Protokoll der Sitzung vom 09.07.2009

Nun machen diese Mosbacher das, was alle guten Schulentwickler tun: Sie stellen ihr Profil zur Diskussion. Sie stellen ihr Profil in die politische Entscheidung des Schulträgers und beantragen einen Modellversuch, genauso wie Sie das bei anderen Dingen möchten. Es ist arrogant, hier einfach zu sagen, die wollten alle nur einen bequemen Weg zum Abitur, und all das würde nur zu schlechteren Ergebnisse führen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Reinhold Gall SPD: So sind sie halt!)

Dann schmieren Sie sich doch Ihre gesamte Diskussion zur Schulentwicklung und die Aufforderung zur Profilbildung in die Haare, wenn Sie doch nur Ergebnisse akzeptieren, die Ihnen in den Kram passen. Das können Sie sich dann generell sparen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Ingo Rust SPD: So ist es!)

Wie geht es jetzt weiter? Für eine solche Schulentwicklung im Rahmen einer normalen Möglichkeit hätten sie eigentlich einen Preis verdient, weil es vorbildlich ist, wie sie mit den Eltern, dem Schulträger und den Schülern vor Ort in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe über Jahre ein solches Ergebnis bringen. Dann so abgewatscht zu werden, Herr Minister, mit diesen oberflächlichen Argumenten, die zeigen, dass Sie sich mit dem Konzept und dessen Entstehung überhaupt nicht beschäftigt haben, sondern nur nach diesem alten Schema verfahren:

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

„Da gibt es die Bequemlinge und die, die die Entwicklung nicht akzeptieren wollen“, ist nicht in Ordnung. Das ist doch alles Kappes. Die Eltern vor Ort wollen eben nicht, dass ihre Kinder auf die Realschule gehen; sie wollen ein gymnasiales Profil. Sie wollen eben nicht die Kinder in der Grundschule zurückstellen lassen aus Sorge, sie schafften sonst den Übergang nicht. Sie wollen keine freiwilligen Wiederholungen. All das sind Problembereiche, auf die Sie bis heute keine Antwort haben. All diese Zahlen steigen seit Jahren, und Sie erzählen uns immer, das habe nichts mit G 8 zu tun. Wir erleben in diesem Jahr zum ersten Mal, dass 17 % der Kinder mit einer Gymnasialempfehlung auf die Realschule gehen. Dieser Prozentsatz steigt von Jahr zu Jahr.

(Abg. Ingo Rust SPD: Alles zufällig! – Abg. Wolf- gang Drexler SPD: Alles Zufall!)

In manchen ländlichen Regionen beträgt er 40 %. Darauf gibt es keine Antwort von Ihnen. Aber diese eine Schule hat eine Antwort gefunden. Sie haben heute zu entscheiden.

Ich könnte noch viel ausführen; ich lasse es, hier blinkt schon alles.

(Heiterkeit – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Außer dem Minister! Der Minister blinkt nicht! – Gegenruf des Abg. Stefan Mappus CDU: Nur bei Ihnen nicht!)

Diese eine Schule hat im Rahmen ihrer Aufgabe, ein Profil zu entwickeln, ein integriertes Angebot gemacht, das beim Schulträger Respekt findet. Das ist für den Schulträger ein zusätzliches finanzielles Problem, das der Schulträger zu schultern hat; denn er muss für einen Jahrgang mehr Räume zur Verfügung stellen; das trauen die sich zu. Demnächst werden wir bei einigen Realschulen anbauen müssen, während wir in den Gymnasien leerstehende Räume haben, wenn der Trend, trotz Gymnasialempfehlung auf die Realschule zu gehen, weitergeht.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Das stimmt so nicht! Das ist nun wirklich Quatsch! – Zuruf des Abg. Karl-Wil- helm Röhm CDU)

Überlassen Sie das den Leuten vor Ort, Herr Röhm.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Dr. Mentrup – –

Ich bin gleich fertig.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Können Sie uns auch noch erklären, warum die Übergangsquote ins Gym- nasium steigt?)

Frau Arnold, Sie haben das Richtige gesagt: Diesem Antrag hätte man einfach zustimmen sollen. Dann würden wir hier gar nicht diskutieren. Dann würden wir Mosbach vielleicht gar nicht kennen.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Wir kennen jeden Ort im Land!)

Da es aber nicht so ist, ist es unsere Aufgabe – das hat auch etwas mit Bürgerrechten zu tun und mit dem, was Sie sonst immer alles noch auf dem Schild tragen –, diese falsche Entscheidung zu korrigieren. Dazu haben Sie heute Gelegenheit, und dazu fordere ich Sie auf.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Rastätter.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD zur CDU: Ihr seht heu- te irgendwie schlecht aus! Ich weiß auch nicht, wo- ran es liegt, aber ihr seht heute ganz schlecht aus! – Gegenruf des Abg. Stefan Mappus CDU: Wenn ich in eurer Situation wäre, wäre ich einmal ein bisschen vorsichtiger, mein Lieber!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kultusminister Rau, nachdem Sie hier differenzieren zwischen anstrengungsbereiten Schülern und Schülerinnen, die sich dem G 8 anpassen, und denjenigen, die einen bequemen Weg gehen wollen – denen wir

angeblich dazu verhelfen wollen –, muss ich sagen: Das bedeutet doch faktisch, dass Sie all den Eltern, deren Kinder eine Gymnasialempfehlung haben und die die Realschule wählen, und auch den Kindern unterstellen, sie wollten einen bequemen Weg gehen und seien nicht bereit, sich anzustren gen.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Das ist unverschämt!)

Das Gegenteil ist der Fall: Das sind die Eltern, die auch wissen, wie stark belastet Kinder sind. Gehen Sie einmal z. B. in die Praxen der Kinderärzte.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Genau! Geht auch ein- mal in die Sportvereine!)

Wir hatten im Landtag eine Anhörung, in der auch Kinderärzte zu Wort gekommen sind. Sie sagten, dass die psychosomatischen Erscheinungen auch bei den Kindern, insbesondere in der Unterstufe des Gymnasiums, zugenommen haben.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Wenn ich Ihnen noch ei- ne Weile zuhöre, geht es mir auch so!)

Herr Kollege Schebesta, Sie sind vorhin auf das Gesetzgebungsverfahren zu sprechen gekommen. Als G 8 damals in das Gesetz übernommen wurde, haben wir Grünen insbesondere kritisiert – bei einer generellen Bereitschaft, ein achtjähriges Gymnasium einzuführen –, dass das Konzept so ausgestaltet ist, dass die Schüler und Schülerinnen in der Unterstufe und in der Mittelstufe stärker belastet werden als zuvor. Wir haben damals alternativ einen anderen Gesetzentwurf eingebracht, der vorgesehen hat, dass wir G 8 in der Unter- und Mittelstufe eben nicht von den anderen beiden Schularten abkoppeln,

(Abg. Volker Schebesta CDU: Nach Ihrer eigenen Abstimmung wäre es schon heute flächendeckend nur achtjährig! – Abg. Stefan Mappus CDU: Sie haben doch auch zugestimmt! Jetzt erklären Sie doch, ver- dammt noch mal, warum Sie jetzt das Gegenteil be- haupten! Das ist doch unredlich und unseriös, was Sie hier erzählen!)

sondern dass wir den Kindern dann, wenn sie – – Nein. Was ist unseriös?

(Abg. Stefan Mappus CDU: Sie haben selbst zuge- stimmt!)

Nein, wir haben nicht zugestimmt. Wir haben dem Gesetzentwurf nicht zugestimmt.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Sie hätten das mit Ih- rem Antrag flächendeckend eingeführt! – Abg. Ste- fan Mappus CDU: Mit Ihrem Antrag hätte flächen- deckend genau das stattgefunden, und zwar ab die- sem Jahr! Dem haben Sie zugestimmt!)

Nein, das ist ja nicht wahr. Das ist doch gar nicht wahr.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Natürlich ist das wahr!)

Wir haben dazu einen alternativen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Aber dem SPD-Antrag haben Sie doch zugestimmt!)

Nein, dem haben wir nicht zugestimmt.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Sie wissen ja noch nicht einmal mehr, wie Sie abgestimmt haben! Das ist das Problem! Sie erzählen doch jeden Tag etwas anderes! – Gegenrufe von der SPD – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Langer Rede kurzer Sinn: Zum G 8 haben wir einen alternativen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht. Dieser alternative Gesetzentwurf hat vorgesehen, dass die Belastungen eben nicht in der Unter- und Mittelstufe stattfinden, sondern die Schüler und Schülerinnen daran anschließend zwischen zwei Geschwindigkeiten entscheiden können.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE – Gegenruf des Abg. Stefan Mappus CDU)

Aber heute geht es auch nicht darum, sondern heute geht es einzig und allein darum, dass Sie offensichtlich einen einzigen Schulversuch einer Schule als eine solche Bedrohung empfinden – weil er nämlich erfolgreich sein könnte, dass Sie möglicherweise korrigieren müssten. Das ist wohl der Hauptgrund, warum Sie heute nicht bereit sind, diesem Antrag zuzustimmen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: So ist es!)

Deshalb fordere ich Sie, insbesondere die Fraktion der FDP/ DVP, die ja ganz offensichtlich auch diesem Schulversuch zustimmen würde, auf:

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Setzen Sie hier einen Punkt! Lassen Sie diesen Schulversuch zu, und geben Sie der Sache eine Chance, damit wir wirklich prüfen können, wie wir in Baden-Württemberg das Gymnasium so ausgestalten, dass es für alle Schüler, nicht nur für einen Teil, auch einen nachhaltigen Bildungserfolg sichert.

Vielen Dank.