(Beifall des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP – Abg. Ur sula Haußmann SPD: Schwacher Beifall! – Abg. Bri gitte Lösch GRÜNE: In der nächsten Legislaturperi ode!)
Man kann natürlich wie Herr Hoffmann argumentieren, dass in der Fläche schon fast alle Kindertagesstätten mitmachen. Es ist aber doch ein Unterschied, ob ich sage: „Ich mache ei nen Teil des Orientierungsplans verpflichtend“ – das wurde auch schon angesprochen – oder ob ich sage: „Ich mache wirklich die Elemente, die darin angelegt sind, verpflichtend.“ Das ist im Moment in das Belieben der Kindergartenträger ge stellt. Wir hoffen, dass möglichst viel davon umgesetzt wird. Aber wir wünschen uns sehr, dass alle Elemente des Orientie rungsplans zum Tragen kommen. Wir werden in Zukunft po litisch dafür arbeiten, dass wir das auch umsetzen können.
Mir liegen keine wei teren Wortmeldungen vor, liebe Kolleginnen und Kollegen. Es ist vorgeschlagen, den Gesetzentwurf Drucksache 14/6696 zur weiteren Beratung an den Schulausschuss zu überweisen. – Sie stimmen diesem Vorschlag zu. Es ist so beschlossen.
Wissenschaft, Forschung und Kunst zu der Mitteilung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 4. Mai 2010 – Kultur 2020. Kunstpolitik für Baden-Württemberg – Drucksachen 14/6232, 14/6490
Landesregierung – Weiterentwicklung der Kunstkon zeption des Landes Baden-Württemberg – Drucksache 14/5331
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Ausspra che eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion festgelegt.
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Da men und Herren! Um die Tragweite dieses Tagesordnungs punkts und die Bedeutung des Mammutprojekts „Kultur 2020. Kunstpolitik für Baden-Württemberg“ für unser Land zu er messen, muss man zunächst auf das Vorgängerwerk von „Kul tur 2020“, die erste Landeskunstkonzeption, verweisen.
Seit 1989 war die Landeskunstkonzeption unverzichtbare Leitlinie für die Kunstpolitik in Baden-Württemberg, was deutlicher Ausweis ihrer Qualität und ihrer visionären Kraft war und ist.
Die Landeskunstkonzeption wurde bereits nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit erstellt, als dieser Begriff noch nicht infla tionär benutzt wurde.
Oft kopiert und selten erreicht hatte die Landeskunstkonzep tion, erstellt unter der Federführung des legendären Hannes Rettich, eine Strahlkraft, die weit über unser Land hinaus und tief in unser Land hinein und in seine Kunst- und Kultursze ne hinein wirkte. Die erste Landeskunstkonzeption war trotz dieser großen Wirkungskraft ein Kind ihrer Zeit, geprägt von der Anregung zu etlichen Neugründungen von Kunst- und Kultureinrichtungen, die fast ausnahmslos auch vollzogen wurden. Die Akademie Schloss Solitude, das ZKM in Karls ruhe und viele weitere Institutionen, die wie Leuchttürme in der internationalen Kulturlandschaft stehen, gehen auf die ers te Landeskunstkonzeption zurück.
Nun hat sich die Landesregierung mit Staatssekretär Dr. Diet rich Birk als treibender Kraft im wahrsten Sinn des Wortes ans Werk gemacht, um die Landeskunstkonzeption fortzu schreiben.
Parlamentarisch ist dies ein Ereignis, das bisher einmalig ist. Sie, liebe anwesenden Kolleginnen und Kollegen, können spä ter einmal sagen, dass Sie heute dabei gewesen sind.
Die neue Kunstkonzeption „Kultur 2020“ hat nach Ansicht der CDU-Fraktion dieselbe Qualität wie ihre Vorgängerin. Sie birgt alle Chancen, dieselbe visionäre Kraft zu entfalten, und ist ebenfalls ein Kind ihrer Zeit, ohne dem Zeitgeist zu ver fallen.
Besondere Merkmale dieses fast 400 Seiten starken kunstpo litischen Kompasses sind die Beibehaltung bewährter Grund sätze der Kunstpolitik, klare, zukunftsträchtige Schwerpunkt setzungen und der vorbildliche partizipative Prozess der Er stellung. Bewährte Grundsätze der Kunstpolitik sind die Gleichrangigkeit von Breiten- und Spitzenförderung in dem Bewusstsein, dass es ohne Breite keine Spitze und ohne Spit ze keine Breite in der Kunst geben kann.
Ferner ist die Dezentralität zu nennen. In Baden-Württemberg konzentriert sich die Kunst nicht auf ein Zentrum oder auf we nige Zentren wie in den meisten Ländern Deutschlands und Europas. Ganz gleich, wo Sie sich in unserem Land aufhal ten, meine Damen und Herren, Sie werden kunstschaffenden, kunstsinnigen, ja kunstliebenden Menschen begegnen.
Diesen hohen gesellschaftlichen Wert gilt es weiter zu stützen und zu fördern. Kunst ist nicht das Sahnehäubchen unserer Gesellschaft, Kunst ist der Kitt unseres funktionierenden Ge meinwesens und muss deshalb überall verfügbar sein.
Als dritten wichtigen Grundsatz nenne ich die unbedingte Zu rückhaltung der Politik in Bezug auf künstlerische Inhalte. Weil das bei uns so ist, darf man von einer Landeskunstkon zeption auch keine zu konkreten Handlungsanweisungen für die Kunstschaffenden erwarten. „Kultur 2020“ gibt Anregun gen und weist die generelle Richtung, ohne der Kunstszene Fesseln anzulegen.
Wer beim vorliegenden Werk angeblich fehlende Konkreti sierungen bemäkelt, verkennt den Charakter eines solch lang lebigen Planwerks. Außerdem ist eine Kunstkonzeption kein Wunschzettel für Einzelinteressen. Die Schwerpunkte von „Kultur 2020“ heißen kulturelle Bildung und Interkultur – Schwerpunkte, die von der CDU sehr begrüßt werden, liegen sie doch genau auf unserer politischen Linie.
Zur weiteren Konkretisierung des Begriffs „Kulturelle Bil dung“ haben CDU und FDP/DVP einen gemeinsamen Ergän zungsantrag eingebracht,
in dem wir verlangen, dass jedes Kind bzw. jeder Jugendliche bis zum Ende seiner schulischen Ausbildung inner- oder au
ßerschulisch mit jeder Kunstsparte passiv und mit mindestens einer Kunstsparte aktiv tätig befasst werden soll.
Interkultur müssen wir noch stärker als bereichernden Aus tausch kultureller Werte begreifen. Traditionelles hat dabei ebenso seinen Platz wie zunächst fremd Erscheinendes. Wenn wir wollen, dass sich Menschen aus anderen Teilen Deutsch lands und der Welt in Baden-Württemberg heimisch fühlen und ihren persönlichen positiven Beitrag zu unserer Erfolgs geschichte bringen sollen, dann müssen wir ihnen unsere rei che Kultur in geeigneter Form näherbringen und uns auch ak tiv mit den mitgebrachten kulturellen Errungenschaften aus einandersetzen. Interkultur, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist keine Einbahnstraße. Auch dringend benötigte Fachkräfte bringen neben ihrem Fachwissen und ihrer Arbeitskraft ihre Kultur mit.
Meine Damen und Herren, die Erarbeitung von „Kultur 2020“ allein war schon ein Meisterwerk. Bevor von der Kunstabtei lung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst ein Erstentwurf gefertigt wurde, sind Kunstschaffende und an dere nach ihren Vorstellungen und Anregungen gefragt wor den. Nachdem der Erstentwurf auf dem Tisch lag, wurde die ser ebenfalls breit zur Diskussion gestellt. Die CDU-Fraktion hat dieses Angebot zur Teilhabe gern und gemäß unserem di alogorientierten Arbeitsstil aufgegriffen und zwei sehr gut be suchte Symposien mit mehr als 200 Teilnehmern in Stuttgart und Karlsruhe veranstaltet. Viele zusätzliche Anregungen aus solchen Runden mit Workshop-Charakter, aus der öffentlichen Anhörung des Wissenschaftsausschusses und aus etlichen Kontaktaufnahmen mit uns z. B. durch die Kirchen und die kommunalen Landesverbände sind mit in die vorläufige End fassung eingeflossen, genauso wie eigene Überlegungen mei ner Fraktion.
„Kultur 2020“ ist damit kein Papier der Politik, sondern ein Gemeinschaftsprodukt von Kunst, Kultur und Politik. Nach dem auch alle Fraktionen dieses Hohen Hauses zu einem frü hen Zeitpunkt in die Erstellung eingebunden waren und die se Einladung durch das MWK auch konstruktiv nutzten, ist für mich der einzige kleine Wermutstropfen bei „Kultur 2020“, dass ein durchgängig konsensuales Vorgehen auf der Zielgeraden nicht mehr möglich war. Wir hätten gern gese hen, dass alle parlamentarischen Anträge von allen vier Frak tionen gemeinsam eingebracht worden wären. Die Schnitt mengen waren dann aber doch wesentlich kleiner.
Auf die Anträge von Rot-Grün möchte ich nur ganz kurz ein gehen. Wir halten sie entweder für etwas inhaltsschwach oder betrachten eine Kunstkonzeption nicht als den richtigen Ort, um die betreffenden Forderungen aufzunehmen.
Das ist kein Gesetz, liebe Frau Kollegin Haußmann. Aber dazu können wir uns später draußen noch treffen.
Lediglich auf den Antrag, der auf eine Anpassung der Kultur förderung des Landes an Grundzüge des Sächsischen Kultur raumgesetzes abzielt, will ich mit zwei Sätzen eingehen. Die
ses Gesetz, das zu Beginn der Neunzigerjahre erstellt wurde, mag in Sachsen, einem damals neu gebildeten Freistaat ohne gefestigte kommunale Kunst- und Kulturlandschaft, hilfreich und wertvoll gewesen sein. Bei uns wäre die Einführung ei nes kommunalen Finanzausgleichs – das ist nämlich der Kern dieses Kulturraumgesetzes – zwischen sogenannten kulturel len Zentren und deren Umland eine Verkennung der bestehen den Verhältnisse und ein unvertretbarer Eingriff in das Selbst verwaltungs- und Selbstgestaltungsrecht der Kommunen. Wir lehnen daher auch diesen Antrag ab.
Der interfraktionelle Konsens besteht in drei Anträgen fort, nämlich erstens hinsichtlich der Einrichtung einer regelmäßig tagenden Landeskunstkonferenz zur noch besseren Vernet zung von Regierung, Landtag und Kunstszene, zweitens hin sichtlich der Bedeutung von Architektur und Baukultur, De sign und Fotografie sowie drittens zum Thema „Frauen in der Kunst“.
CDU und FDP/DVP beantragen außerdem gemeinsam, die Funktion des Kulturbeauftragten an Schulen durch Lehrerin nen und Lehrer wahrnehmen zu lassen. Gerade vor dem Hin tergrund der Ausweitung von Ganztagsangeboten und ver stärkter Kooperationen von Schulen mit außerschulischen Kultureinrichtungen halten wir es für angebracht, dass Kunst schaffende auf einen klar definierten Ansprechpartner zuge hen können.