Protokoll der Sitzung vom 22.05.2014

Vielen Dank. – Ich darf für die Landesregierung Herrn Staatssekretär Rust ans Red nerpult bitten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Kollegen Dr. Bullinger, des ehemaligen Amtschefs der obersten Denkmal schutzbehörde Baden-Württembergs,

(Vereinzelt Heiterkeit)

wie folgt:

Zu Frage a: Nach § 2 des Denkmalschutzgesetzes für BadenWürttemberg sind Kulturdenkmale Sachen, Sachgesamthei ten und Teile von Sachen, an deren Erhalt aus wissenschaftli chen, künstlerischen oder heimatgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse besteht. Alle Objekte, auf welche diese Begriffsmerkmale zutreffen, sind kraft Gesetzes Kulturdenk male.

Im Fall des 1977 bis 1980 nach Plänen des Münchner Archi tekten Fred Angerer errichteten Landratsamts Schwäbisch Hall hat das Landesamt für Denkmalpflege im Regierungs präsidium Stuttgart die Denkmaleigenschaft mit wissenschaft lichen, insbesondere architekturgeschichtlichen und stadtbau geschichtlichen, sowie mit künstlerischen Argumenten be gründet. Es handelt sich um einen wichtigen Vertreter von Ver waltungsbauten der Nachkriegsmoderne im Übergang zum postmodernen Bauen.

Zu Frage b: Der Landkreis Schwäbisch Hall hat als Eigentü mer das Kulturdenkmalgebäude Münzstraße 1 im Rahmen des Zumutbaren zu erhalten und pfleglich zu behandeln. Nach § 8 des Denkmalschutzgesetzes Baden-Württemberg dürfen Kul

turdenkmale nur mit Genehmigung der Denkmalschutzbehör de zerstört oder beseitigt, in ihrem Erscheinungsbild beein trächtigt oder aus ihrer Umgebung entfernt werden. Bei Um bau- oder Renovierungsarbeiten ist nach pflichtgemäßem Er messen im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Ver hältnismäßigkeit und Zumutbarkeit zwischen den Interessen des Eigentümers und den Belangen des Denkmalschutzes ab zuwägen. Zuständige Denkmalschutzbehörde ist im vorlie genden Fall die höhere Denkmalschutzbehörde beim Regie rungspräsidium Stuttgart.

Zu der Frage des Verkaufswerts kann keine allgemeine Aus sage getroffen werden.

Es liegt eine Zusatzfra ge vor. – Bitte, Herr Abg. Dr. Bullinger.

Vielen Dank. – Herr Staatssekretär, ich habe noch eine Nachfrage. Es handelt sich ja um ein öffentliches Gebäude, ein Verwaltungsgebäude. Welche aktuellen Fördermöglichkeiten beispielsweise für die Sanierung eines solchen öffentlichen Gebäudes bestehen der zeit?

Es handelt sich um ein Gebäude im öffentlichen Eigentum, also im Eigentum eines Landkrei ses. Ich bin mir sicher, dass dieser Eigentümer, der auch un tere Denkmalschutzbehörde ist, sämtliche Fördermöglichkei ten kennt und diese im Zweifel auch ausschöpfen wird. Da gibt es eine Vielzahl von Stiftungen, die Unterstützung ge währen: die Deutsche Stiftung Denkmalschutz oder auch die Denkmalstiftung Baden-Württemberg, deren Kuratorium Sie angehören. Wir fördern da auch Kommunen, wenn sie ihre denkmalgeschützten Gebäude unterhalten müssen.

Mir ist noch einmal ganz wichtig, auch zu betonen – weil das für etwas Aufruhr im Landratsamt gesorgt hat –, dass es eine Auszeichnung ist, wenn ein solches Gebäude, ein Verwal tungsgebäude, als Denkmal, also als besonders schützenswert erachtet wird, und dass es keine Last ist, sondern ein Schatz, wenn man ein Denkmal besitzt. Ich finde, gerade eine untere Denkmalschutzbehörde sollte sich vorbildlich zeigen, wenn es um den Umgang mit einem eigenen Denkmal geht.

Es hat mich schon etwas befremdet – wenn ich das an dieser Stelle sagen darf –, dass der Amtschef einer unteren Denk malschutzbehörde einer höheren Denkmalschutzbehörde Hausverbot erteilt.

(Zuruf von der SPD: Unerhört!)

Da muss ich schon Zweifel daran äußern, ob dieses Amt als untere Denkmalschutzbehörde seinen Aufgaben entsprechend nachkommt.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Vielen Dank!)

Herzlichen Dank. – Es liegen keine weiteren Zusatzfragen vor. Damit ist die Behand lung der Mündlichen Anfrage unter Ziffer 5 beendet.

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 6 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. M a n f r e d H o l l e n b a c h C D U – K a r e n z z e i t

Bitte, Herr Abg. Hollenbach.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung:

Inwieweit gelten die Regeln über die Besuche von Politikern bei Behörden, Schulen und anderen öffentlichen bzw. staatli chen Institutionen vor Wahlen auch für Mitglieder der Lan desregierung, insbesondere bei ressortfremden Besuchen – wobei die Betonung auf diesen letzten zwei Worten liegt?

Vielen Dank. – Ich darf für die Landesregierung Herrn Minister Stoch ans Rednerpult bitten.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Ich beantworte die Anfrage des Abg. Hollenbach wie folgt:

Im Vorfeld von Wahlen dürfen sich Regierungsmitglieder nicht in ihrer amtlichen Funktion mit politischen Parteien identifizieren und sie nicht unter Einsatz staatlicher Mittel un terstützen. Das ist ein allgemein anerkannter Grundsatz. Dies bedeutet aber nicht, dass Regierungsmitglieder im unmittel baren Vorfeld von Wahlen auf Besuche von Behörden, Schu len und anderen staatlichen Institutionen gänzlich verzichten müssen. Andernfalls könnte nämlich in vielen Fällen das Amt nicht mehr sinnvoll ausgeübt werden.

Sie haben insbesondere die letzten beiden Worte Ihrer Anfra ge hervorgehoben. Es ist dabei nicht entscheidend – das ist auch ein allgemein anerkannter Grundsatz –, ob die Behörde oder Institution dem Geschäftsbereich angehört, den das Re gierungsmitglied vertritt, sondern entscheidend ist, ob der konkrete Besuch zu den Aufgaben des Amtes gehört. Beides ist ja nicht immer zwingend deckungsgleich. Wenn ich also in Ausübung meines Amtes z. B. in eine Schule gehe, dann kann das insoweit durchaus in Ausübung meines Amtes sein, auch wenn ich nicht für die Schulen zuständig bin.

Eine Zusatzfrage, bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Minister, besten Dank für diese Auskunft. Aber ist es dann nicht eine Umgehung die ser Besuchseinschränkungen, wenn ein Abgeordneter nicht selbst aktiv wird, sondern eine Ministerin einlädt

(Abg. Walter Heiler SPD: Sprechen Sie von früheren Zeiten?)

und diese dann den öffentlichen Auftritt in einer Schule, für die sie nicht zuständig ist und für die sie auch keine pädago gischen und sonstigen Aufsichtsfunktionen hat, übernimmt?

Herr Kollege Hollenbach, ich glaube, ich habe es gerade deut lich gemacht: Entscheidend ist nicht der Ort, sondern entschei dend ist der Zweck des Besuchs.

Ich glaube, Sie spielen an – lassen Sie uns nun ganz konkret werden; sonst bleiben wir so im Ungefähren – auf einen Be such von Frau Ministerin Öney am 15. Mai in einer Schule in Bietigheim-Bissingen. Bei der Veranstaltung, die dort statt fand, handelte es sich um eine Schülerlesung einer traditio nellen Abschlussveranstaltung des Projekts „Deutsch geht gut!“ mehrerer Bietigheimer Schulen. Gelesen wurden dabei

von den Schülern verfasste Texte. Wenn eine solche Veran staltung wie in diesem Fall von einem Förderverein organi siert wird, dann ist dieser auch Einladender. Ich habe hier die entsprechende Einladung vor mir – „Literaturprojekt in Bie tigheim-Bissingen“ –:

Integrationsministerin... besucht Schülerlesung am 15. Mai 2014 – Als prominente Gasthörerin wird die ba den-württembergische Integrationsministerin Bilkay Öney bei der Lesung... zu Gast sein.

Dann können Sie nachvollziehen, dass ich das, was ich vor hin gesagt habe, nur unterstreichen kann. Es ist hier in Aus übung des Amtes von Frau Ministerin Öney ein entsprechen der Besuch vorgenommen worden. Veranstalter war weder ei ne politische Partei noch ein Abgeordneter. Dass diese Veran staltung an einer Schule stattgefunden hat, und zwar außer halb des regulären Schulunterrichts, kann dabei nicht zum Vorwurf gereichen.

Für diese Sichtweise spricht, dass die Veranstaltung öffentlich war, dass das Projekt von der Arbeitsgemeinschaft „Autoren begegnung und Schülerworkshops“, verschiedenen Freundes kreisen bzw. Fördervereinen der beteiligten Schulen sowie der Otto-Rombach-Bücherei getragen wurde, die Teilnahme für Schülerinnen und Schüler dabei nicht verpflichtend war und sie außerhalb der üblichen Unterrichtszeit stattfand. Daher be steht aus meiner Sicht kein Anlass, hier mit Blick auf die üb lichen Regelungen irgendetwas zu beanstanden.

Es liegt eine Zusatzfra ge von Herrn Abg. Käppeler vor.

Sehr geehrter Herr Minister, die se Karenzzeit gilt bekanntermaßen für alle Abgeordneten. Gilt sie auch für stellvertretende Fraktionsvorsitzende, oder unter liegen diese der gleichen Regelung wie Minister, sodass sie, wenn sie eingeladen werden, während der Karenzzeit trotz dem eine Schule besuchen dürfen?

Wenn der stellvertretende Fraktionsvorsitzende ein Abgeord neter ist – das nehme ich an –,

(Vereinzelt Heiterkeit – Zuruf von der CDU: Das ist vorausgesetzt, Herr Minister!)

dann gilt natürlich das, was ich einleitend gesagt habe, dass nämlich in dieser Karenzzeit entsprechende Besuche nicht zu lässig sind. Solche Besuche sind dann zulässig, wenn sie in der Ausübung des Amtes, z. B. des Amtes eines Ministers, stattfinden.

Sie wissen doch alle – wir müssen bei jeder Regelung nach Sinn und Zweck fragen –: Es soll verhindert werden, dass öf fentliche Institutionen für Wahlkampfzwecke, für parteipoli tische Zwecke missbraucht oder gebraucht werden. Deswe gen müssen wir doch in jedem Einzelfall prüfen: Ist dieser Vorwurf gerechtfertigt?

Wenn Sie heute den Fall, den ich Ihnen geschildert habe, oder andere Fälle betrachten, dann werden Sie doch feststellen, dass wir in den Fällen, in denen ein Kultusminister in Aus übung seines Amtes Schulen besucht, doch wohl tatsächlich davon sprechen können, dass dies in Ausübung des Amtes ge schieht.

In dem Fall, den ich gerade eben geschildert habe, fand die betreffende Veranstaltung außerhalb des üblichen Schulrah mens, aber innerhalb eines Schulgebäudes statt. Die Teilnah me fand in Ausübung des Amtes statt. Ich glaube, auch da ist die Verbindung mit der Tätigkeit der Integrationsministerin sehr einfach herstellbar. Wir sollten zu der klaren Antwort kommen, dass es hier nicht um einen Verstoß gegen die Re gelungen der Karenzzeit – diese haben ihre Berechtigung – gehen kann, sondern dass der Besuch tatsächlich in Ausübung des Amtes stattfand.

Zunächst eine Zusatzfra ge von Herrn Abg. Hollenbach, dann eine Zusatzfrage des Kollegen Käppeler.

Herr Minister, ich möchte richtigstellen: Es war eine Veranstaltung der Schule, an der sich auch drei trägerfreie Fördervereine beteiligt haben. Ein geladen hat nicht die Schule, sondern der Abgeordnete. Ich zitiere aus der Zeitung:

Für eine Schülerlesung des Projekts...

Sie haben es genannt –

... hat die Ministerin für Integration... auf Einladung des SPD-Landtagsabgeordneten... ihre Teilnahme zugesagt.

Sind Sie nicht der Meinung, dass durch diese Einladung vor allem die Schulleitung in eine etwas schwierige Situation ge bracht wurde, da sie anderen Abgeordneten einen öffentlichen Auftritt auf einer solchen Veranstaltung nicht ermöglichen kann?