Protokoll der Sitzung vom 28.07.2010

Es mag auch deshalb so sein, Frau Kollegin Mielich, dass wir jetzt über 50 Jahre hinweg den Ministerpräsidenten stellen, weil wir eben in unseren Wahlkreisen den Menschen verhaf tet sind, den Menschen nah sind, aber damit auch die wirt schaftlichen Interessen entsprechend vertreten.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Stephan Braun SPD)

Deshalb ist es die erste und vornehmste Pflicht eines jeden Abgeordneten – jedenfalls nach unserem Verständnis –, dass er seine Region auch in diesem Landtag entsprechend vertritt.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das machen auch anständige Sozialdemokraten! – Zuruf des Abg. Rein hold Gall SPD)

Das ist auch ganz normal. Wenn ich mir manche Kleine An frage und manche Wortmeldung auch von Sozialdemokraten – bei den Grünen ist es selten – ansehe, dann scheint das Ver ständnis bei der SPD ein Stück weit genauso zu sein. Das ist das eine.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja, so sehe ich das auch!)

Drittens: Ich erwarte von einem Staatssekretär, einem Mit glied der Landesregierung, dass er die Interessen der badenwürttembergischen Wirtschaft entsprechend mit vertritt und berücksichtigt. Das war immer ganz normal. Was ist denn jetzt schwierig und schlimm daran, dass die bei uns im Land an sässige Kiesindustrie – einer der wenigen Rohstoffbereiche, die wir überhaupt in Baden-Württemberg haben – Sorge hat, dass es bei einem Abbau von über 50 Millionen t zunächst ein mal zu Verwerfungen auf dem Markt kommen könnte, wenn nicht klar regulierend eingegriffen wird? Es war doch nicht von vornherein klar, wie es läuft. Das Thema Geschiebezuga be kam erst auf der Wegstrecke der letzten Jahre überhaupt ins Spiel.

(Abg. Ursula Haußmann SPD schüttelt den Kopf. – Zuruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE)

Natürlich war es so. Frau Kollegin Haußmann, wir reden über das Thema „Integriertes Rheinprogramm“ bereits seit 25 Jahren und länger.

(Zuruf: Schlimm genug! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das ist an der Frau Kollegin Haußmann vor beigegangen, wie vieles andere auch! – Unruhe)

Moment!

(Glocke des Präsidenten)

Kollege Hauk, gestat ten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Walter?

Von Herrn Kollegen Walter gern.

Bitte, Herr Kollege Walter.

Herr Kollege Hauk, Sie haben auf die Verhaftung mit dem Wahlkreis verwiesen. Können Sie mir bitte sagen, wo man in der Verfassung eine entsprechen de Verpflichtung findet? Meines Wissens steht da etwas da von, dass man dem ganzen Volk dienen müsse.

(Oh-Rufe von der CDU – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Peinlich!)

Ja, aber natürlich, Herr Kollege. Herr Kollege Walter, nur – –

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Halt! Das war die erste Fra ge.

Die zweite Frage wäre – –

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU – Lebhafte Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Fragerecht steht gerade dem Kollegen Walter zu.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Aber auf dämliche Fra gen gibt es eine entsprechende Antwort!)

Sie wollen sicherlich nicht ab streiten, dass dem Land Baden-Württemberg hier ein finanzi eller Schaden entstanden ist.

Aber natürlich.

Die zweite Frage lautet: Ist das durch gewisse Aktivitäten im Wahlkreis gerechtfertigt, oder wie rechtfertigen Sie diesen Schaden?

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Moment. Damit Folgendes klar ist:

Erstens: Es geht nicht um die Frage der Verpflichtung der Ver fassung gegenüber. Dies erwarte ich als Selbstverständlich keit.

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Aber genau um diese erfüllen zu können, muss man wissen, was vor Ort geschieht. Diese Form der Bodenhaftung, Herr Kollege Walter, fehlt Ihnen weitestgehend.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dieter Hillebrand CDU: Jawohl!)

Bodenhaftung hat etwas damit zu tun, dass man die Region kennt. Im Fall der Kieswirtschaft ging es eben nicht um das Markgräflerland, den Wahlkreis des Kollegen Fleischer, son dern um einen Abschnitt, der von Lörrach und damit von der Schweizer Grenze im Süden bis deutlich über Freiburg hin ausreichte.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Was ist mit dem Scha den für das Land?)

Der zweite Punkt, den ich noch anführen will – Herr Präsi dent, Sie gestatten, dass ich zumindest noch eine Minute re de –,

(Zurufe, u. a. des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

ist, dass ich erwarte, dass ein Mitglied der Landesregierung verantwortungsvoll die baden-württembergische Wirtschaft berücksichtigt, vor allem bei einem Millionenprojekt – unter Umständen ist es sogar ein Milliardenprojekt, je nach Preis lage –, das sich über 80 Jahre hinzieht.

Nachdem auch der Bund entgegen seiner Zusage die zu die sem Gutachten führenden Parameter nicht offengelegt hat, war es doch nur folgerichtig, dass der für den Haushalt mitverant wortlich zeichnende Staatssekretär im Finanzministerium ge nau diese Parameter einer neutralen Überprüfung unterziehen wollte. Was ist denn daran Verzögerung, wenn der badenwürttembergische Rechnungshof hierzu gutachterlich befragt wird? Die Antwort hierauf müssen Sie mir erst einmal geben, unabhängig vom Ergebnis, zu dem der Rechnungshof am En de gekommen ist.

Drittens: Dass der Finanzminister – weder Gerhard Stratthaus Anfang 2008 noch sein Nachfolger Willi Stächele – nicht mit der Thematik befasst war, zeigt, dass allenthalben der von Ih nen ins Feld geführte Zeitdruck faktisch nicht vorhanden war. Denn im Zweifelsfall – das ist überall so Praxis – werden grundlegende Streitigkeiten zwischen Ministerien irgendwann durch die Minister selbst besprochen, oder sie kommen im Kabinett – im Zweifelsfall strittig – zur Sprache.

Das alles ist nicht erfolgt. In diesem Fall dann dem zuständi gen Minister ein Organisationsversagen oder Ähnliches vor zuwerfen, das spricht all diesen Sachverhalten Hohn.

Herr Abg. Hauk, lassen Sie eine weitere Zwischenfrage, eine Frage der Frau Abg. Mielich, zu?

Ich wäre dann fast fertig, aber bitte.

Bitte, Frau Mielich.

(Abg. Winfried Scheuermann CDU: Nein! – Heiter keit – Gegenruf des Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Doch! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Hauk, sind Sie mit mir einer Meinung, dass es einigermaßen befremdlich ist, dass Herr Fleischer es hinbe kommen hat – nachdem klar war, dass es die Geschiebezuga be in Iffezheim geben würde und Umwelt- und Verkehrsmi nisterium gleichermaßen politisch Druck in Baden-Württem berg gemacht haben, um dem Kabinett eine entsprechende Entscheidung vorzulegen –, diese Entscheidung im Kabinett zu blockieren?

Ich finde, es wäre sehr verwunder lich – das zweite Gutachten zum 90-m-Streifen ergab ja Mehr kosten für das Land in der Größenordnung von 400 Millio nen DM –, wenn sich ein Staatssekretär im Finanzministeri um bei solchen Zahlen nicht Gedanken darüber gemacht hät te, wie Kosten zu minimieren wären. Es ist doch nur nachvoll ziehbar, dass man, wenn ein Gutachten vorliegt, dessen Para meter aber nicht veröffentlicht werden, obwohl das Land mit dem Bund in Partnerschaft verbunden ist, dies entsprechend hinterfragt.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Diese Argumentation ist sogar Herrn Fleischer peinlich, sonst wäre er nämlich da! Bei dieser Argumentation würde Herr Fleischer einen roten Kopf bekommen!)

Es wäre sogar ein Verschulden gewesen, wenn man dem am Ende nicht nachgegangen wäre.

(Vereinzelt Beifall)