Die Kollegin Kipfer hat dies bereits erwähnt. Es wird von diesen überzeugten Kämpfern der Gerechtigkeit, die da immer nach Brüssel ziehen – in einer Aggressivität, wie sie sonst in keinem anderen Land vorkommt; das muss man hier wirklich nochmals betonen –, so getan, als ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk noch immer der eigentliche Gegner im Netz wäre. Es gibt wenige Ehrliche in dieser Branche. Einer davon ist beispielsweise der Chefredakteur von „Zeit online“. Er hat gesagt: „Das Netz selbst ist der Gegner im Netz.“ Das ist doch logisch: Wenn Google, Yahoo und alle anderen selbst ihre Portale anbieten, dann geht es doch nicht mehr um „Öffentlichrechtlicher Rundfunk gegen private Anbieter“, sondern die Konkurrenten sitzen ganz woanders. Trotzdem wird dieser Kulturkampf – der letztendlich kein Kulturkampf, sondern ein Monetenkampf ist – in einer Weise geführt, die nicht mehr nachvollziehbar ist.
Die Politik hat diesem Druck leider nachgegeben. Man müsste sich doch auch einmal die Frage stellen: Welche Qualität in unseren Medien wollen wir eigentlich haben?
(Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Du hast doch gar nicht alle gefragt! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Seite an Seite!)
Diese Debatte über die Qualität im Rundfunk, in den Medien hätte geführt werden müssen. Stattdessen wird jetzt ein bürokratisches Monster aufgebaut. Ich wundere mich wirklich, dass gerade diejenigen – speziell die FDP –,
hier ein bürokratisches Monster auf den Weg bringen. Man muss eigentlich sagen: Herr Stoiber, arbeiten Sie sich schnell an diesem bürokratischen Monster ab, bevor das Ganze überhaupt in Kraft tritt!
Das Bundesverfassungsgericht, meine Damen und Herren, hat dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine Bestands- und Entwicklungsgarantie gegeben.
Jetzt frage ich Sie: Wie will man in einer Zeit, in der Studien zeigen, dass Jugendliche schon heute eher YouTube als öffentlich-rechtliches Fernsehen oder überhaupt Fernsehen schauen, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk überhaupt noch weiterentwickeln? Wie soll der öffentlich-rechtliche Rundfunk zukünftig noch Bestand haben, wenn er sich im Internet nicht entsprechend präsentieren kann? Das Leitmedium der Zukunft wird das Internet sein. Aber Sie schließen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu einem großen Teil davon aus.
Die Begrenzung der Abrufbarkeit von ins Internet eingestellten Inhalten auf sieben Tage ist doch reine politische Willkür.
Was ich auch noch betonen muss: Von interessierter Seite wird jetzt so getan, als sei der Dreistufentest vergleichbar mit dem Public-Value-Test in Großbritannien. Dem ist mitnichten so. Der Public-Value-Test bei der BBC in Großbritannien war eine Antwort auf große Fehler in der Berichterstattung, beispielsweise zu Zeiten des Irak-Kriegs, als die Qualität der Sendungen innerhalb des Hauses und in der britischen Gesellschaft massiv hinterfragt wurde. Da hat man einen Qualitätstest eingeführt. Der Dreistufentest in Deutschland ist aber kein Qualitätstest, sondern geht allein auf ein Beihilfeverfahren der EU zurück und hinterfragt die Abgrenzung zu den Privaten usw.
Für einen Public-Value-Test, meine Damen und Herren, wären wir sofort zu haben gewesen. Natürlich muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk sich in seinem öffentlichen Nutzen und seinem Wert vom privaten Rundfunk abgrenzen. Er hat einen kulturellen Auftrag. Wenn man die Erfüllung dieses Auftrags aber gar nicht prüfen will, sondern den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nur in ein Korsett stecken möchte, wenn man ihn nur schikanieren will, dann kommt so etwas dabei heraus.
Jetzt müssen Gutachten in Auftrag gegeben werden. Es müssen zusätzliche Gremien geschaffen werden. Allein beim SWR sitzen dann 18 Leute in einem Gremium und müssen sich ständig treffen, um jegliches Ins-Netz-Stellen zu hinterfragen und zu überprüfen, ob es diesem Korsett tatsächlich entspricht.
Ist das Ihre Vorstellung von einem freien öffentlich-rechtlichen Rundfunk? Ich kann nur sagen: Wir wollen das nicht haben.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Das ist eine Chance für Kontrollgremien! – Zu- ruf des Abg. Reinhold Pix GRÜNE)
Meine Damen und Herren, jetzt wird dieser Test natürlich überall mit großem Aufwand eingeführt. Der Kollege Pauli hat vorhin geäußert, dass der Landtag in die Diskussion um den Staatsvertrag gut mit eingebunden gewesen sei. In der Tat wurden wir etwas früher unterrichtet als in der Vergangenheit. Aber eine echte Diskussion darüber, wohin die Reise gehen soll, hat nicht stattgefunden, Kollege Pauli.
Meine Redezeit ist jetzt leider zu Ende. Mein Appell an alle Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus: Ziehen wir hier nach einem Jahr – oder meinetwegen auch nach zwei Jahren – eine erste Zwischenbilanz: Wie sieht es mit diesem Dreistufentest aus? Was kostet er uns? Bringt er tatsächlich etwas? Ich verspreche Ihnen: Wir werden uns die Ergebnisse in aller Ruhe anschauen und überprüfen, ob der Test etwas gebracht hat.
Ohne Schaum vor dem Mund, Herr Kollege Pauli – wir beide sowieso immer. Aber ich möchte auch von Ihnen, dass Sie dann ernsthaft bemüht sind, die Ergebnisse zu hinterfragen.
Eines garantiere ich aber schon heute: Die technische Entwicklung wird in einer Weise fortschreiten, dass Sie eines Tages vor der Frage stehen werden, ob Sie dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk tatsächlich eine Chance geben wollen oder nicht. Dann hoffe ich, Herr Kollege Pauli, dass Sie und die CDU-Fraktion auf der Seite derer stehen werden, die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine Zukunft geben wollen.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Immer! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Sehr gut!)
(Zurufe von der SPD: Was? – Abg. Birgit Kipfer SPD: Zeigen Sie einmal, dass Sie etwas gelernt ha- ben! – Abg. Rainer Stickelberger SPD: Der killt den Rundfunk! – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Jetzt kommt der Pressesprecher des VPRT!)
Hier wurde von einer aggressiven Haltung irgendwelcher privater Rundfunkanbieter und Zeitungsverleger gesprochen. Wer aggressiv ist, haben wir ja nun gerade bei den letzten beiden Redebeiträgen gehört.
(Beifall der Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP und Karl Rombach CDU – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)
Ich will noch einmal sagen: Die FDP/DVP-Landtagsfraktion ist mit dem Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag nicht so ganz zufrieden.
Dieses laute Wehklagen und die heftigen Drohgebärden der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben bei den Landesregierungen leider Wirkung gezeigt.
Die Öffentlich-Rechtlichen konnten wesentliche Forderungen durchsetzen. Mit jährlich steigenden Gebühreneinnahmen in Milliardenhöhe wurde das duale Rundfunksystem bereits in eine Schieflage gebracht. Jetzt kann den Printmedien im Onlinebereich mit dem von der GEZ eingetriebenen Geld massiv Konkurrenz gemacht werden.
(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Und die Landesmedi- enanstalten finanzieren! – Zuruf des Abg. Winfried Scheuermann CDU)
Die Politik muss aufpassen, dass die im Südwesten glücklicherweise noch immer vorhandene vielfältige Zeitungs- und Zeitschriftenlandschaft dadurch nicht in Mitleidenschaft gezogen wird.
(Heiterkeit – Beifall des Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Er guckt so viel Privatfernsehen! Da leidet sein Benehmen!)
Sehr verehrter Herr Kollege Kluck, Sie sprachen von jährlich steigenden Einnahmen aus Rundfunkgebühren. Ist Ihnen bewusst,
dass die Erhöhung der Rundfunkgebühren nur alle vier Jahre erfolgt und der Inflationsrate längst nicht Genüge tut, sodass am Ende immer weniger Geld übrig bleibt?
Das weiß ich, Frau Kollegin Kipfer. Aber wenn Sie die kalte Progression auch noch bei den Rundfunkgebühren einführen wollen, dann finden Sie bei uns erbitterte Gegner.