Das ist in anderen Teilen der Landwirtschaft übrigens gar kein Thema. Jene, die Schweine halten, wissen von Anbeginn an: Es gibt Zyklen mit Hochpreisen, und es gibt Zyklen mit Tiefstpreisen, die gerade im letzten Jahr auch viele an den Rand des Existenzminimums und manche sogar in die Insolvenz getrieben haben. Das ist also überhaupt nichts Neues. Jetzt geht es nur darum, wie wir mit diesem Phänomen umgehen.
Es ist das Ziel der Landesregierung und der Landespolitik, die Grünlandbewirtschaftung in Zukunft – nicht nur, aber vor allem auch in unseren benachteiligten Zonen – zu erhalten, und zwar auch, weil sie einen hohen ökologischen und gesellschaftlichen Wert hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, hierfür gibt es mehrere Instrumente. Lassen Sie mich einige davon nennen.
Das erste Instrument sind die Investitionen, ist die Investitionsförderung. Wir müssen uns um die Betriebe kümmern, die morgen noch an den Märkten tätig sind. Es ist ein Gebot der Stunde, dass wir die Betriebe, die jetzt zum Teil hohe Summen investieren wollen, mit dem notwendigen Eigenkapital ausstatten, damit sie nicht nur die ersten beiden Jahre, sondern auch die Folgejahre einer solchen Investition gut überstehen. Deshalb beträgt der Investitionsfördersatz bereits heute bis zu 35 %, und wir beabsichtigen, wenn die anderen Länder in der kommenden Woche zustimmen, ihn in bestimmten Fällen bis auf 40 % zu erhöhen. Eine maximale Möglichkeit von 40 % Eigenkapital ist ja nicht nichts. Das ist im Gegenteil ein ordentliches Pfund, wenn es um solche Entscheidungen geht.
Das zweite Instrument ist der Ausgleich von Wettbewerbsbeschränkungen. Herr Kollege Winkler, Sie haben vorhin gesagt, in einem der Hefte habe etwas darüber gestanden, die Schwierigkeiten des Standorts als Chance zu begreifen. In der Tat.
Ich sage Ihnen ganz offen: Natürlich gibt es schwierige Standorte. Aber es nützt doch nichts, dies nur zu bejammern. Wir müssen doch versuchen, das Beste aus den schwierigen Stand
orten, aus den Hanglagen des Schwarzwalds mit all ihrer Schönheit, zu machen. Das heißt, wir müssen alles tun, um einen Ausgleich herbeizuführen. Der Ausgleich kann in einer Diversifizierung bestehen, indem wir beim Landwirt z. B. touristische Einrichtungen, sprich Ferienwohnungen, mit fördern, wenn er dies will. Aber das ist seine unternehmerische Entscheidung. Ein Vorteil eines Landwirts an einem schwierigen Standort liegt im Übrigen auch darin, dass die Pachtpreise dort deutlich niedriger sind als an den Hochleistungsstandorten. Auch das muss man sehen.
Ein weiterer Punkt in Bezug auf die schwierigen Standorte ist, dass wir dort, aber auch nur dort die Ausgleichszulagen gewähren,
(Abg. Alfred Winkler SPD: Bei 62 % der Flächen, und nicht nur dort! Das ist gegen jede Lebenserfah- rung!)
je nach Schwierigkeiten, nach Standorten gestaffelt. Das ist ein Teil des gesellschaftspolitischen Ausgleichs, der dort notwendig ist und den wir auch in der Zukunft vornehmen wollen.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Aber Konzentration auf schwierige Standorte, nicht mit der Gießkanne! – Abg. Alfred Winkler SPD: Sie haben das mit der Gießkanne verteilt! Bayern macht es anders! Öster- reich macht es anders!)
Die Schwierigkeitsgrade sind in einzelnen Regionen ganz unterschiedlich, und schwierige Standorte sind nicht nur die Steillagen, sondern die Schwierigkeit von Standorten bestimmt sich in allererster Linie an den Bodenwerten und an der Bodenqualität, in die viele Elemente, u. a. auch die Hängigkeit eines Standorts, mit eingehen. Es gibt – das wissen Sie selbst gut genug – entsprechende Staffelungen.
Ein weiteres Thema, das wir verstärkt angehen, ist die Beratung. Denn ich habe in allen Gesprächen der letzten Monate immer wieder gemerkt: Die Bauern fragen natürlich: Was soll ich denn jetzt machen? Wie wird es weitergehen? Ich bin kein Augur, der prognostizieren kann, welche Milchmengen morgen an den Märkten sind und wie sich der Milchverbrauch der Bevölkerung in Deutschland, in Europa und weltweit entwickeln wird. Aber ich kann Ihnen eines sagen: Die unternehmerische Entscheidung kann nicht der Staat oder wer auch immer treffen. Die unternehmerische Entscheidung, was zu tun ist, kann man nur selbst treffen. Aber dazu bedarf es möglichst objektiver Grundlagen. Man muss auch selbst sehen, wo man als Betrieb steht. Deshalb gehören eine Betriebsanalyse und individuelle betriebliche Beratung ganz entscheidend dazu.
Wir haben im Schwarzwald, Herr Kollege Winkler, was die Beratung von Landwirten betrifft, die auf biologischen Anbau umstellen wollen, gerade mit einer Beratungsoffensive gute Erfahrungen gemacht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Kollege Locherer hat zu Recht erwähnt: Das Thema Forschung spielt eine Rolle. Unsere Milchwirtschaft ist deutlich mittelständischer als anderswo. Ich sage auch eindeutig: Das Ziel liegt nicht in der Größe. Das Ziel liegt vielmehr immer in der Qualität. Auch in jedem Industriebereich, in jedem Dienstleistungsbereich ist nicht die Größe eines Betriebs dafür maßgeblich, ob er marktgängige Produkte produziert, und ist nicht die Größe maßgeblich, ob er in Shanghai, in Südamerika oder sonst wo auf den Märkten ist. Vielmehr hängt es von der Produktqualität ab. Deshalb liegt das Heil nicht in der Größe,
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Bei den Genos senschaften schon! Jetzt einmal zu den Genossen- schaften!)
sondern in der Qualität. Das ist der ganz entscheidende Punkt. Wir müssen uns mehr an Qualität und weniger an Massenprodukten orientieren, die auch bei uns in Baden-Württemberg noch hergestellt werden.
Wir müssen uns mehr an Produkten orientieren, die markenfähig sind, die eine hohe Wertschöpfung nicht nur versprechen,
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb ist auch die Erforschung neuer Produkte und sind Produktinnovationen notwendig. Dass mittelständische Betriebe dies weniger stark realisieren können als ein Großbetrieb, ist auch jedem eingängig. Deshalb brauchen wir – so, wie wir das im handwerklichen, mittelständischen, industriellen Sektor auch haben – die sogenannten Technologietransferzentren, also Universitäten, Hochschulen und unsere Landesanstalten, die einen Teil dieser Grundlagenforschung und angewandten Forschung für die mittelständischen Betriebe mit übernehmen, damit sie marktgängige innovative Produkte in die Märkte einführen.
Dazu, lieber Kollege Winkler, passt eben nicht, wenn die Opposition bei jeder Haushaltsberatung erneut fordert, genau die Mittel für diese landwirtschaftlichen Anstalten etc. zu senken; manche Anstalten sollen sogar gänzlich aufgelöst werden.
Ich will noch ein Letztes anfügen – das gilt nicht speziell für die Bauern, sondern generell für alle Personengesellschaften –:
Das Jahr 2008 war für die Landwirtschaft generell ein gutes Jahr. Das Jahr 2009 wird sowohl auf dem Getreidesektor als auch im Hinblick auf die Milch ein schwieriges Jahr werden. Die Steuerzahlungen, die das Jahr 2008 betreffen, werden 2009 fällig, wenn die Marktpreise ohnehin schon am Boden sind. Das heißt, die Liquidität der Betriebe wird auch durch unsere Steuergesetzgebung massiv beeinträchtigt. Das gilt nicht nur für die Landwirtschaft, sondern auch für manchen Mittelständler.
Deshalb brauchen wir auch eine Vereinfachung der Rücklagenbildung und der Rücklagenauflösung analog wie bei unseren Körperschaften. Dies darf nicht nur für GmbHs und Aktiengesellschaften möglich sein. Es muss auch für Personengesellschaften und damit auch für Landwirte möglich sein, einfach um solche schwierigen Situationen besser zu überstehen.
Ich meine, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen: Das ist mittelständische Politik.
Mit ihr kann man meines Erachtens auch manchen, die sich derzeit wirklich in Schwierigkeiten befinden, ein Stück weit helfen.
Lassen Sie mich mit zwei Bemerkungen abschließen. Das betrifft einerseits den Bereich der Milchwirtschaft. Bei der Milchwirtschaft, den Molkereien, sehe ich eine besondere Verantwortung, gerade bei denjenigen, die Bauern gehören. Es ist nicht verboten, dass drei, vier oder fünf Genossenschaften gemeinsam gegenüber dem übermächtigen Lebensmitteleinzelhandel Preisangebote abgeben. Wenn sich das auf unseren baden-württembergischen Bereich beschränkt – wir haben einen Anteil von 7 % an der Milchproduktion in Deutschland –, dann gibt es dabei keine kartellrechtlichen Probleme. Ich verbiete den baden-württembergischen Molkereien nicht, gemeinsame Angebote abzugeben. Für den Wirtschaftsminister als Chef der Landeskartellbehörde gilt dies sicher gleichermaßen. Warum tun sie das aber nicht?
Die zweite Frage, die sich stellt, lautet: Warum forscht jeder im gleichen Bereich? Warum versucht jeder, links- und rechtsdrehende Milch oder was auch immer in seiner Produktpalette neu zu erfinden? Warum spricht man sich in diesem Bereich nicht hinsichtlich der Schwerpunkte ab und legt damit auch seine eigenen Mittel, die man als Betrieb hat, schwerpunktmäßig besser an und sorgt so für bessere und marktgängigere Produkte mit einer höheren Wertschöpfung?
(Beifall bei der CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: Warum hilft der Minister nicht dabei? – Abg. Alfred Winkler SPD: Warum moderiert hier niemand? Wa- rum moderiert die Landesregierung nicht?)
Abschließend möchte ich den Lebensmitteleinzelhandel ansprechen, dem auch eine besondere Verantwortung zukommt. Das muss man auch den Einzelhändlern – egal, ob sie Edeka, Rewe, Lidl, Aldi oder Metro heißen – deutlich sagen: Wer nachhaltig Produkte aus Deutschland in den Regalen haben will, wer mit regionalen Produkten punkten will, der muss auch bereit sein, einen Mindestpreis zu zahlen, der zumindest zur Kostendeckung bzw. zu einer minimalen Gewinnerzielung beiträgt.
Wer nicht bereit ist, einen solchen Mindestpreis zu zahlen, der muss auch gewärtig sein, dass er eines Tages keine Produkte mehr aus Baden-Württemberg oder aus Deutschland in den Regalen findet.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Mindestpreis heißt auch Mindestlohn! Sonst kann man den Mindestpreis nicht bezahlen!)