Protokoll der Sitzung vom 19.03.2009

Oder, um es mit Goethe zu sagen:

Amerika, du hast es besser, als unser Kontinent, der alte,

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Hast keine Grafen, keine Schlösser! – Heiterkeit)

hast keine verfallenen Schlösser und keine Basalte.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Und keine Grü- nen!)

Dich stört nicht im Innern zu lebendiger Zeit unnützes Erinnern und vergeblicher Streit.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf: Ui! – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Für die FDP/DVPFraktion erteile ich Frau Abg. Berroth das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich stelle fest: Die Revolution und der Klassenkampf sind für die Opposition im baden-württembergischen Landtag bis heute offensichtlich nicht abgeschlossen.

(Abg. Peter Hofelich SPD: Tosender Beifall! – Zu- rufe der Abg. Katrin Altpeter und Rainer Stickelber- ger SPD sowie Jürgen Walter GRÜNE)

Das erstaunt mich einigermaßen, denn ich hätte eigentlich gedacht, dass wir alle gut verankerte Demokraten sind, die jedem Menschen Wertschätzung entgegenbringen und versuchen, alle gleich fair zu behandeln.

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Stephan Braun: Dann macht es doch!)

Ich bin erleichtert – das kann ich mit Sicherheit auch für unsere ganze Fraktion sagen –, dass diese unendliche Geschichte, die ja nicht erst seit zweieinhalb Jahren, sondern seit fast 90 Jahren währt – damals hätten Sozialdemokraten durchaus die Möglichkeit gehabt, frühzeitig eine Lösung herbeizuführen –,

(Beifall des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: So ist es! – Abg. Reinhold Gall SPD: Um Gottes willen!)

heute zu einem Ende kommt.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Das ist ganz weit her- geholt!)

Vorweg – weil uns das vorgeworfen wird –: Die Idee des Verkaufs von wertvollen Beständen der Badischen Landesbi bliothek ging nie dahin, dass diese endgültig aus dem Einzugsbereich von Baden-Württemberg verschwinden sollten.

(Lachen des Abg. Dr. Nils Schmid SPD – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Oje!)

Nein, es war von Anfang an nur davon die Rede, Sponsoren zu finden, die sie unter der Bedingung erwerben, sie der Öffentlichkeit und der Forschung weiterhin zur Verfügung zu stellen.

(Beifall des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Sie haben aber ein schlechtes Gedächtnis!)

Das lasse ich mir nachträglich auch nicht „wegklittern“. In unserer Fraktion bestand diese Position von Anfang an.

(Beifall des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Das ist aber ein schlechtes Ge- dächtnis, was Sie haben!)

Ich habe ein sehr gutes Gedächtnis, weil ich in dieser Richtung von Anfang an aktiv war und die Unterstützung meiner Fraktion hatte.

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Nun sind wir froh – da geht unser Dank an das Finanzminis terium, das Wissenschaftsministerium und das Staatsministerium, bis hin zu den Spitzen der Häuser –, dass es inzwischen gelungen ist, sehr konkrete Vereinbarungen zu treffen, mit denen man heute und auch künftig leben kann. Ich darf daran erinnern: Ein Vertrag muss immer so gestaltet sein, dass man nicht nur zusammenkommt, sondern, wenn nötig, auch wieder ordentlich auseinandergeht.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Aha!)

Auch das ist alles bedacht.

Es ist gut gelungen, die Bereiche Privatbesitz – Besitz der Familie – und Landesbesitz so zu trennen, dass auch Interessen einer Familie, die nun wirklich lange in diesem Haus gewohnt hat, nicht mit Füßen getreten werden.

(Zuruf des Abg. Dr. Nils Schmid SPD – Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Bis in alle Ewigkeit?)

Solange die Familie besteht.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Reinhold Gall SPD: Also für Zeit und Ewig- keit!)

Nein, es gibt durchaus Familien, die irgendwann aussterben. Das wünsche ich niemandem, aber von „Ewigkeit“ möchte ich hier nicht reden.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Sie machen es immer schlimmer! – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Das ist großartig! – Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE – Unruhe)

Ich möchte Sie einmal ganz konkret etwas fragen. Viele von Ihnen haben ein Elternhaus, das noch besteht. Was würden Sie sagen, wenn Ihnen jemand sagt: „Die Eltern bzw. Ihre Familie dürfen dort zukünftig nicht mehr wohnen“? Man muss das einmal ganz konkret sehen.

(Lebhafte Zurufe von der SPD – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin Berroth, warten Sie bitte einmal. – Die Rednerin sollte man schon noch verstehen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist das Problem! – Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Das versteht man besser nicht!)

Bitte, Frau Abg. Berroth.

Gehen Sie bitte einmal in Kirchengemeinden in Baden-Württemberg. In vielen dieser Gemeinden werden Sie sehen, wie viele ganz normale Menschen wie Sie und ich dort durchaus auch ihren Stammplatz haben

(Lachen des Abg. Dr. Nils Schmid SPD)

und den mitunter auch ganz energisch verteidigen.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: In welche Kirche gehen Sie?)

Auch das sind Sitten und Bräuche, die man nicht zwangsweise auseinandertreiben muss.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist unglaublich! – Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: In welche Kir- che gehen Sie, wo Abgeordnete zugewiesene Plätze haben?)

Herr Kollege Dr. Schmid, Sie haben selbst gefragt – das hat mich jetzt verwundert –: „Wer würde nicht gern in einem Schloss wohnen?“ Sprich: Er wäre auch gern dort.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD und der Grü- nen)

Ich sage Ihnen ganz klar: Ich möchte nicht in einem Schloss wohnen, und zwar nicht nur deshalb, weil es dort mitunter zugig ist und schwer zu heizen ist,

(Lachen bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Claus Schmiedel SPD: Der arme Graf! – Abg. Reinhold Gall SPD: Der Graf hat doch schon eine Heizung! – Unruhe)

sondern weil es dort – jetzt spreche ich als Hausfrau – verdammt viel abzustauben gibt und die Wege entsprechend lang sind. Ich möchte nicht im Schloss wohnen. Bernhard von Baden möchte das übrigens wohl auch nicht. Er hat ja seine Wohnung bewusst anderswo genommen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ich habe schon in einem Schloss gewohnt! Das war schön! – Anhal- tende Unruhe – Glocke des Präsidenten – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Zum Änderungsantrag der Grünen: Diesem Antrag können und wollen wir so nicht zustimmen. Zu Ziffer 1: Ich denke, dass das, was in dem Vertrag geregelt ist, sehr sachgerecht ist und den Verhältnissen entspricht.