Protokoll der Sitzung vom 30.07.2009

weitere Schulentwicklungskonzepte zu ermöglichen. Die verhindern Sie bisher aus Sturheit, aus Ideologie, aus Verbohrtheit.

(Lachen des Abg. Stefan Mappus CDU – Abg. Ste- fan Mappus CDU: Gerade Sie reden von Ideolo- gie!)

So kann es nicht weitergehen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Stefan Mappus CDU: So müsst ihr weiterma- chen! Dann kommt ihr bei 15 % an!)

Das Wort erhält Frau Abg. Rastätter.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kultusminister Rau, Sie haben von dem Geländer gesprochen, das ein Schulsystem, ein Bildungswesen braucht, ein Geländer, an dem sich die Schulen und die Gesellschaft orientieren können. Das ist richtig. Aber das haben wir. Das sind die Bildungsstandards, das sind die Bildungspläne, das sind die zentralen Abschlussprüfungen, an denen sich alle Schulen orientieren müssen. Wenn Sie also pädagogische Weiterentwicklungen in Schulen über die vorliegenden Anträge, die ich genannt habe, blockieren, dann hat das nichts mit diesem Geländer zu tun, sondern Sie legen die Schulen an Ketten.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Genau das ist die Situation, dass sie dann an den Ketten liegen und sich nicht weiterentwickeln dürfen.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf des Abg. Stefan Mappus CDU)

Ich begrüße ausdrücklich, dass in Tübingen die Kooperation an der Geschwister-Scholl-Schule zugelassen wurde. Herr Kollege Kleinmann, hier haben wir das erste Beispiel, dass wir auch an einem Bildungszentrum mit Hauptschule, Realschule und Gymnasium eine Kooperation haben. Wir sehen, dass solche pädagogischen Innovationen mittlerweile in Baden-Württemberg erwünscht sind. Für mich kann das nur der Anfang dafür sein, dass auch an anderen Orten, wo solche Bildungszentren bestehen, diese wieder zusammenwachsen. Denn in den Siebzigerjahren war z. B. die Geschwister-SchollSchule in Tübingen eine Gesamtschule.

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Und ist als sol- che geschlossen worden!)

Die Kollegen von damals sind zum Teil noch da. Diese Kollegen wünschen sich auch, dass wieder ein Zusammenwachsen möglich ist.

Ich möchte Ihnen zustimmen, dass die Qualitätsentwicklung der Schulen von entscheidender Bedeutung ist. Aber zur Qualitätsentwicklung gehört eben auch, dass Schulversuche zugelassen werden, die über die derzeitigen Möglichkeiten der Spielräume hinausgehen.

Ich möchte das auch an einer weiteren Schule in Karlsruhe benennen. Dort hat eine Realschule sechs Jahre lang geistig behinderte Kinder in einem Integrativen Schulentwicklungsprojekt integriert. Es hat sich gezeigt, dass in dieser pädagogischen Entwicklung eine differenzierte Förderung aller Kinder stattfindet. Das heißt, die Individualisierung des Lernens, die wir uns wünschen und die in den Bildungsplänen vorgesehen ist, hat dann für alle Kinder stattgefunden.

Mir haben Lehrer an dieser Schule gesagt – übrigens auch die Schulleiterin im Gespräch –: Wenn wir geistig behinderte Kinder integrieren können, die im gleichen Unterrichtsgegenstand auf unterschiedlichem Niveau unterrichtet werden, wäre es für uns überhaupt kein Problem, die wenigen Kinder, die noch an der daneben liegenden Hauptschule sind, auch zu integrieren.

Bauen Sie doch keinen Popanz auf. Es sind doch nicht Kinder, die sozusagen unterschiedlich geboren sind und sich von den anderen fundamental unterscheiden. Wir haben an jeder Schulart eine große Vielfalt, eine große Bandbreite an Heterogenität.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das stimmt!)

Die große Herausforderung wird sein, dieser Heterogenität gerecht zu werden. Wenn Schulen von sich aus in der Lage sind, pädagogisch innovativ zu arbeiten und einer größeren Bandbreite von Unterschiedlichkeiten gerecht zu werden und damit allen Kindern auch Wertschätzung und Achtung besser entgegenzubringen und dafür zu sorgen, dass kein Kind vor dem Problem steht, möglicherweise an einer Schule ausgesondert zu werden, dann ist das doch eine Entwicklung, die wir begrüßen müssen. Denn wir wollen doch, dass alle Kinder gleichermaßen wertgeschätzt werden, angenommen werden und individuell und differenziert gefördert werden.

Legen Sie doch diesen Schulen und den Kommunen, die solche Anträge stellen, keine Steine in den Weg. Mauern Sie sich doch nicht noch fester im dreigliedrigen Schulsystem ein. Lassen Sie diese Innovationen zu. Es verlangt niemand, dass Sie von heute auf morgen dieses Schulsystem umkrempeln.

(Zuruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU)

Wir haben genügend Lehrerinnen und Lehrer, wir haben genügend Eltern und Kommunen, die diese Schritte wünschen. Deshalb ist meine Bitte: Nutzen Sie die Sommerpause, sich meditativ darauf einzulassen, lieber Kultusminister Rau,

(Lachen bei der CDU – Abg. Volker Schebesta CDU: Das ist eine meditative Debatte heute Morgen!)

wie es wäre, wenn wir ein anderes Modell von Schule da, wo es gewünscht wird, umsetzen lassen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Würden Sie sich um mich kümmern, Frau Rastätter? – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Ihnen, Herr Röhm, empfehle ich das auch.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Können Sie mir Hilfestellung geben?)

Dann sehen wir, welche Erkenntnisse Sie in der Sommerpause gewonnen haben.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schebesta.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Jetzt wird wieder zur Sache gesprochen! – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Nach dem Sommertheater wird es jetzt ernsthaft! – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Herr Zeller, was Sie zum Debattenthema ausgeführt haben, verstehe ich überhaupt nicht.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Wenn wir heute Mittag über die Werkrealschule diskutieren werden, dann frage ich mich, warum Sie diese Debatte schon heute Morgen führen.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Weil ihnen nichts ein- fällt! – Abg. Reinhold Gall SPD: Sie haben das The- ma doch in Ihrem Beitrag angesprochen! – Vereinzelt Beifall)

Jetzt bringen Sie, Herr Gall, das auch noch. Haben Sie Ihrem Fraktionsvorsitzenden zugehört?

(Abg. Reinhold Gall SPD: Natürlich!)

Er war bei Tagesordnungspunkt 1 erster Redner. Er hat als Begründung für seinen Antrag erstens die Debatte vom letzten Mal zum Thema „Mosbach G 8/G 9“ und zweitens die Werk realschule angeführt. Das war sein Einstieg. Darauf bin ich eingegangen. Entschuldigung! Wenn wir die Debatte so führen sollen, dass man nicht mehr auf das eingehen darf, was der Vorredner gesagt hat, dann wäre mir das neu.

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Er hat in seinem Debattenbeitrag

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Von Walddorfhäslach gesprochen!)

zur Werkrealschule Stellung genommen. Ich frage mich jetzt, ob Sie, Herr Zeller, heute Mittag nicht mehr reden dürfen oder aus welchem anderen Grund Sie das heute Morgen schon ansprechen mussten.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Warum nicht? – Abg. Claus Schmiedel SPD: Es gibt einen Antrag von Walddorfhäslach!)

Ich will nur eines schon heute Morgen sagen. Haben Sie den kommunalen Landesverbänden, dem Städtetag und dem Gemeindetag, bei der Anhörung, die im Schulausschuss zu diesem Thema stattfand, zugehört?

(Zuruf von der CDU: Nein!)

Wahrscheinlich haben Sie das nicht getan. Denn deren Vertreter haben zu der Frage der Angliederung von einem Realschul

zug an Hauptschulen sehr klar zum Ausdruck gebracht, dass die kommunalen Landesverbände dagegen Bedenken haben. Die Angliederung eines Realschulzugs an eine Hauptschule wird von den kommunalen Landesverbänden mit Bedenken aufgenommen; das ist in der Anhörung sehr deutlich geworden.

(Zuruf der Abg. Renate Rastätter GRÜNE)

Genau mit diesem Thema kommen Sie nun schon heute Morgen, und heute Mittag dann wahrscheinlich noch einmal.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist nicht tra- gisch! Wir sind leidensfähig!)