Es wäre richtig, die sieben PPP-Maßnahmen konventionell zu finanzieren, wenn PPP nicht im Sommer 2010 wieder mit Wucht anlaufen sollte.
Die Wachstumsschätzungen, die wir zugrunde legen, sind sehr schwer anzustellen. Das sehen Sie auch daran, dass der Bund zunächst eine Wachstumsrate von 0,4 % und kurz danach von 1,4 % angenommen hat. Das ist eine Annahme, die auch verschiedene politische Meinungen in Deutschland einbindet.
Insofern sind auch die Mifrifi-Eckdaten, Herr Minister, schwan kend. Die Wachstumsschätzungen sind nämlich volatil. Deshalb ist es an der Zeit, in dieser Debatte an das Ressort und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen klaren Dank dafür zu richten, dass ein derart plausibler Haushalt – Herr Kollege Kretschmann, Sie haben vorhin gesagt, Baden-Würt temberg sei wenigstens nicht arm; so habe ich es übersetzt –
erstellt wurde. Es ist eine schwierige Arbeit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter Führung von Minister Stächele und Frau Ministerialdirektorin Dr. Meister-Scheufelen. Ich darf Ihnen, lieber Herr Minister, sehr herzlich danken, dass der Haushalt immer sehr ordentlich, sehr transparent und für uns als Abgeordnete sehr nachvollziehbar und informativ vorgelegt und begleitet wurde.
Wir können, wie ich meine, überhaupt erst nach den Steuerschätzungen im Mai und im November 2010 kalkulierte und fundierte Berechnungen darüber anstellen, wohin die Reise für Deutschland und somit auch für Baden-Württemberg ökonomisch gehen könnte. Weiß jemand heute, wie die Steuerschätzungen und die Wachstumsschätzungen bis dahin ausfallen werden? Ich weiß es nicht. Herr Kollege Klein weiß es auch nicht. Nicht einmal Herr Kretschmann weiß es. Von der SPD lächelt mir Herr Kollege Rust wissend zu; er weiß es aber auch nicht präzise.
Das heißt, wir arbeiten uns jetzt in sumpfigem Gelände vor. – Ich täusche mich natürlich, Herr Kollege Stickelberger. Sie wissen es, aber Sie behalten es für sich.
Der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ hat noch viel Arbeit vor sich. Baden-Württemberg hat die Wachstumsprognose entlang den Planungen des Bundes erstellt; sie ist demnach von 0,4 % auf 1,4 % gestiegen. Aber wir müssen uns auf Korrekturen einstellen. Wir haben de facto im Haushaltsplan des Finanzministeriums – sehr vorsichtig – für das Jahr 2010 eine Wachstumsrate von 1,16 % veranschlagt, für das Jahr 2011 eine Rate von 1,9 %. Denn wir alle hoffen, dass die Lage besser wird.
Landeseigene Prognosen als Haushaltsgrundlage zu nehmen, wie von der Opposition auch einmal artikuliert wurde, sollte man unterlassen. Denn es kann nicht sein, dass jedes einzelne der 16 Bundesländer seine eigene Haushaltsberechnung anstellt. Überlegen Sie einmal: Wenn Bremen verbindlich für die anderen 15 Bundesländer Haushaltsberechnungen anstellen würde, dann wäre das vielleicht der SPD nicht unrecht, aber es könnte nicht recht sein.
Prognosen sind immer in die Zukunft gerichtet. Insofern sind wir mit den Überlegungen, wie es mit dem Haushalt weitergeht, in einem „unsicheren Geläuf“, wie die Pferdefreunde sagen.
Wenn Sie sich in den Wirtschaftsnachrichten informieren, stellen Sie fest, dass es sehr unterschiedliche Meldungen zu Sparten, teilweise bis hinein in einzelne Betriebe, gibt. An einem Tag wird gemeldet, es laufe gut, und einen Tag später wird gemeldet, es laufe schlecht – und beide Meldungen beziehen sich auf den gleichen Konzern, auf die gleiche Firma. Ich könnte Ihnen Beispiele hierzu geben. Hoffen wir, dass es bald wieder gut wird, dass unsere Wirtschaft wieder anspringt und auch die Opposition in Person des Kollegen Rust die Themata weiter sehr vernünftig sieht.
Ich habe ihn jetzt herausgehoben, weil Sie, Herr Stickelberger, mir finanzpolitisch noch nicht aufgefallen sind.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist aber bö- se!)
Hoffen wir, dass wir Deutschland und Baden-Württemberg nach vorn bringen. Mit dieser Landesregierung haben wir eine hervorragende Voraussetzung, um Erfolg zu erreichen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Doppelhaushalt und die mittelfristige Finanzplanung sind Dokumente der Hilflosigkeit dieser Landesregierung.
Denn Sie haben im wahrsten Sinn des Wortes keinen Plan, wie Sie das Land mittelfristig auf Konsolidierungskurs bringen wollen.
Die Wortbeiträge aus den Reihen der CDU haben noch einmal die ganze Ratlosigkeit in dieser Hinsicht offenbart.
Der Haushalt ist aber auch Ausdruck des Niedergangs eines traditionsreichen Hauses, des Finanzministeriums,
eines Hauses, das von einem Finanzminister und einem Staatssekretär in die politische Bedeutungslosigkeit versenkt wurde.
Es ist bezeichnend, dass der Staatssekretär im Finanzministerium bei der Debatte über den Etat seines Hauses nicht einmal anwesend ist. Wahrscheinlich ist er beim Anwalt. Denn er hat ja eine Reihe von Verfahren laufen, bei denen er sich verteidigen muss.
Diese Bedeutungslosigkeit lässt sich daran illustrieren, wie das Finanzministerium in den letzten Monaten agiert hat, bzw. daran, dass es untätig geblieben ist. Die Grundzüge der Haushaltspolitik werden schon seit Jahren im Staatsministerium aufgestellt. Als es im Sommer letzten Jahres darum ging, zur Kenntnis zu nehmen, dass eine Nullneuverschuldung angesichts der wirtschaftlichen Lage nicht mehr infrage kommt, hat der Ministerpräsident wie ein trotziges Kind nicht wahrhaben wollen, dass sein vermeintliches Paradepferd gestürzt ist. Der Finanzminister wiederum hat dieser Realitätsverweigerung lange Zeit zugeschaut und es nicht geschafft, der Öffentlichkeit zu vermitteln, dass unter den gegebenen Umständen eine Schuldenaufnahme auch in Baden-Württemberg unvermeidlich ist.
Damit haben Sie, Herr Stächele, eine vornehme Aufgabe des Finanzministers, nämlich pädagogisch zu wirken
und zu erklären, wie Haushaltspolitik funktioniert, was realistisch und was unrealistisch ist, zum wiederholten Mal nicht wahrgenommen.
Nach einer misslungenen Rede zur Einbringung des Haushalts im Dezember vergangenen Jahres hat der Finanzminister als Neujahrsgabe noch schnell Einsparvorschläge nachgereicht, die er eigentlich schon im Prozess der Haushaltsaufstellung hätte einbringen müssen. Er musste sich dann vom desig nierten Ministerpräsidenten Mappus im Plenum sagen lassen, belehren lassen, wie man als Finanzminister zu agieren habe. Sie, Herr Stächele, wurden damit öffentlich desavouiert. Das ist noch keinem Ihrer Amtsvorgänger gelungen.
Das gepflegte Desinteresse des Finanzministers an dem harten Brot der Finanzpolitik mündete darin, dass alle Minister, die an dieser „Kies-Operation“ beteiligt sind – Umweltminis terin, Innen- und Verkehrsminister –, wissen, was in ihrem Haus geschieht, Sie aber offensichtlich keinen blassen Schimmer davon hatten, was Herr Fleischer hinter Ihrem Rücken treibt.
Deshalb sage ich Ihnen, Herr Stächele: Sie haben jegliche Autorität in der Finanzpolitik verspielt, und Sie müssten von sich aus Konsequenzen aus diesem Debakel ziehen.
Sie haben uns mit dem Doppelhaushalt und der mittelfristigen Finanzplanung eine finanzpolitische Lage eingebracht, die die steigende Verschuldung mit weiteren Verschleierungstricks verdeckt. So haben wir im Land im Jahr 2007 zusätzliche Schulden von 1 Milliarde € gemacht, deren Aufnahme damals gar nicht nötig gewesen wäre, und sie dann gebunkert, um länger bei der Nullneuverschuldung bleiben zu können.
Sie haben den Abbau des Sanierungsstaus bei Landesgebäuden, bei Hochschulgebäuden, bei Verwaltungsgebäuden schlei fen lassen und mussten auf eine Anfrage von uns hin zugeben, dass der Mittelbedarf zur Sanierung und zur energetischen Sanierung bei 8 Milliarden € liegt. Das ist nichts anderes als eine verdeckte Verschuldung, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE – Abg. Ingo Rust SPD: So ist es! Sehr richtig! – Abg. Ulrich Lusche CDU: Nennen Sie einmal eigene Vorschläge! Sagen Sie einmal, was Sie vorschlagen!)
Schließlich haben Sie im Hinblick auf die steigenden Pensionsausgaben lange Zeit keinerlei Vorkehrungen getroffen,
obwohl Herr Raffelhüschen vom finanzwissenschaftlichen Institut der Universität Freiburg schon im Jahr 2005 errechnet hat, dass bei steigenden Pensionsausgaben auf Baden-Würt temberg unter allen Flächenländern mit die größte Belastung zukommen wird.