Daher gibt es, so der Rechtsprofessor, keinen Grund, sich mit dem Markgrafen über das Eigentum zu vergleichen, zumindest nicht vorauseilend praktisch schon alles darzubieten. Sie haben einen großen Fehler gemacht. Wir fordern Sie auf, diese Vereinbarungen nicht weiterzutreiben, auch wenn Sie sie jetzt schon ein Stück zurückgenommen haben, sondern vor dem demokratisch legitimierten Gremium dieses Landes erst einmal die Fakten auf den Tisch zu legen, damit wir danach in aller Ruhe schauen können, wie wir das Ziel, dem Schloss Salem zu helfen, gemeinsam erreichen können.
Denn, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle sind ja interessiert daran, dass ein Kulturgut wie das Schloss Salem, die dazugehörige Kirche und die dazugehörigen umliegenden Gebäude als ein Kulturschatz unseres Landes erhalten werden.
Aber schauen Sie einmal, wie wir in den Gemeinden und gerade auch beim Land umgehen mit jedem Kulturverein, der auch nur einen kleinen Zuschuss möchte zu irgendeinem Projekt, das er plant. Von jedem wird, bevor es eine Zusage gibt – auch wenn es nur um 500 oder 1 000 € geht – verlangt, dass er einen Finanzierungsplan offenlegt, damit im Detail klar ist, was an Geldern erwartet wird, und nicht, dass einfach pauschal gesagt wird: „Wir fordern etwas, handeln ein bisschen herunter, und dann macht die Landesregierung großzügige Zusagen, weil sie gegenüber dem Adel nicht Nein sagen kann.“ So geht es nicht, Herr Ministerpräsident!
da haben wir alle noch ein bisschen geschmunzelt, weil wir dachten: „Na ja, da hat er wieder etwas für die Schlagzeilen.“
Aber, Herr Ministerpräsident, uns ist zusammen mit vielen Bürgerinnen und Bürgern das Lachen da wirklich vergangen. Denn die Oberflächlichkeit im Umgang mit Ihrer Regierungsverantwortung hätte das Land beinahe einen sehr teuren Preis gekostet, wenn es nicht so viele Bürgerinnen und Bürger und aktive Kulturschaffende gegeben hätte, denen wir herzlich dafür zu danken haben, dass sie sich nicht gefallen lassen haben, was Sie planten, sodass wir jetzt we
nigstens einen Rückschritt erleben und eine vernünftige Möglichkeit finden können, gemeinsam alle Kulturgüter des Landes zu schützen und nicht dem Ausverkauf preiszugeben.
Ich möchte Sie auffordern: Lassen Sie uns das Ganze positiv wenden! Lassen Sie uns heute als Parlament selbstbewusst in namentlicher Abstimmung beschließen, dass die Vereinbarungen sofort gestoppt und keine weiteren Verhandlungen geführt werden, dass zuerst informiert wird. Und lassen Sie uns das Interesse der Bevölkerung stärken, indem wir die Kunstgegenstände, um die es geht und über die viele diskutiert haben, in der Stadthalle zu Karlsruhe in einer großen Ausstellung zeigen, damit die Bürgerinnen und Bürger auch sehen, was man hier verhökern wollte.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit dem Positiven beginnen. Es ist positiv, dass in diesem Land wieder über den Sinn und die Bedeutung von Kultur öffentlich diskutiert wird. Das kann in dieser ökonomisierten Welt, in der wir leben, niemals schaden.
Das dilettantische Verhalten der Landesregierung – anders kann man es gar nicht bezeichnen; das ist noch freundlich umschrieben – hat dem Land einen immensen Imageschaden gebracht, und zwar nicht nur in Baden und in Württemberg, sondern rund um den Globus. In Broschüren rufen Sie von der Landesregierung das Kulturland Baden-Württemberg aus, aber in Ihrem Verhalten offenbaren Sie ein gestörtes Verhältnis zu diesem Kulturerbe. Wenn ich heute in Zeitungen lese, dass der Justizminister dieses Landes die Handschriftensammlung in der Badischen Landesbibliothek als altes Papier, das im Keller liegt, bezeichnet,
halte ich das für verheerend. Sie können alle Ihre Broschüren zum Kulturland Baden-Württemberg einstampfen, wenn das die Haltung des Landeskabinetts ist.
Ich möchte mit Ihnen keine juristische Diskussion führen, obwohl ich, wie die Kollegin Vogt, die Meinung von Herrn Professor Mußgnug und vielen anderen teile. Für Ihr Gutachten gilt wohl auch der alte Spruch: Traue nur einem Gutachten, das du selbst in Auftrag gegeben hast!
Wenn Ihr Gutachten so überzeugend wäre, Kollege Mappus, hätten Sie es schon längst dem Landtag zur Verfügung gestellt.
Da wir aber ein politisches Gremium sind, ist es unsere Aufgabe – selbst wenn sich der Ministerpräsident dankenswerterweise auf dem Rückzug befindet –, darüber zu diskutieren: Wie kam es eigentlich zu diesem verheerenden Fehlverhalten? Wie kam es, dass Sie, Herr Ministerpräsident, Ihren eigenen Ansprüchen nicht mehr gerecht werden? Sie wollten sich im Unterschied zu Ihrem Vorgänger profilieren, indem Sie gesagt haben: Bei mir wird immer im Diskurs geredet und gehandelt.
Wo haben Sie mit den Fachleuten geredet? Haben Sie mit Herrn Ehrle und mit Ihrer Verwaltung geredet? Auch er gehört zu Ihrer Verwaltung und versteht von diesem Thema etwas. Wenn ich sehe, was dabei herausgekommen ist, muss ich feststellen: Sie haben mit dem Haus Baden diskutiert, und Sie haben mit Bürokraten und Technokraten gesprochen, aber nicht mit den Fachleuten und nicht mit denen, die in diesem Land ein Herz für Kultur haben.
Deshalb wollen wir mit Ihnen, ganz speziell mit dieser Seite, diskutieren: Ist es redlich und legitim, Kulturdenkmäler gegen Kunstgegenstände auszuspielen? Wir wollen über die Bedeutung der Kunst in diesem Land diskutieren. Zunächst gilt es einmal festzuhalten – dieser Vorwurf schimmert immer durch –: Wir verweigern uns keiner Diskussion über die Sanierung von Salem. Aber – Kollegin Vogt hat zu Recht darauf hingewiesen – wir brauchen Fakten, wir brauchen Zahlen: Wie sieht der tatsächliche Sanierungsbedarf aus? Wie viel wird davon ohnehin über den Denkmalschutz von der öffentlichen Hand übernommen? Wir wollen, dass der Herr Finanzminister – Sie sind Mitglied einer demokratischen Regierung und nicht der Vertreter eines Fürstenhauses – hier und heute die Fakten auf den Tisch legt, spätestens aber in der nächsten Woche im Finanzausschuss.
Ihrem Hause liegen die Zahlen doch vor. Warum bekommen wir sie nicht? Wir sollen hier entscheiden. Wir haben keine Gutachten, keine Zahlen. Aber wir sollen dieses absurde Konstrukt noch mittragen. Sie erwecken den Eindruck, dass es gar nicht um die Sanierung des Schlosses Salem geht, sondern um die Sanierung der maroden Finanzen des Hauses Baden. Wir sind nicht bereit, das mitzumachen.
Der Ministerpräsident sagt zu Recht: „Wir wollen den Haushalt sanieren.“ Dem stimmen wir zu. Damit rennt er bei uns offene Türen ein. Nur, Herr Kollege Mappus, gerade vor diesem Hintergrund müssen wir uns die Frage stellen, ob
das Haus Baden letztendlich für das Land Baden-Württemberg ein Fass ohne Boden ist und ob wir es uns einfach noch leisten können, solche Konstrukte, solche Vorhaben in die Tat umzusetzen, wie Sie es ursprünglich geplant haben.
In der zweiten Runde werde ich mich mit Ihnen gern noch darüber unterhalten, wie es mit der Kultur- und Kunstpolitik in diesem Land eigentlich weitergeht und was die Ursachen dafür sind, dass wir überhaupt in dieses Dilemma geraten sind.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Nachfahre jenes Johann Philipp Palm, der vor genau 200 Jahren auf Geheiß Napoleons erschossen wurde, weil er sich gegen die deutschen Fürsten wandte, stehe ich wohl kaum im Verdacht, ein Fürstendiener zu sein.
Für die CDU-Fraktion geht es in Sachen badische Kunstschätze auch nicht darum, dem Markgrafenhaus etwaige finanzielle Vorteile zu verschaffen. Was wir wollen – und darin unterstützen wir die Landesregierung voll und ganz –, ist die endgültige Regelung eines seit nahezu 90 Jahren ungeklärten Schwebezustands.
Denn seit dem Ende des Ersten Weltkriegs, meine Damen und Herren, tickt, was die Eigentumsverhältnisse der badischen Kunstsammlung insgesamt angeht, eine Zeitbombe.
Diesen Sprengsatz zu entschärfen ist allerhöchstes Ziel, und ich möchte mich unserem Ministerpräsidenten Günther Oettinger anschließen und ihm meine große Anerkennung dafür zollen, dass er dieses heiße Eisen angepackt hat,
dass er persönlich die Initiative ergriffen hat und zu einer für alle Beteiligten zufriedenstellenden Lösung kommen will.