Protokoll der Sitzung vom 08.07.2009

Das Wort erteile ich für die Fraktion der SPD Herrn Abg. Dr. Prewo.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zurzeit quellen die Medien von Meldungen über die Finanzinstitute über. Um eine Sorte von Finanzinstituten ist es aber ziemlich ruhig, und das sind die Bausparkassen. Würde man Ähnliches von einem höherrangigen Politiker sagen, wäre der praktisch tot, aber die Bausparkassen sind höchst lebendig. Sie sind viel gesünder als fast alle anderen Finanzinstitute. Eine Bilanzsumme von über 70 Milliarden € wird sicher und solide verwaltet. Baden-Württemberg ist in diesem Bereich immerhin eine mittlere Großmacht. Bei der Bausparsumme sind wir mit einem Anteil von 45 % und bei der gesamten Bilanzsumme aller Bausparkassen in Deutschland mit 36 % weit überproportional im Geschäft.

Das ist Grund genug für den Landtag, den Fokus einmal auf diese Felsen in der Brandung zu richten. Deswegen hat die SPD-Fraktion diesen Antrag gestellt, allerdings schon im Februar 2008. Das war sieben Monate vor der Lehman-Pleite, als die amerikanische Finanzkrise zwar schon offenkundig war, aber die Tagesmeldungen noch keineswegs beherrschte und viele hier noch dachten, diese Finanzkrise möchte vielleicht an uns vorübergehen.

Damals haben wir uns gefragt, welche Vorzüge eigentlich dem Bausparen für die Stabilität des deutschen Immobilienmarkts vor dem Hintergrund der US-amerikanischen Immobilienkrise zukommt und ob das Bausparen dazu beiträgt, dass der deutsche Baufinanzierungsmarkt insgesamt robuster gegen solche Krisen ist. Heute – wenigstens das können wir feststellen – haben wir, anders als in einigen anderen, auch europäischen Ländern, in Deutschland keine Immobilienkrise. Das heißt, wir haben keinen Wertverfall auf breiter Front oder in den Märkten. Wir haben eine gewisse Krise bei den Immobilien wegen der sträflichen Nachlässigkeit der Landesregierung im Bereich des sozialen Wohnungsbaus.

(Beifall bei der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: So ist es!)

Das ist ein großes Problem. Wir haben aber keine Immobilienkrise auf den Finanzmärkten, die einen Wertverfall herausfordern würde. Der Immobilienmarkt bei uns ist in dieser Hinsicht stabil. Warum ist er stabil? Weil der Wohnungsbau, im Ganzen gesehen, bei uns solide finanziert ist.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Zustimmung! – Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: So ist es!)

Zuerst wird Eigenkapital aufgebaut. Bauspardarlehen bekommt man in der Regel nur dann, wenn man 40 % der Summe selbst als Eigenkapital einbringt.

Ein Weiteres ist aber noch viel wichtiger. Das Bausparen ist ein erstklassiges Instrument, das generell das nachhaltige Sparen fördert, und zwar schon bei Jugendlichen, und das mit kleinen Beiträgen und einer Wirkung in der Breite der Bevölkerung. Darüber hinaus ist das Bausparen flexibel im Hinblick auf Vermögensbildung. Man kann die angesparten Mittel auch anders einsetzen. Man kann als junger Mensch eigentlich kaum etwas falsch machen, wenn man sich auf das Bausparen einlässt, gerade weil das Management von Bausparverträgen nicht von der Jagd nach der höchsten Tagesrendite geprägt ist. Das alles also sind die Tugenden, die wir jetzt teilweise hilflos beschwören.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Ihr habt ja die Ver- mögen wieder besteuert!)

Es lässt sich deswegen sehr gut mit dem System der vermögenswirksamen Leistungen, teils des Staates, teils der Arbeitgeber, verbinden. Es ist fast überflüssig, zu sagen – wir haben das aber auch noch einmal extra abgefragt –, dass es hier keinen Forderungsverkauf, also Verkauf von Bauspardarlehen und Umwandlung in verbriefte Asset-Backed Securities, die berühmten ABS, gibt. Das gibt es beim Bausparen nicht. Das war damals noch kein Thema, wir haben es aber trotzdem mit dem Antrag abgefragt. Die Anlage ist robust und widerstandsfähig gegen die Kasinomethoden.

Natürlich gibt das keine Schlagzeilen, und wenn doch, dann nur, weil es erfolgreich ist. Es ist normal und vernünftig, auch wenn die Zeit des Bausparens in spekulativer Hinsicht vielleicht nicht gerade sexy ist.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Doch, es hat auch etwas! – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Das wollten wir wissen, und wir wollten beleuchten, dass wir in Baden-Württemberg noch einige solide Dinge haben. Die Bausparkassen sind solide, weil sie gut reguliert sind und eine verlässliche institutionelle Basis besitzen und weil die passenden Regeln vorhanden sind, die dafür sorgen, dass letzten Endes alle etwas schaffen.

Ich werde nachher begründen, warum ich die Ablehnung die ses gemeinsamen Antrags von CDU, SPD und FDP/DVP durch die Regierung für falsch halte, und möchte hier eine Warnung aussprechen: Wenn die Gerichte den Bausparkassen die Erhebung einer Abschlussgebühr verweigern würden – wir hoffen es nicht und glauben auch, dass die Rechtsprechung das letzten Endes nicht tun wird; wir sind nach dem Ausreißerurteil, das es da gegeben hat, aber höchst unsicher –, dann wäre das, was da passieren würde, für die Bausparkassen in Baden-Württemberg ein Super-GAU. Deswegen sollte die Regierung in dieser Hinsicht etwas tun.

Ich möchte nun gern die Ausführungen der Kollegen abwarten und darauf gegebenenfalls noch einmal reagieren.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Löffler für die Fraktion der CDU.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sehr guter Mann!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bausparen ist im Land der Häuslebauer eine schwäbische Tugend. Nahezu jeder Zweite ist Bausparer. Kein Wunder also, dass die großen Bausparkassen Badenia, LBS, Schwäbisch Hall und Wüstenrot bei uns im Land sitzen.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Schwäbisch Hall!)

Sie schaffen die Basis für eine Wohnversorgung breiter Bevölkerungsschichten. Wer über kein Eigenkapital verfügt, muss ansparen und erhält dafür bei Zuteilung seines Bauspardarlehens einen günstigen Darlehenszinssatz mit nachrangiger Sicherung im Grundbuch.

35 Milliarden € haben die Bausparkassen zur privaten Wohnungsbaufinanzierung im Jahr 2007 ausgezahlt. Ohne staatlich gefördertes Bausparen durch Wohnungsbauprämien, Arbeitnehmersparzulagen und zuletzt das Eigenheimrentengesetz, auch „Wohn-Riester“ genannt, könnten sich viele Menschen den Traum vom Wohneigentum nicht erfüllen. Die Finanz- und Beratungsdienstleistungen der Bausparkassen sind umfassend und erstrecken sich auf Neubau und Hauskauf, Modernisierung und energetische Sanierung von Wohnraum. Neu ist, dass auch Wohnungseigentümergemeinschaften für Modernisierungen einen Bausparvertrag abschließen können. Die Bausparkassen tragen damit auch zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele im Wohnungsbausektor bei. Durch Stiftungslehrstühle unterstützen Bausparkassen die wissenschaftliche Begleitung unseres zukünftigen Wohnungsbaus. Sie sind verlässliche Partner unserer Wohnungsbaupolitik.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Die Finanzkrise konnte den Bausparkassen wenig anhaben, im Gegenteil: Allein im letzten Jahr schlossen die Bausparkassen 3,6 Millionen Verträge mit einem Volumen von 100 Milliarden € ab. Der Bestand aller Bausparkasseninstitute umfasst 31 Millionen Verträge mit einer Vertragssumme von 750 Milliarden €, die sich auf 25 Millionen Bausparer in Deutschland verteilen. Etwa 45 % dieser Summe entfallen auf BadenWürttemberg; eine stolze Zahl.

Auch wenn ihre Rendite stets kleiner war als bei den Großen der Finanzwirtschaft – die Branche wächst. Bausparen finanziert sich ausschließlich über Einlagen und nicht am Kapitalmarkt. Zocker sind die Bausparkassen nicht. Sie haben das Vertrauen ihrer Kunden nicht missbraucht und haben solide gewirtschaftet. Einen finanziellen Rettungsschirm des Staates brauchen sie nicht.

Ungemach droht ihnen jedoch von anderer Seite: Die Abschlussgebühren von 1 % der Bausparsumme verstießen gegen das AGB-Gesetz; es gehe rein um Vertriebskosten und

nicht um eine Dienstleistung für den Bausparer. Diese Rechtsauffassung vertritt der ehemalige Bankensenatsvorsitzende des BGH, Gerd Nobbe, ungeachtet der Tatsache, dass die Aufsichtsbehörde BaFin keine Bausparkassentarife ohne Abschlussgebühren genehmigt hat.

Flugs verkündete das ZDF in seiner Fernsehsendung „Frontal“, die Abschlussgebühren müssten jetzt an die Bausparer zurückgezahlt werden. Daraufhin überzog die Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen die Bausparkassen LBS West, Deutscher Ring und Schwäbisch Hall mit Musterklagen. Das Landgericht Heilbronn wies die Klage gegen die Bausparkasse Schwäbisch Hall am 12. März dieses Jahres ab. Die Landgerichte in Hamburg und Dortmund folgten dieser Entscheidung.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sehr gut!)

Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Falls eine höhere Instanz diese Urteile aufheben sollte, stehen für die Bausparbranche nicht nur Rückforderungen von bis zu 7 Milliarden € im Raum; erforderliche Rückstellungen und ausbleibende Einnahmen hätten für unsere Bausparkassen bedrohliche Dimensionen. Arbeitsplätze wären bedroht, und auch den Wohnungsbau, die Bauindustrie sowie Handel und Dienstleistungen träfe es empfindlich, da 50 % aller Immobilienkäufer Bausparmittel zur Finanzierung einsetzen. Der Traum vom Eigenheim wäre dann für viele ausgeträumt. Ein Spiraleffekt würde unsere Wirtschaft weiter nach unten ziehen. Wieder einmal müsste der Staat mit Milliardenhilfen ein Finanzsystem schützen. Bei aller Wertschätzung der Arbeit der Verbraucherschützer, die sich überwiegend aus Steuergeldern finanzieren – hier wird übereifrig und verantwortungslos mit dem Feuer ge spielt.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es! – Abg. Hel- mut Walter Rüeck CDU: Bravo!)

Im Unterschied zu vielen anderen Verträgen wissen die Bausparer, worauf sie sich einlassen. Die Gebühren sind transparent und werden handschriftlich in die Verträge eingefügt. Allenfalls kann man den Verbraucherschützern zugutehalten, dass sich im Bausparkassengesetz expressis verbis keine Bestimmung zu Abschlussgebühren findet. Lediglich in der Gesetzesbegründung steht, dass Bausparkassen Gebühren zur Deckung der Kosten für die Anwerbung neuer Kunden bei Vertragsabschluss erheben können. Vielleicht wäre ein runder Tisch zwischen Verbraucherschutz und Politik zielführend gewesen, bevor solche volkswirtschaftlichen Sprengminen gezündet werden.

Das Geschäftsmodell der Bausparkassen ist ohne Alternative. Das jahrzehntealte Bausparmodell des kollektiven Sparens dürfen wir nicht lahmlegen. Damit ist niemandem gedient. Die Regierungsfraktionen CDU und FDP/DVP haben deshalb zusammen mit der SPD eine Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht, um für Klarheit im Bausparkassengesetz zu sorgen.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Buschle?

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Du bist hoffentlich für Bausparverträge! Hast du keinen?)

Herr Kollege Dr. Löffler, Sie und vorher Kollege Prewo haben eindrücklich begründet, warum der gemeinsame Antrag von CDU, SPD und FDP/DVP ein guter, begründeter und konstruktiver Antrag ist. Haben Sie eine Erklärung dafür, warum unsere Kollegen von der GrünenFraktion diesen Antrag nicht mitgetragen haben?

(Heiterkeit – Beifall des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP – Abg. Karl Zimmermann CDU: Die ha- ben alle schon ihre Villen gebaut! Die brauchen nichts mehr! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die kom- men alle aus einem guten Wohnviertel! – Abg. Ha- gen Kluck FDP/DVP: Wie Herr Rebmann und seine Brüder! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Oder sie be- wohnen Sozialwohnungen!)

Herr Buschle, diese Frage müssen Sie an die Grünen richten. Die grünen Wählerschich ten rekrutieren sich aus den Halbhöhenlagen, aus den feinen Wohnvierteln in Stuttgart; sie gehen, wie wir heute früh gehört haben, in der „Wielandshöhe“ essen und speisen beim „grünen“ Koch.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Heiterkeit bei den Grünen und des Abg. Fritz Buschle SPD – Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP: Sehr gut!)

Da steht das Bausparen nicht ganz so im Zentrum.

(Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Ich verstehe: Bausparer sind nicht Ihre Klientel.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Die machen Rendi- te bei Windrädern und Fotovoltaik! – Zuruf: Steuer- sparmodelle!)

Ich vermute, das ist der Grund dafür, Frau Sitzmann, dass die Grünen diesen Antrag nicht mitgezeichnet haben, was ich allerdings auch bedauere.

Der Ministerrat beschloss am 16. Februar dieses Jahres, die Bundesratsinitiative vorerst nicht aufzugreifen, sondern erst die Rechtsprechung zu beobachten. Ich bedauere dies. Eine gesetzliche Klarstellung braucht keinen Rettungsschirm. Es gilt zu handeln, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der SPD)

Wohnungseigentum zu bilden ist Lebensqualität. Das muss Ziel unserer Politik sein.