Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 75. Sitzung des 14. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie alle.
Ich darf Sie darum bitten, die Gespräche einzustellen und Ihre Plätze einzunehmen. Das gilt auch für Herrn Abg. Zimmermann.
Aus dienstlichen Gründen haben sich Herr Minister Professor Dr. Reinhart, Herr Minister Rau – ab 12:00 Uhr – und für heute Nachmittag Frau Ministerin Gönner entschuldigt.
Aktuelle Debatte – Risiken der geplanten AKW-Laufzeitverlängerung für Baden-Württemberg – beantragt von der Fraktion GRÜNE
Es gelten die für eine Aktuelle Debatte üblichen Redezeiten: fünf Minuten für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Symbole sind in der Politik zugegebenermaßen nicht alles. Man sollte aber die Symbolwirkung auch nicht unterschätzen, die davon ausgeht, wenn sich ein Ministerpräsident nicht einmal zwei Tage nach einer gewonnenen Bundestagswahl sozusagen als erste Amtshandlung mit dem Chef eines großen Energieversorgungsunternehmens – in diesem Fall der EnBW – in eine Pressekonferenz setzt, sich dabei für ein Ende der AKW-Laufzeitbegrenzung ins Zeug legt und sich letztlich für die Partikularinteressen der vier großen deutschen Stromkonzerne starkmacht. Nicht einmal zwei Tage nach einer gewonnenen Bundestagswahl werfen
Sie damit eine Vereinbarung über Bord, mit der es gelungen ist, einen zwei Jahrzehnte währenden Konflikt in Deutschland, von dem Sie wissen, dass er teilweise auch mit gewalttätigen Auseinandersetzungen zu tun hatte – ich nenne nur Brokdorf, Wackersdorf und Kalkar –, zu beenden.
Ich finde es sehr leichtfertig, so etwas zu machen. Meine Damen und Herren, mir ist es wirklich unbegreiflich, wie man die Interessen der vier Stromkonzerne letztlich über das Interesse der Allgemeinheit stellen kann,
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Was ist bei Ihnen All- gemeinheit? Die Grünen? – Zurufe der Abg. Jörg Döpper und Winfried Scheuermann CDU)
diese Konflikte in Deutschland zu beenden. Letztlich werten Sie die Gewinn- und die Profitinteressen der Konzerne in Deutschland höher als das Interesse der Allgemeinheit.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Stefan Mappus CDU: Das meinen Sie jetzt aber nicht ernst, oder?)
Ungeachtet der Tatsache, dass ich von dem Konzept, das Sie vorgelegt haben, nämlich dass 50 % der Profite in einen Fonds einzuzahlen sind, um damit erneuerbare Energien zu fördern, nichts halte, glaube ich schon jetzt, dass Sie das nicht durchsetzen werden.
Das zeigt sich auch schon an den Äußerungen der Stromwirtschaft. Ich gebe einmal wieder, was Herr Villis letzte Woche in der Pressekonferenz sinngemäß gesagt hat: „Was Mehrgewinne überhaupt sind, müsste man erst einmal definieren“, und anschließend: „Wir sind bereit, unseren Obolus für eine Laufzeitverlängerung beizutragen.“
All das lässt schon jetzt erkennen, dass Sie mit Ihrem Vorschlag, 50 % des Profits in einen Topf zu werfen, zum Schluss – das prophezeie ich Ihnen – mit abgesägten Hosen dastehen.
Im Übrigen sage ich Ihnen: Die Argumente, die Sie bisher für eine Laufzeitverlängerung ins Feld geführt haben – Klima schutz, Versorgungslücke, Wirtschaftlichkeit –, sind bei näherer Betrachtung überhaupt nicht stichhaltig. Was wollen Sie bei einem Anteil der Kernenergie von 2,5 % am weltweiten Endenergieverbrauch
(Abg. Stefan Mappus CDU: Wie viel Prozent haben wir in Baden-Württemberg? Das ist Stuss, was Sie da erzählen!)
Nehmen wir einmal Deutschland. Wenn Sie die 17 deutschen Kernkraftwerke weiterlaufen lassen, wie wollen Sie dann auch nur 1 t CO2 einsparen bei einem Emissionshandel, der bei 450 Millionen t gedeckelt ist? Es ist einfach unsinnig, was Sie da ins Feld führen.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Wie wollen Sie 17 Kernkraftwerke ersetzen? – Abg. Jörg Döpper CDU: Bei Ihnen kommt der Strom aus der Steckdose!)
Die angebliche Versorgungslücke – das hat Ihnen in dieser Woche das Umweltbundesamt noch einmal deutlich gemacht
ist eine Schimäre. Die deutsche Stromwirtschaft hatte in den letzten Jahren einen Exportüberschuss von 20 Terawattstunden, und das bei teilweise stillliegenden Kernkraftwerken. Das ist die Realität.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Aha! Jetzt kommt die große Lüge des Herrn Untersteller! – Gegenruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Wer lügt hier? – Unru- he bei den Grünen)
Was die angeblich billigen Strompreise betrifft, haben die Verbraucherinnen und Verbraucher in Baden-Württemberg, wo der Strom zu 50 % aus Kernenergie kommt, in den letzten Jahren ihre Erfahrungen gemacht.