Protokoll der Sitzung vom 10.03.2010

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wir führen es fort!)

Lassen Sie mich einfach einmal ansprechen, woran es hapert. Wenn wir Sorge haben, dass Spitzensportler aus Baden-Würt temberg abwandern – diese Sorge hat der Sport schon seit zwei, drei Jahren; das ist nicht ein Problem, das wir erst jetzt entdeckt haben; bei der Anhörung vor einem Jahr war das Thema genau das gleiche –, dann stellt sich doch die Frage: Woran liegt das? Warum ist es der Landesregierung nicht gelungen, da Abhilfe zu schaffen und diese Sportler bei uns zu halten? Das hängt natürlich damit zusammen, wie sie hier gefördert werden und ob sie woanders bessere finanzielle und strukturelle Möglichkeiten haben. Aber es liegt doch dann am Land Baden-Württemberg, Abhilfe zu schaffen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das liegt an der Vereinsstruktur! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Nicht am Land!)

Nicht nur an der Vereinsstruktur.

(Abg. Karl Wilhelm Röhm CDU: Auch!)

Bei den Leistungssportlern, die in der obersten Ebene mitspielen, hat das nur noch wenig mit der Vereinsstruktur zu tun,

sondern es geht wirklich darum, dass sie natürlich auch darauf schauen: Wo werde ich im Hochschulstudium unterstützt? Wo habe ich die Möglichkeit, besser zu trainieren? Da sind uns andere Bundesländer um einiges voraus. Da erwarte ich auch, dass man nicht jedes Jahr die Klage anstimmt: „Das ist schlimm“ und sagt: „Wir ändern etwas daran.“ Dann fassen Sie jetzt den Mut, und tun Sie es jetzt.

Dazu gehören z. B. auch die Partnerhochschulen, die es in anderen Bundesländern im Gegensatz zu Baden-Württemberg gibt. Wir können uns gern vielleicht auf einer Reise des Sportausschusses informieren, damit Sie sehen, wie es in anderen Bundesländern läuft. Denn die betreiben eine Sportförderung, durch die Sportler bei uns im Land abgeworben werden. Es kann doch nicht sein, dass Baden-Württemberg – zu Recht – in die Nachwuchskräfte investiert und diese, wenn sie es zu etwas gebracht haben, einfach abwandern.

Ein Argument sind beispielsweise die Studiengebühren. Die Sportler gehen teilweise auch in Bundesländer, wo sie keine Studiengebühren zahlen müssen.

Nur so viel jetzt zum Spitzensport. Denn die Betrachtung des anderen Endes ist genauso wichtig.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die zahlen wahr- scheinlich gar keine Studiengebühren!)

Da sollten wir genau hinschauen. Viele werden nicht automatisch ausgenommen. Aber in anderen Bundesländern haben sie noch mehr Möglichkeiten als bei uns. Hier sind die Hürden doch verhältnismäßig hoch.

(Abg. Elke Brunnemer CDU: Die Studiengebühren müssen für alles herhalten!)

Aber ich finde es genauso wichtig, ans andere Ende zu schauen und zu fragen: Wie finden wir Talente? Wie suchen wir Talente? Weiter stellen sich auch folgende Fragen: Was machen wir mit den Ganztagsschulen? Schaffen wir es, dort genau hinzuschauen? Haben wir dort in ausreichendem Maß Sportunterricht? Haben wir dort ausgebildete Sportlehrer, die in der Lage sind, das Talent eines Kindes zu erkennen und zu sagen: „Dieses Mädchen kann ich fördern, diesen Jungen bringe ich zu dem und dem Verein“? Genau daran hapert es doch, weil immer mehr Sportstunden ausfallen und immer mehr Sportunterricht von sportfremden Fachlehrern gemacht wird.

(Abg. Elke Brunnemer CDU: Behaupten Sie doch nicht solche Dinge!)

Gehen Sie doch einmal in die Schulen, und erkundigen Sie sich dort. Fragen Sie noch einmal nach. Bei unserer Anhörung war das auch ein Thema.

(Abg. Elke Brunnemer CDU: Ich brauche sie nicht zu fragen, ich bin dort vor Ort!)

Ich bin auch vor Ort, und trotzdem klagen alle insgesamt, dass uns die Talente fehlen. Da müssen wir dementsprechend investieren.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Ich bin ja noch da!)

Sie würden sich jetzt hier als Talent empfinden. Das weiß ich nicht so genau. Ihre Beiträge sind manchmal ganz witzig,

aber manchmal gehen sie einem auch ein bisschen auf den Geist, wenn ich das ehrlich sagen darf.

(Abg. Walter Heiler SPD: Er sieht aber aus wie ein Leistungssportler!)

Wenn wir, was den Leistungssport in Baden-Württemberg anbelangt, wirklich etwas ändern wollen, müssen wir einerseits an der Spitze anfangen und da die Voraussetzungen schaffen, dass mehr gefördert werden kann, und auf der anderen Seite aber auch schon in den Grundschulen und den Ganztagsschulen tätig werden. Da können wir die Schulen nicht alleinlassen. Da brauchen die Schulen und genauso die Vereine Unterstützung. Denn das, was in der Zusammenführung zwischen Schule und Verein bisher läuft, funktioniert im Sportbereich noch nicht so richtig. Wenn wir es schaffen, dass sich das ändert, brauchen Sie hier in Zukunft auch nicht mehr so zu tun, als wären Sie nicht in der Landesregierung. Dann hätten wir nämlich gemeinsam etwas erreicht.

(Beifall bei der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wir haben doch Schülermentoren ohne Ende! – Abg. Elke Brunnemer CDU: Das zeigt wieder ein- mal, dass Sie keine Ahnung haben!)

Ich darf noch einen Satz zu dem Zwischenruf „Schülermentoren ohne Ende“ sagen. Ich weiß, wie viele wir haben, und ich habe das auch in der Anhörung zum Landessportplan erwähnt. Da ist auch gesagt worden, dass Schülermentoren bisher nur zu einem ganz geringen Prozentsatz diesen Spagat zwischen Schule und Verein wirklich geschafft haben. Das war bisher leider nicht stärker möglich. Deswegen sage ich ja: Die Mentoren kommen teilweise auf eine Art und Weise zum Einsatz, bei der wir an deren Stelle besser Sportunterricht mit Sportlehrern geben müssten. Das ist der Haken, und dort klemmt es.

(Beifall bei der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: An meiner Schule gibt kein Schülermentor re- gulären Sportunterricht!)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Neuenhaus für die Fraktion GRÜNE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die FDP/DVP verfolgt mit ihrer Großen Anfrage laut ihrer eigenen Begründung eine Erhebung der Istsituation. Mit diesen Daten und Fakten soll dann – so lesen wir – die Basis für weitere Maßnahmen geschaffen werden, z. B. für Gespräche mit Wirtschaft und Hochschulen, um Spitzensportlern für die aktive und die darauffolgende Zeit mittel- und langfristig Perspektiven zu eröffnen. Interessant wäre aber doch, zu diskutieren, in welche Richtung die FDP/DVP mit dem Leistungssport will und wie sie sich dann für ihre politische Zielsetzung die Unterstützung auch ihres Koalitionspartners sichern könnte. Aber von alldem lesen wir in dieser Großen Anfrage überhaupt nichts.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das war eine Anfrage und kein Bekenntnis!)

„Große Anfrage“ steht auf dem Deckblatt, und sie ist auch als eine solche beantwortet worden.

Wir Grünen wollen die Sportförderung und insbesondere die Förderung des Leistungssports mit einer ethischen Wertede

batte verbinden. Wir wollen nicht Höchstleistung um jeden Preis; unser Ziel ist vielmehr ein humaner Leistungssport, bei dem sich jeder auch nach seinen Talenten und Fähigkeiten entfalten kann. Der Kampf gegen Manipulation und Doping ist dabei eine zentrale Herausforderung für die nächsten Jahre. Wir wollen die Menschen nämlich für den Sport begeistern und motivieren, weil Sport gesund und gemeinschaftsbildend ist,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist richtig!)

jedenfalls so, wie er traditionell verstanden wird.

Es mehren sich jedoch leider die Anzeichen dafür, dass der Sport und vor allem der Leistungssport zu einem skrupellos betriebenen kommerziellen Business wird, bei dem immer öfter die gewinnen, die betrügen.

Ich möchte jetzt einmal etwas vortragen. Herr Oettinger hat am 12. Juni 2007, also vor fast drei Jahren, als die systematischen Dopingpraktiken in der Uniklinik Freiburg ans Tageslicht kamen, gemeinsam mit dem damaligen Kultusminister Rau und Wissenschaftsminister Frankenberg gesagt – ich zitiere –:

Wer durch Doping zum Erfolg kommt, untergräbt die Glaubwürdigkeit seiner Leistung und damit das wichtigste Kapital des Sports. Wir wollen in Baden-Württemberg deshalb den Kampf gegen Doping weiter verstärken.... Dazu

jetzt kommt der entscheidende Punkt –

gehört aber auch, die Bewilligung von Geldern in der Leis tungssportförderung noch strikter als bisher an die Dopingbekämpfung zu koppeln.

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Das war ein Sonntag, als er das gesagt hat!)

Leider ist seitdem überhaupt nichts mehr passiert. Von einer Sportförderung als Lenkungsinstrument auch gegen Doping sind wir so weit entfernt wie eh und je. Den Initiatoren und Bearbeitern dieser Großen Anfrage ist das Thema Doping z. B. keine einzige Silbe wert gewesen.

Ich fordere die Regierungsfraktionen also auf, endlich von einer Sportförderungsdebatte wegzukommen, die immer nur organisatorisch-strukturelle Fragen im Blick hat. Leistungssportförderung braucht Orientierung, braucht gesellschaftliche Verabredungen über Ziele, Werte und Konzepte. Erst auf dieser Grundlage kann dann der Sport auch unter Wahrung der Autonomie seiner Träger, wie es in Artikel 3 c der Landesverfassung festgeschrieben ist, die Gelder der staatlichen Sportförderung verteilen.

Einen weiteren Punkt möchte ich abschließend noch erwähnen. In der Regierungserklärung von Ministerpräsident Mappus heute Morgen ist das Thema Sport mit keiner Silbe erwähnt worden.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Doch, doch! Dreimal! – Abg. Elke Brunnemer CDU: Sie haben nicht zuge- hört!)

Wir warten auf die Fortsetzung des Solidarpakts Sport, die noch immer aussteht.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Der läuft noch!)

An die FDP/DVP gerichtet möchte ich noch sagen: Liebe FDP/DVP, wir alle freuen uns darüber, dass Sie sich dem Thema Leistungssport sehr differenziert gewidmet haben. Diese Differenziertheit würden wir uns auch bezüglich der Leistungsempfänger wünschen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erhält Frau Ministerin Professorin Dr. Schick.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist jetzt an der Zeit, ein paar gute Botschaften über den Sport zu verbreiten.