Protokoll der Sitzung vom 28.07.2010

Drittens gilt das Prinzip: Ermäßigung nur gegen eine nachge wiesene Gegenleistung.

Aus diesen Kernbotschaften lassen sich die Schwerpunkte der Neuregelung ableiten. Die umstrittene bisherige Ermäßi gungsregelung entfällt. Sie war im Zusammenhang mit der Verdopplung des Kühlwassertarifs im Jahr 1998 Auslöser für Rechtsverfahren mit einem Streitwert von rund 400 Millio nen €. Hier waren entsprechende Verfahren rechtsanhängig.

Stattdessen sind neue Ermäßigungstatbestände geschaffen worden: der sogenannte Ökobonus. Der Ökobonus ist so aus gestaltet, dass er zu einer Entlastung der wasserintensiven Wirtschaft führen kann, und zwar für Kraftwerke und produ zierende Unternehmen, allerdings nur gegen eine Gegenleis tung.

Ein Stichwort ist hier die Schaffung von Anreizen durch die Einführung von Verrechnungsmöglichkeiten für Investitionen, die der Schonung der Flüsse durch Verringerung des Wärme eintrags oder der Umsetzung der gewässerökologischen Be wirtschaftungsziele der Wasserrahmenrichtlinie dienen.

Zum Schutz des wertvollen und kostbaren Grundwassers, auf das die wasserintensiv produzierenden baden-württembergi schen Unternehmen aus beinahe allen Branchen des produ

zierenden Gewerbes nicht verzichten können, wird der Ein satz eines Umweltmanagementsystems honoriert.

Abgerundet wird die Neuregelung durch eine teilweise Über arbeitung der Tarifstruktur sowie eine Neustrukturierung und Vereinfachung der zugrunde liegenden Verwaltungsverfahren einschließlich einer Ausweitung der Bagatellfälle. Dies be deutet Bürokratieabbau.

Ich möchte auf die wichtigsten Diskussionspunkte im bishe rigen Verfahren eingehen. Die Tarif- und Ermäßigungsstruk turen bilden seit der Neuregelung eine Einheit. Das ist nicht etwa eine rechtsdogmatische oder wirtschaftswissenschaftli che Theorie, sondern mit Blick auf die verschiedenen Rege lungen zu den Wasserentnahmeentgelten in der Bundesrepu blik ist es eine handfeste, sehr realistische Feststellung.

Ich will es einmal anders ausdrücken: Nicht überall, wo an dernorts 3 Cent draufstehen, sind auch 3 Cent drin. Manch mal sind es nur 0,3 Cent, so in Nordrhein-Westfalen, wo der Kühlwassertarifsatz von 3 Cent nur für Kreislaufkühlung, nicht aber für den Regelfall der Durchlaufkühlung bei den zahlreichen in die Jahre gekommenen Kohlekraftwerken gilt. Es ist zwar schön, das vor sich herzutragen. Die Realität aber ist eine völlig andere.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wir haben uns also die Tarif- und Ermäßigungsstrukturen ge nau angesehen. Wir haben uns für eine system- und lenkungs zweckgerechte Kombination aus einem schlanken Tarif und entsprechend abgestimmten Ermäßigungsmöglichkeiten ent schieden.

Frau Dr. Splett, wir haben schon im Umweltausschuss ver sucht, es Ihnen zu erklären. Lediglich bei der Entnahme von Oberflächenwasser für sonstige Zwecke gibt es eine Reduzie rung. Es gibt sie nicht für energieintensive Unternehmen, weil für diese schon bisher der Satz von 1 Cent galt. Ich glaube, dass man das auch immer wieder deutlich machen muss.

(Zuruf der Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE)

Aus wasserwirtschaftlichen Gründen ist es nicht mehr sach gerecht, das produzierende Gewerbe bei der Nutzung von Wasser aus oberirdischen Gewässern gegenüber einer reinen Kühlwassernutzung schlechterzustellen. Wie bei der Grund wassernutzung haben wir daher einen einheitlichen Tarif für die Nutzung von Wasser aus oberirdischen Gewässern gebil det.

Die vorgesehene einheitliche Tarifhöhe von 1 Cent entspricht dem erlangten Sondervorteil und steht im richtigen Verhält nis zum Tarif für die Grundwassernutzung und für die öffent liche Wasserversorgung von jeweils 5,1 Cent. Ich sehe hier insbesondere auch keinen Spielraum für die Verdopplung des Kühlwassertarifs. Wir haben im Ländervergleich gemeinsam mit Niedersachsen schon heute den effektiv höchsten Kühl wassertarif. Als Wirtschaftsstandort kann sich Baden-Würt temberg deshalb unter den derzeitigen Rahmenbedingungen eine solche Erhöhung nicht leisten.

Die Landesregierung hält es für sachgerecht und im Übrigen auch für erfolgversprechender, den schon vorhin erwähnten Lösungsweg der Ermäßigungen bei Investitionen zu beschrei

ten. Das heißt: Wer, wie wir es wollen und für richtig halten, im Sinne der Umwelt investiert, kann eine Ermäßigung erhal ten; wer es nicht tut, hat kein Anrecht auf Ermäßigungen. Es wird keine Streitfälle mehr geben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut! So ist es!)

Genau darum geht es. Die angesprochene Lösung ist ein len kungszweckgerechter Anreiz für Unternehmen, zu niedrige ren Entgeltzahlungen zu kommen. Gleichzeitig wird damit der Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg gestärkt. Wer also gern über den Lenkungszweck spricht, sollte sich damit schon etwas intensiver beschäftigen. Ich bin der festen Überzeugung, dass dies genau dafür ein gutes Beispiel ist.

Ich will auch kurz etwas zur Zweckbindung des Wasserent nahmeentgelts sagen. Auch wenn andere Länder diesen Weg eingeschlagen haben, sehe ich keine Notwendigkeit, in Ba den-Württemberg bei diesem Punkt nachzuziehen.

Erstens vermeiden wir damit einen verfassungsrechtlich im mer wieder kritischen Punkt. Nach der Rechtsprechung ist dies möglich. Nichtsdestotrotz ist die Ausgestaltung immer ausgesprochen schwierig darzustellen.

Zweitens hat bislang wohl kaum ein anderes Bundesland zweckgebundene Mittel aus dem Wasserentnahmeentgelt in einer Größenordnung für den Gewässerschutz eingesetzt, wie dies in Baden-Württemberg durch die mit dem Aufkommen aus dem Wasserentnahmeentgelt gespeisten Landesprogram me SchALVO und MEKA getan wird. Winfried Scheuermann hat darüber schon gesprochen. Es gibt kein anderes Land – auch keines, in dem eine Zweckbindung besteht –, das bisher derart viel Geld in den Gewässerschutz gesteckt hat wie Ba den-Württemberg, und dies ohne Zweckbindung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut!)

Im Rahmen der Haushaltsberatungen liegt es in der Entschei dungsgewalt des Landtags, für die Gewässerökologie und den Grundwasserschutz die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen. Ich bin zuversichtlich, dass dies auch weiterhin der Fall sein wird.

In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, dass ich in Gesetze natürlich Zweckbindungen aufnehmen kann. Aber sie müssen auch in den Ländern mit Zweckbindungen im jewei ligen Haushalt umgesetzt werden. Auch diesbezüglich lohnt es sich, immer wieder einmal in die Haushalte der Länder zu sehen, in denen es eine Zweckbindung gibt. Es ist nicht im mer so, dass sie tatsächlich umgesetzt wird. Ich glaube, dass man, was das eine oder andere Land betrifft, in dem eine Zweckbindung vorhanden ist, von „Versickerung im Haus halt“ sprechen kann.

Wir in Baden-Württemberg können nachweisen, was wir bis her für den Gewässerschutz eingesetzt haben. Mit der Neure gelung wird auch das Aufkommen aus dem Wasserentnahme entgelt dem Land den Spielraum bieten, genau diesen Einsatz weiterhin zu erbringen.

Das festgesetzte Aufkommen aus dem Wasserentnahmeent gelt belief sich in den vergangenen Jahren auf bis zu 85 Mil lionen €. Je nach Aufkommen rechnen wir bei weiter gehen der Inanspruchnahme der Ermäßigungsmöglichkeiten mit ei ner Reduzierung um bis zu 11 Millionen €. Für das reale Auf kommen in den nächsten Jahren werden allerdings noch wei tere Faktoren wie die absehbare Inbetriebnahme neuer Kraft werke oder die konjunkturelle Entwicklung eine Rolle spie len.

Mit dem heute zur abschließenden Beratung anstehenden Ge setzentwurf geben wir neue gewässerökologische Impulse und schaffen die dringend notwendige Planungs- und Rechtssi cherheit für alle Beteiligten. Gleichzeitig sichern wir auf wei terhin hohem Niveau die Haushaltsmittel, die für die vielfäl tigen Aufgaben des Gewässerschutzes erforderlich sind.

Ich will mich bei meiner eigenen Fraktion ausdrücklich für das gute und konstruktive Miteinander bei der Entwicklung dieses Gesetzes bedanken.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Das haben Sie sehr schön gesagt, Frau Ministerin!)

Herr Kollege Scheuermann hat in der ersten Lesung auf die lange Geschichte der Novellierung der Vorschriften über das Wasserentnahmeentgelt hingewiesen. Dafür ein herzliches Dankeschön. Dies gilt auch für unseren Koalitionspartner, der bereit war, diesen Weg mitzugehen. Ich weiß, dass die Ände rung der Vorschriften über das Wasserentnahmeentgelt an dem einen oder anderen Punkt für unseren Koalitionspartner nicht immer eine einfache Aufgabe war.

Ich will mich heute aber auch bei Ihnen, Herr Stober, dafür bedanken, dass Sie angekündigt haben: „Wir von der SPD ge hen diesen Weg mit, weil wir glauben, dass es der richtige Weg ist.“ Auch dafür ein herzliches Dankeschön. Ich glaube, an diesem Punkt zeigt sich, dass auch die Opposition konst ruktiv sein kann

(Abg. Thomas Knapp SPD: Nein, wir sind regie rungsfähig!)

und sich vor allem von guten Argumenten überzeugen lässt.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das würden wir uns auch einmal von der anderen Seite wünschen! – Zuruf des Abg. Johannes Stober SPD)

Im Gegensatz zu anderen sind Sie Argumenten zugänglich.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen in der Zweiten Beratung des Gesetzentwurfs Druck sache 14/6491 zur A b s t i m m u n g.

Abstimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Um weltausschusses, Drucksache 14/6693, und zwar zunächst Ab schnitt I. Der Umweltausschuss empfiehlt Ihnen, dem Gesetz

entwurf zuzustimmen. Den hierzu vorliegenden Änderungs antrag werde ich an der entsprechenden Stelle zur Abstim mung stellen.

Ich rufe auf

Artikel 1

Änderung des Wassergesetzes

und dazu den Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE, Druck sache 14/6729. Wer diesem Änderungsantrag zustimmt, der möge bitte die Hand heben. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Artikel 1 in der Fas sung des Gesetzentwurfs Drucksache 14/6491. Wer Artikel 1 zustimmt, der möge bitte die Hand heben. –

(Abg. Johannes Stober SPD: Es gibt noch weitere Änderungsanträge, Wolfgang! – Gegenruf der Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Nein! Es war alles zusam men aufgerufen! – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Herr Präsident Wolfgang! – Heiterkeit)

Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist Arti kel 1 mehrheitlich zugestimmt.

Ich rufe auf

Artikel 2

Änderung der Verordnung des Umweltministeriums