Protokoll der Sitzung vom 04.02.2010

ratung des Bundes fördern wir in diesem Jahr auch kurzfris tige Beratung, auf die im akuten Krisenfall, z. B. zur Vorbereitung von Bankgesprächen, schnell und unbürokratisch zurückgegriffen werden kann.

Im Bereich der Energieförderung werden wir mit jährlich 2,1 Millionen € die Förderung erneuerbarer Energien sowie der rationellen Energieverwendung fortsetzen. Wichtig ist uns, dass geeignete Gemeinden mit dem Förderprogramm für Bio energiedörfer Anreize erhalten, ungenutzte Wärme über KraftWärme-Kopplung einer sinnvollen Nutzung zuzuführen und damit effektiv Energie einzusparen.

Der Einsatz neuer Technologien ist immer risikobehaftet. Die Stadt Staufen muss hier beim ökologisch gewünschten Ausbau der Geothermie teures Lehrgeld bezahlen. Das Land unterstützt die Stadt Staufen hier einmalig mit einer Landeshilfe in Höhe von 4 Millionen €.

Was den Tourismus angeht, war das Jahr 2009 für BadenWürttemberg ein interessantes Jahr. Mit einer Abnahme der Gästezahl um 2,5 % war der Rückgang im Tourismus deutlich schwächer als in anderen Branchen und ging im Wesentlichen auf den Geschäftsreiseverkehr zurück. Der klassische Erholungsurlauber ist anscheinend weitgehend krisenresistent. Dabei muss man wissen, dass die Zahl der Arbeitsplätze im Land im Tourismusbereich höher ist als im Automobilbereich.

Die Verluste waren hier bei den Gemeinden ohne Prädikat deutlich stärker als bei den prädikatisierten Urlaubsgemeinden. Dies beweist, dass Investitionen in touristische Infrastruktur Früchte tragen. Diesen Prozess müssen wir fortsetzen, denn auch hier bedeutet Stillstand Rückschritt. Mit einem Bewilligungsvolumen von jährlich 4,6 Millionen € und weiteren 4,3 Millionen € aus Spielbankerträgen für Tourismusmarketing und die Förderung privater Investitionen bleiben die Ansätze gegenüber dem Vorjahr weitgehend unverändert.

Das Parkhaus am Feldberg ist aus unserer Sicht ein wichtiges Infrastrukturprojekt, insbesondere für den Skitourismus am Feldberg. Es wird zusätzlich aus dem Etat des Wirtschaftsministeriums finanziert und geht nicht zulasten anderer Tourismusprojekte.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Aus dem KIF!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der vorliegende Haushaltsentwurf ist aus meiner Sicht eine gute Basis für eine solide, zukunftsorientierte und nachhaltige Wirtschaftspolitik für den Mittelstand, die hilft, den Aufschwung zu sichern, und gleichzeitig den Erfordernissen der Haushaltskonsolidierung Rechnung trägt, u. a. auch durch die Streichung von 19 Stellen im Bereich des Wirtschaftsministeriums.

In meiner Funktion als Ausschussvorsitzende möchte ich dem Wirtschaftsminister und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie dem Parlamentarischen Dienst für die gute und konstruktive Zusammenarbeit danken.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Löffler.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur Jahreswende gibt es in China einen Brauch: Man zahlt seine Schulden zurück; das bringt Glück.

(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Daran könnt ihr euch einmal orientieren! – Zuruf des Abg. Werner Pfisterer CDU)

Wir haben einen solchen Brauch nicht. Aber der Brauch hat auch eine Schattenseite: Die Zahl der Eigentumsdelikte in China steigt sprunghaft an. Eine Neuverschuldung ist für uns alternativlos.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Das ist eine Lo- gik!)

Die Neuverschuldung in diesem Jahr in Höhe von 2,6 Milliarden € ist eine schwer zu greifende Zahl. Nehmen Sie diese Zahl in Sekunden. Gehen Sie auf der Zeitskala zurück. Dann befinden Sie sich in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts und somit mitten in der Weltwirtschaftskrise.

Die Krise hat sich wiederholt, aber nicht ihre Folgen, auch nicht in Baden-Württemberg. Dennoch hat unsere exportorientierte Industrie mächtig Federn gelassen. Unser Bruttoinlandsprodukt ging um 8 % zurück. Die tiefste Rezession der Nachkriegsgeschichte hat dieses Land erfasst, aber die Wirtschaft des Landes nicht in ihren Fundamenten erschüttert.

Das hat viele Gründe: Unsere mittelständischen Unternehmen haben im letzten Jahr Auftragseinbrüche und Umsatzeinbußen von 30 bis 40 % hinnehmen müssen. Sie haben dieser Rezession, dieser Weltwirtschaftskrise getrotzt. Sicher, dabei hat das Kurzarbeitergeld geholfen. Ich finde es großartig, dass unsere Unternehmen auch in schlechten Zeiten an ihren Mitarbeitern festgehalten und Ausbildungsplätze gesichert haben. Dafür gebührt ihnen unser Dank und unser Respekt.

Unser Land kann stolz auf seine Unternehmer sein. Diese Menschen beweisen täglich aufs Neue ihren Einfallsreichtum, ihre Anpassungsfähigkeit und ihren Unternehmergeist. Das ist alles andere als selbstverständlich. Das ist aber auch das Ergebnis einer soliden Wirtschaftspolitik und eines Konjunkturhaushalts, die unseren Unternehmen Vertrauen geben.

Unternehmen, die durch die Wirtschaftskrise in Schwierigkeiten kamen, ihre Investitionen zu finanzieren, konnten auf unsere Bürgschaftsförderung setzen. Noch nie hat die Nachfrage nach Bürgschaften so stark wie derzeit zugelegt. Die Bürgschaftsbank hat im letzten Jahr 2 266 Anträge mit einem Volumen von 306 Millionen € bewilligt. Das ist weit mehr als bei jeder anderen Bürgschaftsbank in Deutschland. In manchen Regionen gab es Zuwächse von mehr als 50 %.

Das gleiche Bild gibt es bei der L-Bank: Im Jahr 2009 wurden 50 Anträge mit einem Volumen von 71,8 Millionen € bewilligt. Das sind 30 % mehr als im Vorjahr.

Im Wirtschaftausschuss genehmigten wir vier Anträge mit einem Gesamtvolumen von knapp 280 Millionen €. Kein anderes Land hat ein vergleichbar erfolgreiches Liquiditätshil

feprogramm starten können. Das war bei uns nur möglich, weil wir nach zwei Jahren mit einer Nullneuverschuldung auch die Reserven für diese Hilfen besaßen.

Die Konjunktur in Baden-Württemberg hat wieder Fahrt aufgenommen, wobei weniger der Binnenmarkt, sondern vielmehr die Nachfrage aus dem Ausland die Impulse antreibt. Alle Wirtschaftsbereiche stabilisieren sich. Allerdings bleibt der Maschinenbau ein Sorgenkind.

Sollte der Euro durch die Krise Griechenlands gegenüber dem Dollar an Wert verlieren, kann sich das aber schnell ändern. Viele Anzeichen sprechen dafür, dass die konjunkturelle Wende anhält und sich in den nächsten Jahren fortsetzen wird. Der Aufschwung wird sich nicht selbst tragen, wenn wir nicht alle Wachstumskräfte mobilisieren. Das heißt – das ist auch ein Gebot der Fairness –, den Kampf gegen die zunehmende Schwarzarbeit zu verstärken.

Viele Unternehmen haben im Jahr 2009 nur geringe oder negative Erträge erwirtschaftet und verfügen nicht über ausreichendes Eigenkapital, um am Markt zu bestehen. Diese Ertragsschwäche wird sich in den Jahresabschlüssen zeigen. Die Folge ist eine Verschlechterung des Ratings bei den Kredit instituten, sodass es schwierig wird, an Fremdkapital zu kommen.

Steigende Zinsen, höhere Sicherheitsanforderungen und noch mehr Dokumentationspflichten erschweren die Vorfinanzierung neuer Aufträge, halten die Investitionsneigung gering und behindern den wirtschaftlichen Aufschwung.

Stärkung des Eigenkapitals ist das Gebot der Stunde. Mezzanines Kapital kann hier stabilisieren. Aber auch die Nutzung des Beteiligungsangebots der MBG, die im vergangenen Jahr 45 Millionen € zugesagt hat, kann ein Baustein sein. Das Angebot der Deutschen Bank, das der Kollege Schmiedel hier so feierlich vorgestellt hat, brauchen wir gar nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr richtig!)

Wir haben keine Alternative, denn an Basel II beißen wir uns offenbar die Zähne aus.

Es wird eine zentrale Aufgabe des neuen Kreditmediators in unserem Land sein, die Angebote des Deutschlandfonds für unseren Mittelstand zur Finanzierung des Aufschwungs zu nutzen.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Da sind wir ge- spannt!)

Die Angebote des Deutschlandfonds sind unübersichtlich und bürokratisch. Das überfordert unseren Mittelstand. Hier müssen wir ansetzen, ihm helfen und gleichzeitig die Banken ins Boot nehmen, damit unsere Unternehmen finanzielle Planungssicherheit für die nächsten Jahre haben.

Bei allem Wohlwollen gegenüber dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz: Dem wirtschaftlichen Erholungsprozess ist mehr geholfen, wenn wir rasch die Bestandteile der Unternehmensteuerreform korrigieren, die die Liquidität und die Substanz der Betriebe angreifen. Ich nenne hier nur die Zins

schranke und die gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnungen.

Ich halte es für geradezu kontraproduktiv für das Wachstum, wenn Kommunen jetzt die Gewerbesteuer oder sonstige Abgaben erhöhen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

So halte ich es auch für falsch, wenn öffentlich-rechtliche Anstalten die GEZ-Gebühren für PCs und internetfähige Mobiltelefone um 200 % anheben und sich das von kleinen Unternehmen bezahlen lassen, nur um ihr Internetabenteuer zu finanzieren.

Unser Land ist führend im Bereich Forschung und Entwicklung. Das haben wir nicht zuletzt bei der Exzellenzinitiative erfahren. Es muss aber gelingen, die hervorragenden Ergebnisse aus Forschungseinrichtungen und Universitäten auch kommerziell umzusetzen, um so bei uns Unternehmen in neuen, zukunftsfähigen Branchen anzusiedeln. In die Zukunft zu investieren heißt den Mut aufzubringen, innovative Unternehmen mit einer Risikokapitalfinanzierung zu begleiten.

Eine steuerliche Forschungsförderung für kleinere und mittlere Unternehmen halte ich für überfällig. Das ist nachhaltiger als jede Liquiditätshilfe.

Es muss gemeinsames Ziel sein, nach der im Jahr 2009 gestarteten Initiative für die Gründungsfinanzierung mit dem Seedfonds Baden-Württemberg den innovativen Unternehmen auch für die Zeit nach der Gründungsphase Eigenkapital zur Verfügung zu stellen. Der Seedfonds unterstützt mit Mitteln des Landes, der MBG, der L-Bank und der LBBW Venture Capital GmbH Hightechgründungen. Aber nach der Gründungsphase darf keine Lücke entstehen. Wir müssen aus diesen Gründen helfen, wirtschaftlich tragfähige Unternehmen aufzubauen. Dazu gehören Beratung und Kapital.

Mit dem Know-how der L-Bank und der LBBW im Bereich der Risikokapitalfinanzierung können wir mittelfristig 50 Millionen € für die Finanzierung von Wachstumsunternehmen mit EFRE-Mitteln aufbringen. Wir prüfen, schon im Jahr 2010 mit 20 Millionen € aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung zu starten.

Unsere Wirtschaftsstruktur und unser Arbeitsmarkt sind stark vom Maschinenbau und von der Automobilindustrie geprägt. Jeder sechste Arbeitsplatz hängt daran. Noch sind wir weltweit führend beim Bau von herkömmlichen Verbrennungsmotoren. Ein Strukturwandel hin zu neuen Mobilitätskonzepten zeichnet sich ab. Dieser wird die gesamte Prozess- und Wertschöpfungskette des Automobilbaus verändern.

Wenn wir uns das Ziel geben, bis zum Jahr 2013 die weltweite technologische Führung bei alternativen Antrieben zu übernehmen, heißt das, einen neuen Cluster aufzubauen, in die Infrastruktur, in die Telematik zu investieren und auch die Ausbildung in der Werkrealschule, in den Berufschulen und in den Universitäten zu verändern.

Das ist eine Herkulesaufgabe. Aber wenn wir sie nicht leisten: Die asiatische Konkurrenz wartet nicht. Mit der Landesagentur machen wir einen ersten Schritt. Der Weg ist noch weit.

Mit dem Innovationsrat haben wir ein Gremium, das uns bei all diesen Fragen qualifiziert beraten wird. Wir müssen diesen Weg gehen.

Wir fahren mit unserem Konjunkturhaushalt eine klare Linie: Investitionen in Bildung, Infrastruktur und Innovation. Wir stärken die Wettbewerbskraft unserer Unternehmen und fördern den Mittelstand.

Ich vermisse jede strategische Linie in den Anträgen der Opposition.

(Widerspruch bei der SPD und den Grünen – Abg. Ursula Haußmann SPD: Oje!)

Hier werden ein paar Millionen Euro mehr gefordert – Deckungsvorschlag: Fehlanzeige! Dort wird wegen der Förderung von Leistungsschauen gemeckert, und es werden Vorwürfe wegen angeblicher Klientelpolitik erhoben.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Sehr wahr! – Un- ruhe)