden Stau ein Stück weit abbauen können.

Was aus unserer Sicht auf den Prüfstand gestellt werden muss, ist die Organisation im Leistungssport und in dessen Vorfeld. Ich habe den Eindruck, dass so manches nebeneinander passiert und anderes dafür ausbleibt. Wir sind deshalb gespannt auf die Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage, die demnächst eintreffen müsste.

Frau Kollegin Queitsch, beim Thema Schwimmen stimme ich Ihnen absolut zu. Es war nur eine Anmerkung, dass es nicht nur an Lehrern, sondern mehr und mehr auch an Schwimmhallen fehlt, weil die leider sehr, sehr teuer sind.

(Zuruf der Abg. Margot Queitsch SPD)

Wir haben das ebenfalls seit vielen Jahren beklagt. Wenn es da eine Lösung gibt, sind wir jederzeit an Ihrer Seite.

Ein großes Anliegen aber noch zum Schluss, und zwar bezüglich der Neuordnung der Ausbildung der Grundschullehrer. Es ist außerordentlich wichtig, dass dabei der musikalische Bereich eine größere Rolle spielen soll. Das hatten wir bei der letzten Novellierung vergessen. Ich sage das ganz ehrlich. Zumindest ich habe es zu spät gemerkt. Es darf aber auf keinen Fall passieren, dass man jetzt zwar Musik hineinnimmt, aber dafür den Sport herausfallen lässt. Aus unserer Sicht muss unabhängig davon, dass wir im Grundschulbereich auch mehr Fachlehrer brauchen – keine Frage –, jede Grundschullehrerin und jeder Grundschullehrer eine Basisausbildung für alters- und schulgemäße sportliche Betätigung erhalten.

Da geht unsere dringende Bitte an das Kultusministerium, dies bei der Neukonzeption der Grundschullehrerausbildung zu berücksichtigen. Es ist wichtiger denn je, dass gerade in der Grundschule Sport nicht nur in zwei oder drei Unterrichtsstunden in der Woche stattfindet, sondern dass er auch in den Unterricht integriert wird. Das geht nur, wenn die Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer eine gewisse Kenntnis haben, wie man es richtig macht.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Minister Rau.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landesregierung arbeitet an einer zielgerichteten Modernisierung unseres Bildungswesens – nicht von heute auf morgen, aber für heute und morgen. Der Haushalt, den wir heute beraten, markiert einen wichtigen Zwischenstand. Mit ihm wird die Qualitätsoffensive Bildung, die wir vor wenigen Monaten vorgestellt haben, in die Umsetzung gebracht. Wir haben dazu ges tern in der Allgemeinen Aussprache Zahlen gehört. Ich will nur Herrn Schmiedel bitten, wenn er hier schon Zahlen nennt, dann die richtigen zu nennen. Es sind 50 Millionen €, die in diesem Jahr aus der Qualitätsoffensive Bildung im Haushalt enthalten sind, und es sind 50 Millionen € – –

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Die Sie an anderer Stel- le wieder einkassieren!)

Das stimmt überhaupt nicht.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Natürlich!)

Ihr Redner hat heute schon zugestanden, dass das frisches Geld ist.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Der Anteil am Haushalt sinkt doch! Wo ist denn da mehr drin?)

Herr Schmiedel, jetzt sind Sie wieder zum Schreien gekommen. Das wird dadurch nicht besser. Ich erzähle Ihnen, wie die Fakten sind.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wahrheit und Klarheit! – Abg. Peter Hofelich SPD: Wer austeilt, muss auch einstecken können!)

Es sind 50 Millionen €. Sie haben von 30 Millionen € gesprochen. Und es sind 50 Millionen €, die sich auf ein Drittel des Jahres beziehen, weil das neue Schuljahr am 1. September beginnt. Wenn Sie das auf ein Jahr umrechnen, sehen Sie, welchen Wert die Mittel haben, die wir dort zur Verfügung stellen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

In den vergangenen Jahren ist an unseren Schulen vieles auf den Weg gebracht worden. Jede einzelne Schule hat mit dem Bildungsplan 2004 die umfassende Verantwortung für ihre Entwicklung übertragen bekommen. Schauen Sie sich die Beispiele aus der Praxis in unserer aktuellen Broschüre an.

(Der Redner hält eine Broschüre mit dem Titel „Schul entwicklungskonzepte in Baden-Württemberg – Ge- lungene Praxisbeispiele“ hoch.)

Liebe Frau Kollegin Arnold, das würde ich auch Ihnen zur Lektüre empfehlen, wenn Sie wissen wollen, was sich an den Schulen an Entwicklungsprojekten alles tut. Das ist sehr spannend. Sie finden Belege für eine große Gestaltungskraft in unseren Schulen,

(Abg. Peter Hofelich SPD: Szenen einer Ehe! – Hei- terkeit)

ob es um die qualitative Entwicklung des Unterrichts, die Profilbildung, die Leistungsmessung, die Netzwerkbildung geht.

An unseren Schulen weht der Wind des Wandels. Wer anderes behauptet, tut all den Schulen Unrecht, die viel Energie in solche Prozesse stecken und die dabei von uns massiv unterstützt werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Natürlich geht es nicht überall gleich schnell und gleich intensiv. Deshalb ist es wichtig, dass gestärkte Eigenverantwortung auf Erfahrungsaustausch gründet. In diesem Zusammenhang spielt das Projekt Bildungsregion eine wirklich entscheidende Rolle. Wir haben gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung drei Jahre lang in Freiburg und im Landkreis Ravensburg dieses Modell erprobt, und wir haben uns in der Qualitätsoffensive Bildung dafür entschieden, Bildungsregionen im gan zen Land, in allen Stadt- und Landkreisen schaffen zu wollen, und zwar in einer Partnerschaft zwischen Kommunen, Land, Bildungseinrichtungen und gesellschaftlichen Kräften. „Das Projekt baut Brücken für bessere Bildung“, wie Jörg Dräger von der Bertelsmann Stiftung bei unserem Kongress im November in Freiburg gesagt hat.

Ziel ist es, dass alle Kinder und Jugendlichen den bestmöglichen Bildungserfolg erreichen können. Der Weg dorthin führt über die Vernetzung von Schulen, Schulträgern, Wirtschaft und anderen Akteuren, die gemeinsam Verantwortung übernehmen. Verantwortlich sein, nicht nur zuständig, das ist der Schlüssel zum Erfolg. Alle Stadt- und Landkreise können Bildungsregionen organisieren. Wir beteiligen uns daran über Personal oder Mittel und durch die Mitwirkung der Schulverwaltung in den Gremien. Damit stellen wir erneut unseren ernsthaften Willen unter Beweis, mit den Schulträgern gemeinsam Verantwortung zu tragen.

Mehr Gestaltungsspielräume vor Ort, das geht notwendigerweise einher mit der Verantwortung für die Transparenz schulischer Arbeit und für die Rechenschaftslegung über das eigene Handeln. Seit Beginn des Schuljahrs ist auch die Fremd evaluation verbindlich. Die bisherigen Erfahrungen sind ermutigend. Sowohl die Evaluationsteams als auch die besuch ten Schulen berichten darüber positiv.

Die Qualitätsoffensive Bildung bringt die Schulentwicklung in vier Bereichen entscheidend voran: bei der Unterrichtsqualität, bei der Stärkung der eigenständigen Schule, bei der Personalentwicklung und bei der Weiterentwicklung der Hauptschulen zu Werkrealschulen. Während andere Länder noch auf die demografische Rendite im Bildungswesen warten, finanzieren wir sie vor und binden uns damit bis weit ins nächs te Jahrzehnt hinein. Diese 530 Millionen € bis 2012 haben Folgewirkungen. – Das Thema „2013“ lässt sich damit aufklären, dass es das Schuljahr 2012/2013 ist, in das es hineinläuft. Ich glaube, das ist kein wirklicher Streitpunkt.

(Abg. Dr. Frank Mentrup SPD: Wir haben es schon geklärt! Herr Noll hat recht! – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Ausnahmsweise!)

Der finanziell dickste Brocken der Qualitätsoffensive Bildung ist die Senkung des Klassenteilers. Hierfür werden in den Jahren 2009 bis 2012 schrittweise rund 2 900 Lehrerstellen neu geschaffen. Wir geben damit den Lehrkräften die Möglichkeit, besser auf jedes einzelne Kind einzugehen und noch stärker individuell zu fördern.

Wir haben uns im letzten Sommer dafür entschieden, das in diesem Jahr auf den Weg zu bringen. Damit war klar: Wir würden keinen Vorlauf über sechs oder acht Jahre haben, um in der Lehrerausbildung das Potenzial dafür auch wirklich bereitstellen zu können. Deswegen ist es völlig normal, dass wir einen sich immer weiter entwickelnden bundesdeutschen Arbeitsmarkt im Bildungsbereich nutzen und die Stellen, die wir über unsere Seminare nicht besetzen können, bundesweit ausschreiben und dafür werben, dass Lehrerinnen und Lehrer aus Ländern, in denen sie keine Stelle finden, zu uns kommen. Kollege Schebesta hat vorhin gesagt: In Thüringen werden in diesem Jahr etwa 100 neue Lehrkräfte in allen Schularten eingestellt, bei uns sind es 5 500 neue Lehrkräfte, die wir auch wegen der Qualitätsoffensive Bildung in diesem Jahr einstellen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, auf den Anfang kommt es an. Darüber herrscht hier im Parlament Konsens, und das ist gut so. Bildung beginnt nicht erst in der Schule. Daher tun wir mit der Qualitätsoffensive auch etwas für den Kindergarten bereich. Wir finanzieren im Haushalt die bedarfsorientierte Sprachstandsdiagnose, und wir haben dafür Sorge getragen, dass die Landesstiftung Baden-Württemberg, die über langjährige Erfahrung im Bereich der Sprachförderung verfügt, diese Erfahrung nutzt, um den flächendeckenden Ausbau voranzutreiben. Das ist keine Hilfskonstruktion, sondern hier werden Kompetenzen genutzt, und es wird finanziert durch Geld, das dem Land gehört. Die Landesstiftung gehört dem Land Baden-Württemberg und sonst niemandem. Deshalb ist das eine ganz vernünftige Finanzierung, die hierfür gefunden wurde.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Die Stiftung gehört überhaupt nie- mandem! Sonst wäre es keine Stiftung!)

Zum anderen erweitern wir die Kapazitäten der öffentlichen und privaten Schulen zur Erzieherinnenausbildung. 140 Lehrerstellen werden dort neu ausgebracht, um den Ausbildungsbedarf für die kommenden Jahre befriedigen zu können – nicht zu vergessen die anderen Vorhaben im Bereich der frühen Bildung, die Umsetzung des Orientierungsplans in allen Kindergärten mit der bisher landesweit größten Fortbildungsanstrengung, die es im Bildungsbereich je gab, und mit einem, wie ich finde, guten Personalschlüssel.

Die Bertelsmann Stiftung hat in einem bundesweiten Vergleich festgestellt, dass die Personalausstattung an unseren Kindergärten bundesweit spitze ist.

Wir haben mit dem Bildungshaus für Drei- bis Zehnjährige ein Konzept auf den Weg gebracht, das immer attraktiver wird. Wir sehen vor Ort in den Modellen, was geleistet werden kann, wenn zwei Bildungseinrichtungen sich auf gemeinsame Konzepte verständigen. Was mich am meisten verblüfft, ist, dass mittlerweile eine ganze Reihe von Standorten, die nicht im Modell sind, sagen: „Das finden wir so interessant, dass wir einfach auch einmal damit anfangen.“

Wir stärken die Eigenständigkeit der Schulen zusätzlich, indem wir ihnen ermöglichen, einen Teil ihrer Stellen in Mittel umzuwandeln. Eine Schulleitung kann dafür z. B. Pädago

gische Assistenten an ihre Schule holen. Wie gut dies dem Unterricht tut, hören wir immer wieder aus den Erfahrungen, die die Hauptschulen bei uns im Land mit über 500 Pädagogischen Assistenten machen können.

Wenn Schulen zunehmend eigenständiger werden, dann hat dies auch Auswirkungen auf die Lehrkräfte und die Schulleitungen. Es reicht nicht, den Schulleitern einfach nur die Aufgaben zu übertragen. Wir müssen ihnen dafür auch die Zeit geben und sie für diese Aufgaben qualifizieren. Wir erhöhen deshalb mit den Mitteln der Qualitätsoffensive Bildung die Leitungszeit der Schulleiter um rund 20 %. Das ist eine absolut einmalige Geschichte in allen 16 Ländern in Deutschland. Die Kollegen in der Kultusministerkonferenz haben mich ziemlich verblüfft angeschaut,