Ich glaube, meine Damen und Herren, dass wir aufgrund unserer Erziehungsziele in der Landesverfassung den Auftrag haben, den Raum dafür zur Verfügung zu stellen, dass junge Menschen die Frage nach dem Sinn des Lebens und gleichzeitig die Frage nach Gott stellen dürfen und damit ein klares Fundament ansprechen, auf dem unser Bundesland BadenWürttemberg entstanden ist.
Eine weitere Bemerkung: Ich glaube, Herr Kollege Kretschmann, dass sich Baden-Württemberg auch deswegen ganz bewusst für den bekenntnisorientierten Religionsunterricht ausspricht und an seinem Stellenwert nicht rütteln will, weil wir in diesem Zusammenhang auch anderen Religionsgemeinschaften diesen Weg öffnen wollen. Ich verweise auf unsere Modellstandorte für den islamischen Religionsunterricht. Es war ein langwieriger Prozess, bis wir die Voraussetzungen für diese Modellphase geschaffen haben. Wir warten mit Spannung darauf, wie die Ergebnisse der Evaluationsberichte ausfallen. Wir werden Ende des Jahres die Ergebnisse bezüglich der zwölf Modellstandorte bekommen. Wir werden dann aufgrund der erforderlichen fachlichen Kriterien sicher auch im Schulausschuss und hier im Hohen Hause sehr ausführlich darüber sprechen, wie wir bei der Weiterentwicklung verfahren müssen. Zunächst einmal muss man sich diese Ergebnisse aber sehr genau anschauen.
Das Land Baden-Württemberg hat die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Religionsunterricht nicht nur auf dem Papier, sondern auch tatsächlich ausgefüllt erteilt werden kann. Ich erwähne als Beispiel, dass auf dem Lehrerarbeitsmarkt für die qualifizierte Erteilung des Religionsunterrichts kein Mangel mehr besteht. Wir müssen speziell für andere fachliche Bereiche um Lehrer werben, aber wir können für den Religionsunterricht von einer soliden Nachwuchssituation ausgehen.
Darüber hinaus bin ich sehr froh, dass wir erst vor Kurzem mit dem neuen staatskirchlichen Vertrag mit unseren kirch
lichen Partnern in Baden-Württemberg eine Grundlage dafür geschaffen haben, dass eine kontinuierliche finanzielle Weiterentwicklung durch die staatlichen Ersatzleistungen gewährleistet werden kann, um den Religionsunterricht aufrechtzuerhalten und weiterzuentwickeln.
Wenn man sich einmal den Haushalt anschaut, muss man feststellen, dass wir seit dem Jahr 2000 einen kontinuierlichen Anstieg der Investitionen des Landes in diesem Bereich verzeichnen. Das stärkt auch die wichtige Partnerschaft zwischen den Kirchen in Baden-Württemberg und der Landesregierung. Denn der Religionsunterricht ist ein Beleg dafür, wie gut und vertrauensvoll die Partnerschaft zwischen den Kirchen und der Landesregierung ausgeprägt ist.
In diesem Sinne, meine Damen und Herren, ist auch die qualitative Weiterentwicklung des Ethikunterrichts durchaus geboten. Ich sage aber in diesem Zusammenhang auch: Es ist natürlich eine politische Entscheidung, wo man die Prioritäten auch bezüglich der Zurverfügungstellung von Ressourcen setzt. Es sind eben nicht nur 600 volle Deputate, die man braucht, um den Ethikunterricht ab Klasse 1 als reguläres Ersatzfach, als Alternative anzubieten, sondern es sind weitaus mehr Unterrichtsressourcen erforderlich. Aber wenn wir Schwerpunkte setzen, gerade auch was Investitionen in diesem Bereich betrifft, dann, glaube ich, soll der konfessionsbetonte Religionsunterricht durchaus noch einen Vorrang genießen.
Wenn es schon den Kirchen nicht gelingt, zu verhindern, dass immer mehr Menschen ihren Glauben verlieren, dass sich immer mehr Menschen zu gar keinem Bekenntnis hingezogen fühlen, warum soll das dann ausgerechnet der CDU-Fraktion gelingen,
nur weil sie hier das christliche Abendland beschwört? Herr Kollege Hoffmann, das christliche Abendland gibt es nicht mehr.
Das ist eine Schimäre aus der Geschichte, die Sie wieder aufleben lassen wollen. Deswegen war Ihr an sich guter Beitrag zum Schluss doch etwas zu schneidig.
Erstens ist das Christentum – das sage ich jetzt als Christ – nicht die Stammesreligion der Europäer,
Es gibt Gott sei Dank auch außerhalb des christlichen Abendlands Christen. Aber darauf kommt es hier nicht an. Unsere Verfassungsordnung ist so komponiert, dass sie die Möglichkeit der Glaubens- und Religionsfreiheit und der Weltanschauungsfreiheit bietet. Das setzt einen in religiösen Fragen neutralen Staat voraus.
Die verbindlichen Werte, die der Staat setzen kann, können keine anderen sein als die, die uns die Verfassung vorgibt.
Das, was Sie gesagt haben – dass Sie sich an christlichen Werten orientieren –, können Sie selbstverständlich machen. Aber der Staat kann das nicht machen.
Der Staat kann nicht gegenüber Muslimen oder Juden oder Nichtgläubigen mit einem christlichen Anspruch auftreten, wie Sie das hier gemacht haben.
Darum sage ich Ihnen: Das, was Sie hier machen, nämlich den Ethikunterricht ab Klasse 1 als Alternative für Eltern und Kinder, die keinem Bekenntnis angehören, zu verweigern, können Sie nicht begründen außer – so, wie Sie es gemacht haben, Herr Staatssekretär Wacker – mit dem Argument, dass Sie die Mittel nicht bereitstellen wollen.
Eine andere Begründung ist verfassungsmäßig gar nicht zulässig. Sie können dem Religionsunterricht – das heißt der positiven Religionsfreiheit – von Christen, Juden und in Zukunft auch Muslimen verfassungsrechtlich keinen Vorrang vor Menschen geben, die nicht glauben und die deswegen die negative Religionsfreiheit für sich beanspruchen können und des
Der CDU als christlicher Fraktion empfehle ich, doch ab und zu mit Leuten zu reden, die keine Christen sind, die nicht glauben – das ist einfach dienlich –, um die sozusagen nicht mit Dingen zu traktieren, die sie nicht ertragen wollen. Das müssen Sie beachten.
(Beifall der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Das ist eine blödsinnige Unter- stellung! – Glocke der Präsidentin)
Ihre Versuche – Sie haben schon einmal versucht, mich vorzuführen, Herr Kollege Schüle – sind zum Scheitern verurteilt,
weil ich ganz klar von einem Verfassungsstandpunkt aus argumentiere – auch als Christ – und weil unsere Verfassungsordnung dazu da ist,
allen gleiche Freiheiten und nicht ein Privileg über andere zu gewähren. Das sieht unsere Verfassung nicht vor. Gott sei Dank.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sie wollen die Verfassung ändern! Die Frage hat er verweigert! So etwas Scheinheiliges! Aber man sieht sich ja öfter!)
Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit müssen wir über die geschäftsordnungsmäßige Behandlung dieser beiden Initiativen befinden. Die Große Anfrage ist durch die Aussprache erledigt. Der Antrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 14/3498, ist ein reiner Berichtsantrag und als solcher ebenfalls erledigt.