Protokoll der Sitzung vom 05.02.2010

Berichterstatter für den Bereich Kommunaler Finanzausgleich: Abg. Dr. Stefan Scheffold

Berichterstatter für den Bereich Staatlicher Hochbau: Abg. Klaus Dieter Reichardt

Punkt 1 d:

Staatshaushaltsgesetz 2010/11 – Drucksache 14/5600

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksache 14/5715

Berichterstatter: Abg. Klaus Herrmann

Punkt 2:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Haushaltsbegleitgesetz 2010 und Gesetz über das Landesschuldbuch – Drucksache 14/5680

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksache 14/5716

Berichterstatter: Abg. Klaus Herrmann

Punkt 3:

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zur Mittelfristigen Finanzplanung des Landes BadenWürttemberg für die Jahre 2009 bis 2013 – Drucksachen 14/5681, 14/5717

Berichterstatter: Abg. Klaus Herrmann

Das Präsidium hat für die Gesamtaussprache über die Tagesordnungspunkte 1 b bis d sowie über die Tagesordnungspunkte 2 und 3 eine Redezeit von 15 Minuten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

Für die CDU-Fraktion darf ich Herrn Abg. Groh als Erstem das Wort erteilen.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Das wird ein guter Ein- stieg!)

Vielen Dank. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In Kapitel 0608 – Steuerverwaltung – ist insbesondere der Personalhaushalt von Bedeutung, macht er doch allein schon rund 85 % der gesamten Stellen des Einzelplans 06 aus. Die Steuerverwaltung verfügt demnach über 14 780 Stellen, davon 13 286 Beamtenstellen.

Die CDU-Fraktion hat sich schon immer dieser Personalsituation angenommen und wiederholt auf eine Verbesserung der Beförderungssituation gedrängt, zuletzt beim Haushalt 2007/2008 einschließlich Nachtrag mit 600 Stellenhebungen im mittleren und 300 Stellenhebungen im gehobenen Dienst. Dies kann aber nur ein erster Schritt sein.

Für den mittleren und den gehobenen Dienst in der Steuerverwaltung gilt es, in der anstehenden Dienstrechtsreform weitere Verbesserungen zu erreichen. Im mittleren Dienst sind Beförderungen nicht unter einer Wartezeit von sieben Jahren möglich. Hinzu kommt, dass Steuerbeamte des mittleren Dienstes kaum die Möglichkeit haben, in die freie Wirtschaft oder in andere Branchen zu wechseln. Im gehobenen Dienst liegen die Beförderungsfristen sogar bei zehn Jahren. Dies betrifft hoch qualifizierte Bedienstete mit Abitur und Fachhochschulstudium.

In Kapitel 0620 sind die Betriebe und Beteiligungen des Finanzministeriums zusammengefasst. Wer sich jedoch einen Überblick über das Vermögen des Landes insgesamt verschaffen möchte, muss auch in Kapitel 1209 – Staatsvermögen – und im Beteiligungsbericht nachschauen. Da allerdings in Kapitel 1209 der Grundstock nur in Einnahmen und Ausgaben durchgebucht wird, ergibt sich der tatsächliche Vermögensbestand genau nur aus der Vermögensübersicht im Vorheft zum

Staatshaushaltsplan sowie aus der Übersicht über die im Bereich des Einzelplans 12 verwalteten Sondervermögen.

Der Grundstock als zentrale Vermögensbilanz teilt sich auf in einen Allgemeinen Grundstock und einen Forstgrundstock; das ist Ihnen bekannt. Der Staatswald beispielsweise ist in der Vermögensübersicht in Summe der Größe und des Wertes nach dargestellt. Alle anderen Vermögenswerte des Landes sind dem Allgemeinen Grundstock zugeordnet. Das heißt, wird ein Unternehmen gekauft oder eine Beteiligung erworben, oder trennt sich das Land von Einrichtungen, erfolgt die Abwicklung über diesen Grundstock. Dank gilt der Badischen Verfassung von 1818 für diese vermögenserhaltende Einrichtung.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Jetzt kommt es! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das Badnerlied!)

Das singen wir danach, lieber Kollege.

(Vereinzelt Beifall)

Selbst wenn im Haushalt eine Entnahme aus dem Allgemeinen Grundstock von 180 Millionen € etatisiert ist, wird über Grundstückszukäufe in der Größenordnung von 82 Millionen € gleichzeitig der hälftige Vermögenswert diesem Grundstock wieder zugeführt.

Das Statistische Landesamt, in Kapitel 0607 etatisiert, wird sich in nächster Zeit mit der Herausforderung des Bevölkerungszensus zu beschäftigen haben. Dafür wird es vorübergehend einer Personalverstärkung von bis zu 250 Aushilfskräften bedürfen. Unter „Bevölkerungszensus 2011“ versteht man eine Art Volkszählung, allerdings nicht – wie im Jahr 1987 – durch direkte Bürgerbefragung. Vielmehr werden 80 % bis 90 % der notwendigen Daten durch Abgleich der Register bei den Kommunen erhoben. Das Land erhält zwar einen Kostenersatz durch den Bund. Nach heutigem Stand wird dieser Aufwendungsersatz aber weder die Kosten des Landes noch die Kosten der Kommunen decken. Darauf möchte ich schon jetzt hinweisen.

Meine Damen und Herren, der Einzelplan 12 weist Gesamteinnahmen von 31,33 Milliarden € im Jahr 2010 und 31,52 Milliarden € im Jahr 2011 aus. Davon entfallen rund 78 % auf Steuereinnahmen. Damit wird deutlich, wie sehr der Landesetat von Steuereinnahmen abhängig ist.

In Kapitel 1208 – Staatlicher Hochbau – sind die Haushaltsmittel für bauliche Unterhaltung und Baumaßnahmen etatisiert. Im Haushaltsjahr 2010 stehen dafür rund 524 Millionen € und im Haushaltsjahr 2011 rund 512 Millionen € zur Verfügung. Die direkt finanzierten großen Baumaßnahmen sind in den Titeln 712 01 ff. etatisiert. Zu beachten ist jedoch, dass sich durch die in den Kapiteln 1240 und 1245 veranschlagten Haushaltsmittel die Bauaktivitäten des Landes noch erhöhen. In Kapitel 1245 sind Mittel für Baumaßnahmen mit Gesamtkosten von immerhin 351 Millionen € etatisiert. Beim sogenannten Landesinfrastrukturprogramm trägt das Land allein die Finanzierung, während beim Zukunftsinvestitionsprogramm des Bundes nur 25 % vom Land bereitzustellen sind.

Die in Kapitel 1209 bereitgestellten 80 Millionen € zur Ausübung von Optionen zum Erwerb von Public-Private-Partnership-Objekten können bei dieser Betrachtung ebenfalls noch als Bauausgaben gewertet werden, denn sie sind dem Grunde

nach Baumittel in einer anderen Finanzierungsform. Allerdings möchte ich in diesem Zusammenhang noch darauf hinweisen, dass wir, wenn die in Titel 518 11 veranschlagten Investorenlösungen – also PPP-Projekte – nicht realisiert werden können, mit Bauverzögerungen zu rechnen haben, weil diese Maßnahmen der Einzeletatisierung bedürfen und eine Doppelveranschlagung im Hinblick auf die damit einhergehende Mittelbindung nicht möglich erscheint.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie Sie dem Haushaltsentwurf, speziell dem Titel 325 86, entnehmen können, klafft eine große Deckungslücke, die unter Berücksichtigung des Länderfinanzausgleichs ohne Nettokreditaufnahme nicht geschlossen werden kann. Wir mussten im Jahr 2008 rund 2,62 Milliarden € und im Jahr 2009 rund 1,89 Milliarden € an andere Bundesländer abgeben. Dennoch konnten wir in den Jahren 2008 und 2009 aufgrund unserer sparsamen und verantwortungsvollen Haushaltspolitik ohne zusätzliche Neuverschuldung auskommen. Diese Leistung zeigt einmal mehr, dass der Länderfinanzausgleich einer dringenden Korrektur zugunsten der Geberländer bedarf.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Das Problem ist nur: Wir sind in der Minderheit!)

Ich komme gleich noch darauf zu sprechen.

Gelegentlich wird behauptet – so auch, wie Sie alle gehört haben, vom Kollegen Kretschmann bei der gestrigen Beratung des Einzelplans 02 –, das Land Baden-Württemberg müsse sich in den Jahren 2010 und 2011 so hoch wie noch nie mit Neukrediten am Kreditmarkt versorgen. Ich gebe zu, lieber Kollege, dass die Steigerung gerade im Vergleich zur Nullnettoneuverschuldung in den Jahren 2008 und 2009 enorm groß ausfällt. Aber eine solche Feststellung – dieses Urteil erlauben Sie mir – erscheint mir in zweierlei Hinsicht mehr als banal. Den ersten Grund habe ich Ihnen genannt: Das ist der Länderfinanzausgleich. Was das zweite Argument betrifft, so bitte ich einfach, den Betrachtungszeitraum – –

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Aber der Län- derfinanzausgleich gehört nun einmal zur Architek- tur der Bundesrepublik!)

Es mag ja stimmen, dass er zur Architektur gehört.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Dann ändern Sie ihn doch!)

Dennoch steht die Forderung, dass wir ihn korrigieren müssen, und zwar zugunsten der Geberländer.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Ste- fan Scheffold CDU: So ist es! – Bravo-Rufe von der CDU)

Das erkläre ich Ihnen gerade anhand des Themas Verschuldung.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Ändern Sie ihn doch! – Gegenruf des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Helfen Sie doch mit! Nicht nur schimpfen!)

Deshalb, lieber Kollege, müssen Sie die Betrachtungszeiträume richtig wählen. Bitte nehmen Sie den Zeitraum der Null

nettoneuverschuldung noch mit hinzu, und betrachten Sie die Verschuldung im gesamten Zeitraum von 2008 bis 2011. Dann wird jedem klar: Die durchschnittliche Neuverschuldung des Landes Baden-Württemberg liegt in diesen vier Jahren gerade einmal bei 628 Millionen € pro Jahr.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Das ist ja ein Rechen- trick! Wie lügt man mit Statistik?)

Die durchschnittliche Belastung durch den Länderfinanzausgleich liegt bei 2,2 Milliarden € pro Jahr. – Herr Kollege Schmid, das ist kein Trick, sondern das ist eine ganz normale, seriöse Betrachtungsweise.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Sie können nicht ausgerechnet von dem Haushaltsjahr ausgehen, in dem wir im Vergleich zu anderen Bundesländern einmal mehr Schulden machen müssen. In den Jahren zuvor hatten wir eine Nullnettoneuverschuldung; das ist doch eine Leis tung und kein Defizit.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Stellen Sie einmal eine Zehnjahresbetrachtung an!)

Darüber, lieber Kollege Kretschmann, sollten Sie sich einmal Gedanken machen und nicht immer wieder die Leistungsfähigkeit unseres Bundeslands infrage stellen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Richtig! – Abg. Dieter Hillebrand CDU: Sehr gut!)