Protokoll der Sitzung vom 18.06.2009

Mir ist ganz wichtig, zu betonen: Das Land Baden-Württemberg stellt jährlich 300 Millionen € Investitionskostenhilfen für die Kliniken zur Verfügung, und zwar kontinuierlich. Das ist also nicht einmal mehr und einmal etwas weniger. In allen Rankings, die es gibt, schneidet Baden-Württemberg bei den Investitionskosten im Bereich der Krankenhausfinanzierung am besten ab.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, bitte kommen Sie zum Ende.

Das sollten wir in den nächsten Jahren auch erhalten. Das ist wichtig für die Versorgung der Bevölkerung mit einer hochwertigen, qualifizierten Medizin, und das ist insbesondere notwendig für eine Versorgung im ländlichen Raum. Deswegen wird das Land BadenWürttemberg hier auch in Zukunft seiner Verantwortung gerecht werden und die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Altpeter für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Her ren! Der Antrag ist in der Tat bereits im Mai 2008 beantwortet worden. Die Entwicklung im Krankenhauswesen ging seither weiter. Seit diesem Zeitpunkt hat sich einiges verändert. Deshalb gestatten Sie mir, die Gelegenheit wahrzunehmen, ein paar grundsätzliche Bemerkungen zur Krankenhausentwicklung in unserem Land zu machen.

Zunächst zum erwähnten Gesundheitsfonds. Herr Dr. Lasotta, ich denke, dass wir hier in diesem Landtag nicht darüber streiten müssen, ob der Gesundheitsfonds nun sinnvoll war oder nicht sinnvoll war. Denn wir – alle vier im Landtag vertretenen Fraktionen – haben gemeinsam beschlossen, den Gesundheitsfonds abzulehnen.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Wer hat ihn erfun- den?)

Wir haben dies auch nach Berlin weitertransportiert.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Wer hat ihn erfun- den? – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Das hat nichts mit Sozialismus oder sonst irgendeiner politischen Ausrichtung zu tun. Das hat schlicht und einfach etwas damit zu tun, dass wir den Gesundheitsfonds für nicht gut für unser Land Baden-Württemberg halten.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Das muss für uns schließlich an erster Stelle stehen.

Dann haben Sie in Ihrer Rede sehr auf den Föderalismus gedrängt. Sie haben die föderalen Strukturen in der Krankenhausfinanzierung befürwortet. Dazu möchte ich sagen: Jawohl, Sie haben recht, wir tragen die duale Finanzierung weiterhin mit. Wir tragen mit, dass die Betriebskosten vom Bund finanziert werden.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Das kommt von den Krankenkassen!)

Von den Krankenkassen und damit zentral, lieber Uli Noll. – Für die Investitionskosten – das ist der föderale Teil der Beziehungen – ist aber weiterhin das Land zuständig. Da hat sich Baden-Württemberg in der Vergangenheit und bis weit in die Gegenwart hinein nicht mit Ruhm bekleckert und wird das vermutlich auch in der Zukunft nicht tun.

Im Jahr 2006 waren Baumaßnahmen im Umfang von 1,63 Milliarden € angemeldet, dazu als dringlich Maßnahmen in Höhe von 1,1 Milliarden €; zur Verfügung gestellt wurden 340 Millionen €. Jetzt sagen Sie mir einmal, wie es angesichts dieser Beträge gelingen soll, eine moderne Krankenhausstruktur im Land zu installieren, und zwar so, dass sie einerseits von den baulichen Gegebenheiten her der Voraussetzung Mindestmenge und damit auch Spezialisierung gerecht wird, andererseits aber auch dem Kriterium einer wohnortnahen Grundversorgung gerecht werden kann.

Dazu, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind 340 Millionen €, mit Verlaub, nichts anderes als ein Nasenwasser.

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Jedes Jahr! Jedes Jahr, Frau Altpeter!)

Jedes Jahr. Sie wissen aber genau, wie groß der Antragsstau ist. Sie wissen auch um die Leitlinie der Landesregierung, zu sagen: Wir konzentrieren, wir bauen größere Einheiten und schaffen dafür eine wohnortnahe Grundversorgung.

Auch dies, meine sehr geehrten Damen und Herren, kostet Geld. Wenn man diese Krankenhauslandschaft in Baden-Würt temberg will, immer unter föderalen Voraussetzungen, dann muss die Landesregierung auch dieses Geld in die Hand nehmen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Das machen wir mehr als andere Bundesländer!)

Das ist nicht richtig, Herr Dr. Lasotta. Sie haben die Unterschiede zu anderen Bundesländern vorhin angesprochen. Der Bundesländervergleich zeigt, dass die Landesregierung für die Krankenhausinvestitionen im Jahr 2006 – das ist die Datenbasis – pro Einwohner 33 € in die Hand nimmt. In Hessen – das ist bekanntermaßen noch nicht sozialdemokratisch regiert – sind es 47 €, in Bayern 36 € und in Schleswig-Holstein 31 €.

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Sie können doch nicht ein Jahr herausgreifen! Sie müssen doch die ge- samte Periode sehen! – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist aber so! – Gegenruf des Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Nein, Herr Schmiedel!)

Ich möchte, wenn wir uns zum Föderalismus bekennen und immer alles gegen die Bundesregierung und das Bundesgesundheitsministerium geht, dass auf der anderen Seite klar wird, dass es in diesem Bereich auch eine Länderverantwortung gibt. Bevor diese Länderverantwortung nicht wahrgenommen wird, brauchen Sie gar nicht in Richtung Berlin zu rufen.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte noch einen Punkt ansprechen, auch wenn meine Redezeit bald zu Ende ist. Für uns als SPD sind die Krankenhäuser ein wichtiger Teil der sozialen Infrastruktur und der sozialen Daseinsvorsorge. Die Stadt- und Landkreise haben den Sicherstellungsauftrag für die Versorgung der kranken Menschen im Land. Wenn also immer über Privatisierung geredet wird, dann bitte ich, bei allem zu bedenken, dass dann, wenn ein privater Investor die Zitrone ausgequetscht und sich die Rosinen herausgepickt hat,

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Oh, die alte Lei- er!)

noch immer die Stadt- und Landkreise bleiben, die einen Sicherstellungsauftrag für die Patientinnen und Patienten haben. Hier hat das Land eine besondere Verantwortung. Das bitte ich bei allen Privatisierungsdiskussionen, die in der Krankenhauslandschaft noch immer stattfinden, zu bedenken.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Noll für die Fraktion der FDP/DVP.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist fast alles gesagt, aber noch nicht von jedem. Deswegen versuche ich, die aus meiner Sicht wichtigen Punkte zu betonen.

Ich habe manchmal das Gefühl – das war heute Morgen bei Ulla Haußmann und jetzt bei Frau Altpeter so –, dass sie hier nicht his, sondern her master’s voice sind, nämlich die Stimme der Ulla Schmidt, die noch immer versucht, diesen Murks von Gesundheitsfonds zu verteidigen.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Unglaublich! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Der heißt „Merkel-Fonds“! – Unruhe)

Ja, Leute, so ist es halt.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Ha- gen Kluck FDP/DVP: Genau! – Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Das hat sie nicht gemacht!)

Zweiter Fakt: Föderalismus und Gesundheitsfonds sind wie Feuer und Wasser. Denn der Gesundheitsfonds setzt den Föderalismus völlig schachmatt. Das muss man auch klar sehen. Deswegen muss ich sagen: Jeder, der auch nur irgendwo, lieber Herr Ministerpräsident, noch sagt, so ganz schlecht sei er doch nicht, hat noch immer nicht ganz verstanden,

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

dass Föderalismus und Gesundheitsfonds diametral gegeneinander gehen.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Sprechen Sie zur Sa- che, dann wären wir froh!)

Nächstes Thema: Ich glaube, die Hauptproblematik für die Krankenhäuser ist im Moment die Investitionsförderung, bei der wir zugegebenermaßen, Frau Altpeter, als Land zuständig sind. Aber auch die Betriebskosten sind natürlich gestiegen. Der Personalkostenanteil beträgt dort zwei Drittel der gesamten Betriebskosten. Über diesen Personalkostenanteil reden wir.

(Abg. Katrin Altpeter SPD: 3,5 Milliarden! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Na gut! Aber da haben wir auch etwas gemacht!)

Jetzt höre ich wieder Beschwichtigungsversuche. Ich stimme dem Kollegen Lasotta vollständig zu. Die Zitrone ist ausgequetscht. Das Bild von den ätherischen Ölen aus der Schale wird sich auch bald verflüchtigen,

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Das geht ganz schnell!)

weil wirklich nichts mehr da ist.

Wenn ich dann in der Presse lese – Entschuldigung, lieber Kollege Hillebrand, Ihre Ministerin ist nicht da –: „Auch wenn es in einzelnen Fällen schwieriger wird, offene Stellen … mit geeigneten Ärzten zu besetzen, so ist die Versorgung in Baden-Württemberg kein generelles Problem“, dann erinnere ich mich an heute Morgen: Abrüsten, keine Panik machen. Niemand will Panik machen. Aber es ist ein generelles Problem. Ich lese vor: Schramberg, Freudenstadt, Tauberbischofsheim, Ortenau Klinikum, Klinikum Mittelbaden. Örtliche, kleine Krankenhäuser? Nein, das wird ein Problem.

Dieses Problem ist natürlich von der Politik gemacht, nämlich von genau derjenigen, die völlig unsolidarisch einen Solidarbeitrag einführen wollte, den Sie anfangs verteidigt haben.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/ DVP: So ist es! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Oje! – Zurufe der Abg. Katrin Altpeter SPD und Franz Un- tersteller GRÜNE)

Dann haben wir gemeinsam eine Aktion gemacht: Der Deckel muss weg.