Protokoll der Sitzung vom 04.02.2010

Ich habe noch eine dunkle Erinnerung, wie die Grünen – die damals Geborenen und schon aktiv Tätigen – dagegen gewesen sind, vor Ort und landesweit.

(Abg. Winfried Scheuermann CDU: So ist es!)

Ich behaupte: Heute gehören Mandatsträger, Funktionsträger und Wähler der Grünen zu den eifrigsten Schnellbahnfahrern zwischen Mannheim und Stuttgart. Zu Recht! Sie haben damals mit allen Möglichkeiten – mit Sitzblockaden, Demonstrationen, verbal und emotional – gegen die Neubaustrecke gekämpft. Das ist längst ausgeräumt, die Strecke ist längst akzeptiert. Ich behaupte einmal, Kollege Kretschmann: Wir werden, wenn Sie 80 sind – ich bin dann noch etwas jünger –, einmal zusammensitzen und gelassen und souverän darüber reden, dass das Projekt Stuttgart–Ulm genauso richtig gewesen ist, wie die Neubaustrecke Mannheim–Stuttgart richtig war.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie Abge- ordneten der SPD – Zuruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

Ich habe mir am Dienstag die Veranstaltung zum offiziellen Baustart von Stuttgart 21 und auch die Demonstration dagegen genau angeschaut. Glauben Sie es mir: Ich habe mit Interesse auf Plakate und auf Menschen geschaut. Ich kann nur eines sagen: Jeder sucht sich seine Partner oder sieht, wer Partner sein kann und von wem man sich besser distanziert. An diesem Nachmittag stand nur ein Wort im Vordergrund, nämlich „Lügenpack“. Ich halte es für eine Gemeinheit gegenüber jedem, von „Pack“ zu sprechen. „Pack“ ist ein Begriff, der mit Menschenwürde und normalem Umgang nicht verbunden werden kann.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie Abge- ordneten der SPD)

Das Wort „Lüge“ oder das Wort „Unwahrheit“ mag noch zum Sprachgebrauch im öffentlichen Raum oder in der politischen Debatte gehören. Aber der Begriff „Pack“ – „P-a-c-k“; hundertmal von Hunderten geäußert, und viele, die die Grünen in Stuttgart zur stärksten Fraktion gemacht haben, waren dabei – gehört sich nicht.

Deswegen würde ich von den Grünen schon erwarten – vom Fraktionsvorsitzenden, von den Stuttgarter Abgeordneten, von den Tübinger Bürgermeistern –, dass man hier die Frage ausräumt, ob Drexler, Oettinger, Grube, Schuster und andere „Pack“ sind oder nicht. Ich finde diesen Begriff ungehörig, unmöglich.

Wer sich davon nicht distanziert, nimmt im Grunde genommen eine Verschlechterung der Sitten in Kauf, nur damit er kurzfristig Chancen bei Wahlen nutzen kann.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie Abgeordneten der SPD – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Schmiedel würde „Lügenbarone“ sagen!)

Bei den Kollegen Schmiedel und Kretschmann haben die Themen Bildung und Lehrerstellen sowie die Offensive für Bildung und auch die Information hierüber kurz eine Rolle gespielt. Ich gehe kurz darauf ein.

Dem Kollegen Kretschmann rate ich in dieser Zeit einen Blick nach Hamburg. Hamburg ist um 180 Grad konvers zu BadenWürttemberg. In Hamburg haben die Grünen die Regierung mitgebildet. Nicht die Kernkraft und nicht die Elbvertiefung, sondern das Thema Bildung stand bei den Koalitionsverhandlungen im Mittelpunkt. Da in Hamburg mit Willen und Wollen der Grünen das Thema Volksentscheid eine große Rolle spielt, holt es euch jetzt ein.

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Ja und? – Abg. Jür- gen Walter GRÜNE: Wir haben keine Angst davor! – Gegenruf von der CDU: Ganz ruhig bleiben! Zu- hören!)

Kollege Walter, die Grünen haben Ole von Beust etwas abgenötigt, was ihm in meiner Partei bundesweit breite Kritik einbrachte – ich sage es wertfrei –, nämlich dass die Grundschulzeit auf sechs Jahre verlängert wird

(Zuruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

und das weiterführende Schulsystem dann nicht mehr drei gliedrig, sondern zweigliedrig ist.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die wollen ja noch viel mehr! Die wollen die Basisschule!)

Genau dazu steht die Stadt jetzt auf und kündigt ein Volksbegehren und einen Volksentscheid an. Genau dazu wird dort jetzt ein Moderator eingesetzt, ein Moderator zwischen Bürgerschaft und Politik.

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Vorbildlich! – Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Das heißt, dort stehen die Bürger genau gegen das auf, was von Sozialdemokraten und Grünen in Baden-Württemberg gefordert wird.

(Abg. Norbert Zeller SPD: Quatsch! Gucken Sie ein- mal nach Schleswig-Holstein! – Abg. Reinhold Gall SPD: In Baden-Württemberg stehen sie gegen die Bildungspolitik der CDU auf! – Zuruf: Fahren Sie einmal nach Hamburg!)

Was ich damit sagen will, ist Folgendes: In Zeiten sinkender Schülerzahlen, in Zeiten, in denen Schulstandorte letztendlich nicht auf Dauer garantiert sind, in Zeiten, in denen nach der Schulzeit mit einem harten Arbeitsmarkt gerechnet werden muss, ist Schule immer umstritten. Aber wer behauptet, er wisse, wie der allein selig machende Weg aussieht, kann in Hamburg erleben, dass dort, wo SPD und Grüne regieren, Eltern, Bürger, Schüler und Lehrer plötzlich das Gegenteil wollen.

(Zuruf des Abg. Norbert Zeller SPD)

Warten wir in Ruhe die Entwicklung in Hamburg ab. Ich behaupte, der baden-württembergische Weg ist weit solider,

sachgerechter und kindgerechter als jeder andere Weg in einem anderen deutschen Bundesland.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)

Kollege Schmiedel sprach anhand seines wirren Zettelkastens, den er heute Morgen aus dem Auto mitgenommen hat, zunächst von der CDU in Ditzingen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Der ist gezielt angelegt! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Das ist unglaublich, was Sie hier abliefern!)

Dann sprach er von der CDU-Gemeinderatsfraktion und einem CDU-Vorsitzenden. Was kam heraus? „Vordenker“.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Der Vorsitzende der CDU-Gemeinderatsfraktion ist ein Vordenker! – Ge- genruf des Abg. Klaus Herrmann CDU: Den haben Sie doch gar nicht gemeint!)

Aber Sie meinen nicht den Vorsitzenden. Der Vorsitzende heißt Rolf Feil, und Sie meinten Ulrich Kicherer. Er ist Stadtrat – nicht mehr und nicht weniger.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Aber er hat für die CDU gesprochen!)

Er hat eine abweichende Meinung für sich erklärt.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Nein! Die CDU hat ei- nen Antrag gestellt! – Gegenruf von der CDU: Bei uns ist das erlaubt!)

Lieber Herr Kollege Schmiedel, ich kenne Ditzingen hinreichend gut. Ich weiß, dass es in Ditzingen um die Frage geht, ob man aus zwei Standorten – Konrad-Kocher-Schule und die angestammte Schule – einen Standort macht. Es geht nicht um die Werkrealschule, sondern es geht um die Frage, ob in Ditzingen auf Dauer zwei Standorte zu halten sind. Diese Frage ist wichtig. Sie hat mit dem Land nichts zu tun, sondern allein damit, dass in Ditzingen die Zahl der Kinder auf Dauer möglicherweise nicht groß genug für zwei Standorte ist.

Nun zum Thema Marketing. Wir haben 110 000 Lehrer in Baden-Württemberg; das ist die wichtigste Ressource im Land. Wenn man dann einmal 2,5 Millionen € – das entspricht umgerechnet 40 Lehrerstellen –

(Zuruf von der SPD: Das Geld sollten Sie in die Fort- bildung stecken!)

für Informationen an Eltern, Öffentlichkeit und Arbeitswelt bereitstellt,

(Zurufe von der SPD und den Grünen)

dann behaupte ich, dass dies gegenüber dem Produkt Bildung und den laufenden Ausgaben sehr wohl angemessen ist. Deswegen stehe ich voll und ganz hinter dieser Marketingmaßnahme. Auf Bundesebene geben Regierungen, gab Ulla Schmidt und gaben andere Ihrer Partei für schlechtere Produkte weit mehr Geld aus. Diese Kampagne ist angemessen, sachlich und genügt auch dem Maßstab der Preisgünstigkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Zum Haushalt und damit zum Kern: In diesem Jahr macht Baden-Württemberg mehr Schulden als jemals zuvor; das stimmt.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Ja! – Abg. Karl-Wil- helm Röhm CDU zur SPD: Es wären noch mehr, wenn es nach euch ginge!)

Aber uns muss doch klar sein, dass wir in einer Lage sind, die erstmalig so besteht und die hoffentlich einmalig ist. Die Wirtschaft Baden-Württembergs ist um 8 % geschrumpft. Wir haben in diesem Jahr – in diesem Jahr! – 1,7 Milliarden € weniger an Steuereinnahmen als im Jahr 2008. Wir haben in diesem Jahr nominal 1,7 Milliarden € weniger als zwei Jahre zuvor, obwohl die Löhne durch zwei Gehaltsrunden nennenswert gestiegen sind. Wer jetzt – egal, von woher – behauptet, dass dieser Einbruch der Wirtschaft und der Steuereinnahmen ausgleichbar sei, dass man diese weggebrochenen Einnahmen durch Ausgabekürzungen ausgleichen könne, spricht nicht die Wahrheit.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Das hat nie- mand gesagt! – Zuruf des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU)

Deswegen ist unser Haushalt auch im Vergleich zu Haushalten anderer Länder meines Erachtens sehr wohl solide und genügt unserem Ziel der Sparsamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Vergleiche dazu: In diesem Jahr machen die Kommunen in Deutschland 12 Milliarden € Schulden.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Aus gutem Grund!)

Rheinland-Pfalz – SPD pur –

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Gutes Land!)