Veronika Netzhammer
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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der öffentliche Dienst des Landes Ba den-Württemberg hat hinsichtlich der Gleichstellung von Frauen und Männern im Berufsleben Vorbildcharakter. Dies zeigen die Ergebnisse des Bilanzberichts zum Chancengleich heitsgesetz, der Ihnen heute vorliegt.
Fünf Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Verwirklichung der Chancengleichheit von Frauen und Männern im öffentli chen Dienst des Landes sind Beschäftigungs- und Aufstiegs chancen im öffentlichen Dienst des Landes deutlich besser als in anderen gesellschaftlichen Bereichen oder in der Privat wirtschaft.
Der Bilanzbericht zeigt auch, dass der Landtag im Jahr 2005 mit der Novellierung des Chancengleichheitsgesetzes ein sehr gutes Fundament dafür geschaffen hat, die Chancengerech tigkeit von Männern und Frauen zu stärken und zu befördern.
Die Entwicklung, die bereits 1996 mit dem Landesgleichbe rechtigungsgesetz in Gang gesetzt wurde, hat sich fortgesetzt und in Teilen sogar beschleunigt. Dieser Erfolg ist auch den Männern und Frauen zu verdanken, die als Beauftragte für Chancengleichheit einen wesentlichen Beitrag zur Bewusst seinsschärfung für Fragen der Gleichberechtigung und zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf im öf fentlichen Dienst des Landes leisten. Sie sind in allen Berei chen der Landesverwaltung fest etabliert und akzeptiert, weil sie nach diesem Gesetz unmittelbar und direkt der Dienststel lenleitung zugeordnet sind und ihnen das Gesetz damit eine starke Stellung einräumt.
Nun zu einigen Zahlen dazu, inwieweit die mit der Novellie rung des Gesetzes verbundenen Ziele erreicht werden konn ten. Zahlen lügen ja bekanntlich nicht.
Die Chancen auf eine Beschäftigung in der Landesverwaltung haben sich für Frauen weiter verbessert. Trotz eines Stellenab baus, eines Rückgangs der absoluten Beschäftigtenzahlen sind heute 7 555 Frauen mehr im Landesdienst als im Jahr 2005. Damit stieg der Frauenanteil prozentual von 51,8 % auf 56 %, bei den obersten Landesbehörden von 44,4 % auf 47,5 %.
Chancengleichheit heißt natürlich auch Chancengleichheit in allen Laufbahngruppen, insbesondere in den obersten Lauf bahngruppen, dort, wo es wirklich interessant wird. Auch hier gab es Verbesserungen. Im höheren Dienst konnte der Frau enanteil in der Beamtenschaft von 37 % auf 43 % gesteigert werden. Bei den Angestellten des höheren Dienstes ist die Ge schlechterparität den Gesamtzahlen zufolge sogar bereits er reicht. Allerdings gibt es Bereiche, in denen Frauen im höhe ren Dienst noch unterrepräsentiert sind.
In zwei Geschäftsbereichen allerdings, im Kultusministerium und im Sozialministerium, liegt der Frauenanteil inzwischen bei knapp 50 %. Ich möchte deshalb den Ministerinnen Dr. Monika Stolz und Dr. Marion Schick für dieses schöne Ergeb nis herzlich danken.
Bei anderen obersten Landesbehörden liegt der Frauenanteil im höheren Dienst zwischen 15 % beim Rechnungshof und
37 % beim Justizministerium. Ich gebe zu, Frau Lösch, auch wenn sich in den letzten Jahren der Frauenanteil hier verbes sert hat, besteht sicherlich noch Optimierungsbedarf in den einzelnen Bereichen.
Differenziert man den höheren Dienst nach Besoldungsgrup pen, so zeigt sich, dass der Frauenanteil in der Eingangsbe soldung A 13 am höchsten ist, mit steigender Besoldung aber nach unten geht. Trotzdem stieg auch in der B-Besoldung der durchschnittliche Frauenanteil immerhin von 9 % auf 14,4 %. Aber auch hier haben wir natürlich noch Entwicklungsbedarf.
Dennoch können wir positiv feststellen, dass sich der Frauen anteil bei den Positionen mit Vorgesetzten- und Leitungsauf gaben in nahezu allen obersten Landesbehörden erhöht hat, genauso wie im nachgeordneten Bereich, wobei die Chancen für Frauen im Kultusministerium, im Staatsministerium und im Sozialministerium am besten sind.
Der unterdurchschnittliche Frauenanteil bei Führungsfunkti onen kann natürlich durch Neubesetzungen ausgeglichen wer den, und diese Möglichkeit wird auch tatsächlich genutzt. Bei den obersten Landesbehörden wurden von 164 neu zu beset zenden Stellen 51 % mit Frauen besetzt, im nachgeordneten Bereich wurden sogar 58 % der Stellen mit Frauen besetzt.
Ich möchte hier auch hervorheben, dass die Qualifizierung von Bewerberinnen für Leitungspositionen durch die Füh rungsakademie des Landes stärker genutzt werden könnte; denn derzeit beträgt der Frauenanteil unter den an die Füh rungsakademie abgeordneten Mitarbeitern lediglich 33 %.
Als Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf wurden Telearbeit und Teilzeitbeschäftigung im Chan cengleichheitsgesetz festgeschrieben. Auch hier können wir feststellen, dass die Möglichkeit der Telearbeit verstärkt ge nutzt wird; die Anzahl der Telearbeitsplätze hat sich verdop pelt. Auch die Anzahl der Teilzeitbeschäftigten in der Landes verwaltung hat weiter zugenommen auf jetzt 36 %, wobei der Frauenanteil hier dominiert. Ich bin mir sicher, dass die un terhälftige Teilzeit, die wir mit der jetzt verabschiedeten Dienstrechtsreform festgeschrieben haben, ein weiteres star kes Instrument für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf darstellt.
Zusammenfassend komme ich zu dem Schluss, dass das Chan cengleichheitsgesetz die beruflichen Chancen der Frauen im öffentlichen Dienst der Landesverwaltung in allen Bereichen spürbar verbessert hat.
Das Chancengleichheitsgesetz ist ein Erfolg für die Frauen im Land.
Diese positive Entwicklung muss fortgeführt werden, Herr Schüle,
bis für alle Frauen in allen Bereichen und in allen Laufbahn gruppen der Landesverwaltung Chancengleichheit erreicht ist.
Wir alle wissen, dass solche Prozesse Zeit brauchen. Aber wir sind auf dem richtigen Weg. Diesen Weg müssen wir konse quent weitergehen.
Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! „Euphorie in der deutschen Wirt schaft“, „XXL-Aufschwung“ – so lauteten die Schlagzeilen der letzten Tage. In der Tat stehen in der deutschen Wirtschaft alle Zeichen auf schön.
Die Wirtschaft in Baden-Württemberg wächst wieder um star ke 5 %, und die Wirtschaft in Deutschland wächst um 3,4 %. Wer von uns hätte dies vor einem Jahr erwartet? „So steil es bergab gegangen ist, so deutlich geht es jetzt wieder bergauf“, so Nicola Leibinger-Kammüller, die Chefin des Ditzinger Ma schinenbauers Trumpf, bei der letzten Bilanzpressekonferenz.
Mit einem Wachstum von 3,4 % ist Deutschland die Num mer 1 in Europa, angetrieben von Baden-Württemberg, das mit sagenhaften 5 % das Wachstum in Deutschland antreibt. Damit ist Baden-Württemberg die Konjunkturlokomotive in Deutschland und Deutschland die Konjunkturlokomotive in Europa.
Darauf können wir alle stolz sein. Darauf können die Unter nehmen und die Menschen in unserem Land stolz sein.
Trotz der schweren Rezession hat die baden-württembergi sche Wirtschaft, haben die Unternehmen im Land weder ihre Innovations- und Leistungskraft verloren noch ihre internati onale Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt. Die hohen Exporte nach China, Indien, Brasilien und in die EU-Länder sind der Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen und nicht den niedrigen Wechselkursen zu verdanken.
Aber dieser Aufschwung ist nicht nur den Exporten zu ver danken. Nein, dieser Aufschwung steht auf mehreren Beinen. Nicht nur die Menge der Exporte ist gestiegen, sondern auch
die Binnennachfrage ist gestiegen. Zwei Drittel des Wachs tums sind der Binnennachfrage zu verdanken. Nach Jahren der Zurückhaltung investieren die Unternehmen wieder in ih re Maschinenparks. Die Unternehmer glauben an die Zukunft ihrer Unternehmen. Sie investieren wieder und legen damit die Grundlage für das Wachstum von morgen. Denn hinter den Investitionen stehen Innovationen von Produkten und Pro zessen.
Die Zuversicht der Unternehmer überträgt sich auch auf die Verbraucher. So konsumieren auch die Verbraucher wieder mehr. Bei dieser Faktenlage besteht überhaupt kein Grund für eine Ankurbelung der Binnennachfrage, wie sie von der ame rikanischen Regierung immer wieder gefordert wird. Deshalb wehrt die Bundesregierung solche Forderungen zu Recht als unbegründet ab.
Herr Schmiedel: „Yes, we can. We can Aufschwung.“
Dieser Aufschwung ist nicht nur gut für Baden-Württemberg, für die Unternehmen, für die Mittelständler, die nach verlust reichen Jahren wieder Gewinne verzeichnen, nein, dieser Auf schwung ist auch gut, weil er bei den Menschen ankommt. Dieser Aufschwung ist auch ein Beschäftigungsaufschwung. 45 000 Menschen in Baden-Württemberg fanden in diesem Jahr den Weg aus der Arbeitslosigkeit. 58 000 offene Stellen bieten weitere Chancen auf Beschäftigung. Die Kurzarbeit wurde deutlich abgebaut. Fünf Millionen Menschen, Herr Schmiedel, waren am Ende der Amtszeit der rot-grünen Bun desregierung ohne Arbeit,
waren Hartz-IV-Empfänger. Heute, unter einer CDU-geführ ten Bundesregierung, sind es bundesweit unter drei Millionen. Das ist ein gigantischer Erfolg für die Menschen in unserem Land.
Das ist Wirtschaftspolitik, die bei den Menschen ankommt; das ist effektive Sozialpolitik.
Im Rückblick auf die schwerste Finanzkrise können wir sa gen, dass sich die Konjunkturprogramme der CDU-geführten Bundesregierung und der CDU-geführten Landesregierung bewährt haben. Das gilt z. B. für das Kurzarbeiterprogramm. Bei Bosch waren von 110 000 Arbeitnehmern teilweise 65 000 in Kurzarbeit. Im Jahr 2009 schrieb man hohe Verluste; dank Kurzarbeit konnte man die Produktion sofort hochfahren und erzielt im Jahr 2010 ein Umsatzplus von 20 %. Heute vermel det Bosch, dass der neue Lohntarifvertrag um zwei Monate vorgezogen wird. Das ist ein klarer Beweis, dass vom Auf schwung auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer pro fitieren.
Ich bin sicher, so, wie es jetzt bei Bosch ist, wird es bei ande ren Unternehmen auch bald sein.
Auch die massive Ausweitung der Bürgschaften, der Garan tien und Kreditprogramme, die Investitionsprogramme von Bund, Land und Kommunen, aber auch unser dreigliedriges Bankensystem haben sich in der Krise bewährt und dazu bei getragen, dass die Krise relativ schnell überwunden werden konnte. Diesen Aufschwung gilt es zu sichern.
Alles Weitere in der zweiten Runde.
Frau Vizepräsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die konjunkturelle Wende ist vollzogen. Baden-Württembergs Wirtschaft dürfte im ersten Quartal dieses Jahres um 1,25 % gegenüber dem Vorjahresquartal wachsen. Mit dieser Einschätzung des Statistischen Landesamts schauen die Unternehmen nach einem harten Jahr 2009 wieder mit vorsichtigem Optimismus in die Zukunft. So heißt es vom BWHT und in der neusten Studie von Ernst & Young.
Trotz eines historischen Produktionsrückgangs über nahezu alle Industriebranchen um 21 % im letzten Jahr haben wir im Land im Januar 2010 mit 5,6 % die bundesweit zweitniedrigste Arbeitslosenquote – im Bund liegt sie bei 8,6 % – und mit 4,3 % die bundesweit niedrigste Jugendarbeitslosenquote – im Bund liegt sie bei 7,5 %.
Angesichts der Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise ist das ein sehr gutes Ergebnis. Diese Tatsache ist einer sehr überlegten und verantwortungsbewussten CDU-geführten Politik in Bund und Land unter Bundeskanzlerin Angela Merkel und Ministerpräsident Günther Oettinger zu verdanken, gerade auch in der Krise.
Nun zum Haushalt: Das Budget des Wirtschaftsministers gehört mit einem Gesamtetat von 671 Millionen € im Jahr 2010 und 642 Millionen € im Jahr 2011 zu den kleineren im Landeshaushalt, der immerhin 35 Milliarden € umfasst. Weitere Mittel stehen dem Wirtschaftsministerium aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und aus dem Zukunfts investitionsprogramm zur Verfügung.
Auch wenn in diesem Etat finanzkrisenbedingte Einsparauflagen erfüllt werden müssen, so können doch bewährte Programme fortgesetzt und neue Aufgabenstellungen angegangen werden. Unser Ziel ist, mitzuhelfen, dass die baden-würt tembergische Wirtschaft gestärkt aus der Krise hervorgeht. Dabei ist die Städtebauförderung ein bewährtes Konjunkturprogramm für die Kommunen. Sie ermöglicht innerörtliche Entwicklung, hemmt den Flächenverbrauch und unterstützt Mittelstand und Handwerk vor Ort. Deswegen haben wir die Ansätze auf jährlich 164 Millionen € bzw. 163 Millionen € erhöht, womit erfahrungsgemäß Investitionen in Höhe von 1,3 Milliarden € angeschoben werden können. Das ist ein wichtiger Konjunkturmotor.
Die neue Messe auf den Fildern ist trotz Bedenken für den Messestandort Baden-Württemberg eine absolute Erfolgsstory. Die Schuldendiensthilfe belastet diesen Landeshaushalt mit einer um 17 Millionen € niedrigeren Schlussrate zum letzten Mal. Damit hat das Land 240 Millionen € an Schuldendiensthilfe für dieses wichtige Infrastrukturprojekt geleistet. Aber für uns sind auch die örtlichen Messen, die Leistungsschauen in den kleineren Gemeinden wichtig, weil sie den mittelständischen Unternehmern und Handwerkern helfen, Aufträge aus dem regionalen Einzugsbereich zu akquirieren. Deswegen werden wir die Zuschüsse an die örtlichen Gewerbe- und Handelsvereine beibehalten.
Baden-Württemberg ist im Bereich Forschung und Entwicklung bundesweit führend. Wir wollen, dass sich die von uns geförderten wirtschaftsnahen Forschungsinstitute mehr als bisher mit den Forschungsanliegen kleiner und mittlerer Unternehmen beschäftigen, und haben dafür die Haushaltsansätze zielgerichtet um 500 000 € erhöht. Das Erfolgsmodell Innovationsgutscheine setzen wir fort.
Mit der Landesinitiative Elektromobilität werden wir die Unternehmen beim Technologie- und Strukturwandel im Bereich der Fahrzeugmobilität aktiv begleiten. Im vorliegenden Doppelhaushalt stehen dafür insgesamt 15 Millionen € und für Maßnahmen und Projekte des Innovationsrats weitere 30,5 Millionen € zur Verfügung.
Zu Beginn des Aufschwungs dürfen wir aber die Sicherung des Fachkräftebedarfs und die Bewältigung des demografischen Wandels nicht aus dem Blick verlieren. Die Auszubildenden von heute sind die Fachkräfte von morgen. Deshalb haben wir im Bereich der beruflichen Bildung die Ausgabeansätze im nicht investiven Bereich auf rund 9 Millionen € erhöht. Damit stellen wir sicher, dass Auszubildende aus Insolvenzbetrieben ihre duale Ausbildung beenden können, und wir unterstützen die Verbundausbildung. Die Lehrgänge der ergänzenden überbetrieblichen Ausbildung können im bisherigen Umfang fortgesetzt werden.
In den vergangenen Jahren wurden Absolventen der sogenannten MINT-Fächer händeringend gesucht. Aufgrund der Wirtschaftskrise haben sich jetzt die Einstellungschancen verschlechtert. Wir wollen aber den betroffenen Absolventen Beschäftigungschancen bieten, denn im Aufschwung werden sie wieder dringend gebraucht. 500 Absolventinnen und Absolventen profitieren davon in einer ersten Tranche.
Angesichts des demografischen Wandels werden wir auch in Zukunft mehr Frauen in den sogenannten MINT-Berufen benötigen, damit unsere Unternehmen ihre Wachstumschancen wahrnehmen können. Mit dem neuen Programm „Frauen in MINT-Berufen in Wirtschaft und Wissenschaft“, das auf eine Empfehlung des Innovationsrats zurückgeht, sollen hier ganz gezielt Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zur Verbesserung von Wiedereinstiegs chancen und anderem ergriffen werden.
Die erfolgreiche Arbeit der zehn bestehenden Kontaktstellen „Frau und Beruf“ wird fortgeführt, weil durch ihre Arbeit viele Frauen ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern und dadurch den Wiedereinstieg in den Beruf finden.
Die Modernisierung der überbetrieblichen Bildungszentren ist eine Daueraufgabe. Deswegen haben wir Koalitionsfraktionen uns im Finanzausschuss dafür eingesetzt, dass die Investitionsförderung auf 3,3 Millionen € bzw. 2,75 Millionen € erhöht wird. Damit können Modernisierungen in Tuttlingen und Freiburg sowie der Neubau der Bildungsakademie der Handwerkskammer in Singen umgesetzt werden.
Selbstverständlich nutzen wir die Mittelausstattung des Europäischen Sozialfonds mit 16 Millionen € insbesondere für die Bereiche der beruflichen Bildung und der Existenzgründungsförderung. Die Beratung von Mittelstand und Handwerk wird im bisherigen Umfang fortgesetzt. Ergänzend zur Krisenbe
ratung des Bundes fördern wir in diesem Jahr auch kurzfris tige Beratung, auf die im akuten Krisenfall, z. B. zur Vorbereitung von Bankgesprächen, schnell und unbürokratisch zurückgegriffen werden kann.
Im Bereich der Energieförderung werden wir mit jährlich 2,1 Millionen € die Förderung erneuerbarer Energien sowie der rationellen Energieverwendung fortsetzen. Wichtig ist uns, dass geeignete Gemeinden mit dem Förderprogramm für Bio energiedörfer Anreize erhalten, ungenutzte Wärme über KraftWärme-Kopplung einer sinnvollen Nutzung zuzuführen und damit effektiv Energie einzusparen.
Der Einsatz neuer Technologien ist immer risikobehaftet. Die Stadt Staufen muss hier beim ökologisch gewünschten Ausbau der Geothermie teures Lehrgeld bezahlen. Das Land unterstützt die Stadt Staufen hier einmalig mit einer Landeshilfe in Höhe von 4 Millionen €.
Was den Tourismus angeht, war das Jahr 2009 für BadenWürttemberg ein interessantes Jahr. Mit einer Abnahme der Gästezahl um 2,5 % war der Rückgang im Tourismus deutlich schwächer als in anderen Branchen und ging im Wesentlichen auf den Geschäftsreiseverkehr zurück. Der klassische Erholungsurlauber ist anscheinend weitgehend krisenresistent. Dabei muss man wissen, dass die Zahl der Arbeitsplätze im Land im Tourismusbereich höher ist als im Automobilbereich.
Die Verluste waren hier bei den Gemeinden ohne Prädikat deutlich stärker als bei den prädikatisierten Urlaubsgemeinden. Dies beweist, dass Investitionen in touristische Infrastruktur Früchte tragen. Diesen Prozess müssen wir fortsetzen, denn auch hier bedeutet Stillstand Rückschritt. Mit einem Bewilligungsvolumen von jährlich 4,6 Millionen € und weiteren 4,3 Millionen € aus Spielbankerträgen für Tourismusmarketing und die Förderung privater Investitionen bleiben die Ansätze gegenüber dem Vorjahr weitgehend unverändert.
Das Parkhaus am Feldberg ist aus unserer Sicht ein wichtiges Infrastrukturprojekt, insbesondere für den Skitourismus am Feldberg. Es wird zusätzlich aus dem Etat des Wirtschaftsministeriums finanziert und geht nicht zulasten anderer Tourismusprojekte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der vorliegende Haushaltsentwurf ist aus meiner Sicht eine gute Basis für eine solide, zukunftsorientierte und nachhaltige Wirtschaftspolitik für den Mittelstand, die hilft, den Aufschwung zu sichern, und gleichzeitig den Erfordernissen der Haushaltskonsolidierung Rechnung trägt, u. a. auch durch die Streichung von 19 Stellen im Bereich des Wirtschaftsministeriums.
In meiner Funktion als Ausschussvorsitzende möchte ich dem Wirtschaftsminister und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie dem Parlamentarischen Dienst für die gute und konstruktive Zusammenarbeit danken.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich versuche, wieder zum Thema zurückzukommen, Frau Sitzmann.
Es ist richtig, dass das Thema Fachkräftemangel zwar aus den Schlagzeilen verschwunden ist, weil in der aktuellen globalen Wirtschaftskrise, die Baden-Württemberg besonders getroffen hat, die Unternehmen natürlich zunächst einmal bestrebt sind, ihre vorhandenen Fachkräfte so lange, wie es geht, zu halten, um für den Aufschwung nach der Krise gerüstet zu sein. Trotzdem müssen wir uns mit dem Thema Fachkräftemangel befassen, damit es nicht dazu kommt, dass die Un
ternehmen im Aufschwung wegen Fehlens qualifizierter Mitarbeiter ihre Wachstumsmöglichkeiten nicht ausschöpfen können.
Bezüglich des Fehlbedarfs bin ich Ihrer Meinung. Es gibt die Studie von Professor Rürup, der bis zum Jahr 2020 einen Mangel von 550 000 Fachkräften voraussagt – 180 000 akademische und 370 000 nicht akademische –, wobei in den MINT-Berufen leider von einem permanenten Mangel auszugehen ist.
Deshalb ist es sehr gut, dass die Unternehmen in BadenWürttemberg ihre anhaltend hohe Ausbildungsbereitschaft aufrechterhalten und dass sogar knapp 3 000 Unternehmen erstmals oder nach einer längeren Pause erneut in die Ausbildung eingestiegen sind. Dies zeigt, dass die Wirtschaft sehr wohl weiß: Die Auszubildenden von heute sind die Fachkräfte von morgen.
Vorausschauend handeln auch Landesregierung und Wirtschaft mit dem sogenannten MINT-Sofortprogramm. Dadurch erhalten 500 Hochschulabgänger der MINT-Fächer die Möglichkeit, in zukunftsträchtigen Forschungs- und Technologietransferprojekten ihre Qualifikationen zu erweitern, und werden damit von einer möglichen Abwanderung abgehalten. Dies ist in der jetzigen Situation genau das richtige Zeichen.
Außerdem müssen wir alles tun, um die Qualifizierungspotenziale der inländischen Arbeitnehmer optimal zu nutzen, die Weiterbildung älterer Arbeitnehmer zu steigern
und auch die Möglichkeit der Kurzarbeit wirklich zu nutzen, um in die Qualifizierung von Arbeitnehmern zu investieren.
Zum Qualifizierungspotenzial im Inland – da bin ich Ihrer Meinung, Frau Sitzmann – gehört auch die erleichterte Anerkennung ausländischer Qualifikationen von Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die bereits in Deutschland sind. Leider haben wir kein belastbares Zahlenmaterial, um wie viele Männer und Frauen es sich in welchen Berufen für welche Branchen handelt. Hier wäre es notwendig, genaue Daten zu erheben. Die Zahl von 500 000 Akademikerinnen und Akademikern ist eine Schätzung von Ihnen.
Genaues weiß man nicht.
Dass die Anerkennung ausländischer Qualifikationen nicht zufriedenstellend gelöst ist, Frau Sitzmann, ist unstrittig. Auch wir sind der Meinung, dass die Erschließung der mitgebrachten Qualifikationen von Migrantinnen und Migranten, von Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern nicht nur dem Fachkräftemangel abhilft, sondern auch einen wichtigen Beitrag zur beruflichen und gesellschaftlichen Integration darstellt. Frau Sitzmann, da sind wir Ihrer Meinung.
Zu Ihrem Pech hat die Politik den Handlungsbedarf erkannt. Auch die Landesregierung und die Bundesregierung haben ihn erkannt und sind bereits intensiv tätig. Sie haben den Kabinettsausschuss Integration angesprochen, der eine sehr seriöse Expertenanhörung durchgeführt hat. Sie haben den Ko
alitionsvertrag der Bundesregierung freundlicherweise gelesen und auch daraus zitiert. Denn der Bundesgesetzgeber ist hier ebenfalls gefordert; die Schaffung eines besseren Zugangs zum Arbeitsmarkt ist auch eine Bundesaufgabe.
Die Bundesagentur für Arbeit hat bereits seit Januar dieses Jahres – insofern hat auch die alte schwarz-rote Bundesregierung schon gehandelt – zwölf qualifizierte Anerkennungsberater im Einsatz – einen davon in Stuttgart –, die Betroffene beraten und durch das Anerkennungsverfahren begleiten. Es gibt inzwischen einen konkreten Beschlussvorschlag der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Anerkennungsverfahren“, der ganz konkrete Vorschläge an die Bundesregierung enthält, was zu tun ist.
Was müssen wir ändern? Erstens müssen wir die Regelung von Bewertungsverfahren vereinfachen und zweitens einen Rechtsanspruch auch für die Personen schaffen, die nicht EUBürger oder Spätaussiedler sind. Dabei wollen wir keine neue Bürokratie schaffen. Wir müssen flächendeckende Strukturen nutzen. Dies sind, wie auch im Berufsbildungsgesetz definiert, aus unserer Sicht die Kammern. Wir haben auch schon eine Einrichtung, die die Lotsenfunktion übernehmen kann, nämlich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.
Wir sind der Meinung, dass es keine großzügige pauschale Anerkennung von Qualifikationen geben kann. Etikettenschwindel ist nicht hilfreich, weil die Wirtschaft dies nicht akzeptieren wird. Ausländische Berufsabschlüsse können nur dann als gleichwertig bescheinigt werden, wenn die erforderlichen Kompetenzen nachgewiesen werden. Ansonsten kann nur eine Teilanerkennung ausgesprochen werden. Nach- und Anpassungsqualifizierungen müssen erfolgen, wobei wir auch hier flächendeckend eine Struktur von Weiterbildungsträgern haben, die ihr Angebot erweitern können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind der Meinung, dass wir bezüglich der erleichterten Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen auf einem sehr guten Weg sind, Frau Sitzmann, und nicht nur reden, sondern auch handeln. Der Antrag der Grünen einschließlich des Änderungsantrags hat sich deshalb aus unserer Sicht erledigt.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit rund einer Viertelmillion Beschäftigten ist das Land Baden-Württemberg ein wichtiger Arbeitgeber. Darüber hinaus arbeiten in den landesbeteiligten Unternehmen – ich habe jetzt die Zahlen von 2007 – weitere 42 000 Beschäftigte und 3 200 Auszubildende.
Ich möchte jetzt aber eingangs doch ein paar allgemeine Bemerkungen machen. Wir sind der Meinung, dass das Land genauso wie die landesbeteiligten Unternehmen als Arbeitgeber auch eine gewisse Flexibilität beim Einsatz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben muss.
Deshalb ist grundsätzlich die Inanspruchnahme der Optionen, die die Gesetze des Arbeitsrechts bieten, die der Bundestag beschlossen hat und die das Land oder die landesbeteiligten Unternehmen in Anspruch nehmen, nicht nur legal, sondern legitim.
Die Aussage, wenn das Land diese Optionen in Anspruch nimmt, sei das illegitim oder unsozial, ist also nicht richtig. Oftmals sind diese Gesetze nach langer Diskussion auf den Weg gebracht worden, weil der Gesetzgeber eingesehen hat, dass der Arbeitgeber – das Land ist ein großer Arbeitgeber – für einen richtigen Einsatz von Mitarbeitern Flexibilität braucht. Deswegen ist es wichtig, dass es diese Gesetze gibt.
Außerdem stehen einige unserer landesbeteiligten Unternehmen im Wettbewerb mit anderen Unternehmen, wie die Brauerei Rothaus, die Landesmesse Stuttgart und die Hohenzollerische Landesbahn.
Auch diese sind gegenüber ihren Mitbewerbern natürlich darauf angewiesen, Arbeitnehmer sinnvoll und sparsam einzusetzen.
Wenn sich das Land dann noch an tarifvertragliche Regelungen und an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hält
ja, das ist eine Selbstverständlichkeit –, dann sind wir der Meinung, dass das Land und die landesbeteiligten Unternehmen ihren Pflichten als Arbeitgeber und ihrer sozialen Verantwortung sehr wohl nachkommen.
Sozial ist, was Arbeit schafft. Wenn wir weiter gehende soziale Regelungen, weiter gehende soziale Unterstützung möchten, dann müssen wir fragen, ob das nicht vielmehr Sache der Sozialpolitik und nicht originär Sache der Arbeitgeber ist.
Jetzt aber einmal zu den Fakten. Bei den landesbeteiligten Unternehmen – das habe ich jetzt errechnet – waren in einem Jahr rund 12 % der Arbeitnehmer befristet beschäftigt, aber nur 0,6 % waren Leiharbeitnehmer. Ich denke, 0,6 % ist wirklich kein erheblicher Anteil. Die befristeten Arbeitsverhältnisse fanden sich aber vorwiegend bei den Universitätskliniken, beim Forschungszentrum Karlsruhe und dem ZEW. Da werden eben oft Projekte durchgeführt, sodass es einen Grund für befristete Arbeitsverhältnisse gibt. Das erklärt sich von selbst.
Im Hochschulbereich betrifft das Thema „Geringfügig Beschäftigte“ wissenschaftliche Hilfskräfte. Ich glaube, alle Studierenden sind froh, wenn sie einen Job als wissenschaftliche Hilfskraft bekommen. Hier ist die Zahl von 2006 bis 2008 angestiegen, aber ich glaube, dass, wenn ich eine Befragung unter Studierenden machen würde, die Studierenden sagen würden, man könnte die Zahl glatt verdoppeln, weil das Einkommenschancen und natürlich auch die Möglichkeit schafft, Erfahrungen im universitären Bereich zu sammeln.
Wenn man die wissenschaftlichen und studentischen Hilfskräfte außer Acht lässt, dann liegt der Anteil der geringfügig Beschäftigten im Land bei durchschnittlich 4 % aller Beschäftigten. Ich denke, das ist auch noch eine akzeptable Zahl.
Zu den Personalkosten: Sie sind wie ich Mitglied im Finanzausschuss. So, wie die Diskussionen bei mir ankommen, sind immer alle Abgeordneten bestrebt, dass das Land auch bei den Personalkosten, die sich immerhin auf 40 % des Haushaltsvolumens belaufen, sparsam ist und die Ansätze einhält. Dafür braucht auch das Land als Arbeitgeber Flexibilität.
Jetzt zur Ausbildung. Ich bin der Meinung: Wenn die landesbeteiligten Unternehmen deutlich mehr ausbilden, als sie übernehmen können, dann machen sie das, weil sie ihrer Pflicht als Ausbilder nachkommen.
Sie wissen genau, sie können nicht alle Auszubildenden übernehmen, aber trotzdem bilden sie aus, weil wir alle immer sagen: Eine Ausbildung ist für einen jungen Menschen besser als keine Ausbildung. Aber jetzt die Pflicht abzuleiten, noch mehr zu übernehmen, ist sicher nicht sachgerecht. Wir müssen vielmehr sagen: Wenn im Schnitt aller landesbeteiligten Unternehmen die Ausbildungsquote 7,5 % beträgt – das habe ich jetzt für 2008 errechnet; das ist meine eigene Berechnung –, dann ist das, glaube ich, eine sehr gute Quote. Meines Wissens erreichen die Gewerkschaften diese Quote nicht.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass das Land sowohl unmittelbar als auch mittelbar über seine landesbeteiligten Unternehmen sehr wohl seiner sozialen Verantwortung nach kommt und dass eine Beschäftigung beim Land oder bei den landesbeteiligten Unternehmen nach wie vor vom Arbeitnehmer als eine sehr gute Beschäftigung angesehen wird und die Bedingungen summa summarum im Vergleich mit anderen Arbeitgebern überdurchschnittlich gut sind.
Vielen Dank
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Fauser, das Handwerk in Baden-Württemberg ist mit knapp 130 000 Betrieben, 750 000 Männern und Frauen, die darin beschäftigt sind, 60 000 jungen Menschen, die dort ausgebildet werden, und einem Umsatz von 67,5 Milliarden € ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Baden-Württemberg, und zwar sowohl in den
Ballungsgebieten als auch auf dem flachen Land. Damit ist es auch strukturpolitisch ganz wichtig.
Natürlich hat die Wirtschaftskrise vor dem baden-württembergischen Handwerk nicht haltgemacht. Dies konnte man dem Konjunkturbericht für das zweite Quartal entnehmen. Es ist aber richtig: Die Konjunkturdaten haben sich im dritten Quartal gegenüber dem zweiten Quartal deutlich verbessert. Das Konjunkturbarometer liegt sogar wieder auf dem Niveau des Vorjahres. Das hat, glaube ich, niemand so erwartet. Man hat es zwar gewünscht, konnte es aber so nicht erwarten.
Die Situation in den sieben Handwerksgruppen stellt sich unterschiedlich dar: Sechs der sieben Handwerksgruppen profitieren eindeutig. Aber die Handwerksgruppe für den gewerblichen Bedarf, die im letzten Jahr noch Konjunkturlokomotive war, leidet unter der Wirtschaftskrise.
Trotzdem kann das Handwerk per Saldo einen Mitarbeiterzuwachs in mehr Unternehmen verzeichnen, als andere Unternehmen einen Stellenabbau vornehmen. Deswegen schlussfolgert der BWHT sehr mutig: „Das Konjunkturtal gehört endgültig der Vergangenheit an.“ Das ist eine deutliche Aussage und eine sehr gute Nachricht, die uns freut. Dies beweist, dass das Handwerk zwar auch aus eigener Kraft, doch auch durch die Konjunkturprogramme der Bundes- und der Landesregierung sowie auch durch andere Förderprogramme des Landes, die Aufträge ausgelöst haben, wieder erstarkt ist. Diese Aufträge sind beim Handwerk angekommen. Deswegen stellt sich die Situation im Handwerk so gut dar. Denn Unternehmer brauchen Aufträge. Wenn sie Aufträge haben, können sie Menschen beschäftigen und Umsätze erzielen. Damit hat sich gezeigt, dass die Politik der Landesregierung und auch der jetzt noch im Amt befindlichen Bundesregierung richtig waren.
Was wahr ist, muss wahr bleiben.
Auch die Landesprogramme sind wichtig, z. B. das Landessanierungsprogramm, das bekanntermaßen das beschäftigungsintensivste Konjunkturprogramm des Landes ist und Investitionen in Höhe des Achtfachen der bereitgestellten Mittel auslöst, sowie das Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum. Dieses ressortiert zwar nicht im Wirtschaftsministerium, ist aber natürlich struktur- und beschäftigungspolitisch ein wichtiges Programm, weil es nicht nur Aufträge beim Handwerk insbesondere in der Fläche auslöst, sondern auch Strukturen in Ortskernen, in Sanierungsgebieten verbessert.
Über das Konjunkturprogramm – das kann man derzeit in allen Zeitungen lesen – können die Kommunen sehr stark energetische Sanierungen in Schulen, Sporthallen und Kindergärten vornehmen. Sie arbeiten damit am Klimaschutz. Ich möchte aber an dieser Stelle sagen: Es kann nicht sein, dass Gebäudesanierungen nur staatlich gefördert werden. Wir haben gerade beim Mietwohnungsbau einen hohen Sanierungsbedarf und ein hohes Energieeinsparpotenzial. Viele Vermieter würden investieren,
wenn das Mietrecht Möglichkeiten bieten würde, die Einsparungen zumindest teilweise in der Miete zu berechnen, zumin
dest eine gerechte Lastenverteilung zu ermöglichen. Ich glaube, der Vorschlag lautet „fifty-fifty“, also eine Win-win-Situation bei Mieter und Vermieter. Dann würde das Handwerk sehr viele Aufträge bekommen, und es käme dadurch schneller zu einer Verbesserung des Klimaschutzes.
Wichtig in diesen schwierigen Zeiten ist, dass Mittelstand und Handwerk auch die betrieblich notwendigen Finanzierungen bekommen. Eine Kreditklemme im Handwerk gibt es nach unserer Kenntnis nicht. Hier bestätigen sich die stabilen Beziehungen zu den Hausbanken, die in diesem Fall natürlich vorwiegend Sparkassen und Genossenschaftsbanken sind. Allerdings muss man sagen, dass sich in vielen Fällen die Konditionen verschlechtert haben, dass mehr Sicherheiten und auch entsprechend höhere Zinsen gefordert werden.
Deswegen war es richtig, dass das Land, die L-Bank und die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft ihren Bürgschaftsrahmen deutlich aufgestockt haben und auch wesentlich mehr Bürgschaften an kleine und mittlere Unternehmen und an Handwerksbetriebe vergeben wurden und dass sie damit die Finanzierung des Handwerks sichergestellt haben.
Wir sehen auch eine wichtige Unterstützung des Handwerks bei der Steuerentlastung. Das Thema „Kalte Progression“ erwischt gerade bei Lohnerhöhungen die Mitarbeiter im Handwerk deutlich. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind gleichermaßen frustriert. Der Arbeitnehmer sieht nichts von der Lohn erhöhung, der Arbeitgeber muss viel dafür zahlen, weil noch der Sozialversicherungsanteil dazukommt. Natürlich profitiert nur der Staat.
Wir sehen hier Handlungsbedarf bei der Bundesregierung, damit das Handwerk, die Mitarbeiter und die Leistungsträger des Handwerks entlastet werden.
Weiteres in der zweiten Runde.
Sehr geehrter Herr Kretschmann, es tut mir schrecklich leid, aber den Vorwurf des mangelnden Realitätssinns muss ich jetzt schon zurückgeben. Denn ich hatte bei Ihrer Rede den Eindruck, dass Sie den dritten Quartalsbericht des Handwerks schlicht und einfach nicht gelesen haben. Wahrscheinlich haben Sie Ihre Rede letzte Woche geschrieben. Es sind auch keine Märchen, über die wir hier berichten, sondern es ist eine nachzulesende Aussage des Handwerkspräsidenten: Das Konjunkturtal gehört endgültig der Vergangenheit an. Das können Sie nicht als Märchen bezeichnen. Die Zahlen im dritten Quartal sind gegenüber dem zweiten Quartal in der Tat deutlich gestiegen. Wenn man jetzt nur den zweiten Quartalsbericht gelesen hat, kommt man sicher zu einer anderen Einschätzung. Aber Sie haben ja Realitätssinn gefordert, und zum Realitätssinn gehört, dass man aktuelle Zahlen verwendet und nicht Zahlen, die schon ein Vierteljahr alt sind.
Nun zum Thema Klimaschutz. Ich bin mit Ihnen darin einig, dass wir mehr für den Klimaschutz tun können und dass dies auch dem Handwerk dient. Aber es kann nicht sein, dass dies alles durch Förderprogramme oder durch Subventionen finan
ziert wird. Deswegen kann man über das Thema Einspeisevergütung sicher diskutieren. Wir müssen dazu kommen, dass derjenige, der investiert – z. B. der Vermieter –, nicht nur die Nachteile hat, während der Mieter infolge der Energieeinsparung nur Vorteile hat, sondern dass da irgendwie eine Aufteilung erfolgt und der Vermieter ein Return on Investment sieht. Dann werden die Vermieter auch mehr investieren. Das wird einen deutlichen Schub geben, ohne Förderprogramme und ohne Erhöhung von irgendwelchen Einspeisevergütungen.
Dann zum Thema „Kalte Progression“. Diese kalte Progression wurde seinerzeit ganz bewusst von der rot-grünen Bundesregierung in den Steuertarif eingebaut. Man hat zwar auf der einen Seite entlastet, dann aber die kalte Progression eingebaut, damit die Steuereinnahmen in den Folgejahren natürlich wieder steigen. Es geht nicht darum, dem Staat Steuern wegzunehmen, sondern es geht darum, dass der Staat bei Lohnsteigerungen nicht überdurchschnittlich profitiert, sondern nur gedeckelt profitiert. Denn es ist doch ganz klar, Herr Kretschmann: Wenn beim Arbeitnehmer von einer Lohnsteigerung nichts ankommt, dann haben wir ständig die Forderung nach weiteren Lohnsteigerungen,
und das ist genau das Thema, das die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe dämpft. Bei der kalten Progression soll jetzt auch nicht der Großverdiener entlastet werden, sondern – das wissen Sie ganz genau – der Facharbeiter, der Handwerksgeselle, die Krankenschwester und die Erzieherin. Diese Personengruppen müssen entlastet werden, und zwar in großem Maß. Insofern ist das eine Hauptaufgabe der neuen Bundesregierung. Ich erwarte hier auch, dass man dieses Thema angeht, bin allerdings mit Ihnen der Meinung, dass man, bevor man jetzt weitere große Steuerpakete auf den Weg bringt, dies natürlich entlang des Konjunkturverlaufs und entlang der Steuereinnahmen diskutieren muss. Denn es kann nicht sein, dass nachhaltige Finanzpolitik ein Thema von gestern war und diese Vorgabe heute in der Krise nicht mehr gilt. Da sind wir uns einig.
Aber beim Thema „Kalte Progression“ sind Sie schiefgewickelt.
Nein, ich bin jetzt nicht beim Generalunternehmer, sondern ich möchte jetzt ein ganz anderes Thema ansprechen, ein Thema, das in jeder Wahlveranstaltung auf dem flachen Land – ich komme auch aus dem ländlichen Raum – ein Megathema ist. Dem Handwerker, der ja, wie wir gehört haben, im ganzen Land aktiv tätig ist, ist der Zugang zur Hochgeschwindigkeitsbreitbandinfrastruktur meist verwehrt. Das behindert den Handwerker auf dem Land und schränkt ihn in seiner Wettbewerbsfähigkeit ein. Das ist der Klagepunkt Nummer 1 in jeder öffentlichen Veranstaltung. Ich möchte mich, obwohl Peter Hauk gerade nicht da ist, beim Landwirtschaftsminister herzlich bedanken, dass er der erste Minister in der Bundesrepublik Deutschland war, der dieses Thema angegangen ist und in Brüssel dafür gesorgt hat, dass Brüssel akzeptiert, dass dies, wenn sich Kommunen hier engagieren, zum Thema Daseinsvorsorge gehört, sodass die Kommunen hier mithelfen
können. Nur dadurch haben wir jetzt überhaupt Bewegung in dieses Thema hineinbekommen.
Herr Schmiedel, Sie sind nicht aus dem ländlichen Raum. Deswegen wissen Sie das nicht.
Er ist so am Rande;
ich weiß, woher er kommt. – Das Land Baden-Württemberg hat als erstes Land ein Förderprogramm auf den Weg gebracht und stellt immerhin 53 Millionen € für die nächsten zwei Jahre bereit. Wir werden 170 Projekte anschieben. Ich sage Ihnen: Das Handwerk, der Mittelstand auf dem flachen Land, wartet darauf, endlich über eine gescheite Infrastruktur beim Thema „Schnelle Datenautobahn“ verfügen zu können, um hier auch wettbewerbsfähig zu sein. Insofern hat das Thema für uns eine hohe Priorität.
Zum Schluss habe ich nur noch einen Wunsch – der Minister hat von der Innovationspolitik des Landes gesprochen –: Ich glaube, wir müssen mehr tun, um hier auch das Handwerk mit einzubeziehen. Wir müssen gerade auch bei dem Landesprojekt zur Elektromobilität mehr tun, um die entsprechenden Handwerksbereiche, also Elektrohandwerk und Kfz-Handwerk, hier mit einzubeziehen. Da besteht noch Handlungsbedarf. Ich glaube, das Handwerk wartet darauf, dass sich hier mehr tut.
Vielen Dank.
Herr Vizepräsident, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Der österreichische Wirtschaftsminister Mitterlehner hat dieser Tage gesagt, Österreich habe in seinem Konjunkturprogramm eine Abwrackprämie für Autos beschlossen – aus Solidarität zu Deutschland –, da auch in Österreich viele Unternehmen Zulieferunternehmen für die deutsche Autoindustrie seien. Ich denke, das ist eine erstaunliche Bemerkung. Auch wenn die Abwrackprämie jetzt nicht allen deutschen Automobilherstellern hilft, so zeigt sie doch, dass sich die EU-Länder, was die Krise angeht, als in einem Boot sitzend fühlen.
Die Übersicht über die europäischen Konjunkturprogramme in der Stellungnahme zu dem der Debatte zugrunde liegenden Antrag ist interessant, und zwar auch deshalb, weil zehn von 27 Mitgliedsstaaten überhaupt keine Konjunkturprogramme beschlossen haben. Hier kann man natürlich fragen, warum das so ist. Es ist so, weil sich Länder wie Lettland und Ungarn ein solches Programm überhaupt nicht leisten können. Dies zeigt, wie wichtig es ist, in guten Zeiten die Staatsverschuldung abzubauen, damit man in schlechten Zeiten auch antizyklisch reagieren kann.
Da stimmt mir Kollege Theurer sicher zu.
Deshalb war es nicht nur gut, sondern sogar dringend erforderlich, dass Bund, Land und Kommunen in den letzten guten Jahren einen Kurs der Haushaltskonsolidierung gefahren haben
und unser Land sogar die Nullnettoneuverschuldung erreicht hat.
Nur dadurch sind wir in der Lage, die gewaltigen Konjunkturprogramme zu schultern. Es macht aber keinen Sinn, jetzt nach einem dritten Konjunkturprogramm zu rufen, wie es ja bereits geschieht,
wenn die ersten beiden Konjunkturprogramme überhaupt noch nicht voll wirken.
Auch EU-Kommissar Günter Verheugen hat sich dieser Tage ja dahin gehend geäußert.
Bis heute ist de facto noch sehr wenig Geld aus dem Konjunkturprogramm bei den Unternehmen angekommen – das gilt zumindest für den Teil des Konjunkturprogramms, der die Kommunen betrifft –, weil auch Beschlüsse der kommunalen Gremien eingeholt werden mussten. Dies ist vor Ostern passiert, und die Beschlüsse werden jetzt umgesetzt.
Nun zur Bewertung. Dass Deutschland und Baden-Württemberg mit den Konjunkturprogrammen auf dem richtigen Weg sind, haben Finanzexperten der Europäischen Kommission erst kürzlich in einer Studie belegt: Kein anderes großes EULand wende mehr für die Stabilisierung der Konjunktur auf. Es wird auch bescheinigt, dass man in den Maßnahmen ein hohes Potenzial sehe, die Nachfrage zu stimulieren. Dies wird auch vom Chef des DIW, Klaus Zimmermann, unterstützt, der ja bereits zum Jahreswechsel ein Ende der Rezession und für Anfang 2010 sogar eine leichte Belebung sieht. Diese Einschätzung teilt auch der Maschinenbauverband, der Gott sei Dank aus Ländern wie China, Indien und Brasilien sogar deutliche Hinweise auf eine Zunahme von Bestellungen sieht.
Aber eines muss uns allen klar sein: Mit den Konjunkturprogrammen allein können wir das derzeitige Problem nicht lösen. So sagt auch der Chef des Internationalen Währungsfonds, dass die Konjunkturprogramme nur ein Nebenkriegsschauplatz seien – und weitere Steuersenkungen auch. Die Industrieländer sollten sich endlich um die „toxischen“ Wertpapiere kümmern. Deshalb müssen wir uns – auch wenn uns dies nicht gefällt, auch wenn wir es uns anders gewünscht hätten – konstruktiv mit dem Instrument der Bad Bank auseinandersetzen. Dieses Problem kann nicht durch Konjunkturprogramme gelöst werden. Allein in den deutschen Banken befinden sich „faule“ Wertpapiere im Umfang von 853 Milliarden €. Das Vertrauen der Banken ist noch nicht wiederhergestellt. Das Geld der Banken muss endlich in die Unternehmen fließen. Dann bekommen wir wieder normale Verhältnisse.
Aus diesem Grund ist es nur richtig, dass die Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel das Problem jetzt durch Auslagerung der „giftigen“ Wertpapiere in Zweckgesellschaften angeht, um die Banken wieder zu ihrem „Brot- und Buttergeschäft“ zurückkehren zu lassen.
Klar dabei ist aber auch, dass wir eine Lösung brauchen, die die öffentliche Hand, die Steuerzahler so wenig wie möglich belastet. Modelle gibt es hier. Aber auch in diesem Zusammenhang gilt: Wenn die Flut steigt, muss man die Dämme höher bauen.
Zusammenfassend können wir sagen, dass Deutschland, dass Baden-Württemberg im EU-Vergleich im Hinblick auf die Unterstützung der Konjunktur vorbildlich handeln. Über den Berg werden wir aber erst sein, wenn das Problem der „vergifteten“ Wertpapiere in den Bankbilanzen im Sinne einer schadstofffreien Entsorgung positiv gelöst ist.
Vielen Dank.
Nachdem es die Möglichkeit für eine zweite Runde gibt, möchte ich noch auf ein paar Dinge eingehen. Ich gehe davon aus, dass die FDP nicht nur an einer symmetrischen Politik, sondern auch an einer sys temischen Stabilisierung interessiert ist.
Wir alle wissen, dass wir als Land die Unternehmen nicht unbeschränkt mit Bürgschaftshinterlegungen stützen können, sondern schauen müssen, dass die Banken wieder alleine stehen können, alleine laufen können.
Deswegen ist – ob wir es wollen oder nicht – die Stabilisierung der Banken im Zusammenhang mit „toxischen“ Wertpapieren ein existenzielles Thema, damit unsere Wirtschaft wieder in Gang kommt.
Zu den angesprochenen Punkten im Bereich Steuerpolitik: Wir haben die Situation, dass das Ausland, z. B. Frankreich, in der Gastronomie mit einem reduzierten Mehrwertsteuersatz arbeitet.
Da stehen wir unter Wettbewerbsdruck. Wenn wir es finanzieren können, müssen wir gleichziehen, damit wir unserer Gastronomie insbesondere am Oberrhein gleiche Geschäftsbedingungen ermöglichen.
Beim Konjunkturprogramm des Landes müsste nach meiner Meinung eigentlich auch die Opposition jubeln. Für mich ist z. B. das Thema „Sanierung der öffentlichen Gebäude“ ein ganz wichtiger Punkt, der auch nachhaltig ist, weil er die Ener gieverbräuche deutlich senkt und damit auch die Haushalte in Zukunft entlastet. Das ist eine ganz wichtige Sache und stärkt übrigens auch Handwerk, kleines Handwerk und Baufirmen.
Zweiter Punkt: Das Land investiert stark in den Ausbau der Infrastruktur, auch im Hinblick auf schnelle Internetverbindungen. Damit wird der Wirtschaftsstandort Baden-Württem
berg dauerhaft gestärkt, weil wir wichtige Maßnahmen vorziehen.
Dritter Punkt: Die Ausweitung der Kurzarbeit ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass Arbeitskräfte gehalten und nicht wegen kurzfristiger Probleme entlassen werden sollten, damit nicht hinterher wieder intensiv gesucht werden muss. Das ist ganz wichtig und stärkt auch die Kleinbetriebe in BadenWürttemberg. Der Bürgschaftsrahmen, Herr Theurer, kommt nicht nur den großen Unternehmen zugute, sondern allen, auch den kleinen Unternehmen.
Insofern ist das Konjunkturprogramm des Landes BadenWürttemberg sehr ausgewogen, und zwar sowohl für große als auch für kleine Unternehmen.
So weit meine Ergänzungen hierzu.
Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag beinhaltet ein ganzes Sammelsurium von
Themenfeldern. Insofern ist es auch nicht ganz eindeutig, welches Ministerium oder welcher Ausschuss damit angesprochen ist.
Von den 1 102 Kommunen in Baden-Württemberg haben rund 600 – also über die Hälfte – weniger als 5 000 Einwohner. Die se kleineren Gemeinden liegen vorrangig im ländlichen Raum.
Gleichzeitig laufen Bestrebungen bei Unternehmen wie Post und Banken, ihr Filialnetz zur Kostenersparnis weiter zu konzentrieren bzw. auszudünnen. Handelsunternehmen z. B. im Bereich Möbel versuchen durch einen maximalen Flächenausweis von 30 000 m² einen großen Einzugsbereich abzudecken und wirken damit – da gebe ich meiner Vorrednerin recht – wie ein Staubsauger auf die Kaufkraft des Umlands.
Die Suche des Handels, insbesondere des Lebensmittelhandels nach autogerechten Standorten führt im Ergebnis oft dazu, dass Standorte in den Ortskernen – verbrauchernah und fußläufig erreichbar – aufgegeben werden müssen, während die Verkaufsfläche am Ortsrand, in Gewerbegebieten, entlang von Schnellstraßen oder in der Nähe von viel befahrenen Straßenkreuzungen ständig zunimmt.
Aus diesen Gründen möchte ich bei meinen Ausführungen – wie es meine Vorrednerin auch gemacht hat – die Nahversorgung, speziell die Nahversorgung mit Gütern und Dienstleis tungen ansprechen. Vor diesem Hintergrund verwundert es auch nicht, dass Experten sagen, die Menge der aus Einkaufsgründen gefahrenen Kilometer sei in den letzten Jahren allein in Deutschland auf 440 Millionen angestiegen.
Nahversorgung steht bei den Bürgern in Bürgerversammlungen immer ganz oben auf der Wunschliste. Sie kommt auch allen Bürgern zugute: Autofahrern, aber auch Kindern und Jugendlichen, die noch nicht Auto fahren können, und den älteren Mitbürgern, die oftmals nicht jeden Einkauf mit dem Auto erledigen wollen – auch wenn sie es könnten, aber sie wollen es eigentlich nicht. Im Ergebnis – summa summarum – ist Nahversorgung auch klimafreundlicher und energiesparender.
Ich glaube, wir können sagen, dass wir in Baden-Württemberg zwar die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen gesichert haben, aber nahe Versorgung, also Angebote der kurzen Wege, integrierte Angebote in der Tat ein Thema sind, an dem man ständig arbeiten muss. Auch kann man diese Entwicklung nicht nur dem Wettbewerb, der Privatwirtschaft überlassen. Vielmehr ist oftmals das Engagement der öffentlichen Hand, der Kommunen oder eventuell auch des Landes, erforderlich.
Ich möchte an dieser Stelle aber ausdrücklich sagen, dass die Kommunen mit ihrem Planungsrecht und ihrer Grundstückspolitik sehr wohl starke Instrumente in der Hand haben, mit denen sie Nahversorgung im Sinne ihrer Bürger gestalten können, so sie denn diese Instrumente anwenden. Oftmals sind es auch kommunale Grundstücksverkäufe, durch die gerade großflächiger Einzelhandel konkret im Gewerbegebiet eines Ortes angesiedelt wird. Damit hat das Land nichts zu tun, son
dern es ist die Kommune. Wenn man einmal durch das Land fährt, kann man feststellen, dass die Ansiedlungspolitik in den Unternehmen, die Politik zur Entwicklung der Ortskerne sehr unterschiedlich ist.
Dass inzwischen auch Bürger einen ungebremsten Flächenzuwachs kritisch sehen, zeigt u. a. ein Fall, der derzeit im Petitionsausschuss behandelt wird, der auch durch die Presse ging. Bei diesem Fall ist ein Teil der Bürger der Meinung, dass mit zwei Lebensmittelmärkten die Versorgung im Ort gesichert sei und ein weiterer Markt mit 1 500 m2 plus 100 Parkplätzen nicht notwendig sei, um die Versorgung der Einwohner im Ort zu sichern.
Im Gegensatz zu meiner Vorrednerin begrüße ich es ausdrücklich, dass die Landesregierung den Kabinettsausschuss Ländlicher Raum eingesetzt hat. Ich glaube, dort sind eine ganze Menge von sinnvollen Empfehlungen herausgearbeitet worden. Es wäre sicher wichtig, diese auch im zuständigen Ausschuss zu behandeln.
Ich bin auch der Meinung, dass Landesentwicklungsplan und Landesplanungsgesetz und auch der Einzelhandelserlass die richtigen Instrumente sind, um die regionalplanerische Steuerung von Handelsflächen durchzuführen und auch Nahversorgung zu sichern.
Die Landesregierung macht über das Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum und die Stadtsanierung sehr viel, um die verbrauchernahe Versorgung zu sichern. Es gibt gute Beispiele dafür, dass durch die Umnutzung bestehender Gebäude, durch Schließung von Baulücken in den Ortskernen wettbewerbsfähige Handelsflächen mit den entsprechenden Parkflächen geschaffen werden konnten.
Ich möchte an dieser Stelle, weil es auch im Antrag vorkommt, der Landesregierung ausdrücklich dafür danken, dass sie mit ihrer Breitbandinitiative und ihrem Gang nach Brüssel – ich möchte nicht sagen: nach Canossa – erreicht hat, dass sich die Kommunen beim Ausbau der Breitbandinfrastruktur engagieren können. Das war vorher nicht möglich. Sie hat ein Förderprogramm aufgelegt, und die Bundesregierung hat die Förderung jetzt aufgestockt. Insofern können wir davon ausgehen, dass der Ausbau der Breitbandinfrastruktur – die Breitbandversorgung gehört inzwischen ja zur Grundversorgung, insbesondere wenn es um die Ansiedlung von Unternehmen geht – zügig vorangehen kann. Es gibt ja gerade im ländlichen Raum Unternehmen, die ihren Bürgermeistern mit Abwanderung drohen, wenn die Infrastruktur nicht möglichst schnell verbessert wird.
Abschließend möchte ich sagen, dass Nahversorgung aus unserer Sicht ein wichtiges Zukunftsthema ist, auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels. Ältere Menschen legen mehr Wert auf Nahversorgung als junge, automobile Menschen. Oder, umgekehrt gesagt: Eine funktionierende Nahversorgung ermöglicht älteren Menschen, länger selbstständig in ihrem gewohnten Umfeld zu leben. Aus diesem Grund wird sich die CDU-Frakti
on auch in Zukunft für eine verbrauchernahe Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs einsetzen.
Vielen Dank.
Frau Vizepräsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Wort „Fachkräftemangel“ beherrscht ja inzwischen zunehmend die politische Diskussion; denn wir alle wissen, dass Innovationskraft, Wettbewerbsfähigkeit und Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft wesentlich davon abhängen, dass genügend qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Verfügung stehen.
Auch die Tatsache, inwieweit prognostiziertes Wachstum Realität werden kann, hängt davon ab, inwieweit die gesuchten Fachkräfte in der benötigten Anzahl zur Verfügung stehen. Unsere Betriebe brauchen auf der einen Seite Akademiker – Ingenieure, Physiker, Chemiker –, aber sie brauchen auch Facharbeiter – Mechatroniker, Schreiner, Industriekaufleute etc. Wenn Unternehmen also ausbilden, dann ist das eine klassische Win-win-Situation für beide Seiten, für die Unternehmen sowie für die Jugendlichen.
Wir freuen uns, dass sich die Ausbildungssituation in den letzten Jahren kontinuierlich und im letzten Jahr – Herr Kaufmann hat es angesprochen – deutlich verbessert hat. Weil Herr Kaufmann etwas großzügig über die Zahlen hinwegging,
weil sie ihm zu gut waren, möchte ich sie hier doch einfach detailliert vortragen.
Zum Stichtag 30. September haben nämlich in Baden-Würt temberg – wir sind hier im baden-württembergischen Landesparlament – zusätzlich 5 491 Betriebe ausgebildet. 5 491 Unternehmen, die bisher noch nie ausgebildet hatten, sind in die duale Ausbildung eingestiegen! Somit konnten weitere 12 122 Jugendliche eine berufliche Ausbildung beginnen. Das ist ein ganz toller Erfolg, ein sensationeller Erfolg.
Im Gegensatz zur Behauptung im SPD-Antrag ist die Zahl der Ausbildungsplätze auch effektiv angestiegen. Das haben Sie auch verschwiegen.
81 216 unterzeichnete Ausbildungsverträge bedeuten ein Mehr von 10 % gegenüber dem Vorjahr.
Was das Problem der Altbewerber oder nicht vermittelter Bewerber angeht: Nur 1,7 % der Bewerber haben zum 30. Sep tember noch keine Ausbildungsstelle gehabt. Allerdings war die Zahl der offenen Ausbildungsstellen höher. Es sind auch Nachvermittlungsaktionen gelaufen, sodass wir davon ausgehen können, dass es heute schon deutlich weniger als 1,7 % sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist das beste Ergebnis seit 16 Jahren. Darüber können wir uns ehrlichen Herzens freuen, auch die Opposition.
Die Unternehmen und Unternehmer haben die Zeichen der Zeit erkannt.
Wer rechtzeitig ausbildet, sorgt vor für die Zukunft. Die Anstrengungen der Landesregierung in den vergangenen Jahren haben sich gelohnt. Das Bündnis zur Stärkung der beruflichen Ausbildung war erfolgreich. Ich möchte deshalb an dieser Stelle allen danken, die an diesem Erfolg beteiligt sind: den Betrieben und Unternehmern, den Kammern und Verbänden, die sich wirklich mit großem Engagement eingebracht haben.
Erfolgreich war auch das „Altbewerberprogramm“ des Landes. Wir haben mehr als 2 000 Altbewerber versorgen können, sodass wir zum Stichtag nur noch 694 Altbewerber hatten. Auch hier waren genügend offene Stellen da, um diese Altbewerber zu versorgen. Es sind auch Nachvermittlungen gelaufen.
Es freut uns natürlich, dass die Bundesregierung jetzt auch ein „Altbewerberprogramm“ auf den Weg bringen will.
Wir warten, bis der Bundesarbeitsminister die Reibungsverluste abgearbeitet hat.
Er ist in der Verantwortung. Er wird auch in der Lage sein, die Reibungsverluste abzuarbeiten.
Die CDU-Fraktion unterstützt, dass die Landesregierung ihre Anstrengungen auch in Zukunft auf diesem Gebiet fortsetzt und erweitert. Wir wollen, dass alle Jugendlichen zeitnah eine berufliche Ausbildung beginnen können, um auch dem angekündigten Fachkräftemangel rechtzeitig zu begegnen. Wir unterstützen, dass das Wirtschaftsministerium verstärkt die Verbundausbildung will und dass auch verstärkt von ausländischen Inhabern geführte Unternehmen angesprochen werden sollen.
Wir sehen in dem Programm zur Stärkung der Hauptschule einen ganz wesentlichen Punkt, um die Ausbildungsreife zu verbessern, damit auch jeder Hauptschulabgänger in BadenWürttemberg eine duale Ausbildung erfolgreich durchlaufen kann.
Herr Zeller, wir reden nicht von Berlin. Nebenbei bemerkt, es gibt bereits heute viele Hauptschulen in diesem Land, in denen alle Schüler den Hauptschulabschluss bestehen und erfolgreich in eine duale Ausbildung einsteigen.
Wie sieht die Entwicklung in den nächsten Jahren aus?
Wir wissen um den doppelten Abiturientenjahrgang im Jahr 2012. Aber Panik ist hier völlig fehl am Platz. Die Bewerberzahlen werden in den nächs ten Jahren nämlich nicht steigen, und das vom Statistischen Landesamt prognostizierte Hoch wird niedriger sein als in diesem Jahr. Wir hatten nämlich im Jahr 2007 den Höchststand an Bewerbern.
Wir haben eine sehr gute Versorgung erreicht. Wir sind zuversichtlich, dass wir mit den Maßnahmen der Landesregierung die Probleme lösen und auch dem doppelten Abiturientenjahrgang und dem Schülerjahrgang 2012 die berufliche Perspektive geben können, die die Jugendlichen brauchen.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir alle haben mit Freude und Erleichterung zur Kenntnis genommen, dass die wirtschaftliche Entwicklung endlich greift – 2,7 % Wachstum im letzten Jahr –, dass der Aufschwung auf die Beschäftigung durchschlägt, dass die Steuereinnahmen steigen und dass das Vertrauen auch die Bundesbürger erreicht – laut „Politbarometer“ sehen inzwischen 61 % der Bürger den Gang der Wirtschaft äußerst positiv.
Bundesweit zum jetzigen Zeitpunkt 800 000 Arbeitslose weniger als im Vorjahr und 600 000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse mehr, obwohl 100 000 Arbeitsstellen abgebaut wurden, sind eine äußerst positive Bilanz und bedeuten konkret bessere Einkommen, bessere Zukunftschancen für 800 000 Menschen und ihre Familien.
Dabei muss man sagen, dass sich diese positive Arbeitsplatzbilanz nicht gleichmäßig auf die Unternehmen verteilt, sondern dass vielmehr der Abbau der 100 000 Arbeitsstellen vorwiegend in den Großunternehmen und die Schaffung neuer Stellen vorwiegend in mittelständischen Unternehmen erfolgte. Das heißt konkret: Der Mittelstand ist Jobmotor in Baden-Württemberg. Aber der Mittelstand ist auch Jobmotor in Deutschland, Herr Rülke. Wir haben auch im übrigen Deutschland Mittelstand, nicht nur in Baden-Württemberg.
Entgegen der öffentlichen Berichterstattung, die oft, insbesondere dieser Tage, den Eindruck erweckt, alles, was wirtschaftlich relevant ist, finde in Großunternehmen statt, ist es tatsächlich so, dass die konkrete „Kleinarbeit“, die Schaffung von Arbeitsplätzen in vielen kleinen Unternehmen, im Handwerk und bei Freiberuflern stattfindet und damit dort vielen Menschen Existenzgrundlage verschafft.
Darüber hinaus gibt es auch noch Unternehmen, die über Generationen hinweg von derselben Familie geführt werden. Als Beispiel möchte ich ein Aushängeschild Baden-Württembergs nennen. In diesem Jahr wird in Freiburg „200 Jahre Verlag Herder“ gefeiert. Dieses Unternehmen wird in sechster Generation unternehmerisch erfolgreich geführt. Der Verlag hat derzeit drei Bücher in den Bestsellerlisten, darunter auch das erstplatzierte – Starautor: Papst Benedikt. Fünfmal ist die Unternehmensübergabe innerhalb dieser Familie erfolgreich geglückt, und dies auch in schweren Zeiten. Ich möchte dies ausdrücklich erwähnen, weil wir immer denken, die Zeiten seien im Moment besonders schwierig. Wenn wir 200 Jahre zurückschauen, stellen wir fest: Die Zeiten waren nicht immer besonders einfach.
Es gab seit dieser Zeit zwei Weltkriege, einen weiteren Krieg, die Weltwirtschaftskrise etc.
Unternehmen erhalten, Nachfolge sichern ist ein ganz wichtiges Ziel der CDU-Mittelstandspolitik in Baden-Württemberg und im Bund. 45 000 bis 60 000 Unternehmen stehen im derzeitigen Fünfjahreszeitraum zur Nachfolge an. Es gilt, 140 000 Arbeitsplätze auf diesem Weg zu sichern. Daher ist die Unternehmensübergabe natürlich auch ein wichtiges wirtschaftspolitisches Thema der Landespolitik.
Der Landtag hat sich 1999, Herr Dr. Rülke, durch die Mittelstandsenquetekommission sehr intensiv mit dem Thema Nachfolge/Übergabe beschäftigt – ich muss gestehen, es war für mich eines der spannendsten Themen überhaupt – und hat hierzu ein umfangreiches Paket von Empfehlungen verabschiedet, die dann letztendlich in das Zwölfpunkteprogramm
des Wirtschaftsministeriums eingeflossen sind und die auch Basis der Übergabeunterstützung sind.
Was ist entscheidend für eine erfolgreiche Übergabe? Entscheidend ist, dass sich der Unternehmer, der übergeben will, rechtzeitig mit diesem Thema befasst. Die Experten sagen, der Prozess dauere fünf bis zehn Jahre, bis er erfolgreich abgeschlossen ist. Es ist ganz wichtig, dass die Übergabe zu einem Zeitpunkt stattfindet, zu dem das Unternehmen voll wettbewerbsfähig ist, zu dem es keinen Investitionsstau gibt, zu dem das Unternehmen sozusagen in Saft und Kraft steht. Man muss geeignete Nachfolger finden, man muss die Finanzierung sichern, man muss steuerrechtliche Fragen klären. Das alles wird unterstützt; Herr Dr. Rülke hat das Zwölfpunkteprogramm schon angesprochen.
Neu und anders ist, dass die Nachfolger nicht mehr in dem gleichen Ausmaß wie bisher innerhalb der Familie selbst gefunden werden können. In der Vergangenheit hat in rund drei Viertel aller Fälle einer der Söhne bzw. eine der Töchter das Unternehmen übernommen. Inzwischen gestaltet sich die Berufswahl anders, sind Lebensentscheidungen innerhalb der Familie andere, sodass in vielen Fällen externe Nachfolger gefunden werden müssen. Das ist ein ganz wichtiges und ganz schwieriges Thema, und das Land versucht, diesen Prozess durch Moderatoren zu unterstützen. Die größte Schwierigkeit liegt dabei in der Aufgabe, eine Person zu finden, die hierfür geeignet ist, die willens ist und die auch die erforderliche Finanzierung zustande bekommt, um das Unternehmen übernehmen zu können. – Das betrifft jetzt die eine Hälfte der Unternehmen, die übergeben werden.