Protokoll der Sitzung vom 26.11.2009

(Abg. Stefan Mappus CDU: Jetzt sind wir aber ein- mal auf Ihre Lösungsvorschläge gespannt! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Jetzt sind wir aber auf Ihre Vorschläge gespannt!)

Wir haben auch ein datenschutzrechtliches Problem. Deshalb kann man sich nicht mit einer vagen Perspektive, wonach es irgendwann vielleicht eine elektronische Maut geben könnte, herausmogeln.

(Abg. Winfried Scheuermann CDU: Jetzt, was wol- len Sie? – Abg. Stefan Mappus CDU: Was wollen Sie, Herr Schmiedel? Was schlagen Sie vor? – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Sagen Sie einmal, was Sie wollen! – Abg. Stefan Mappus CDU: Ihre Lösung?)

Meine Lösung?

(Abg. Stefan Mappus CDU: Ja! – Weitere Zurufe von der CDU)

Okay. Nachdem wir jetzt festgestellt haben, dass der schwarz-gelbe Vorschlag keine echte Lösung ist, sondern eine Scheinlösung,

(Abg. Thomas Blenke CDU: Das haben S i e fest- gestellt! – Dem Redner wird das Ende seiner Rede- zeit angezeigt.)

der Präsident aber schon kräftig blinkt,

(Lachen bei der CDU und der FDP/DVP)

muss ich die Lösung auf die zweite Runde verschieben.

(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Stefan Mappus CDU: Wir akzep- tieren das! Reden Sie ruhig weiter!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann.

(Abg. Stefan Mappus CDU zu Abg. Claus Schmie- del SPD: Claus, wir machen auch eine dritte Runde, kein Problem! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Nachher geht vielleicht jemand an- ders für die SPD ans Rednerpult! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Mappus, wir beide waren vorges tern auf dem Treffen der katholischen Bischöfe und haben dort eine sehr beeindruckende Rede Ihres Parteifreunds Töpfer gehört. Die Botschaft dieser Rede war: Wenn wir beim CO2-Ausstoß so weitermachen, bedeutet das für die Welt eine Ka tastrophe.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Ja!)

Das ist uns allen unter die Haut gegangen.

Da muss ich mich doch sehr wundern, dass heute ganz andere Töne angeschlagen werden. Sie gehen einfach weiter von einem Wachstum des Individualverkehrs auf der Straße aus.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Ja, klar!)

Sie alle – von der SPD über die FDP/DVP bis zu Ihnen – wollen offensichtlich mehr Straßenbau. Das war die Botschaft.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Stefan Mappus CDU: Ja! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das ist eine sehr kluge Analyse!)

Sie wollen dem wachsenden Verkehr einfach hinterherbauen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie wollen die Schiene nicht!)

Dass das schon einmal gar nicht funktioniert, zeigt die Erfahrung.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Jetzt sind wir einmal ge- spannt, was Sie wollen!)

Wer immer mehr Straßen baut, erntet immer mehr Verkehr. Das sagt uns die Wissenschaft schon seit Jahrzehnten.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Wer Bahnhöfe verhindern will, will auch Stra- ßenverkehr!)

Wenn wir nun darüber debattieren, wie wir dieses Problem in den Griff bekommen, dann geht es doch wohl darum, zuerst über Lenkungseffekte nachzudenken, die darin münden, dass Leute weniger auf der Straße fahren, dass sie mehr im Zug und mit dem Fahrrad fahren und mehr laufen. Das ist die Konsequenz einer solchen Überlegung, wie wir den Verkehr besser lenken werden. Wir werden uns deshalb allen Überlegungen, einfach mehr Geld in den Straßenbau zu pumpen, entschieden widersetzen.

(Beifall bei den Grünen)

Auf die Widersprüchlichkeit hat Herr Kollege Schmiedel bereits hingewiesen. Sie wollen das so trickreich gestalten, dass gar nicht mehr dabei herauskommt, abgesehen von der Einbeziehung ausländischer Fahrer beispielsweise durch eine Vignettenlösung.

(Abg. Jörg Döpper CDU: Das ist doch auch nicht schlecht, oder?)

Eine Vignettenlösung hat jedoch überhaupt keinen Lenkungseffekt. Selbst die Kfz-Steuer hat, wie Sie richtigerweise gesagt haben, nur einen viel zu geringen Lenkungseffekt. Deshalb ist es doch der Rückwärtsgang, den Sie mit der Vignette einlegen, Herr Kollege Rülke.

(Beifall bei den Grünen)

Zum Güterverkehr: Sie konnten vorgestern in der „Stuttgarter Zeitung“ die Ausführungen eines Verkehrsexperten lesen: Das Geld, das für die explodierenden Ausgaben für Stutt gart 21 benötigt wird, fehlt an vielen anderen Stellen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Wo?)

Die verkehrs- und industriepolitisch entscheidende Frage in Deutschland ist, ob wir die Rheintalstrecke ausbauen. Das ist die entscheidende Maßnahme, um mehr Güterverkehr auf die Schiene zu bekommen. Das weiß nun wirklich jeder. Dieses

Projekt hat industriepolitisch und verkehrspolitisch gesehen deutlichen Vorrang vor allen anderen Projekten.

(Beifall bei den Grünen)

Wir haben dazu Verträge mit der Schweiz geschlossen. Der von Norden kommende Güterverkehr geht sonst über die Straße.

Wenn es um die Nutzungsgebühr geht, darf ich Sie an Folgendes erinnern: Die Abnutzung der Straße erfolgt proportional zur vierten Potenz der Achslast. Wissen Sie, was das bedeutet? Ein 40-Tonner nutzt die Straße so stark ab, wie alle Pkws sie abnutzen, die an einem Tag zu Stoßzeiten das Leonberger Dreieck passieren, nämlich 140 000. Das muss man sich einmal vorstellen. Wenn es also darum geht, wer für die Straßenabnutzung zahlen muss, dann muss dies in erster Linie der Lkw-Verkehr sein. Daran kann kein Zweifel bestehen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Stefan Mappus CDU: Die zahlen doch schon!)

Es ist nicht Aufgabe des Staates, der Wirtschaft ein rollendes Warenlager auf der Straße zu finanzieren. Das ist unsinnig und viel zu teuer.

(Beifall bei den Grünen)

Herr Kollege Mappus, wir denken gern mit Ihnen gemeinsam darüber nach – das tun wir seit Langem –, ob es nicht sinnvoll ist, zu einer elektronisch gestützten Verkehrslenkung zu kommen. Hierzu haben wir schon mehrere Vorschläge unterbreitet, z. B. hinsichtlich der Citymaut. Das alles geht in diese Richtung. Darüber werden wir uns ernsthaft unterhalten. Klar ist aber auch, dass so etwas nur dann kommen kann, wenn der Datenschutz zu 100 % gesichert ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Karl Zimmermann CDU: Fragen Sie den Kollegen Wölfle!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP/DVP, den Datenschutz sichern wir durch den Rechtsstaat und durch technische Systeme, die dies ermöglichen. Wir können nicht Handys, Navigationsgeräte, das Internet usw. verbieten, nur weil die Gefahr des Datenmissbrauchs besteht, die ja tatsächlich gegeben ist. Wir wollen aber kein System, mit dem große Datenmengen gesammelt werden und die Bewegungsverläufe der Teilnehmer rekonstruiert werden können.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Aber anders geht es nicht!)

Deswegen kann es nur heißen: Wenn wir uns ernsthaft über eine solche verkehrslenkende Straßennutzungsgebühr unterhalten – das tun wir gern, Herr Kollege Mappus –, dann darf diese Abgabe nicht allein dem Straßenverkehr zugutekommen; denn das ist das Denken von gestern.

Wir müssen zu einem Denken kommen, das mehr umweltfreundliche Mobilität ermöglicht, das den Modal Split endlich relevant verändert, und zwar weg von der Straße hin zur Schiene.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Darüber kann man re- den!)

Das ist die richtige Lenkung. Das Aufkommen müssen wir in diese Richtung verteilen. Darüber lassen wir gern mit uns reden. Darüber diskutieren wir derzeit ernsthaft.

Alle Überlegungen, durch irgendwelche Maßnahmen mehr Geld in den Straßenbau zu lenken, werden wir jedoch entschieden ablehnen.