Protokoll der Sitzung vom 09.12.2009

(Abg. Werner Raab CDU: Das stimmt doch nicht!)

das heißt – ich sage es nur für einen Landkreis, für den RemsMurr-Kreis – ein Beratungsangebot für 417 000 Einwohner. Wäre es bei der ursprünglichen Planung geblieben, die Sie im Land und im Bund maßgeblich blockiert haben, dann wären allein im Rems-Murr-Kreis 20 Beratungsangebote vorhanden, und in anderen Landkreisen sähe es ähnlich aus.

(Abg. Werner Raab CDU: Das ist keine staatliche Aufgabe!)

Dann hätten wir die Chance gehabt, die Menschen zu erreichen.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Staatskommissarin für alles! – Gegenruf: Jetzt hören Sie doch einmal zu! – Unruhe)

Mit Staatskommissarin hat das herzlich wenig zu tun. Aber es hat mit einer Frage zu tun, die heute von Ihrer Fraktion, aber auch von den anderen des Öfteren genannt wurde, nämlich mit der Frage, wie man in unserem Land in Würde alt wird.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Ich möchte noch einen weiteren Punkt ansprechen. Wenn wir schon eine so hohe Lebenserwartung mit dem Risiko der Pflegebedürftigkeit am Schluss haben, dann müssen wir auch der Tatsache ins Auge sehen, dass manches nicht mehr zu Hause geht, dass man früher oder später doch in ein Pflegeheim einziehen muss.

(Abg. Werner Raab CDU: Das ist doch auch nichts Neues!)

Die Zahl derer, die in ein Pflegeheim einziehen werden, wird ansteigen. Das wissen wir. Das wurde heute auch nicht genannt. Gleichzeitig lassen Sie im nächsten Jahr die Investitionskostenförderung für Pflegeheime auslaufen. Das wird da

zu führen, dass es zum einen für die zukünftigen Bewohnerinnen und Bewohner teurer wird,

(Abg. Werner Raab CDU: Das ist überhaupt nicht ge- sagt!)

ebenso wie für die von Dr. Noll benannte Sandwichgeneration, die für ihre Eltern aufkommt. Zum anderen haben Sie jede Gestaltungsmöglichkeit der Pflege im Land aufgegeben und wollen alles dem Markt überlassen. Das nennen Sie dann „in Würde altern“.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Werner Raab CDU: Das eine widerspricht dem anderen über- haupt nicht! Was soll denn das?)

Gleiches gilt für ein Thema, das uns allen sehr wichtig ist – darüber wurde zumindest in den letzten Plenartagen diskutiert, und es wurde auch so formuliert –, nämlich die zunehmende Demenz älterer Menschen. Auch hier kann ich nichts bis sehr wenig erkennen. Bei der letzten Runde im Plenum haben sich die Sprecher aller Fraktionen dafür ausgesprochen, dass die Landesregierung im Hinblick auf die Demenz mehr tut, dass ein „Zehn-Punkte-Aktionsprogramm Demenz“ in Kraft treten soll. Das wurde von der Landesregierung abgelehnt. Jetzt sagen Sie mir, was es bedeuten soll, wenn wir einerseits eine Demografiebeauftragte haben, die schön die Zahlen herunterbeten kann, gleichzeitig aber an konkreter Politik – da gebe ich Ihnen recht, Herr Raab: Politik macht sich am Konkreten fest – nichts, aber auch gar nichts geschieht.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Sie kennen ja nicht einmal die Zahlen!)

Ich würde uns allen wünschen – auch im Sinne der Chancen für die Generationen in diesem Land –, dass Sie sich, bevor Sie noch einmal eine solche Debatte beantragen, wirklich überlegen, was Sie an Konkretem in der Tasche haben.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Mielich.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Staatsrätin, mein Einstieg in der ersten Runde war ironisch.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Hätten Sie es doch gleich gesagt! – Zuruf des Abg. Winfried Kretsch- mann GRÜNE)

Ich muss sagen, dass ich einigermaßen entsetzt bin – es ist offensichtlich nicht verstanden worden –, dass Sie meinen Einstieg als bare Münze nehmen, dass hier alles prima und wunderbar sei.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Das ist es doch!)

Das ist doch eine so leichte Bewertung, die mit der Realität nicht besonders viel zu tun hat.

(Zuruf des Abg. Werner Raab CDU)

Ihr Beitrag, den Sie eben geleistet haben, hat noch einmal deutlich gemacht: Sie sehen eigentlich überhaupt keinen Hand

lungsbedarf. Für Sie ist alles ganz prima und wunderbar. Wir alle könnten eigentlich schon wieder nach Hause gehen.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Dann machen Sie doch einfach Platz!)

Das hört sich so an, als ob wir in einer Wohlfühlveranstaltung wären

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Wellnessseminar!)

und nicht im Landtag von Baden-Württemberg sitzen und darüber diskutieren und darum ringen, welche politische Aktionen wir durchführen müssen, damit unser Leben hier wirklich verbessert wird.

(Beifall bei den Grünen)

Auf der einen Seite sagen Sie, dass die Menschen in BadenWürttemberg immer älter werden. Das ist wahrlich nicht das Verdienst der CDU in der Landesregierung.

(Zuruf des Abg. Werner Raab CDU)

Sie verschweigen aber, dass nirgendwo sonst in der Republik so wenige Kinder geboren werden wie in Baden-Württemberg. Es sind nämlich nur 1,3 Kinder pro Frau. Das ist schon seit 30 Jahren so.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: 1,37! – Abg. Tho- mas Blenke CDU: Woher haben Sie diese Zahl?)

(Abg. Werner Raab CDU: Was sind die wahren Grün- de? – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Genau, Herr Raab. Da lautet die Frage: Was sind die wahren Gründe? Offensichtlich ist Baden-Württemberg für die Menschen im Alter durchaus lebenswert. Aber das Leben mit Kindern ist in Baden-Württemberg in keinster Weise lebenswert.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Oh-Rufe von der CDU – Zuruf des Abg. Werner Raab CDU – Abg. Klaus Herrmann CDU: Warum ziehen dann so viele hierher?)

Da muss deutlich nachgebessert werden. Es gibt sehr gute Vorschläge dafür, dass wir ein „Kinderland“ werden, das diesen Namen und dieses Etikett auch verdient. Davon sind wir noch weit entfernt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Frau Staatsrätin Hübner, Sie haben vorhin gesagt, dass Sie jetzt eine Studie in Auftrag geben, die die Fixierung in der Pflege untersuchen soll. Dies wollen Sie gemeinsam mit Bay ern machen. Da kann ich nur sagen: Schönen guten Morgen! Die Fraktion GRÜNE hat bereits im Jahr 2006 eine Große Anfrage zu diesem Thema eingebracht. Damals hat die Landesregierung null Handlungsbedarf gesehen und gesagt: Es gibt in Baden-Württemberg keine Fixierung in der Pflege. Dass Sie jetzt nach drei Jahren auf die Idee kommen, eine solche Studie auf den Weg zu bringen,

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

zeigt, dass Sie nach all den Jahren zumindest bereit sind, einmal darüber nachzudenken. Das ist schon einmal etwas.

(Unruhe)

Auf eines möchte ich noch einen Schwerpunkt legen. Wir sehen, dass die Sozialräume, in denen die Menschen leben, die Kommunen sind. Das heißt, dort haben wir einen deutlichen Handlungsbedarf. Die Kommunen müssen so gut ausgestattet werden, dass sie dieser Aufgabe tatsächlich auch gewachsen sind. Das passiert mit diesem Steuererleichterungsgesetz, das Sie im Bund verabschiedet haben, gerade nicht.

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Doch!)

Herr Dr. Noll, wenn Sie sagen, dass Familien entlastet werden, dann ist das nur die halbe Wahrheit. Auf der anderen Seite werden nämlich die Kommunen gezwungen

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Das Glas ist halb voll!)

nein –, die Gebühren zu erhöhen, weil sie deutlich weniger Geld bekommen. Das machen alle Kommunen landauf, landab. Überall heißt es: Die Kindergartenbeiträge werden erhöht. Die Gebühren für den öffentlichen Nahverkehr werden erhöht, weil die Kommunen nicht mehr in der Lage sind, diese zusätzlichen Kosten zu stemmen.