Protokoll der Sitzung vom 18.06.2009

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Lusche das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegende Drucksache hat ja – ich will es einmal vornehm formulieren – etwas Zeit gehabt, zu reifen. Insofern möchte ich lieber direkt auf das eingehen, was Sie, Frau Kollegin Dr. Splett, heute angesprochen haben, als mich mit den seinerzeitigen Ausführungen zu intensiv zu beschäftigen.

Ich möchte zunächst für meine Fraktion ausdrücklich klarstellen, weil da immer ein gewisser Zungenschlag hineinkommt: Im Umweltplan, auch im aktuellen Umweltplan, steht, dass die Lärmbekämpfung, die Lärmminderung für die Landesregierung erhebliche Priorität hat. Weil wir in der CDU-Fraktion wissen, dass Lärm ein erhebliches Problem ist – mit Gesundheitsgefahren und allem anderen –, stehen wir voll hinter dieser Aussage. Die ist und bleibt richtig.

Aber im Umweltplan steht auch etwas von Haushaltsmitteln. Das ist ein weiteres gutes Beispiel dafür, dass sich das Ganze nicht im luftleeren Raum abspielen kann, sondern – die Diskussion hatten wir schon 2006 zum Thema Auslösewerte – dass wir bei der unbestreitbaren Problemlage, die wir haben, abschichten müssen, wie wir vorgehen. Genau das ist der Grundgedanke, weswegen auch die EU Stufen – nach Größe der Ballungsräume, Anzahl der Kfz usw. – einer zeitlichen Versetzung vorsieht.

Nach Ihrer Rede, Frau Kollegin, konnte man ein bisschen den Eindruck bekommen, es wäre bei diesem Thema überhaupt nichts gegangen.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Dieser Eindruck ist richtig, Herr Kollege!)

Vielleicht einmal ein paar Zahlen dazu, lieber Herr Kollege Oelmayer. In der ersten Stufe haben wir 950 Karten erstellt.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: 120 000 Fahr- zeuge!)

Wenn man weiß, wie komplex diese Dinge sind, dann weiß man auch, dass das halt Zeit braucht. Sie haben es angesprochen: Um die 70 Pläne sind entweder schon fertig oder in der Erarbeitung. Z. B. hat die Stadt, bei der ich im Stadtrat sitze, schon einen fertigen Plan.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Liegt das an Ihnen oder an der Stadt?)

Das überlasse ich Ihrer Interpretation, Herr Schmiedel. – Es ist also nicht so, dass da nichts ginge.

Aber – jetzt bin ich bei dem Thema Kommunen; das hat mich, ehrlich gesagt, schon bei Ihrem Antrag damals etwas gestört – man hat bei Ihnen ein bisschen den Eindruck – das schwingt als Tenor mit –, als müsste das Land da den Kommunen auf die Finger gucken, weil die nicht so richtig vorankommen.

(Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Hilfestellung!)

Dazu kann ich nur sagen: Ad 1: Es gibt hervorragende Hilfsmittel. Die können Sie z. B. über die Homepage des Umweltministeriums abrufen. Ad 2: Sogar Kommunen, die noch gar nicht – ich will es einmal so sagen – fällig gewesen wären, konnten mit Unterstützung, mit Hilfestellung des Landes Maßnahmen vorziehen.

Ich könnte jetzt eine Liste dessen vorlesen, was Mindestinhalt eines solchen Lärmaktionsplans ist. Weil wir eben wissen – das müsste ein Anwaltskollege wie der Kollege Oelmayer auch wissen –, dass solche Planungen natürlich Einfluss auf andere Bereiche haben, also z. B. die Frage, wie zukünftig

Straßen geplant werden, wie es dann mit der Lärmverteilung und Ähnlichem ist, kann ich nur dringend dazu raten, das im Konsens und gemeinsam mit den Kommunen sinnvoll zu machen.

Genau das ist die Linie der Landesregierung. Wir machen gegen Kommunen und Betroffene nicht irgendetwas und handeln uns nachher einen Riesenstreit ein, sondern wir versuchen, gemeinsam mit den Kommunen und den Betroffenen vernünftige Politik zu betreiben.

Das ist umso wichtiger, als es – Sie weisen auch darauf hin – bei der Umgebungslärmrichtlinie noch diverse Punkte gibt, die noch nicht endgültig geklärt sind. Wir wissen ja, wie groß heutzutage das Risiko ist, dass am Ende geklagt wird. Insofern ist es aus meiner Sicht absolut sinnvoll, wenn die Landesregierung versucht, hier Konsens zu erreichen, gerade angesichts von Fragen wie: Was ist mit Außenwirkung? Ist es jetzt eine Rechtsverordnung, Verwaltungsvorschrift usw.? Also, es ist klug, hier pragmatisch vorzugehen.

Richtig ist und bleibt zudem: Die Zeiträume sind sehr, sehr knapp bemessen. Das kennen wir ja aus Brüssel. Eine Bemerkung am Rande: Es geht ja aktuell nicht nur um die Lärmproblematik, die wir gemäß Brüssel bewältigen müssen, sondern parallel dazu haben wir das Thema Luftqualität und Ähnliches. Das kommt alles auf einmal, weil Brüssel gern beschließt, sich aber relativ wenig darum kümmert, wer es dann bezahlt und wie es gemacht wird.

(Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Sieben Jahre alt!)

Langer Rede kurzer Sinn: Ich glaube, dass die Landesregierung insgesamt eine wirklich gute Figur gemacht hat, was die Unterstützung der Kommunen anbelangt.

Sie haben ja auch schon die Erstellung der Karten bei den Bundesverkehrsstraßen oder bei den Eisenbahnstrecken angesprochen. Dass es da zu Verzögerungen gekommen ist und kommt, können Sie nun beim besten Willen nicht der Landesregierung anlasten. Denn die Landesregierung ist nach meinem Kenntnisstand zusammen mit anderen Ländern beim Bund vorstellig geworden und hat gesagt: Wir brauchen beim Eisenbahn-Bundesamt mehr Druck dahinter, dass da endlich etwas geschieht. Also erwecken Sie auch hier nicht den Eindruck, es geschehe im Land nichts.

Lärm bleibt eine Problematik, die uns auch, wenn die Pläne vorliegen, liebe Frau Kollegin, noch massiv beschäftigen wird. Denn durch einen Plan ist es noch keinen Deut leiser geworden. Die Pläne – schauen Sie sich das Regelwerk an – sollen ja selbst strategische Maßnahmen beinhalten und sind zum Teil in die Zukunft gerichtet.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Planwirt- schaft!)

Manchmal muss man planen, Herr Kollege.

(Zuruf des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

Das Ganze ist ein Prozess. Dieser Prozess wird sich unabhängig von den Grünen weiterentwickeln und – da bin ich sicher

auch nicht zum letzten Mal Gegenstand eines Antrags von Ihrer Seite gewesen sein.

Wir stehen hinter der Politik der Landesregierung.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut!)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Frau Abg. Grünstein das Wort.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lärm macht krank. Das war schon immer so, aber noch nie waren so viele Menschen so direkt und unmittelbar von Lärm betroffen, und diese Menschen fühlen sich dadurch auch stark beeinträchtigt.

Die Folgen dieser Lärmbelastung sind teuer. Es wird angenommen, dass bis zu 12 % der jährlichen Gesamtkosten von rund 22 Milliarden € für die Behandlung von Herz- und Kreislauferkrankungen auf Straßenverkehrslärm zurückzuführen sind. Allein die Betrachtung dieses kleinen Teilausschnitts zeigt, welche monetäre Dimension dieses Problem besitzt. Insgesamt entstehen infolge der zunehmenden Lärmbelastung der Bevölkerung extrem hohe Folgekosten für die Volkswirtschaft.

Diese ökonomischen Folgen des Lärms werden vor allem von den Gesundheitskosten, von Produktionsausfällen inklusive lärmbedingter Beeinträchtigungen an Arbeitsplätzen, von den Kosten für Lärmschutz und Raumplanung sowie von den Auswirkungen auf Miet- und Immobilienpreise bestimmt. Viele andere Zahlen hat die Kollegin Splett schon genannt. Da braucht man nicht mehr viel hinzuzufügen.

Lärm kann die unterschiedlichsten Quellen haben. Ich nenne die Maschinen am Arbeitsplatz oder den Lärmpegel, dem z. B. Erzieherinnen im Kindergarten ausgesetzt sind, den Laubsauger und den Rasenmäher des Nachbarn, die Straße vor der Haustür, den nahe gelegenen Flughafen – ich weiß, wovon ich da rede; ich habe mehrere nicht allzu weit weg – oder auch den freizeitbedingten Lärm durch Sportanlagen oder überlaute Musik.

Gerade im Freizeitbereich finden wir viele völlig überflüssige Lärmindikatoren. Da wird z. B. für ein sehr kleines Grundstück ein großer Rasenmäher angeschafft, da gibt es dann auch im Herbst frühmorgens den Nachbarn, der mittels des Laubsaugers die ganze Nachbarschaft aufweckt.

(Heiterkeit des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Die vielen kleinen Privatflugzeuge – da habe ich wirklich sehr viel Erfahrung; da gibt es bei uns Bürgerbewegungen dagegen –, die besonders an den Wochenenden über uns schweben, verursachen weitaus mehr Lärm als die großen.

Aus Meinungsumfragen ergibt sich, dass der Straßenverkehrslärm mit Abstand als der größte Störfaktor empfunden wird. Nach Untersuchungen des Umweltbundesamts fühlen sich 50 % der Bürgerinnen und Bürger vor allem durch Straßenlärm belästigt, 20 % davon sogar sehr stark belästigt. Studien und Modellrechnungen zufolge sind ca. sechs Millionen Bürgerinnen und Bürger in den Städten Lärmwerten ausgesetzt, bei denen wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge ein er

höhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu befürchten ist. Zudem treten Lern-, Konzentrations- und Schlafstörungen auf.

Deshalb ist die EU-Umgebungslärmrichtlinie der richtige Weg und zu begrüßen. Bekanntlich aber nützt ein Gesetz ja nur in dem Maß, in dem es auch ernsthaft und zügig umgesetzt wird. Natürlich ist völlig richtig, dass man sich dabei vorrangig auf die Lärmemissionen von Verkehr konzentriert und hier wiederum auf den Straßenverkehr, von dessen Lärmauswirkungen ja die meisten Menschen beeinträchtigt sind. Allerdings sind auch die Lärmbelastungen durch Flugzeuge und Eisenbahnen dort, wo sich entsprechende Bahntrassen und Flugplätze befinden, für die Betroffenen ein ebensolches, manchmal sogar ein noch schlimmeres Problem.

Einen Sonderaspekt störenden Lärms stellen übrigens die Motorräder dar, und zwar insbesondere dann, wenn sie auch noch manipuliert und deshalb erheblich lauter sind, als sie es zulässigerweise eh schon wären. An einzelnen Brennpunkten wie im Welzheimer Wald oder auf bestimmten Schwarzwaldstrecken kumuliert dieser Lärm dann auch noch in solchem Ausmaß, dass die Lebensqualität der dort lebenden Menschen zumindest im Sommer erheblich beeinträchtigt ist, von den wandernden und radfahrenden Touristen ganz zu schweigen.

Ich habe das vor einigen Wochen direkt selbst vor Ort sozusagen überprüft, indem ich einige Kilometer die Schwarzwaldhochstraße entlanggelaufen bin.

(Abg. Winfried Scheuermann CDU: Das macht man aber nicht! Da gibt es schönere Wege! – Zuruf von der CDU: Es gibt schönere Wanderstrecken!)

Es gibt sicher schönere Wege, aber manchmal muss man vor Ort gehen.

Hier empfinde ich es als äußerst unbefriedigend, wie schleppend auf Bund-Länder-Ebene an diesem Problem gebastelt wird, zumal dieser Bereich in die Zuständigkeiten mehrerer Ressorts fällt. Wer glaubt, dass man illegale und zu mehr Lärm und Unfallgefahren führende Manipulationen mit Bußgeldern von 20 oder 50 € verhindern könne, dem ist doch nun wirklich nicht mehr zu helfen. Ich darf in diesem Zusammenhang auf meinen Antrag Drucksache 14/4445 verweisen.

Zum Lärmschutz in diesem Land ganz allgemein ist aber auch noch anzumerken, dass er doch sehr stiefmütterlich behandelt wird, wobei Sie, Frau Ministerin, als eine Art Stiefmutter nicht so ganz allein dastehen; denn jedes Kind hat ja bekanntlich auch einen Vater. Dieser war in seiner Amtszeit der geschätzte Kollege Müller. So beschränkte sich die finanzielle Beteiligung des Landes über etliche Jahre hinweg lediglich auf den Lärmaktionsplan Filder und darüber hinaus nur auf sehr wenige Einzelprojekte. Kein Wunder also, dass unser Antrag auf Aufstockung der Mittel trotz seriöser Gegenfinanzierung abgeschmettert worden ist.

(Abg. Ulrich Lusche CDU: „Seriöse Gegenfinanzie- rung“!)

Es ist schon auffällig, dass über Lärmschutz viel geredet wird, konkrete Maßnahmen wie Lärmschutzwände, Flüsterasphalt oder Hilfen für Lärmschutzfenster jedoch Mangelware sind. Gern zeigt hier jeder auf den anderen, und so schieben je nach

Gemengelage die Bahn AG, der Bund, das Land und die Kommunen den Schwarzen Peter einfach hin und her.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Und die Stiefmutter!)