Protokoll der Sitzung vom 10.02.2010

Ich bin der Meinung: Wir sollten abwarten, was die Steuerschätzung im Mai ergibt, und dann in erneute Gespräche eintreten, die Hand und Fuß haben. Dann beschließen wir miteinander, was weiter passiert.

Nun liegen uns noch zwei Anträge vor, die sich auf den Ankauf der bereits angesprochenen CD bzw. den Umgang damit beziehen. Herr Kollege Schlachter, Sie haben hier an diesem Pult gesagt: „... nach erfolgter rechtlicher Prüfung“. Davon finde ich in Ihrem Antrag allerdings nichts. Da steht nur: „... unverzüglich zu erwerben“.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Stächele hat doch schon geprüft! – Abg. Reinhold Gall SPD: Es gibt auch Din- ge, die klar sind! Die muss man nicht immer wieder schreiben!)

Nein, die sind eben nicht klar.

(Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Wir haben in unserem Antrag deutlich dargestellt, was wir alles für prüfenswert und für notwendig halten.

(Zuruf des Abg. Eugen Schlachter GRÜNE)

Deswegen werden wir Ihrem Antrag mitnichten zustimmen. Vielmehr erwarten wir, dass die Landesregierung das unternimmt, was in unserem Antrag steht.

(Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE – Glo- cke des Präsidenten)

Frau Abg. Berroth, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Walter?

Nein, danke, im Moment nicht. Ich glaube, das, was ich gesagt habe, spricht für sich.

(Abg. Reinhold Gall SPD: In der Tat!)

Darüber braucht man nicht mehr zu diskutieren.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Das, was ich gesagt hätte, hätte auch für sich gesprochen! – Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Ich will zur Haushaltsdebatte zusammenfassend sagen: Die kommenden Haushalte werden den Landtag und vor allem die Regierungsfraktionen noch eine lange Zeit vor große Herausforderungen stellen. Packen wir dies mutig an. Wir sind es den Steuerzahlern

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

und der jüngeren wie der älteren Generation gleichermaßen schuldig.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Ursula Haußmann SPD: Oje! – Gegenruf des Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: So ist es, Frau Haußmann! Sie wollen die Wahr heit nicht hören!)

Ich erteile Herrn Finanzminister Stächele für die Landesregierung das Wort.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD – Gegenruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir stehen am Ende einer umfangreichen Haushaltsberatung.

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Ich glaube, alle haben gespürt, welch hohe Verantwortung in diesem Jahr bei diesem Doppelhaushalt auf uns gelastet hat und weiterhin auf uns lasten wird.

Es ist schon mehrfach beschrieben worden, auch im Zuge der Haushaltsberatungen: Es ist noch nie da gewesen, dass die Wirtschaftsleistung um 8 % einbricht. Es ist nie da gewesen, dass wir über drei Jahre hinweg Steuermindereinnahmen in Höhe von ungefähr 5,6 Milliarden € verarbeiten mussten. All

dies stellt eine Situation dar, die uns dieses Mal in besonderer Weise herausgefordert hat. Jeder wusste: Bei der Haushaltskonsolidierung in den Jahren 2008 und 2009 sind gute Schritte erfolgt – Nullneuverschuldung. Jetzt stellt sich die Frage: Wie kann man das wichtige Anliegen der Konsolidierung öffentlicher Haushalte einerseits mit der gleichzeitigen Verpflichtung für Konjunktur und Arbeitsmarkt andererseits in Übereinstimmung bringen und das Beste geben?

Meine Damen und Herren, das war von Anfang an schier die Quadratur des Kreises, um die es ging.

Ich bin für die offene und ehrliche Aussage dankbar, die Sie, Herr Schlachter, gemacht haben. Auch einer Oppositionsfraktion wäre es in dieser Situation nicht gelungen, einen Haushalt ohne neue Schulden zu fahren,

(Abg. Ingo Rust SPD: Ja! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Da sind wir uns einig!)

es sei denn, man hätte auf Arbeitsplatzsicherungsmaßnahmen komplett verzichtet. Das wollten wir alle nicht.

Deswegen geht mein erster Blick auf das, was herausgekommen ist, auf die Kreditfinanzierungsquote. Wir haben in diesem Doppelhaushalt eine Kreditfinanzierungsquote, die im Jahr 2010 auf 7,6 % ansteigt. Das kann man für sich stehend nicht abschließend bewerten. Deswegen nenne ich dazu Vergleiche: In den Jahren 2003 und 2004 hatten wir die vierthöchs te Kreditfinanzierungsquote, als es – wie wir alle wissen – nach wie vor einen Zuwachs an Wirtschaftsleistung gegeben hat. Trotzdem gab es eine Kreditfinanzierungsquote von 6,6 % und 6,5 %. Das heißt, es gab schon andere Jahre, die zwar nicht dieses Maß an Einbruch gezeigt haben, in denen man aber mit Krediten finanzieren musste.

Es gibt das Jahr 1975, das immer wieder erwähnt wird, weil damals – selbst bei einem geringen Einbruch der Wirtschaftsleistung um 1,3 % – eine Kreditfinanzierungsquote von etwa 11 % angestanden hat.

Kurzum: Das war keine Entschuldigung, aber das, was wir vorgelegt haben, ist angesichts des hohen Auftrags, den Arbeitsmarkt zu sichern, sicherlich gelungen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Jawohl!)

Es lohnt sich, einmal die EU-Kriterien heranzuziehen. Wenn man grob berechnet von 3 % des nominalen Bruttoinlandsprodukts ausgeht und es dann herunterzont – es ist nicht ganz einfach, das auf die Länder herunterzubrechen –, hätte das Land Baden-Württemberg nach diesen Stabilitätskriterien eine Kreditmöglichkeit von etwa 3 Milliarden € pro Jahr. Wir haben überhaupt nicht den Ehrgeiz, dies zu erreichen. Es ist immer wichtig, dass man sagen kann – geht hin ihr Länder, tut desgleichen; geh hin auch Bund, bemühe dich, wieder dahin zurückzukommen –: Mit unserem Doppelhaushalt sind wir in diesem strengen Stabilitätskorsett der EU verblieben.

Aber meine Damen und Herren, es ist natürlich klar, dass man immer wieder fragt: Wie kann man einen solchen Haushalt erfolgreich angehen?

(Zurufe von der SPD: Ja!)

Ganz ehrlich muss ein jeder bekennen: Unser Bekenntnis zur Schule, zur Hochschule, aber auch zur inneren Sicherheit, das wir dann mit neuen Personalstellen umgesetzt haben, kostet seinen Preis.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Aber nicht im Bereich der inneren Sicherheit! Da bauen Sie doch ab! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Unterricht fällt reihenweise aus!)

Wenn Sie den Einbruch der Steuereinnahmen sehen, muss man gleichzeitig wissen, dass im Zuge der Jahre 2008 bis 2011 insgesamt 1,7 Milliarden € an Zusatzausgaben hinzugekommen sind,

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: So ist es!)

u. a. auch deswegen, weil wir neue Stellen geschaffen haben: Allein 2010/2011 sind es 500 zusätzliche Ausbildungsplätze bei der Polizei, 596 bei den Hochschulen und – es ist ganz wichtig, immer wieder darüber zu reden – nahezu 2 100 neue Stellen im Schulbereich.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Ihr baut doch Stellen ab!)

Das heißt, dass es allüberall eine Schieflage gibt. Jeder muss aber wissen, warum sie entstanden ist: durch das Bekenntnis zu Schule, Forschung und innerer Sicherheit einerseits und andererseits – das war der Schlag, der uns brutal getroffen hat – durch einen Wirtschaftseinbruch, der in Milliardenhöhe Steuermindereinnahmen bescherte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will an dieser Stelle natürlich einmal auf das eingehen, was Kollege Schlachter vorgebracht hat.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Kurzintervention!)

Herr Kollege Schlachter, man muss einmal die Kirche im Dorf lassen, was die Personalausgaben anbelangt. Sie haben natürlich völlig recht: Ein zentraler Ausgabenblock sind die Personalausgaben, die konkreten monatlichen Zahlungen genauso wie die Versorgungsaufwendungen. Aber ich glaube, man muss auch für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einmal sagen: Sie haben sich über all die Jahre hinweg in der Tat bescheiden müssen. Wenn man weiß und sich daran erinnert, dass es im Jahr 2008 eine Erhöhung um gerade einmal 1,5 % gab und zuvor immer nur Einmalzahlungen, und wenn man berücksichtigt, dass wir Ende 2008 einen Abschluss von 3,0 % umgesetzt haben, kann man nicht sagen, dass hier Üppigkeit an den Tag gelegt wurde. Das war vielmehr eine Bezahlung, die wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schuldig sind, um gerecht zu sein und dem gerecht zu werden, was sie an Dienstleistung, an Arbeitsleistung erbringen. Wir müssen mit unserem Personal auch auf dem Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig sein.

Ich will noch kurz auf ein Drittes eingehen. Die Frage, die man sich stellt – die Arbeit der neuen Enquetekommission geht in diese Richtung –, lautet: Was kann man in einem solchen Landeshaushalt ganz konkret bewerkstelligen – in diesem Fall wäre es kurzfristig notwendig gewesen –, was kann man verändern? Es ist ein Stück weit erschreckend, wenn man ansehen muss, dass in diesem Landeshaushalt tatsächlich

schon zwei Drittel der Ausgaben zumindest kurzfristig nicht oder nur sehr bedingt beeinflussbar sind. Das sind Personalausgaben, Ausgaben aufgrund von Bundesgesetzen, durchlaufende Mittel und natürlich Zinsausgaben. Zwei Drittel sind schon einmal ein ganz schwerfälliger Tanker, der nur über lange Jahre hinweg in seinem Kurs beeinflusst werden kann.

Wenn Sie diese zwangsläufigen Positionen abziehen, kommen Sie auf rund 14 Milliarden €; aber dann sind Sie natürlich sofort bei unseren Solidarpakten, die wir wollen und die uns auch Stabilität vermittelt haben. Wenn Sie also die Solidarpakte mit Kirchen, Sport, Jugend, Hochschule abziehen, dann sind Sie am Schluss bei einer Bewegungsmasse von um die 4 bis 5 Milliarden €.

Jetzt ist es interessant, zu schauen, was in diesen 4 bis 5 Milliarden € alles steckt. Dann bekommt man eine Vorstellung davon, was in den nächsten Jahren auf uns zukommt. Darin sind nämlich genau die Dinge, die „freiwillige Landesleis tungen“ sind. Wenn darin dann die Privatschulförderung steht, kann man sich vorstellen, was das innerhalb des letzten beweglichen Pakets bedeutet,