Protokoll der Sitzung vom 17.06.2009

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Zur aktuellen Steuerschätzung vom Mai noch eine Bemerkung. Wir haben in den letzten Jahren außergewöhnlich hohe Zuwächse bei den Steuereinnahmen gehabt. Ich möchte einmal einen Vergleich zum Jahr 2000 ziehen. Wir hatten im Jahr 2000 im Land Steuereinnahmen in Höhe von netto 16,1 Milliarden €. In diesem Jahr haben wir gemäß der Steuerschätzung Steuereinnahmen in Höhe von 18,9 Milliarden €, also 2,8 Milliarden € oder 17 % mehr. Der Rückgang beruht darauf, dass es einen enormen Rückgang im Vergleich zur letzten Steuerschätzung gibt. Aber wir haben trotzdem 17 % mehr Steuereinnahmen zur Verfügung, als wir im Jahr 2000 hatten. Die Preissteigerungsrate in diesen neun Jahren betrug 15 %. Also kann man sagen, dass in diesem Jahr trotz Konjunktureinbruchs, bereinigt um die Preissteigerungen, die Steuereinnahmen höher sind, als sie im Jahr 2000 waren. Uns geht es heute also besser, als es uns vor neun Jahren ging.

Wir haben allerdings auch einiges mehr gemacht als im Jahr 2000. Wir haben die Betreuungs- und Bildungsausgaben überdurchschnittlich erhöht – das war richtig und notwendig –, wir haben im letzten und in diesem Jahr keine Nettoneuverschuldung – auch das war richtig und notwendig –, und wir haben große Einsparungen in zahlreichen Bereichen der Landespolitik vorgenommen, um einen soliden und auf Dauer angelegten nachhaltigen Haushalt vorzulegen. Das ist die richtige Finanzpolitik. Darauf möchte ich an dieser Stelle ganz deutlich hinweisen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Weitere Inhalte des Nachtragshaushalts sind die Bereitstellung von 10,2 Millionen € zum Erwerb von Grippemedikamenten, um Vorsorge für die Bekämpfung der Schweine- oder, wie man jetzt neuerdings sagt, Mexikogrippe zu treffen. Ferner stellen wir sicher, dass den Kommunen nach der bundesrechtlichen Neuregelung der Kraftfahrzeugsteuer ab 1. Juli 2009 ihr bisheriger Anteil an der Kraftfahrzeugsteuer erhalten bleibt.

Weiterhin wird mit diesem Nachtragshaushalt die Abwicklung der Bildungspauschale im Rahmen des Zukunftsinvestitionsprogramms geregelt. Hier trägt das Land den vom Bund geforderten Kofinanzierungsanteil von 25 % für Maßnahmen privater Schulträger. Das wird insgesamt etwa 10 Millionen € ausmachen. Die Hälfte dieses Betrags wird der Finanzausgleichsmasse entnommen, hier dem Ausgleichstock und den Mitteln für den Schulhausbau, und die andere Hälfte dieses Betrags trägt der Landeshaushalt direkt, indem man die Baumaßnahmen im Rahmen des Landesinvestitionsprogramms um 5 Millionen € kürzt.

Mir ist wichtig, hier festzuhalten, dass die privaten Schulträger am Zukunftsinvestitionsprogramm des Landes beteiligt werden, und zwar entsprechend ihrer Schülerzahl und unabhängig von der Kofinanzierung, die damit nicht über die kommunale Seite, sondern über das Land abgewickelt wird.

Wir beraten heute in zweiter Lesung auch den Gesetzentwurf der Fraktion GRÜNE zur Änderung des Landesbankgesetzes. Dazu brauche ich nichts mehr zu sagen, denn in der ersten Lesung hat unser Kollege Kößler dazu sehr sachkundig gesprochen. Hier hat sich in den letzten Tagen nichts verändert. Wir lehnen diesen Gesetzentwurf aus den vom Kollegen Kößler in der ersten Lesung genannten Gründen ab.

Zusammenfassend kann ich bemerken: Der Landeshaushalt 2009 ist auch mit diesem Nachtrag solide aufgestellt. Dafür kann man die Regierung nicht oft genug loben. In anderen Ländern ist das leider nicht so.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Der Landeshaushalt kommt auch in dieser wirtschaftlich schwierigen Zeit im Jahr 2009 ohne neue Schulden aus. Auch das ist ein ganz wichtiger, hoher Verdienst. Das bedeutet: keine neuen strukturellen Schulden für den Landeshaushalt, keine Neuverschuldung trotz der Wiedereinführung der Pendlerpauschale durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, keine Neuverschuldung trotz des Konjunkturpakets der Bundesregierung. Ohne die Rücklagen im Landeshaushalt wäre es deutlich schwieriger, auf die jetzige Krise zu reagieren. Hier muss ich einmal feststellen: Hätten wir auf die Opposition gehört, hätte man dieses Geld jetzt nicht zur Verfügung.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: So ist es!)

Wir von den Regierungsfraktionen haben also richtig gehandelt.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wir halten 2009 die Nettonull und wollen auch künftig mit dem auskommen, was der Staat einnimmt.

Ich möchte hier insbesondere unserem Ministerpräsidenten Günther Oettinger als einem der beiden Vorsitzenden der Föderalismuskommission II danken, dass erreicht wurde, dass die anderen Länder jetzt auf diesen Kurs einschwenken müssen. Der Bundestag und der Bundesrat haben die Schuldenbremse beschlossen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Sie werden doch nicht begrüßen, dass der Bundesrat das beschlossen hat! Das ist ein Hammer!)

Das ist für die Zukunft eine außerordentlich wichtige Maßnahme, die insbesondere auch durch den Einsatz unseres Ministerpräsidenten erreicht wurde. Dafür herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Wolf- gang Drexler SPD: Das ist die Abschaffung des Kö- nigsrechts des Landtags!)

Herr Kollege Drexler, Sie wissen ganz genau: Es ist das Königsrecht der Landtage. Aber zahlreiche Landtage, insbesondere diejenigen, die Mehrheiten mit der SPD haben,

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

haben Schulden über Schulden gemacht und machen das weiterhin. Dem muss man Einhalt gebieten.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Wolf- gang Drexler SPD: Ihr sägt euch doch den Fuß selbst ab! – Unruhe)

Ich habe doch eben gesagt: Dadurch, dass manche Länder durch rot-grüne Regierungen und falsche Weichenstellungen nicht in der Lage sind, schuldenfreie Haushalte vorzulegen, müssen wir auf Bundesebene,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Völliger Blödsinn! – Abg. Reinhold Gall SPD: Doch nicht der Bundestag! – Zuruf des Abg. Jörg Döpper CDU – Unruhe)

auch durch die Bundesländer und durch eine Mehrheit im Bundesrat, vernünftige Beschlüsse fassen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, wir werden auch künftig, soweit es im Rahmen der konjunkturellen Möglichkeiten geht, mit dem auskommen, was der Staat einnimmt.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wer regiert Schleswig- Holstein?)

Das wird ein Markenzeichen der CDU-Politik im Land bleiben. Hier hat die Landesregierung unsere vollste Unterstützung.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut! Ein guter Auftritt! – Abg. Ute Vogt SPD: Saarland und NRW!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Schmid.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Jetzt wird die Schul- denpolitik entlarvt! – Lachen bei der CDU – Unru- he)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herzlich willkommen zur Gründung der Landesrisikogesellschaft für die Landesbank. Der Zweite Nachtrag dient der Abschirmung von schwierigen Wertpapieren der Landesbank Baden-Württemberg. Die implizite Haftung des Landes durch die alte Gewährträgerhaftung, durch die fortgeführte, modifizierte Anstaltslast und als Eigentümer der Landesbank wird für den schwierigsten Teil der Bankbilanz, nämlich für die von der Finanzmarktkrise erfassten Wertpapiere, offengelegt. Das Land Baden-Württemberg haftet voll für 12,7 Milliarden €. Dies birgt für das Land sicherlich beträchtliche Risiken. Bei einer isolierten Betrachtung wäre dies nicht zu rechtfertigen, weil Baden-Württemberg in der Tat sozusagen nur für den „schlechten“ Teil der Bank voll haftet.

Entscheidend für die SPD-Landtagsfraktion ist aber – deshalb stimmen wir diesem Nachtragshaushalt zu –: Dies ist nur der letzte Baustein der Stützung unserer Landesbank, nachdem die Kapitalerhöhung bereits durchgeführt worden ist, und der logische Baustein, weil die Kapitalerhöhung ohne die Abschirmung der Risikopapiere keinen Sinn machen würde. Deshalb steht die SPD-Fraktion hinter dieser Risikogesellschaft, so wie wir bei der Kapitalerhöhung ebenfalls hinter der Landesbank gestanden haben, weil wir der Überzeugung sind: Das Geschäftsmodell ist im Kern – wie es jetzt formuliert ist – richtig. Wir brauchen eine starke Landesbank für den Mittelstand in unserem Land, für die Menschen in unserem Land. Wir müssen die Landesbank auch vor überstürzten Fusionen zulasten der Beschäftigten schützen.

(Beifall bei der SPD)

Wir weisen aber auch darauf hin, dass die ganze Operation nur sinnvoll ist, wenn sie vor der EU-Kommission in Brüssel

Bestand hat. Wir können es uns nicht leisten, dass die Landesbank in den Topf der Sanierungsbanken mit den entsprechenden Auflagen abrutscht. Denn dann wäre die ganze Operation zugunsten der Landesbank und auch zugunsten des Geschäftsmodells der Landesbank hinfällig.

Deshalb, Herr Oettinger, sehr verehrte Damen und Herren von der Regierung, ist es Ihre Aufgabe, die Handlungsfähigkeit zu beweisen, die dafür notwendig ist. Sie müssen jetzt in Brüssel den Elfmeter reinschießen, den Ihnen der Landtag aufgelegt hat. Die letzten Monate lassen daran zweifeln, weil sich diese Regierungskoalition mehr mit Personaldebatten als mit der Substanz der Landesbank beschäftigt hat.

(Beifall bei der SPD – Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es! – Zurufe von der CDU)

Deshalb ist es umso wichtiger – nicht für die Regierungsfraktionen, aber für das Land und die Landesbank –, dass die SPDFraktion stringent und inhaltlich klar zu der Verantwortung für das Land gestanden hat. Gerade weil wir das in den letzten Wochen getan haben, ist ein nüchterner und klarer Blick auf die Risikolage erforderlich.

Zunächst einmal die Papiere selbst. Wir sind hier abhängig von der Bewertung derjenigen, die uns im Landtag vorgetragen haben, welche Risiken es gibt. Wir müssen uns diese Bewertung zu eigen machen.

Mich wundert, Herr Oettinger, dass Ihre Regierung bei dem Ringen um den Bundesschirm für eine Ausweitung dieses Schirms auf weitaus mehr Wertpapiere und auch auf Unternehmenskredite eingetreten ist, obwohl Sie hier im Landtag erzählen, dass 12,7 Milliarden € genau das richtige Maß der Risikoabschirmung seien. Dieses widersprüchliche Verhalten sollten Sie aufklären, weil das nicht gerade das Vertrauen in Ihre Risikoprognose stärkt.

Der zweite Punkt, den ich heute unbedingt ansprechen will, ist die Verwaltung der ausgelagerten Papiere. Die Verwaltung der ausgelagerten Papiere bleibt bei der Landesbank. Das ist durchaus nachvollziehbar. Es darf aber nicht geschehen, meine Damen und Herren, dass diese Verwaltung nach dem Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn“ nachlässig gehandhabt wird. Es kann nicht sein, dass mit der Verabschiedung des Risikoschirms die Papiere, die noch eine lange Laufzeit haben, leichtfertig und nachlässig beobachtet oder gar vorzeitig mit den entsprechenden Verlusten verwertet werden, die dann aus der Garantie zulasten des Landeshaushalts bezahlt werden müssten.

Deshalb ist die Landesregierung in der Pflicht, dafür zu sorgen – Sie haben diese Konstruktion gewählt –, dass diese Verwaltung solide und ohne Nachteile für das Land geschieht. Diese politische Verantwortung liegt bei Ihnen, Herr Oettinger, bei niemand anderem.

In diesem Zusammenhang ist es auch ein fatales Signal, dass der einstimmige Beschluss des Landtags zur Gehaltsdeckelung bei der Neubesetzung des Vorstandssitzes der Landesbank schlichtweg ignoriert wurde.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, dies war keine Kurzschlussreaktion. Ich meine, die Herren Mappus und

Noll sind in solchen wichtigen Fragen sicher nicht zu Kurzschlusshandlungen fähig.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Überhaupt nicht! – Un- ruhe)

Dieser einstimmige Beschluss war ein durchdachtes Konzept zur Regelung der Gehälter in dieser Landesbank mit dem Kernpunkt: Es werden maximal 500 000 € bezahlt, wenn ein negatives IFRS-Ergebnis anfällt. Das ist also keine platte Gehaltsdeckelung, sondern eine konditionierte Deckelung, die klar an den unternehmerischen Erfolg angeknüpft war. Wir haben in dem Beschluss ausdrücklich formuliert: Wir wollen als Landtag von Baden-Württemberg, dass sich die zukünftige Gehaltsstruktur bei der Landesbank am langfristigen Unternehmenserfolg orientiert. Wo ist da das Problem? Warum haben Sie das nicht umgesetzt, Herr Oettinger, als es zur Nagelprobe kam?