Protokoll der Sitzung vom 25.11.2009

Es kann also, liebe Frau Kollegin Lösch, nicht so schlimm sein und bedeutet schon gar nicht den Untergang des Abendlands, wenn Jugendliche in einem Alter, mit dem es ihnen rechtlich möglich ist, nach 22:00 Uhr vor dem Tresen zu stehen, hin und wieder auch einmal zwischen 22:00 Uhr und 23:00 Uhr hinter dem Tresen stehen müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Das geht doch schon heute! Das ist doch lächerlich! – Zuruf: Sehr gut!)

Lieber Herr Kollege Lehmann, nun zu der von Ihnen angesprochenen Abbrecherquote. Nach einer aktuellen Statistik des Deutschen Gewerkschaftsbunds nehmen nicht die Gaststättenberufe, sondern der Beruf der Einzelhandelskauffrau bzw. des Einzelhandelskaufmanns den Spitzenplatz bei der Abbrecherquote ein.

Für den Abbruch einer Ausbildung gibt es viele Gründe. Die Gründe hierfür sind aber nicht nur in der körperlichen Überbelastung und in überlangen Arbeitszeiten zu sehen.

Im Bereich der Gastronomie gibt es sechs Ausbildungsberufe, bei denen das erste Lehrjahr identisch ist. Auch das hat Herr

Kollege Dr. Noll vorhin angesprochen. Das erste Ausbildungsjahr zur Hotelfachfrau und das erste Ausbildungsjahr zur Restaurantfachfrau sind identisch. Wechselt man zwischen diesen beiden Ausbildungsberufen, so wird dies in der Statistik als Abbruch registriert.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Dann ändert doch die Statistik!)

Es ist wichtig, dass sich die Jugendlichen vor Beginn der Ausbildung ein realistisches Bild vom gewählten Beruf machen, am besten über ein Praktikum. Die Möglichkeiten hierzu müssen mit der Novelle des Jugendarbeitsschutzgesetzes übrigens ebenfalls verbessert werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Beschlussteil dieses Antrags ist aus unserer Sicht erledigt. Die Landesregierung wird die Novelle des Jugendarbeitsschutzgesetzes im Interesse der Jugendlichen weiterhin mit Sachverstand und mit Augenmaß begleiten, wie sie es bisher bereits getan hat. Sie können sicher sein, dass wir dabei die richtige Balance zwischen dem notwendigen Schutz einerseits und zu starker Reglementierung andererseits finden werden.

Lassen Sie mich zum Schluss noch Folgendes anmerken: Der DEHOGA ist einer der Partner im Bündnis zur Stärkung der beruflichen Ausbildung in Baden-Württemberg. Aufgrund des überdurchschnittlichen Engagements der Bündnispartner ist es auch im Jahr 2009 wieder gelungen, allen Jugendlichen ein Angebot zu unterbreiten und eine Perspektive zu bieten.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, unser gemeinsames Anliegen muss sein, auf diesem Weg voranzuschreiten. Wir sind für die Unterstützung dafür von allen Seiten in diesem Hohen Haus dankbar.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erhält Herr Abg. Lehmann für die Fraktion GRÜNE.

Die Debatte hat einiges zutage gebracht. Frau Kurtz, Sie haben gesagt – das ist wirklich bemerkenswert –, der Jugendliche sehe nicht ein, dass er nicht länger arbeiten dürfe und vielleicht sein Trinkgeld nicht bekomme; deswegen habe er auch ein Interesse daran, während seiner Ausbildung nach 22:00 Uhr in der Gastronomie zu arbeiten. Glauben Sie das, was Sie da gesagt haben, wirklich? Ich glaube es nicht.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das glaubt nicht nur Frau Kurtz, das glauben auch wir!)

Das ist wirklich hanebüchen.

Was die Festlegungen der neuen Bundesregierung zu den geplanten Änderungen im Jugendarbeitsschutzgesetz angeht, bin ich denen auf den Leim gegangen.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Wer ist wem auf den Leim gegangen?)

Wo suche ich im Koalitionsvertrag eine Aussage zum Jugendarbeitsschutzgesetz? Natürlich im Bereich „Arbeit und Soziales“. Wenn Sie das Thema aber im Bereich Tourismus verankern, zeigen Sie damit auch, was Sie wollen.

(Zuruf der Abg. Sabine Kurtz CDU)

Sie haben nicht die Jugendlichen, nicht die Ausbildung im Blick. Vielmehr geht es darum,

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

hier billige Arbeitsplätze zu schaffen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Arbeitskräfte!)

Wir haben in Baden-Württemberg in den letzten Jahren 15 % an Ausbildungsplätzen im Hotel- und Gaststättengewerbe hinzugewonnen.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Loben Sie doch die Arbeitgeber!)

Parallel dazu, Herr Wetzel, ist die Beschäftigung in dieser Branche um 1,5 % zurückgegangen. Ich kann Ihnen als Berufsschullehrer eine ganze Menge an Beispielen nennen, wie junge Menschen an den Arbeitsbedingungen, die zum Teil bestehen, verzweifeln. Sie tun das einfach ab und sagen: „Die müssen sich erst einmal einpassen.“ Damit verkennen Sie, Herr Staatssekretär, dass 70 % derjenigen, die das Hotel- und Gaststättengewerbe verlassen, diesen Schritt damit begründen, dass die Arbeitsbedingungen nicht erträglich sind.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Wenn Sie das ignorieren, blenden Sie einen wichtigen Punkt aus. Wenn Sie eine hohe Qualität in der Ausbildung haben wollen, müssen Sie die Ausbildung attraktiver machen.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Aber mit dem, was Sie hier vorschlagen, machen Sie die Ausbildung für die Jugendlichen nicht attraktiver. Vielmehr machen Sie sie weniger attraktiv. Sie werden die Abbrecherzahlen noch weiter erhöhen.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Das ist die Konsequenz – nicht eine qualifizierte und gute Ausbildung.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Im Jugendarbeitsschutzgesetz hat es schon in früheren Jahren eine Absenkung der Schutzrechte gegeben. Es ist notwendig, die Ausbildung auch in der Gastronomie wieder zum Schwerpunkt zu machen.

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Das Jugendarbeitsschutzgesetz sah früher für über 18-Jährige, die in der Ausbildung sind, auch den verpflichtenden Besuch der Berufsschule vor. Diese Bestimmung ist seit einigen Jahren nicht mehr im Jugendarbeitsschutzgesetz enthalten. Auszubildende über 18 Jahren müssen nicht mehr zwingend den Berufsschulunterricht besuchen. Das finde ich unmöglich.

Sie fordern die Erweiterung der Schichtzeiten von elf auf zwölf Stunden. Sie sagen weiter: „Wenn der Jugendliche am nächsten Tag Berufsschulunterricht hat, darf er eben nur bis 20:00 Uhr arbeiten.“

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Da kann er eh schla- fen!)

Wenn die Qualität der Ausbildung im Vordergrund steht, dann sollte er doch, wenn danach ein Berufsschultag folgt, um 18:00 Uhr fertig sein, damit er sich noch vorbereiten kann. Vielleicht muss er noch Hausaufgaben machen. Er muss sich auf das vorbereiten, was kommt.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Ausgehen können! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Es wäre viel zu spät, Hausaufgaben am Abend vorher zu ma- chen! Das wissen Sie auch!)

Ja, ja. Das wissen Sie auch.

Sie wollen doch nicht im Ernst die Ausbildungsqualität verschlechtern.

(Zurufe der Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU und Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Deswegen bitte ich: Stimmen Sie unserem Antrag zu, und nehmen Sie Abstand von Ihrem Irrweg,

(Oh-Rufe von der CDU)

über eine Verschlechterung der Standards im Jugendarbeitsschutzgesetz die Jugendlichen in der Ausbildung schlechterzustellen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Meine Damen und Herren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor.

Abschnitt I des Antrags Drucksache 14/3379 kann für erledigt erklärt werden.