Das ist unsere Politik. Darum geht es aber doch nicht. Es geht darum, den Unternehmen eine Chance in einem fairen Wettbewerb zu geben.
Wenn Herr Schaufler die Firmen angeregt hat mit der Aussage: „Da geht es um erhebliche Volumina, 55 Millionen t, macht ein Konsortium, dann seid ihr in der Lage, im Wettbewerb einen Teil davon zu bekommen“ – denn es muss ja so ausgeschrieben werden, dass es mittelstandsfreundlich ist; es kann nicht der ganze Auftrag über 55 Millionen t auf einmal ausgeschrieben werden; ich hoffe jedenfalls, dass das nicht so gemacht wird –, dann ist das richtig. Aber die Aussage der Kiesunternehmer „Wir haben eine Zusage“ spielt in den Vermerken der Landesregierung zweimal eine Rolle. Das spielt eine Rolle, wenn Frau Gönner mit Herrn Köberle und Herrn Fleischer zusammensitzt und sagt, auf Arbeitsebene müsse noch einmal untersucht werden, was es mit dieser Zusage auf sich habe.
(Abg. Gundolf Fleischer CDU: Sagen Sie dann dazu, dass diese Zusage nur unter Einhaltung des Rechts selbstverständlich ist!)
Die Frage ist, ob es da Zusagen gibt. Der Vermerk deutet darauf hin, dass es so etwas gibt. Das ist nicht in Ordnung.
Das Zweite: Sie haben gesagt, da werde geprüft. Nach den Vermerken, die mir vorliegen, ist das alles durchgeprüft. Oder wie kommen das Umweltministerium, das Innenministerium, die Wasserwirtschaftsverwaltung und das Bundesverkehrsmi
und der Vorschlag von den Kiesunternehmen, den Herr Fleischer vertritt, eindeutig das schlechteste ist?
Gehen Sie doch einmal heraus und machen eine Regierungserklärung! Sagen Sie einmal, wo konkret Ihre Zweifel sind, was Sie denn geprüft haben wollen, was über das hinaus noch geprüft werden soll, was der Bundesrechnungshof geprüft hat. Seit 2007 liegt das Thema vor. In Berlin ist bekannt, dass Sie es sind, die das blockieren. Es ist in den Vermerken deutlich gemacht, dass die Leitungsebene nicht zusammenkommt. Auf der Arbeitsebene wäre das überhaupt kein Thema. Es ist eine politische Blockade, die von Ihnen ausgeht
und die wahrscheinlich auf die Zusage von Herrn Schaufler zurückgeht: „Wir bringen euch in das Geschäft.“
Herr Ministerpräsident, zu Ihrer Einlassung, es sei nicht seriös, wenn man sagt, dass eine Prüfung eine Gefährdung beinhalte: Wenn es eine Prüfung wäre, ja, wenn es eine absichtliche Verzögerung ist, nein. Dann nehmen Sie nämlich willentlich in Kauf – – Einerseits geht es natürlich um diese Geschiebemenge. Aber es geht auch um Hochwasserschutz. Wir haben Hochwasser, die zentral gefährlich für die Menschen sind, die Millionenschäden verursachen.
Deshalb: Wenn das Thema fertig ist und alle, die fachlich davon betroffen sind – Umweltministerium, Innen- und Verkehrsministerium –, sagen, das sei das Richtige, und dann ein Staatssekretär, um dessen Wahlkreis es geht, sagt: „Ich weiß alles besser“, dann müssten doch alle Alarmglocken schrillen. Stächele interessiert es ja sowieso nicht.
Aber der Ministerpräsident müsste doch sagen: „Jetzt muss etwas passieren.“ Das wollen wir aufgeklärt haben. Da lassen wir nicht locker.
Zum Schluss noch ein persönliches Wort: Wir kennen uns schon lange, Herr Ministerpräsident, schon seit den Achtzigerjahren aus dem Kreistag. Wir hatten persönlich nie ein Problem miteinander und werden auch, so nehme ich an, persönlich nie ein Problem miteinander bekommen.
Ich habe Ihren Werdegang mit Respekt beobachtet. Sie waren in Ihren Überlegungen an der einen oder anderen Stelle
weiter als die Mehrheit in Ihrer Partei. Wir hätten Ihnen gewünscht, Sie hätten mehr umsetzen können, beispielsweise im Bereich der Ganztagsschulen, bei denen Sie, wenn Sie draußen reden, eine klare Vision haben, dies aber nur stückchenweise umsetzen.
Wir verabschieden uns nicht, sondern Sie scheiden aus dem Amt. Was Sie über die Plakate am Bahnhof gesagt haben, möchte ich voll unterstreichen. Wenn wir uns nicht mit Respekt begegnen, wer soll uns dann von außen mit Respekt begegnen?
Deshalb von unserer Seite der Dank an Sie für Ihren persönlichen Einsatz in Ihrem Amt, in den Ämtern davor, und alles Gute für Ihre neue Tätigkeit in Europa.
(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der CDU und der FDP/DVP – Abg. Gundolf Fleischer CDU: Pharisäerhaft! – Abg. Claus Schmiedel SPD gibt Mi- nisterpräsident Günther Oettinger die Hand.)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Ministerpräsident, ich gehe hier noch einmal heraus, weil ich Sie bis zur letzten Stunde ernst nehme. Sie sind schließlich noch immer der Ministerpräsident, und das bleiben Sie, bis ein neuer gewählt wird. So lange wollen wir hier bitte die Klingen kreuzen.
Jetzt haben Sie mich mit einem unparlamentarischen Ausdruck belegt, den ich in meiner Rede nicht wiederholen will, sonst werde ich noch gerügt.
(Heiterkeit bei Abgeordneten aller Fraktionen – Bei- fall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/DVP – Abg. Winfried Scheuermann CDU: In der Tat!)
Aber das, was ich gesagt habe, hat die Sache im Kern getroffen. Darum haben Sie jetzt so polemisch darauf reagiert. Es ist der Sinn einer freiheitlichen Demokratie und ihr innerstes Wesen, dass sich Menschen im freien Austausch der Argumente – in der modernen Demokratie geschieht dies über Parteien und Fraktionen – Alternativen aufbauen, wie man das Gemeinwesen gestalten soll.
Das gehört zum innersten Kern und zum Wesen der Demokratie. Wer Reden führt und sagt, das, was er vorträgt, sei alternativlos, weiß nicht, wovon er redet,
und wer dies bei Stuttgart 21 tut, wozu die Alternativen klar auf dem Tisch liegen, der weiß es erst recht nicht. Ich weiß nicht, was daran überhaupt falsch sein kann.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Sehr nebulöse Alternativen, die nicht zu Ende gedacht sind!)
Jetzt haben Sie noch einmal die Neubaustrecke Stuttgart– Mannheim bemüht. Wissen Sie, bei Verkehrsprojekten ist es so: Auch wenn ich dagegen war, nutze ich sie, wenn sie verwirklicht sind. Selbst wenn Sie Ihr Unsinnsprojekt Tiefbahnhof gegen alle Vernunft durchgesetzt haben werden und ich dann noch lebe, werde ich den Stuttgarter Bahnhof nicht meiden.
Das wäre nämlich ziemlich kindisch. Aber bei der Neubaustrecke Stuttgart–Mannheim war es so: Die Umweltverbände waren dafür, und die Gruppe GRÜNE im Landtag von BadenWürttemberg – wir hatten damals keinen Fraktionsstatus – war auch dafür – damit ich dies hier einmal klargestellt habe. Allerdings muss ich zugeben, dass der Parteitag damals anders entschieden hat. Das ist richtig. Das haben Sie noch richtig im Gedächtnis gehabt. Aber der Kollege Holger Heimann, der damals im Landtag war, hat dazu klare Worte gefunden.
Verstehen Sie: Der Widerstand gegen ein Projekt ist an sich nie richtig oder falsch. Es hängt vom Projekt und von den Argumenten ab, die man dafür hat. Diese Argumente muss man gewichten und abwägen und dann entscheiden.