Protokoll der Sitzung vom 25.11.2009

Das müssen wir leisten.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja, klar!)

Das BVJ ist häufig vertane Zeit. Ich kenne viele junge Leute im BVJ und auch im Berufskolleg. Im Berufskolleg sieht es übrigens auch nicht viel anders aus. Sie müssen sich einmal die Zahlen der Berufskollegs dazu geben lassen, wie groß die Fehlzeiten in den einzelnen Klassen sind. Das ist eine Katastrophe. Die Schulen versuchen, das in den Griff zu bekommen, aber die Schüler sind oft schon 18 Jahre alt und entschuldigen sich selbst.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das träfe dann aber auch auf die Ganztagsschule zu, Herr Lehmann!)

Da haben wir große Defizite; in diesem Bereich müssen wir viel tun.

Ich möchte das hier nicht kleinreden, denn die Aufgabe, die vor uns liegt, Herr Röhm, ist riesig.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das stimmt!)

Ich gebe Ihnen, Herr Rau, recht, dass wir über die Enquetekommission in der Öffentlichkeit das Bewusstsein dafür stärken. Das ist auch meine Hoffnung. Auch, was die notwendigen Reformen angeht, hoffe ich, dass wir nach dieser Enquetekommission einen Schritt weiterkommen.

(Beifall bei den Grünen)

Für die Fraktion der FDP/DVP erteile ich Frau Abg. Berroth das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch ich will in der zweiten Runde das bestätigen, was die Vorredner gesagt haben. Unsere beruflichen Schulen sind in der Tat in hohem Maß innovativ, weil sie ständig vor neue Herausforderungen gestellt werden, die sie leistungsstark lösen.

Eines, Frau Kollegin Krueger, muss ich sagen: Wenn alles so golden wäre, wie Sie es dargestellt haben, dann brauchten wir keine Enquetekommission.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der Abg. Dr. Birgit Arnold FDP/DVP)

Es ist bei Weitem nicht so schlimm, wie es die Opposition darstellt, aber es gibt in der Tat eine Reihe von widrigen Voraussetzungen. Ich habe vorhin ein paar skizziert. Wenn Sie nicht so viel davon hören, dann liegt dies vor allem auch daran, dass es an unseren beruflichen Schulen ein besonderes Engagement der Lehrerschaft gibt, auch in schwierigen Situationen immer wieder Lösungen zu finden, sodass schwierige Situationen gar nicht so sehr nach außen dringen.

Ich habe aber auch dargestellt, dass es jetzt nicht Jux und Tollerei ist, weshalb es diese schwierigen Situationen gibt. Ein großer Teil des Problems ist in der Tat der Markt an qualifizierten Lehrern für diese Schulart. Das ist nicht einfach. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass wir durch demografische Entwicklungen eine Verbesserung der Schüler-Lehrer-Relation hinbekommen werden. Darum werden wir uns in der Enquete massiv kümmern.

Herr Kultusminister, Sie haben sich zu Recht darüber gefreut, dass wir beim Bildungsmonitoring in der beruflichen Bildung immer auf Platz 1 sind. Unser wichtiges Ziel soll sein, dass das auch so bleibt.

Ich muss Ihnen sagen: Ich habe eine große Sorge, nämlich die Sorge um das duale System. Herr Kollege Lehmann hat dies zum Teil schon angedeutet. Das größte Problem, das auf uns zukommt und das uns sicherlich auch in der Enquete massiv beschäftigen wird, ist der aus den Vorgaben, die von Europa kommen, abzuleitende Deutsche Qualifikationsrahmen. Wir müssen aufpassen, dass wir unser duales System nicht schlechtreden, nicht „schlechtqualifizieren“ lassen und dass wir nicht aus „Anpasserei“ vieles aufgeben, was bei uns wirklich äußerst wertvoll und wichtig ist.

(Beifall der Abg. Dr. Birgit Arnold FDP/DVP)

Das duale System mit dem Zusammenwirken von Betrieb und Schule ist das größte und wichtigste Gut, das wir in unserer Berufsausbildung haben.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Wir müssen massiv daran arbeiten, dass wir das auch erhalten. Wir müssen aufpassen, dass z. B. die branchenspezifische Ausbildung nicht unter der Modularisierung leidet. Wir müssen darauf achten, dass wir bei der Blockbeschulung auf die Betriebe und die Schüler Rücksicht nehmen und vernünftige Lösungen finden, und wir müssen bei der auswärtigen Unterbringung unseren Beitrag leisten.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Durch die Zusammenfassung in bestimmten Branchen auf nur wenige Schulen spart das Land massiv Geld ein. Dann müssen wir uns wenigstens an der Unterbringung beteiligen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Aber wir sind dabei, eine Lösung zu finden.

(Abg. Eugen Schlachter GRÜNE: Wir sind ge- spannt!)

Die Hauptaufgabe wird in der Tat eine adäquate Lehrerversorgung sein. Das wird die größte Herausforderung sein. Wir kennen diese Herausforderung, stellen uns dieser und arbeiten daran.

Herr Kaufmann, es hat mich schon verwundert, wie deutlich und klar Sie jetzt endlich einmal zugegeben haben, dass die SPD gegen private Schulen ist.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Gunter Kaufmann SPD)

Wenn wir sonst über Privatschulen diskutieren, behauptet die SPD immer etwas anderes. Fragen Sie einmal Ihre Kollegin Rudolf; sie ist da die größte Vorreiterin. Uns ist jede private Schule mindestens gleich wichtig wie eine öffentliche.

(Zurufe von der SPD)

Als Finanzpolitikerin muss ich sagen: Sie ist noch immer 20 % billiger als die öffentliche Schule und liefert in der Regel eine besondere Qualität, weil sie sonst gar nicht anerkannt würde.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wir müssen die Schulen in freier Trägerschaft gerade auch im beruflichen Bereich stärken. Wir sind auf sie angewiesen. Sie erbringen einen wertvollen Beitrag im beruflichen Schulwesen.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU)

Das Wort für die Regierung erhält Herr Minister Rau.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Berroth, Sie haben gerade das Thema EQR/DQR – Europäischer Qualifikationsrahmen bzw. Deutscher Qualifikationsrahmen – angeführt. Ich glaube, wir sind da auf einem guten Weg. Wir hatten in der Tat die Befürchtung, dass die berufliche Bildung mit den dort vermittelten Qualifikationen in der Anerkennung innerhalb dieses Gesamtrahmens zu kurz kommen könnte. Dieser Gesamtrahmen sollte Bildungsabschlüsse und -module so bewerten, dass er ein transparentes Bild von den Qualifikationen eines Menschen gibt und damit auch Chancen auf dem Arbeitsmarkt schafft.

Es sieht derzeit jedoch so aus, dass akademische und berufs praktische Qualifikationen gleich stark bewertet werden sollen. Dass dies nicht geschehen könnte, war unsere große gemeinsame Sorge gewesen.

(Zustimmung der Abg. Heiderose Berroth FDP/ DVP)

Ich wollte einfach nur darüber informieren, weil dieses Stichwort gefallen ist. Wir sind noch nicht ganz am Ziel. Aber ich sehe, dass in dieser Geschichte Bewegung in die richtige Richtung ist.

Noch ein Wort an den Kollegen Lehmann: Ich glaube – das sage ich ganz offen –, so, wie Sie argumentiert haben, ist das eine gute Basis für die Enquete. Kein Mensch sagt, dass wir mit allen Aufgaben fertig wären. Wenn das berufliche Bildungswesen so flexibel ist, wie ich es hier beschrieben habe, dann kommen auch dauernd neue Herausforderungen. Sie haben welche genannt, Frau Berroth hat welche genannt, Frau Krueger hat welche genannt. Ich glaube, wir brauchen diese Enquete, aber wir haben auch eine gute Basis für sachliche Beratungen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktuelle Debatte beendet.

Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags der Fraktion der SPD, Drucksache 14/4443. Da es sich um einen reinen Berichtsantrag handelt, kann er durch die Aussprache für erledigt erklärt werden. – Sie sind damit einverstanden.

Damit ist Tagesordnungspunkt 2 abgeschlossen.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Errichtung und zum Betrieb einer EthylenRohrleitungsanlage in Baden-Württemberg (Baden- Württembergisches Ethylen-Rohrleitungsgesetz) – Drucksache 14/5171

Beschlussempfehlung und Bericht des Wirtschaftsausschusses – Drucksache 14/5401

Berichterstatterin: Abg. Veronika Netzhammer