Ich nenne diese Beispiele nur, um Ihnen deutlich zu machen: Sichern ist gut, aber neue Arbeitsplätze zu schaffen ist noch besser. Das Land Baden-Württemberg hat hier notwendige Maßnahmen ergriffen.
Ich will darauf hinweisen, worauf es ankommt. Ich behaupte, baden-württembergische Produkte werden nicht deshalb in der Welt nachgefragt und gekauft, weil sie besonders billig sind, sondern sie werden gekauft, weil sie besonders gut sind.
Natürlich. Das muss man sich vor Augen halten. Denn, Herr Kollege, wir werden nichts daran ändern – wir beide werden nichts daran ändern –, dass Baden-Württemberg auch in der Zukunft ein Hochlohnland sein wird.
(Abg. Peter Hofelich SPD: Genau! – Abg. Reinhold Gall SPD: Wir wollen nichts daran ändern! Sie schon! – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)
Wenn wir das so zur Kenntnis nehmen, dann müssen wir eben daran arbeiten, dass wir mit unseren Produkten exakt um das Delta besser sind, um das wir teurer sind. Das Saatgut dazu kann nur Forschung und Technologie sein.
hängt damit zusammen – Kollege Dr. Rülke hat darauf hingewiesen –, dass dieses Saatgut in der Vergangenheit ausgelegt worden ist. Davon profitieren wir bis zum heutigen Tag. Jetzt wird es darauf ankommen, sich nicht auf diesen Lorbeeren auszuruhen, sondern gewissermaßen neues Saatgut auszugeben. Baden-Württemberg tut das.
Wenn ich Ihnen sage, dass wir trotz einer schwierigen Haushaltslage in Baden-Württemberg in den nächsten Jahren mehr als 200 Millionen € in die Hand nehmen, um beispielsweise unsere wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen – Fraunhofer-Institute und wie sie alle heißen – für die Zukunft fit zu machen, zu modernisieren, auch mit neuem Equipment auszustatten, dann ist das nur ein Beispiel dafür.
Wenn ich Ihnen sage, dass sich die Firma Bosch dafür entschieden hat, am Standort Baden-Württemberg zu bleiben, in Renningen 1 500 Arbeitsplätze im Forschungsbereich zu schaffen, wenn ich Ihnen sage, dass sich Daimler dafür entschieden hat, 3 Milliarden € in die Hand zu nehmen, um den Forschungsstandort zu verbessern und auf den Weg zu bringen, wenn ich Ihnen sage, dass wir in Baden-Württemberg die offensivste Clusterpolitik in Deutschland betreiben, dann sind das weitere Beispiele.
Wer den 3. Clusterkongress vor wenigen Tagen besucht hat, konnte zur Kenntnis nehmen, dass uns aus der ganzen Bundesrepublik bestätigt worden ist, dass es nirgendwo eine so offensive Clusterpolitik gibt, das heißt ein Zusammenführen von Wirtschaft, Forschung und Entwicklung, wie dies in Baden-Württemberg der Fall ist.
Ich glaube schon, dass wir auch die Industriearbeitsplätze sichern können, aber nur dadurch, dass gerade im Innovations-, Forschungs- und Entwicklungsbereich entsprechende Maßnahmen vorgenommen werden.
An dieser Stelle möchte ich gern auch noch darauf hinweisen: Diese Industriearbeitsplätze, die wir halten, die wir neu schaffen müssen, müssen eine Ergänzung erfahren, gewissermaßen auch als mögliche Kompensation für weggefallene Arbeitsplätze. Das ist der Bereich der Binnenarbeitsplätze, der Binnennachfrage nach Arbeitsplätzen.
Wir haben gestern über Tourismus geredet. Man muss sich immer vor Augen halten: 280 000 Arbeitsplätze im Tourismus in relativ kurzer Zeit sind mehr, als die Automobilbranche und der Maschinenbau haben.
In diesem Zusammenhang muss auch das Handwerk genannt werden, Stichwort „Energetische Sanierung“. Dort gibt es ein unglaubliches Potenzial, auch was Arbeitsplätze angeht.
Meine Damen und Herren, das sind Arbeitsplätze, die nicht exportierbar sind, sondern die im Land verbleiben. Das ist eine weitere Möglichkeit, die wir einfach nutzen müssen. Wir müssen uns in dieser Hinsicht vorbereiten und wappnen, damit Arbeitsplätze in der Zukunft nicht wegbrechen.
Herr Kollege Schmiedel, eines kommt noch hinzu – darüber werden wir heute Nachmittag noch diskutieren –: Wir müssen alles versuchen, damit der konjunkturelle Aufbruch, das zarte Konjunkturpflänzlein, das sich im Augenblick auftut, tatsächlich wachsen und gedeihen kann. Dazu brauchen wir alles andere, bloß keine Kreditklemme.
Deshalb ist es schon richtig, dafür zu sorgen, dass die Liquidität, die wir für diesen Aufschwung dringend brauchen, tatsächlich gewährleistet bleibt.
die Kreditanstalt für Wiederaufbau, schon vor einiger Zeit dafür gesorgt, dass mehr als 40 Milliarden € zur Verfügung gestellt werden, um Kredite an die mittelständische Wirtschaft zu vergeben. Aber von diesen mehr als 40 Milliarden € sind im Augenblick noch nicht einmal 10 % abgeflossen.
Das kann doch nur bedeuten, dass entweder keine ausreichende Nachfrage vorhanden ist oder dass die Konditionen zu schlecht sind.
(Beifall der Abg. Beate Fauser und Dieter Kleinmann FDP/DVP – Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Ge- nau!)
Meine Damen und Herren, wenn es so sein sollte, dass die Konditionen zu schlecht sind, dann rate ich uns dringend, nicht jeden Tag eine neue kreditpolitische Sau durchs Dorf zu treiben, sondern dafür zu sorgen – der Staat kann das; die KfW ist eine Staatsbank –, dass die Konditionen so gestaltet werden, dass die Mittelständler eine Chance haben, an solche Kredite heranzukommen.
Ich sage noch einmal: Wir können uns wirklich darüber freuen, dass es bei Daimler gelungen ist – meinetwegen mit Anstrengungen aller, ausdrücklich aber auch der Landesregierung; ob Sie mir das glauben oder nicht, ist völlig egal –,
dass diese Arbeitsplätze jetzt gehalten werden können. Ich plädiere aber leidenschaftlich dafür, es nicht dabei zu belassen. Wer will, dass Baden-Württemberg auch in der Zukunft ein Modell nicht nur deutscher, sondern europäischer Möglichkeiten ist, wie Theodor Heuss einmal gesagt hat, der muss heute das Saatgut dafür legen, dass Baden-Württemberg auch in Zukunft die Nummer 1 in der Wirtschaftspolitik ist.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte in der zweiten Runde auf drei Themen eingehen, die angesprochen wurden.
Das erste Thema ist die Rolle der Landesregierung. Natürlich konnte kein Mensch annehmen – auch von uns hat das niemand angenommen –, dass in der letzten Woche die Entscheidung von Daimler zurückgenommen würde. Tatsächlich ging es darum, das Schlimmste abzuwenden.
Aber diese Entscheidung hat sich doch schon seit dem Frühjahr angekündigt. Damals hätte die Diskussion beginnen müssen. Da hätte man gegen eine Argumentation gegenhalten müssen, die für Baden-Württemberg höllisch gefährlich ist.
Diese Argumentation heißt: Die Produktion folgt dem Absatz. Wo sind die Wachstumsmärkte der Zukunft? Diese sind in Asien, in Südamerika und dann auch wieder in Nordamerika. Wenn wir uns dem nicht entgegenstemmen, Herr Wirtschaftsminister, dann leisten wir einer Entwicklung Vorschub, die das
Sie haben darauf hingewiesen: Wir sind mordsmäßig stark in Forschung und Entwicklung, insbesondere in Großforschungseinrichtungen, die zu 90 % vom Bund bezahlt werden. Das ist richtig. Aber das ist doch ein Pfund, mit dem man in solchen Gesprächen mit der Wirtschaft wuchern muss. Man muss sagen: Es geht nicht an, dass wir hier die Forschung voranbringen und sich dann die Produktion abkoppelt. Produktion und Forschung gehören am Standort Baden-Württemberg zusammen, und da haben wir ein starkes Pfund in der Hand.
Das zweite Thema: Opferrolle. Sie haben darauf hingewiesen, dass die baden-württembergische Wirtschaft in diesem Jahr um 7 % eingebrochen ist. Schauen wir genauer hin: Die Zulieferer verzeichnen einen Einbruch um 20 bis 30 %, im Maschinenbau beträgt er 30 bis 40 %
und beim Kern, im Maschinenbau für die industrielle Produktion, beim Werkzeugmaschinenbau, 80 % – Einbruch nicht auf 80 %, sondern um 80 %. Ohne Werkzeugmaschinenbau aber – das zeigen andere Länder – folgt keine industrielle Produktion. Überall, wo ich produziere, muss gefräst, gespant und gebohrt werden.
Wenn diese Industriebranchen, Herr Nemeth, einen Einbruch um 80 % haben, dann sind sie in der Opferrolle. Dann können sie sich aus eigener Kraft nicht länger als ein oder eineinhalb Jahre dagegenstemmen.