Protokoll der Sitzung vom 22.04.2009

Experten in Finanz- und Verfassungsfragen sagen uns, dass eine Abgabe in dieser Form verfassungsrechtlich höchst fragwürdig ist. Auch die Landesregierung selbst spricht davon, dass eine geräteunabhängige Mediengebühr als Sonderabgabe zu qualifizieren sei und nur unter engen Voraussetzungen erhoben werden dürfe. Es müsste zunächst auch geklärt werden, was bei dieser Abgabe als Haushalt zu gelten hat. Was ist mit denen, die zwei Wohnsitze haben? Wie ordne ich gewerbliche Betriebe in dieses System ein? Was ist mit Universitäten, Schulen, Hotels und Krankenhäusern?

Es wird auch suggeriert, bei einer Haushaltsabgabe könnte man die GEZ, die Gebühreneinzugszentrale, auflösen. Wer soll dann die Abgabe einziehen? Da gibt es Vorschläge, etwa die Finanzämter damit zu befassen. Das würde in gewisser Weise die Staatsferne aufheben und auch nach Auffassung der Landesregierung ein Grundprinzip des Systems des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unterminieren.

Schließlich schwebt aber über allem noch ein ganz anderes Problem: Zeitgleich mit der Einführung eines neuen Finanzierungsmodells im Jahr 2013 – das ist die Zielmarke – sollen die Einnahmen aus Sponsoring abgeschmolzen werden. Gleichzeitig ist wegen der demografischen Entwicklung mit einer Abnahme der Zahl der Gebührenzahler oder auch der Gebühren zahlenden Haushalte zu rechnen. Wie kann unter diesen Voraussetzungen – auch das ist eine Verfassungsforderung – die Deckung des Finanzbedarfs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks garantiert werden?

Wir befinden uns also mitten im Diskussionsprozess. Eine Phalanx von Juristen und Rechenkünstlern

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Na, na, na!)

wird sich hier noch einschalten und auch angehört werden müssen. Deshalb bitten wir darum, über unseren Antrag heute nicht abzustimmen, sondern ihn zur weiteren Beratung an den Ständigen Ausschuss zu überweisen. Ende Mai werden zumindest vorläufige Ergebnisse der Kommission zur Ermitt

lung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten vorliegen, sodass wir dann im Lichte dieser Erkenntnisse im Ausschuss sinnvoll weiterberaten können.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Günther-Martin Pauli CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Walter für die Fraktion GRÜNE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die heutige Debatte bezieht sich zwar auf Anträge, die schon vor längerer Zeit eingereicht wurden. Aber sie ist trotzdem hochaktuell, weil die versprochenen Lösungsvorschläge – bis Sommer 2008 sollten sie vorliegen – der Öffentlichkeit bisher nicht vorgestellt wurden.

Wir wissen nicht – vielleicht wissen Sie mehr, Herr Minister –, was die Ministerpräsidenten hinter verschlossenen Türen eventuell schon vereinbart haben. In der letzten Sitzung des Ständigen Ausschusses haben wir gehört, dass der öffentlichrechtliche Rundfunk ab 2013 keine Werbung mehr zeigen darf. Vielleicht haben Sie auch schon für das Gebührenmodell eine Lösung gefunden und es nur nicht gesagt.

Ich finde, beides muss zusammen diskutiert werden. Denn – da hat Frau Kollegin Kipfer völlig recht – wenn die Werbung wegfallen sollte – was ich für kompletten Blödsinn halte –

(Zuruf: So ist es!)

und zudem eine Gebühr in einer Höhe erhoben wird, die die Einnahmen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nochmals drastisch sinken lässt, dann müssen Sie uns sagen, wie sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk zukünftig finanzieren soll. Herr Minister, ich finde, Sie sind uns allmählich eine Antwort schuldig. Die Anträge liegen, wie gesagt, schon seit anderthalb Jahren vor.

Des Weiteren müssen wir die Diskussion vor dem Hintergrund führen, dass die Entwicklung der Technik immer weitergeht. Heute – Kollegin Kipfer hat darauf verwiesen – können wir mit Handys und mit PC auch fernsehen, Radio hören usw. Die Entwicklung wird noch weitergehen. Daher stellt sich die Frage, ob das bisher angewandte Prinzip tatsächlich noch der technischen Entwicklung entspricht.

Frau Kollegin, wir glauben, dass eine haushaltsbezogene Mediengebühr die richtige Antwort wäre. Es gibt unterschiedliche Auffassungen. Wir waren überrascht, dass der Ministerpräsident unsere Forderung plötzlich übernommen hat, denn die Landesregierung hatte zunächst verfassungsrechtliche Gründe angeführt, die dagegen sprechen, und erklärt, es sei eine Sonderabgabe, die nicht erhoben werden könne.

Wir haben bisher – Herr Minister, vielleicht können Sie uns heute darüber eine Auskunft geben – nicht wirklich gehört, wie nun die Landesregierung dazu steht. Ist es verfassungsrechtlich bedenklich, wie Sie es früher gesagt haben? Oder hat der Ministerpräsident aufgrund neuer Erkenntnisse, die uns aber nicht mitgeteilt wurden, seine Meinung geändert?

In Ihrer Stellungnahme zu unserem Antrag lassen Sie letztendlich offen, wie die Haltung der Landesregierung ist. Da seitdem anderthalb Jahre ins Land gegangen sind, muss ich

doch davon ausgehen, dass Sie mittlerweile einen Meinungsbildungsprozess abgeschlossen haben.

Es ist richtig, dass das Ganze noch eingebettet werden muss in die Frage: „Was ist innerhalb der EU zulässig?“, wobei die EU mittlerweile den Rahmen abgesteckt hat. Wissen wir da mehr? Mittlerweile ist offensichtlich, dass die EU keine Bedenken gegen ein gebührenfinanziertes Modell hat. Also ist dieses Modell, das wir hier haben, weiterhin ein tragbarer Konsens und eine tragfähige Basis.

Herr Minister, es ist notwendig, dass Sie sich in einer solchen Debatte auch einmal klar vor den öffentlich-rechtlichen Rundfunk stellen, indem Sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht nur als Konzept für Ihre Sonntagsreden nutzen, sondern auch in der Öffentlichkeit darstellen, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk finanziert werden soll.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es!)

Ich habe es eingangs schon gesagt: Wenn die Werbung wegfällt, ist damit schon ein wichtiger Finanzierungsbaustein des öffentlich-rechtlichen Rundfunks weggefallen. Sollte es eine andere Gebühr geben, gibt es noch mehr Probleme. Sie geben uns jedoch keine Antwort darauf, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk dann zukünftig finanziert werden soll.

Herr Minister, deswegen ist heute die Gelegenheit, gegenüber dem Parlament zu erklären, wie aus Sicht der Landesregierung nun vorgegangen werden soll, und nicht nur schwammig zu antworten, wie es in der Stellungnahme zu unserem Antrag der Fall war.

Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang bitten, zu überdenken, ob es tatsächlich sinnvoll wäre, einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk ohne Werbung zu machen.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Ja, selbstverständ- lich!)

Jetzt müssen nicht die Lobbyisten des privaten Fernsehens dazwischenrufen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Immer dieselben!)

Sie können ja nachher dazu reden.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Mache ich!)

Ich bin kein Freund von Werbung, und ich zappe sie meistens weg. Aber gleichzeitig muss man doch sagen: Auch die Werbewirtschaft hat ein großes Interesse daran, dass im öffentlich-rechtlichen Rundfunk Werbung gesendet werden kann. Das kann man nicht wegdiskutieren. Denn ein bestimmter Teil der Bevölkerung, der für die Werbewirtschaft und für die Wirtschaft insgesamt wichtig ist, kann schlichtweg nur über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk erreicht werden.

Jetzt kann man mit mir gern darüber diskutieren, dass es da Beschränkungen gibt. Auch kann gefragt werden: Muss auch nach 20 Uhr oder am Wochenende ein Sponsoring möglich sein? Soll es Werbeunterbrechungen von Sendungen geben; sollen diese Sendungen in einem ersten und in einem darauffolgenden zweiten Teil gesendet werden? All das kann wegfallen. Aber einen generellen Verzicht auf Werbung halte ich

für den völlig falschen Weg, Herr Minister. Das ganze Vorgehen ihrerseits und vonseiten des Ministerpräsidenten

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ist höchst gefährlich! Leichtfertig!)

setzt Sie dem Vorwurf aus, dass Sie hier durch die Hintertür einen Kampf gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk führen, den Sie vor ein paar Jahren eigentlich schon aufgegeben hatten.

Deswegen, Herr Minister: Sagen Sie uns heute, wo es langgeht, was Sie mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk vorhaben.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Keine Sorge, das macht er!)

Ich möchte mich dem Vorschlag oder der Bitte von Frau Kollegin Kipfer anschließen, dass unsere Anträge in der kommenden Sitzung des Ständigen Ausschusses behandelt werden, wenn wir neue Erkenntnisse – auch in Bezug auf die Beschlüsse, die ja im Mai gefällt werden sollen – haben.

Unabhängig davon wollen wir aber wissen, was der Stand der Diskussion ist. Bisher haben Sie uns zu viele Informationen vorenthalten.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Wolfgang Drex- ler SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Pauli für die Fraktion der CDU.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Jetzt wird wieder zur Sache gesprochen!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Grunde genommen ist über alle Fraktionen hinweg unstrittig, dass die bisherige Finanzierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks durch die gerätebezogene Gebühr, wie sie bislang erhoben wurde, schon seit Jahren überholt ist und dass hier Änderungsbedarf besteht. Das ist völlig unstrittig.

Unstrittig ist auch – und das wurde eben in einer für mich etwas fragwürdigen Weise vom Kollegen Walter völlig ohne Not recht populistisch anders dargestellt –: Niemand führt einen Kampf gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Ich kann für die CDU-Landtagsfraktion, für den Koalitionspartner

(Lachen des Abg. Jürgen Walter GRÜNE – Abg. Bir- git Kipfer SPD: Oh! Da würde ich den Mund nicht zu voll nehmen!)

und natürlich auch für die Landesregierung bereits jetzt sagen: Wir sind Verfechter eines dualen Rundfunksystems,

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Na ja!)

wie wir es jetzt schon jahrzehntelang bei uns im Land und im Bund haben. Wir wissen um die hohe Qualität öffentlichrechtlicher Sender. Da immer wieder diese alten Diskussionen herbeizuzerren kostet nur Zeit und Energie; es ist kropfunnötig. Wir stehen zu unserem öffentlich-rechtlich Rundfunk

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Aber wie?)

und wollen ihn auch künftig in ordentlicher Art und Weise finanziell ausstatten.