Protokoll der Sitzung vom 18.02.2009

In einer ausländerrechtlichen Angelegenheit (drohende Ab- schiebung) wurde die Petition zurückgenommen, nachdem laut Mitteilung des Rechtsanwalts des Petenten „eine probate Lösung durch die Ausländerbehörde gefunden“ werden konnte.

In einem anderen Fall begehrte eine deutsche Staatsangehörige für ihren im Kosovo geborenen Freund und Verlobten ein Daueraufenthaltsrecht. Sie äußerte sich sehr verzweifelt darüber, dass die serbischen Behörden die Ausstellung der notwendigen Heiratspapiere (Ehefähigkeitszeugnis) verweigerten und das Paar aus ausländerrechtlichen Gründen um seine Trennung fürchten musste. Auch hier konnte eine Lösung gefunden werden:

Da die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 des Aufenthaltsgesetzes über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte Staatsangehörige vom 20.11.2006 nur am Verfehlen des Einreisestichtags scheiterte, wurde dem Betroffenen im Hinblick auf die seinerzeit bereits geplante gesetzliche Altfallregelung eine Aufenthaltsduldung erteilt.

Die Petenten bedankten sich später überschwänglich beim Petitionsausschuss und übersandten ein Foto des glücklich strahlenden Brautpaars.

Gnadensache

Eine „Familienzusammenführung“ zum Weihnachtsfest gelang dem Petitionsausschuss im folgenden Fall:

Gegen den Petenten war vom Amtsgericht wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz eine 15-monatige Freiheitsstrafe verhängt worden, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Bewährungsstrafe schloss eine ratenweise Bußgeldzahlung in Höhe von 2 000 € mit ein. Mit der auferlegten Ratenzahlung war der Petent wegen des aus gesundheitlichen Gründen verlorenen Arbeitsplatzes in Verzug geraten, so dass der Bewährungswiderruf drohte.

In der Zwischenzeit hatte der Petent eine in schwierigen Verhältnissen lebende Mutter mit ihren drei Kindern kennengelernt, für die er sich zum sorgenden und liebevollen Ehemann und Familienvater entwickelte. Im Hinblick auf diese positive Wende hat das Justizministerium dem Petenten im Gnadenwege die Strafe erlassen. Der ganzen Familie wurde so ein wirklich frohes Weihnachtsfest beschert.

Der Petent hat sich anschließend herzlich dafür bedankt, dass der Petitionsausschuss ihm durch seine Hilfe eine neue Basis geschaffen habe, die es ihm erlaube, sich nun intensiv um eine Verbesserung seiner Lebenssituation zu bemühen, die durch all die persönlichen, krankheitsbedingten und geschäftlichen Rückschläge entstanden sei.

Gewährung von Sonderzahlungen

Eine Petentin bat um Überprüfung, ob die Entscheidung des Landesamtes für Besoldung und Versorgung, ihr die (inzwi- schen abgeschaffte) Landessonderzahlung nicht zu gewähren, korrekt ist. Sie war von 1978 bis 2000 als Lehrkraft im Beamtenverhältnis für das Land Baden-Württemberg tätig. Im Jahr 2001 wurde sie im Ländertauschverfahren nach Köln versetzt, um ihren Mann dorthin zu begleiten. Im Jahr 2007 kehrte sie nach Baden-Württemberg zurück.

Das Landesamt für Besoldung und Versorgung hat der Petentin mitgeteilt, dass sie für die Dauer von drei Jahren keinen Anspruch auf Sonderzahlungen habe.

Die Prüfung der Petition hat ergeben, dass der Petentin die Sonderzahlungen ab ihrer Rückkehr in den Landesdienst zustehen. Das Landesamt für Besoldung und Versorgung hat seine Entscheidung entsprechend korrigiert und den entsprechenden Betrag nachgezahlt.

Die Petentin hat sich mit den Worten bedankt:

Sie belegen mit Ihrer Arbeit, dass Bürgerbeteiligung und -rechte nicht nur theoretischer Anspruch, sondern auch praktizierter Alltag sein können.

Dienstaufsichtsbeschwerde im Zusammenhang mit der Zweiten Staatsprüfung für die Laufbahn

des höheren Schuldienstes

Eine Petentin beklagte sich, dass die monatelange Untätigkeit der zuständigen Behörde ihr eine vernünftige Lebensplanung im Lehrerberuf unmöglich mache. Offenbar war es zwischen Petentin und Behörde zu „Kommunikationsschwierigkeiten“ gekommen.

Dem Anliegen der Petentin, bei der Wiederholung der nicht bestandenen Lehrprobe im Fach Betriebswirtschaftslehre für die Zweite Staatsprüfung für die Laufbahn des höheren Schuldienstes an beruflichen Schulen nicht von den Prüfern geprüft zu werden, bei denen sie die Lehrprobe nicht bestanden hatte, wurde vom Landeslehrerprüfungsamt entsprochen.

Inzwischen hat die Petentin die BWL-Prüfungslehrprobe und somit die Zweite Staatsprüfung für die Laufbahn des höheren Schuldienstes an beruflichen Schulen erfolgreich bestanden. Sie dankte dem Petitionsausschuss mit den Worten:

Manchmal muss man im Leben für seine Ziele hart kämpfen – aber dafür gibt es ja einen Petitionsausschuss.

Studiengebühren

Die Petentin begehrte den Erlass der Studiengebühren bis zum Ende ihres Studiums. Für sie müsse dieselbe Befreiungsregelung gelten wie für Studierende mit Kindern unter acht Jahren.

Die Petentin ist seit dem Sommersemester 2003 an einer Universität des Landes immatrikuliert und studiert mittlerweile im 11. Hochschulsemester. Sie ist alleinerziehende Mutter einer neunjährigen Tochter. Bis einschließlich Wintersemester 2007/2008 war die Petentin wegen Kindererziehung von der Studiengebühr befreit. Da ihre Tochter am 24. Dezember 2007 acht Jahre alt geworden ist, endete die Befreiungsmöglichkeit mit Ablauf des Wintersemesters 2007/2008. Ihren Antrag, ihr die Studiengebühr für das Sommersemester 2008 wegen ihrer finanziellen Verhältnisse zu erlassen, hat die Universität mit Hinweis auf den Studiengebührenkredit der L-Bank abgelehnt.

Zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts erhält die Petentin Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Der Rest wird von ihren Eltern bis zur Höchstgrenze ergänzt. Ferner bekommt sie für ihren Anteil Wohngeld. Da der Vater ihres Kindes keinen Unterhalt zahlt, bekommt ihre

Tochter ihren gesamten Unterhalt vom Arbeitsamt. Ihre Tochter bezieht vom Jobcenter die für sie errechnete Unterstützung (ALG II). Der Anspruch der Tochter auf Unterhaltsvorschuss durch das Jugendamt ist nach sechs Jahren erloschen. Ferner übernimmt das Jugendamt die Kosten einer Tagesmutter. Weiteres Einkommen hat die Petentin nicht.

Die Petentin argumentierte, als alleinerziehende Studentin habe sie keine Möglichkeit, nebenher oder in den Semesterferien arbeiten zu gehen. Sie vertrat die Ansicht, dass eine weitere Kreditaufnahme zur Finanzierung der Studiengebühren für sie nicht infrage komme, da sie sonst bis zum Ende ihres Studiums hochverschuldet sei und sie keine Garantie auf einen Arbeitsplatz und ein regelmäßiges Einkommen habe, mit dem diese Schulden nebst Zinsen zurückgezahlt werden könnten.

Die Petentin hat angeregt, dass der Gesetzgeber die Altersgrenze der zu erziehenden Kinder von acht Jahren im Hinblick auf die Studiengebührenbefreiung aufheben solle. Zumindest aber sollten Studierende mit Kindern 16 Semester unabhängig vom Alter der Kinder gebührenfrei studieren können. Die geltende Regelung benachteilige Studierende, deren Kinder bereits vor dem Studium geboren wurden.

Das Wissenschaftsministerium sah zunächst keine Möglichkeit, der Petition abzuhelfen. Nach der bisher geltenden Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Landeshochschulgebührengesetzes (LHGebG) sollen Studierende, die ein Kind pflegen und erziehen, das zu Beginn des jeweiligen Semesters das achte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, von der Studiengebühr befreit werden. Die Gesetzeslage war insoweit eindeutig und sah für die Petentin keine Befreiungsregelung vor.

Auch ein Erlass der Studiengebühren nach § 6 Abs. 3 LHGebG i. V. m. § 22 des Landesgebührengesetzes kam nach Ansicht der Regierung ebenfalls nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift können die Hochschulen die Studiengebühr im Einzelfall ganz oder teilweise erlassen, wenn die Erhebung eine unbillige Härte bedeuten würde. Da dabei aber die Verpflichtung der L-Bank – Förderbank – zur Gewährung eines Studiengebührendarlehens zu berücksichtigen sei, kommt die Annahme eines Härtefalls insoweit in der Regel nur für ausländische Studierende infrage.

Im Verlauf des Petitionsverfahrens und nach erneuter Prüfung des Falles hat die Regierung entschieden, die Empfehlungen des Monitoring-Beirats Studiengebühren aus dessen Zwischenbericht vom Mai 2008 zur Erhöhung der Altersgrenze bei der Befreiung von der Studiengebühr wegen Kindererziehung aufzugreifen, und hat im Rahmen des Zweiten Gesetzes zur Umsetzung der Föderalismusreform im Hochschulbereich die Altersgrenze für die Befreiung von der Studiengebühr bei Kindererziehung von acht auf 14 Jahre ab dem Wintersemester 2008/2009 erhöht. Aufgrund einer Verordnung bis zum Inkrafttreten der Gesetzesänderung zum 01.01.2009 bedeutete dies für die Petentin eine erhebliche Entlastung für das laufende Semester.

Hinsichtlich des Sommersemesters 2008, für das die Petentin aufgrund der Gesetzesänderung keine Entlastung mehr erhalten kann, kam der Petitionsausschuss bei der Beratung des Falls zu dem Schluss, dass aufgrund der Gesamtsituation und der persönlichen Verhältnisse der Petentin auch von einem Härtefall im Sinne des Landeshochschulgebührengesetzes auszugehen ist, wonach die Studiengebühr im Einzelfall ganz

oder teilweise erlassen werden kann. Der Ausschuss hat daher einstimmig beschlossen, die Petition der Regierung zur Berücksichtigung zu überweisen. Die anwesenden Regierungsvertreter widersprachen dieser Beschlussempfehlung nicht.

Dem Anliegen der Petentin konnte somit zum Erfolg verholfen werden.

Die Petentin äußerte sich über die Entscheidung erleichtert und glücklich; durch sie könne sie wieder positiv in die Zukunft blicken und auch ihren Schuldenberg schneller abtragen. Dies sei endlich eine familienfreundliche Entscheidung der Politik und ein Signal, worauf man auf anderen Ebenen schon lange warte.

Es erstaunte auch viele Menschen, dass auf dem Wege einer Petition eine solche landespolitische Veränderung erreicht werden konnte. Mir persönlich hat es gezeigt, dass hier in Baden-Württemberg Demokratie gelebt werden kann, wenn sie mit Sachklarheit ihren Weg geht. Es hat mich gefreut, dass mein Anliegen überzeugen konnte und der Petitionsausschuss zugunsten der Familien entschieden hat! Mein Dank gilt allen, die mich auf diesem Weg unterstützt haben.

Bußgeldsache, Fahrverbot

Der Petent vertrat eine Angehörige seiner Pfarrei und begehrte, dass ein einmonatiges Fahrverbot wegen der Missachtung eines Rotlichts einer Lichtzeichenanlage für die Betroffene aufgehoben wird.

Diese befuhr am 30. August 2007 das Stadtgebiet von F. Sie missachtete das Rotlicht einer Lichtzeichenanlage. Die Rotphase dauerte bereits länger als 1 Sekunde an. Dabei wurde sie von einer Verkehrsüberwachungsanlage fotografisch erfasst.

Die Stadt F. erließ daraufhin mit Datum vom 25. Oktober 2007 einen Bußgeldbescheid in Höhe von 125,00 € (zuzüglich 23,45 € Gebühren und Auslagen). Zusätzlich wurde gemäß den gesetzlichen Bestimmungen ein einmonatiges Fahrverbot angeordnet sowie die vorgesehene Bewertung nach dem Punktsystem im Verkehrszentralregister in Flensburg in Höhe von vier Punkten mitgeteilt.

Zur Begründung seiner Bitte um Aufhebung des einmonatigen Fahrverbotes führte der Petent aus, dass es sich bei der Fahrt im August 2007 um einen Ministrantenausflug der Pfarrei mit mehreren Pkws gehandelt habe. Für die ortsfremde Fahrerin sei die Orientierung sehr schwierig gewesen, sie habe das Rotlicht der Lichtzeichenanlage zu spät bemerkt und deshalb diesen Fahrfehler begangen. Das einmonatige Fahrverbot treffe die Betroffene besonders hart, da sie in einer kleinen Ortschaft ohne Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz wohne. Durch das Fahrverbot könne sie ihrer Berufstätigkeit in der Nachbarstadt nicht mehr nachgehen. Außerdem habe sie einen behinderten Sohn, welcher eine Förderschule in Regensburg besucht und mindestens einmal pro Woche abgeholt und zur ärztlichen Behandlung gefahren werden muss.

Trotz der großen familiären Belastungen habe sich die Betroffene als ehrenamtliche Fahrerin für den Ministrantenausflug zur Verfügung gestellt.

Unter Würdigung der gesamten oben genannten Umstände wurde die Petition beim zuständigen Regierungspräsidium F. als Gnadengesuch behandelt und dem Herrn Regierungspräsi

denten vorgelegt. Dieser hat dem Gnadengesuch entsprochen. Das als Nebenfolge angeordnete Fahrverbot wird demzufolge nicht vollstreckt. Der Petition wurde damit abgeholfen.

Rundfunk- und Fernsehgebühren

Verstärkt werden Beschwerden von Bürgern über das aus ihrer Sicht schwer verständliche und oft nicht nachvollziehbare Rundfunkgebührenrecht sowie gegen die Praxis der Gebührenerhebung durch die Gebühreneinzugszentrale und deren Kontrolleure erhoben. Dasselbe Thema war übrigens auch Gegenstand der beiden letzten Tagungen der Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Petitionsausschüsse des Bundes und der Länder im April 2006 in Berlin und April 2008 in Dresden, in denen bestehende zahlreiche Probleme im Zusammenhang mit der Rundfunkgebührenfreiheit angesprochen, der Umgang mit den Betroffenen durch die Rundfunkanstalten und deren Beauftragten sowie das Verhalten der Gebühreneinzugszentrale (GEZ), die sich als „Inkassobüro“ gebärde, kritisiert wurden sowie eine Erweiterung der Befreiungstatbestände zu überlegen gegeben wurde. In der sehr kontrovers geführten Diskussion wurde mehrheitlich die Auffassung vertreten, dass die aufgezeigten Probleme in die seinerzeit anstehende Novellierung des Rundfunkgebührenstaatsvertrags eingebunden werden sollten.

Petitionen sind häufig ein Gradmesser, der dem Parlament auch Auskunft darüber gibt, wie die Verwaltung ihr eingeräumtes Ermessen ausübt, ob sie sich bürgerfreundlich verhält und nicht zuletzt ob gesetzliche Regelungen vom Bürger als gerecht empfunden werden und sich als praktikabel herausstellen. Dies zeigt sich auch an folgendem Beispielsfall:

Eine 85-jährige Petentin, die lediglich über eine geringe monatliche Rente von 453,00 € verfügt und vom August 2002 bis Ende Juli 2005 von der Rundfunkgebührenpflicht befreit war, stellte im September 2005 abermals wegen geringen Einkommens einen weiteren Befreiungsantrag bei der GEZ, der abgelehnt wurde. Der dagegen erhobene Widerspruch hatte keinen Erfolg.

Im November 2006 stellte die Petentin aufgund ihrer Schwerbehinderung einen erneuten Antrag auf Rundfunkgebührenbefreiung, die ihr für den Zeitraum vom 01.12.2006 bis 20.11.2011 gewährt wurde, obwohl die Voraussetzungen für die Rundfunkgebührenbefreiung aufgrund ihrer Behinderung bereits seit 31.01.2006 vorlagen.

Das Staatsministerium hat in seiner Stellungnahme darauf hingewiesen, dass seit 01.04.2005 die Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht einheitlich im 8. Rundfunkgebührenstaatsvertrag geregelt seien und danach eine Befreiung ausschließlich an gesetzlich definierte Leistungsbescheide (z. B. Bescheid über Sozialhilfe, Grund- sicherung, Arbeitslosengeld II oder „RF“-Vermerk im Schwer- behindertenausweis) geknüpft seien. Nur bei Vorliegen eines solchen Leistungsbescheids könne eine Gebührenbefreiung gewährt werden. Eine Befreiung allein wegen geringen Einkommens sei vom Gesetzgeber nicht mehr vorgesehen.

Nach Auslaufen der Rundfunkgebührenbefreiung der Petentin am 31.07.2005 habe ihr daher auf ihren Antrag vom 16.09.2005 wegen geringen Einkommens keine weitere Befreiung gewährt werden können. Erst nachdem die Petentin ihre Schwerbehinderteneigenschaft inklusive „RF“-Kennzeichen im November 2006 nachgewiesen habe, habe eine erneute Rundfunkgebüh