Wir müssen schon ein bisschen Mut aufbringen. Es handelt sich – das sehen wir ja alle so – in der Tat um einen tief greifenden Reformprozess, den wir hier gesetzgeberisch in Gang bringen. Diese Reform stellt die Kommunen in der Tat bei ihrer Umsetzung vor große, vor gigantische Herausforderungen. Deswegen ist es mir wichtig, dass die kommunalen Landesverbände die Reform mittragen und wir zumindest in den wesentlichen Eckpunkten der Reform gute und tragfähige Kompromisslösungen gefunden haben. Ich danke deswegen den kommunalen Landesverbänden für ihr Engagement und für ihre Kompromissbereitschaft in der Sache.
Wir wollen mit dieser Reform die Grundlagen für eine effiziente und transparente Finanzpolitik – das ist schon gesagt worden – in den Kommunen schaffen. Wir wollen dafür sorgen, dass die finanziellen Lasten zwischen den Generationen gerechter verteilt werden, und mit der Reform und dem Ressourcenverbrauchskonzept, das der Reform zugrunde liegt, wollen wir mehr Transparenz, mehr Ehrlichkeit und mehr Nachhaltigkeit schaffen. Das sagt sich so locker daher, aber dafür bedarf es schon einigen Mutes. Herr Kollege Heiler, das erinnert mich – das passt nicht ganz, aber ein Stück weit doch – daran
doch, doch! –, wenn ich von Ehrlichkeit und Transparenz rede: Vor Jahren haben mich meine Töchter einmal gebeten, nicht nur darüber zu reden, sondern mein Abiturzeugnis endlich einmal vorzulegen.
Ja, ja. Aber so, wie ich bislang darüber geredet hatte, fand sich das nicht 1 : 1 tatsächlich auch im Zeugnis wieder.
Es waren andere Zeiten, ja. Aber andere Zeiten müssen jetzt auch in der kommunalen Haushaltswirtschaft kommen.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Aber auch in der Kamera- listik ist zwei plus zwei gleich vier! – Abg. Rainer Stickelberger SPD: Dann müssen Sie das Abitur eben noch einmal machen!)
Die müssen kommen, wenn wir nicht so weitermachen wollen wie bisher. Wenn wir da den Turnaround schaffen wollen, dann müssen wir Transparenz und Ehrlichkeit und Übersichtlichkeit und Vollständigkeit herstellen. Es soll halt eben nicht so sein, dass die Kriegs- und Nachkriegsgeneration – unser Ministerpräsident hat das zu Recht schon wiederholt an anderer Stelle gesagt – teilweise unter großem Verzicht die Aufbauarbeit geleistet hat, wir mit offenen Armen verbraucht, gebraucht, ausgegeben haben und die nachfolgende Generation dann die Folgen unseres Konsums tragen muss. Die bisherigen Beratungen des Gesetzentwurfs in diesem Haus haben ja gezeigt, dass ein breiter politischer Konsens für diese Zielsetzung besteht, und dafür bin ich dankbar.
Jetzt zu den Einzelheiten: Ich bin der festen Überzeugung, dass mit der kommunalen Doppik auch der richtige Weg gewählt wurde, um diese Ziele zu erreichen. Weder ein Wahlrecht zwischen der Kameralistik und der Doppik noch eine ressourcenorientierte Erweiterung der Kameralistik würde ein in sich geschlossenes – das wollen wir ja –, transparentes und einheitliches System anbieten, wie es bei der kommunalen Doppik der Fall ist. Im Gegensatz zu den kameralistischen Systemen kommt die Doppik ohne eine separat geführte Vermögensrechnung aus. Das führt zu mehr Transparenz.
Nicht umsonst hat sich die ganz überwiegende Anzahl der anderen Bundesländer für die Doppik als alleinigen Buchungsstil und damit auch gegen ein Wahlrecht entschieden.
Die Landesregierung war von Anfang an der Meinung, dass es wichtig sei, die Kommunen mit der Einführung des neuen Haushaltsrechts nicht zu überfordern. Das hat uns bei unseren Überlegungen geleitet. Deswegen war es auch wichtig und richtig, dass sich Vertreter aus der kommunalen Praxis in den Reformkommissionen und Arbeitsgruppen eingebracht haben. Die neuen haushaltsrechtlichen Vorschriften orientieren sich deswegen sehr stark an den kommunalen Bedürfnissen, Herr Kollege Heiler, und lassen genügend Spielraum für die praktische Umsetzung der Reform vor Ort. Ein deutliches Zeichen dafür ist die sehr großzügige Übergangsfrist – das wurde ja schon betont – von sieben Jahren bis zum Jahr 2016.
(Abg. Walter Heiler SPD: „Doppik light“! – Gegen- ruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Überhaupt nicht! – Gegenruf des Abg. Walter Heiler SPD: Na- türlich!)
Nein, nicht „Doppik light“. Doppik konsequent, aber Doppik mit einer langen Übergangsfrist. Und für die Vorbereitung des Gesamtabschlusses bleiben sogar noch zwei Jahre mehr, weil der ja erst im Jahr 2018 zwingend zu erstellen ist.
Meine Damen und Herren, vielleicht zum Schluss noch ein paar wesentliche Vorschriften: Die Regelung zum Haushaltsausgleich – Sie, meine Kollegen von der SPD, hatten das gerade angesprochen – setzt die Anforderungen des Ressourcenverbrauchskonzepts systemgerecht um. Ein mehrstufiges Sys tem von Ausgleichsregelungen bietet eine ausreichende Flexibilität, Herr Kollege Schlachter.
Das Bausatzsystem und die vielgestaltigen und örtlich auch sehr unterschiedlichen Finanzsituationen – das muss man natürlich auch sehen – können, soweit erforderlich, angepasst werden. Die jetzt im Gesetzentwurf enthaltene Formulierung geht auf einen Vorschlag des Städtetags Baden-Württemberg zurück, der vom Gemeindetag und vom Landkreistag mitgetragen wird. Dadurch, dass die gesetzliche Ausgestaltung des Ausgleichs – –
Doch, Herr Kollege Gall. Ja, dazu komme ich gleich. – Dadurch, meine Damen und Herren, dass die gesetzliche Ausgestaltung des Haushaltsausgleichs auf eine Sonderregelung für umlagefinanzierte Körperschaften – das betrifft vor allem die Landkreise – verzichtet, bleibt das Haushaltsrecht für alle kommunalen Ebenen einheitlich. Ob die Kreisumlagen steigen oder nicht – um noch einmal ein Argument aus den Anfangszeiten der Diskussion aufzugreifen –, hängt nicht von der Anwendung der Doppik oder der Kameralistik ab, sondern
(Abg. Walter Heiler SPD: Der muss die Ressourcen auch erwirtschaften, und das muss er sich doch ir- gendwo holen!)
bei einer etwaigen Entscheidung über eine Erhöhung der Kreisumlage dann auch ihrer Verantwortung gegenüber den kreisangehörigen Gemeinden wie bisher gerecht werden.
(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: In den Kreistagen sit- zen doch die ganzen Bürgermeister! – Abg. Walter Heiler SPD meldet sich.)
Was die Bildung von Pensionsrückstellungen angeht, wählt das Gesetz einen zentralen Lösungsansatz – das ist ganz wichtig, meine Damen und Herren –: Pensionsrückstellungen müssen nicht bei jeder einzelnen Kommune gebildet werden, sondern zentral für alle Kommunen im Land beim Kommunalen Versorgungsverband.
Dort müssen die gebildet werden. Diese Lösung trägt – wenn ich das noch sagen darf – auch der gesetzlichen Pflichtmitgliedschaft aller kommunalen Körperschaften im Versorgungsverband Rechnung.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Überrascht! Nicht damit gerechnet! – Abg. Heiderose Berroth FDP/ DVP: Total perplex!)
Herr Minister, wenn in den Landkreisen die Doppik gilt, dann müssen die Landkreise natürlich auch die nötigen Ressourcen erwirtschaften. Das heißt, sie brauchen mehr Einnahmen oder müssen weniger Ausgaben tätigen.
(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das stimmt doch nicht! – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Doch! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Erzähl doch keine Märchen!)
Deshalb wurde in der Tat zu Beginn der Diskussion immer wieder darauf hingewiesen, dass sich die Kreise das über eine erhöhte Kreisumlage holen.