und es ist auch schon ein Brief an alle Kreise und Bürgermeis ter mit der Auskunft geschickt worden, dass man mit den Klassen 8, 9 und 10 auch eine vertikale Teilung durchführen darf. Gleichzeitig, am 6. November, geht ein Schreiben aus dem Kultusministerium an die Schulverwaltung – 6. November, also fünf Wochen, bevor die Anträge der Schulträger eingereicht sein müssen –, in dem auf drei Seiten in einer absolut komplizierten und nicht leicht nachvollziehbaren Art beschrieben wird, was denn erlaubt ist und was nicht erlaubt ist. Da steht dann z. B.:
Eine vertikale Teilung der Klassenstufen 8 bis 10 kann … daher nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen genehmigt werden …
Herr Kultusminister Rau, ich bitte Sie: Nennen Sie uns heute einmal fünf objektivierbare, sachliche Gründe, die eine solche vertikale Teilung bis Klasse 10 ermöglichen. Alles andere ist das Werfen von Nebelkerzen und der Versuch, Druck auszuüben, damit die Kommunen vor Ort überhaupt nicht wissen, um was es geht, und in ihrer Desorientierung allein bleiben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht heute auch überhaupt nicht um ein komplett neues Schulmodell. Es ist auch
(Abg. Volker Schebesta CDU: Die haben schon die Gesamtschule, wie Sie sie jetzt einführen wollen! – Weitere Zurufe von der CDU)
Aber es geht um etwas ganz anderes. Es gibt Kommunen in Baden-Württemberg, die tatsächlich pädagogische Konzepte mit ihren Schulleitern entwickelt haben, die genau das machen, was einer breiten Heterogenität von Kindern gerecht wird. Es gibt Kommunen, die das haben. Ich nenne das Modell „Haus des Lernens“ von Peter Fratton, das sie umgesetzt haben.
(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Aber Sie haben ei- nen Gesetzentwurf vorgelegt, und das ist Ihre Alter- native!)
Es sind Kommunen wie Graben-Neudorf, die darüber nachdenken, ein neues Schulmodell zu beantragen. Es ist die Gemeinde Külsheim, die ein solches Modell beantragt hat. Es waren schon in der Vergangenheit 60 Kommunen. Das sind Kommunen, die einen Bildungsaufbruch machen und sagen: Mit den jetzigen Modellen werden wir die wohnortnahen Schulstandorte im Land verlieren. Aber es gibt Standorte, die ein attraktives Modell anbieten könnten, ein Modell, das auch für die Eltern attraktiv ist und gute Ergebnisse für die Schüler bringt. Die könnten das umsetzen. Warum blockieren Sie diese innovative Schulentwicklung? Wovor haben Sie Angst, dass Sie diese innovative Schulentwicklung blockieren?
Lassen Sie die Modelle zu. Sie sprechen von einem Wettbewerb der guten Modelle. Wir wollen diesen Wettbewerb, wir wollen die Schulentwicklung von unten. Hören Sie auf, die Kommunen, die Schulträger und die Schulen in dieser Frage derart zu bevormunden. Eine innovative Schulentwicklung muss auch in Baden-Württemberg möglich sein.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer im Glashaus sitzt, verehrte Damen und Herren von der Opposition, sollte nicht mit Steinen werfen.
Sie fordern hier eine langfristige innovative Schulentwicklung. Wie sah denn eigentlich Ihre Bildungspolitik aus?
An dieser Stelle sei mir die Bemerkung gestattet, dass mir das Wort „Politik“ nur noch schwer über die Lippen kommt, wenn ich Ihre verschiedenen Vorstöße aus den letzten Jahren Revue passieren lasse.
Im Jahr 2007 wollten Sie mit einem Gesetzentwurf die Hauptschule abschaffen, Sie wollten die Realschule abschaffen, Sie wollten die Grundschule um zwei Jahre verlängern, und Sie wollten das Gymnasium auf sechs Jahre verkürzen.
Im letzten Jahr sind Sie heftig zurückgerudert. Ihr Gesetzentwurf wurde weichgespült, und heute stellen Sie sich hier hin – ausgerechnet Sie! – und wollen uns Vorschläge machen, wie wir mit unseren Hauptschulen umzugehen haben.
Jahrelang haben Sie – auch Sie persönlich, Herr Zeller – die Hauptschule immer wieder als „Restschule“ diffamiert, und heute wollen Sie uns Vorschläge machen.
(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Unglaublich! – Abg. Norbert Zeller SPD: Bringen Sie ein Beispiel, oder nehmen Sie diesen Vorwurf zurück! – Gegenruf des Abg. Volker Schebesta CDU: Das haben Sie jetzt schon ein paarmal probiert, und wir haben es Ihnen anschließend widerlegt! – Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: Wolfratshausen! – Zuruf: Die Protokolle su- chen wir!)
hier als langfristige innovative Schulentwicklung verkaufen wollen, kann man doch nicht mehr ernst nehmen. Das ist Wankelmütigkeit und Konzeptionslosigkeit par excellence, und Ihnen fehlt auch der politische Hintergrund und die politische Basis. Schauen Sie nach Hamburg, wo 185 000 Bürger Nein zu Ihrer Schulpolitik gesagt haben.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: Werden die von der CDU regiert oder von uns? Das ist doch der Ham- mer! Das ist doch die CDU, die dort regiert! – Ge- genruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Nein, die Grünen waren das!)
Werfen Sie einen Blick auf Berlin, wo der Run auf die Gymnasien so groß ist – aufgrund Ihrer dortigen Schulpolitik –, dass der Bildungssenator jetzt auf die grandiose Idee gekommen ist, 30 % der Gymnasialplätze zu verlosen. Dann können Sie doch den Kindern das Abizeugnis gleich mit der Geburtsurkunde zukommen lassen.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Visionen ha- ben sie schon! – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)
Schulen müssen flexibel und differenziert auf die veränderten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen reagieren.
Dazu brauchen sie erweiterte Handlungsspielräume. So kann jede Schule die besten Lösungen für die spezifischen Problemstellungen vor Ort realisieren.
Wir reagieren auf geänderte wirtschaftliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen. Genau das tun wir mit der Einführung der neuen Werkrealschule.