Ach, Herr Gall, Sie haben doch in diesem Land zehn Jahre mitregiert. Sie wissen doch ganz genau, wie das ist.
Doch, Sie haben zehn Jahre im Land Baden-Württemberg mitregiert. Sie wissen daher noch, wie das ist, wenn man sich nach dem größeren Partner richten und an die Vereinbarungen halten muss.
Auch ich teile nicht die Befürchtung, die manche Leute haben, das Ganze würde die Bürokratie vermehren. Beim Bund gab es im vergangenen Jahr nur 1 548 Auskunftsersuchen; das entspricht ungefähr 0,0018 % der Gesamtbevölkerung. Nun könnte man daraus schließen, dass das Interesse wohl nicht so groß ist. Das kann jedoch auch daran liegen, dass es sich noch nicht überall herumgesprochen hat. Wenn Sie beispielsweise einmal versuchen, beim Zoll Akteneinsicht zu verlangen oder dort Auskunft einzuholen, werden Sie auch erleben, dass das nicht funktioniert, weil Herr Steinbrück denen noch immer nicht mitgeteilt hat, was eigentlich ihre Pflichten gegenüber dem Bürger wären.
Aber vielleicht ermutigt das alles ja unseren Koalitionspartner, sich doch noch mit einem solchen Gesetz anzufreunden. Wir stehen weiterhin zu dieser Forderung, die auch in unserem Wahlprogramm enthalten ist. Leider steht jedoch nicht alles, was in unserem Wahlprogramm steht, auch in der Koalitionsvereinbarung. Das ist nun einmal so.
Selbst wenn ein Informationsfreiheitsgesetz im Koalitionsvertrag stünde, könnten wir dem vorliegenden Gesetzentwurf der Grünen nicht zustimmen.
Das haben selbst Ihre Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bundestag bereits gemerkt. In der Begründung einer Kleinen Anfrage Ihrer Bundestagsfraktion vom 22. Januar 2009 – das ist also noch gar nicht so lange her – heißt es wörtlich:
Sie haben dann auch Vorschläge für eine Gesetzesänderung eingebracht; Sie können sie in der Bundestagsdrucksache 16/10880 nachlesen. Warum Sie diese Änderungen in Ihrem jetzigen Gesetzentwurf nicht einmal berücksichtigt haben, weiß ich nicht.
Sie hätten ja nur Biggi Bender oder Fritz Kuhn fragen müssen. Aber bei Ihnen sind die Gräben zwischen Fundis und Realos und was weiß ich noch offenbar so tief, dass Sie nicht einmal mehr miteinander sprechen.
Langer Rede kurzer Sinn: Die FDP/DVP will ein Informationsfreiheitsgesetz. Wir werden uns weiterhin bemühen, unseren Koalitionspartner von dessen Notwendigkeit zu überzeugen. Ich kann Ihnen nicht versprechen, dass uns das rasch gelingt.
Aber bevor wir zusammen mit den Grünen und den Sozialdemokraten ein schlechtes Gesetz beschließen, machen wir lieber gar keines. Was Sie uns heute vorlegen, entspricht der geltenden Bundesregelung, die auch von der Bundestagsfraktion der Grünen als unzureichend angesehen wird. Weder in den Ausschussberatungen noch heute haben Sie entsprechende Änderungen vorgeschlagen. Da die FDP von Murks so wenig hält wie von Marx, lehnen wir Ihren Gesetzentwurf ab.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In den letzten Monaten haben sich der Innenausschuss und der Ständige Ausschuss in mehreren Sitzungen mit dieser Thematik befasst.
Wir beraten heute abschließend den Gesetzentwurf der Fraktion GRÜNE. Herr Kollege Kluck, außer der Koalitionsdisziplin, die zweifellos auch ihr Gutes hat und sein muss – einmal mehr, einmal weniger –,
Herr Kollege Oelmayer, Sie haben von den eingeholten Erfahrungsberichten gesprochen. Bei der Ausschussberatung hatten die Erfahrungsberichte von Bund und Ländern vorgelegen. Diese haben aus meiner Sicht an der Erkenntnis, dass in Baden-Württemberg auch im Jahr 2009 nach wie vor kein Bedarf für ein Informationsfreiheitsgesetz besteht, nichts geändert.
Die zahlreichen Gründe, die gegen ein solches Gesetz sprechen, sind bereits im ersten Anlauf Ihrer Fraktion, Herr Kollege Oelmayer, breit besprochen worden. Das war im Jahr 2005 sowie bei der Ersten Beratung. Ich möchte deshalb nur ganz kurz darauf eingehen.
Unser Haupteinwand ist, dass es auf allen Feldern bereits ausreichende Regelungen zum Informationszugang gibt.
Das gilt auch für die Verwaltung – ich verdeutliche es Ihnen anhand von ein paar Beispielen –, auch dort, wo es keine gesetzlichen Regelungen gibt.
Ich will in erster Linie das Landesumweltinformationsgesetz nennen – das ist schon angesprochen worden –, das neue Verbraucherinformationsgesetz, aber auch das Akteneinsichtsrecht im Verwaltungsverfahren.
Nach dem Inkrafttreten des Verbraucherinformationsgesetzes ist nach meinem Dafürhalten der Bedarf für ein Informationsfreiheitsgesetz nochmals geringer geworden, weil damit den Bürgern der Zugang zu einem weiteren wichtigen Bereich relevanter Informationen gewährt wird.
Ein weiteres wichtiges Argument gegen die Schaffung eines Informationsfreiheitsgesetzes ist nach wie vor der dadurch entstehende Arbeitsaufwand – das ergibt sich auch aus den Erfahrungsberichten – bei den beteiligten öffentlichen Stellen. Ein solches Gesetz führt zwangsläufig zu mehr Bürokratie und damit zum Gegenteil dessen, was wir uns eigentlich vorgenommen haben, nämlich Bürokratieabbau und Deregulierung.
Auch wenn in den Ländern, die ein solches Gesetz haben, unterschiedliche Erfahrungen gesammelt wurden – das ergibt sich aus den einzelnen Berichten; da sind durchaus ganz differenzierte, unterschiedliche Sichtweisen dargestellt worden –, zeigen die Erfahrungen am Ende des Tages aber doch, dass die Bearbeitung einzelner Fälle einen ganz erheblichen Arbeitsaufwand und Kostenaufwand verursacht.
Jetzt zu wenigen aktuellen Zahlen, die dies belegen: Beim Bund wurden im Jahr 2007 insgesamt 1 265 Anträge und im Jahr 2008 1 548 Anträge gestellt.