Ingo Rust
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Sehr geehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Nicht nur am Inhalt, sondern auch am Stil erkennt man
die Kompetenz eines Politikers. Herr Rülke, es war wieder einmal typisch für Sie, die Kollegen als dumm zu bezeichnen.
Solch einen unparlamentarischen Stil traut sich hier im Haus nur einer,
und das sind Sie, Herr Rülke.
Sie gehen in Ihren Reden immer knapp über das hinaus, was man als Abgeordneter hier im Landtag noch macht, wenn man ein bisschen Anstand im Kittel hat.
Deshalb fällt es mir auch wirklich schwer, Sie inhaltlich ernst zu nehmen. Denn wer sich im Stil so vergreift, auf den muss man inhaltlich überhaupt nicht mehr eingehen.
Es tut mir wirklich leid. Der größte Beitrag zur Debattenkul tur in diesem Haus wäre, wenn Sie dem nächsten Landtag nicht mehr angehören würden.
Meine Damen und Herren, der Doppelhaushalt 2015/2016, den die Landesregierung vorgelegt hat, verfolgt im Wesentli chen drei Ziele. Erstens: Wir bauen das strukturelle Defizit ab. Zweitens: Wir bauen den Sanierungsstau ab. Und drittens: Wir stärken die Einnahmeseite in diesem Haushalt. Ich möchte zu diesen drei Punkten kurz etwas sagen.
Das strukturelle Defizit wird ja von Ihnen mittlerweile als Märchen bezeichnet, das wir nach der Wahl erfunden hätten,
um Ihnen eine Erblast anzudichten.
Da habe ich noch eine Empfehlung an Sie, Herr Rülke. Sie haben ja wunderbar in alten Unterlagen aus Zeiten, in denen Sie noch gar nicht im Landtag waren, recherchieren lassen.
Lesen Sie doch einmal nach, was der letzte große Finanzpo litiker der CDU in diesem Haus, Gerhard Stratthaus, gesagt hat. Er hat nämlich schon zu Ihrer Regierungszeit von genau diesem strukturellen Defizit gesprochen und hat es sogar be ziffert, und zwar hier im Landtag. Die Plenardebattenproto kolle hierüber können Sie von Ihren großartigen Mitarbeitern heraussuchen lassen.
Das strukturelle Defizit ist also keine Erfindung dieser Regie rung, sondern es war schon lange bekannt. Kollege Stratthaus hat es hier im Landtag schon gesagt.
Als wir nach dem Regierungswechsel, noch vor der Regie rungsbildung, öffentlich dazu Stellung genommen und gesagt haben, es werde sich, von außen betrachtet, um etwa 1,5 Mil liarden € handeln, habe ich einen Anruf von einer hochrangi gen Mitarbeiterin des damaligen Finanzministeriums bekom men, die mir gesagt hat: „Herr Rust, Sie haben ja recht mit dem strukturellen Defizit. Aber 1,5 Milliarden € sind es wohl nicht, sondern wahrscheinlich eher 2 Milliarden bis 2,5 Mil liarden €.“ Es ist also keine Erfindung von uns. Ich kann Ih nen die großen Grafiken, die im Büro dieser hochrangigen
Mitarbeiterin des Finanzministeriums hingen, noch zeigen, auf denen dieses strukturelle Defizit auch ausgewiesen und nachgewiesen ist. Das ist keine Erfindung von uns. Diese Erb last ist real; die hatten Sie zu Ihrer Regierungszeit schon ge nauso beziffert.
Der zweite Punkt, zu dem ich etwas sagen möchte, ist der Sa nierungsstau. Es vergeht keine Woche, in der ich keine Brie fe von Abgeordneten, und zwar aus allen Fraktionen, bekom me, in denen dieser Sanierungsstau in den jeweiligen Wahl kreisen – bei Polizeirevieren, bei Finanzämtern, bei Hoch schulen – querbeet proklamiert wird. In diesen Briefen wer den wir dringend darum gebeten, diesen Sanierungsstau ab zubauen und das Finanzamt XY, das Polizeirevier XY zu sa nieren. Es besteht also seit vielen, vielen Jahren ein Sanie rungsstau.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch dieser Sanierungsstau ist nicht erfunden, auch dieser Sanierungsstau war vor unse rer Regierungszeit schon vorhanden. Der Rechnungshof – Herr Präsident Munding ist anwesend – mahnt diesen Sanie rungsstau schon seit vielen Jahren an. Wir bauen diesen Sa nierungsstau jetzt ab, liebe Kolleginnen und Kollegen.
560 Millionen € haben wir seit 2011 in den Abbau des Sanie rungsstaus investiert. Wir werden im Doppelhaushalt 2015/2016 weitere 526 Millionen € zum Abbau des Sanierungsstaus be reitstellen. Das ist der größte Bauhaushalt des Landes BadenWürttemberg seit 1952. Es ist dringend notwendig, dass wir in dieses Landesvermögen investieren.
Drittens zum Thema „Einnahmen stärken“. Ja, wir haben ho he Überschüsse. Ich behaupte, diese hohen Überschüsse ha ben auch damit zu tun, dass wir eine besonders gute Steuer verwaltung im Land haben, die für diese Einnahmen sorgt.
Auch im Umgang mit dieser Steuerverwaltung zeigt sich wie der der Unterschied. Sie haben zwar allen unseren Stellenauf bauprogrammen und den von uns vorgesehenen Stellenhebun gen zugestimmt. Aber wie sah es denn zu Ihrer Regierungs zeit aus? In den letzten zehn Jahren vor dem Regierungswech sel haben Sie 2 000 Stellen in der Steuerverwaltung abgebaut. Wir hingegen haben in den ersten drei Jahren nach dem Re gierungswechsel schon 350 Stellen in der Steuerverwaltung aufgebaut. Das ist die Wahrheit, liebe Kolleginnen und Kol legen. Wir stärken die Steuerverwaltung, und damit stärken wir die Einnahmeverwaltung des Landes Baden-Württemberg. Dadurch erwirtschaften wir langfristig auch höhere Über schüsse im operativen Betrieb der Steuerverwaltung. Wir wer den diesen Weg der Stärkung der Steuerverwaltung konse quent weitergehen.
All diese Bemühungen haben in der Tat dafür gesorgt – Frau Kollegin Aras hat es gesagt –, dass Baden-Württemberg wie der das Rating AAA hat. Das ist ein großartiges Ergebnis. Es ist ja kein der Regierungskoalition nahestehendes Institut, das unserem Land dieses Rating verliehen hat, sondern ein unab
hängiges Institut, das alle Bundesländer bewertet und dabei Baden-Württemberg neuerdings – unter der neuen Landesre gierung – wieder das Rating AAA zugestanden hat. Das ist al so ein hervorragendes, objektives Ergebnis für uns, für die Landesregierung.
Ich möchte jetzt noch auf ein paar Punkte eingehen, die Kol lege Herrmann angesprochen hat. Er bezeichnet es als unse riös, dass aus Resten aus den Vorjahren die Ausgaben in die sem Jahr finanziert werden und wir dann im Jahr 2016 die Net tonullverschuldung erreichen. Sie brüsten sich ja immer so großartig, dass Sie 2008 die erste Nettonullverschuldung im Haushalt des Landes Baden-Württemberg geschafft haben. Das ist in der Tat eine großartige Leistung. Aber wie haben Sie sie denn erreicht? Sie haben Reste aus dem Jahr 2007 ver wendet, und die kamen aus Kreditaufnahmen.
Sie haben also mit Kreditaufnahmen aus dem Vorjahr die Er reichung der Nettonullverschuldung im Jahr 2008 finanziert, lieber Kollege Herrmann. Sie sollten also nichts kritisieren, was Sie vorher selbst gemacht haben.
Dann haben Sie uns für die angebliche Erfindung des „haus haltswirtschaftlichen Handlungsbedarfs“ gegeißelt. Dieser be zeichnet in der mittelfristigen Finanzplanung den Betrag, den wir durch Einsparungen – nicht durch Kreditaufnahme – aus gleichen wollen. Jetzt kann man den Begriff kritisieren. Aber ich zitiere einmal aus der letzten von Ihrer Regierung vorge legten mittelfristigen Finanzplanung, die die Jahre 2010 bis 2014 betraf. Dort heißt diese Position nicht „haushaltswirt schaftlicher Handlungsbedarf“, sondern „bei der Planaufstel lung noch zu schließende Deckungslücke“.
Jetzt frage ich Sie: Was ist da jetzt besser, das eine oder das andere? Wenn Sie es inhaltlich kritisieren, dann verweise ich darauf, dass Sie es genauso gemacht haben, Herr Kollege Herrmann. Da möchte ich auch einmal eine Zahl nennen: Für das Jahr 2013 beispielsweise betrug diese bei der Planaufstel lung noch zu schließende Deckungslücke 2,8 Milliarden €.
2,8 Milliarden €! Dass Sie jetzt kritisieren, dass wir für die kommenden Jahre auch noch einen haushaltswirtschaftlichen Handlungsbedarf vorsehen, kann ich nicht verstehen. Denn Sie sind nach genau dem gleichen Prinzip verfahren.
Ich gebe zu, dass es noch keine konkreten Aussagen gibt, wie diese Lücke zu schließen ist. Aber das hatten Sie damals auch nicht vorgesehen. Insofern ist das ein völlig normales Instru ment der mittelfristigen Finanzplanung, das wir auch weiter anwenden werden.
Ja.
Herr Kollege Herrmann, das ist mir bekannt. Sie haben aber vorhin grundsätzlich das Instru ment des haushaltswirtschaftlichen Handlungsbedarfs kriti siert. Aber dieses Instrument haben Sie über Jahrzehnte hin weg genauso angewandt, lieber Kollege.
Deswegen können Sie nicht kritisieren, dass wir das genauso machen und uns für die kommenden Jahre noch Einsparun gen vornehmen. Ich finde das finanzpolitisch seriös. Das hält auch den Druck zur Konsolidierung des Haushalts hoch.
Jetzt raten Sie uns – das ist schon sehr merkwürdig –, den Re chenfehler, den Sie gemacht haben, indem Sie doppelt so viel in die Pensionsrücklage eingezahlt haben, als Sie bei der Ver abschiedung Ihres eigenen Gesetzes beschlossen hatten,
zu korrigieren, das heißt, uns nicht an das Gesetz zu halten, das Sie damals vorgelegt und beschlossen hatten. Da passt et was nicht zusammen, vor allem wenn Sie die Einzahlungen mit denen Bayerns vergleichen. Bayern hat seine Einzahlun gen in den Pensionsfonds auf 100 Millionen € pro Jahr gede ckelt.
Das heißt, mit Bayern können Sie keinen Vergleich anstellen. Von uns verlangen Sie, das Doppelte einzuzahlen, und ver weisen auf Bayern, das die Einzahlungen auf 100 Millionen € gedeckelt hat. Das passt überhaupt nicht zusammen, Herr Kol lege Herrmann.
Außerdem ziehen Sie zur Gegenfinanzierung Ihrer Vorschlä ge auch die Personalkostenansätze heran. Das halten wir nicht für seriös. In der Tat hatten wir – Ihre Zahlen sind völlig rich tig – in den Vorjahren im Bereich der Personalkosten hohe Überschüsse. Das lag aber vor allem daran, dass zum einen Ihre Dienstrechtsreform, die Sie damals noch verabschiedet
haben, im Haushalt stärker positiv zu Buche geschlagen hat, als Sie und wir das vorausgesehen haben. Zum anderen: Un sere Änderungen im Bereich der Beamtenbesoldung haben sich ebenfalls deutlich positiver im Sinne des Haushalts nie dergeschlagen, als es ursprünglich geplant war. Das haben wir jetzt nach unten korrigiert. Das heißt, Ihre Ansätze würden tat sächlich dazu führen, dass es zu einer Nullrunde für die Be amtinnen und Beamten käme. Deshalb können wir dies nicht mitmachen.
Ferner wollen Sie sich noch der Rücklage für Haushaltsrisi ken bedienen. Das ist der alte „Jäger 90“, aus dem man alles herausholt, was man sonst noch finanzieren will. Wir halten es für richtig, dass wir in einer Rücklage für Haushaltsrisiken auch Tarifsteigerungen berücksichtigen. Fällt nämlich das Er gebnis der Tarifverhandlungen höher aus, als wir es im Haus halt grundsätzlich veranschlagen – dort veranschlagen wir im mer 1,8 % –, brauchen wir eine Rücklage, denn sonst können wir unsere Zusage nicht einhalten, das Ergebnis inhaltsgleich zu übernehmen.
Wir brauchen eine weitere Risikovorsorge für die Entwick lung der Flüchtlingszahlen in Baden-Württemberg, weil wir nicht wissen, was hierbei auf uns zukommt.
Außerdem brauchen wir noch eine Rücklage für das Urteil in Sachen Altersdiskriminierung. Die Schriftform des Urteils liegt noch nicht vor.
Es ist mehr als seriös, für diese sehr realen Risiken auch eine Rücklage zu bilden. Es wäre unseriös, diese Rücklage zu plün dern, weil wir dann keine Vorsorge hätten, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ein Hinweis ist mir noch ganz besonders wichtig: Momentan sind wir dabei, eine Vermögensrechnung aufzustellen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden erst dann eine finan ziell ehrliche haushaltspolitische Diskussion hier im Landtag bekommen, wenn der Verzehr von Landesvermögen auch tat sächlich im Haushalt abgebildet ist. Langfristig müssen wir dazu übergehen, auch eine kaufmännische Buchführung auf zulegen, damit wir den Vermögensverzehr bei Gebäuden und Landesstraßen sowie die Rückstellungen wie Pensionsver pflichtungen auch im Haushalt klar und transparent sehen. So lange wir dies nicht tun, wird das passieren, was in der Ver gangenheit immer passiert ist: dass man zugunsten einer nied rigen Kreditmarktverschuldung das Vermögen des Landes ver lottern lässt, indem man die Gebäude und die Straßen nicht saniert. Wir wollen diese „Waage“ zwischen dem Erhalt des Landesvermögens auf der einen Seite und einer niedrigen Kre ditmarktverschuldung auf der anderen Seite wieder herstel len.
Abschließend, liebe Kolleginnen und Kollegen, möchte ich sehr herzlich Danke sagen. Ich möchte meinen Mitarbeiterin nen und Mitarbeitern im Ministerium für Finanzen und Wirt schaft sehr herzlich danken. Sie haben in den vergangenen Monaten fast rund um die Uhr gearbeitet. Sie haben sich jetzt den Weihnachtsurlaub redlich verdient. Herzlichen Dank auch den Haushaltsreferenten in den anderen Ressorts der Landes regierung. Herzlichen Dank für Ihre Arbeit.
Ich darf dem Finanz- und Wirtschaftsausschuss für seine kon zentrierten Beratungen herzlich danken, allen voran dem Aus schussvorsitzenden Karl Klein für die Moderation, die nicht immer einfach ist, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Es hat aber wieder hervorragend geklappt. Herzlichen Dank den Kol leginnen und Kollegen und auch den parlamentarischen Be raterinnen und Beratern der Fraktionen, die in der Zeit der Haushaltsberatungen auch sehr, sehr viel Arbeit haben.
Ich danke natürlich Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die langjährige gute Zusammenarbeit. Aller Voraussicht nach ist das meine letzte Rede im Landtag von Baden-Würt temberg. Ich werde diesem Hause vermutlich bis Ende Janu ar noch angehören.
Ich danke sehr herzlich für die gute Zusammenarbeit – sozu sagen auf beiden Seiten der Regierungsbank – im Ausschuss, im Landtag und auch im Ministerium.
Ich wünsche Ihnen allen eine gesegnete Weihnachtszeit und einen guten Start ins neue Jahr.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Landschaft sowie die Denkmale der Kunst, der Ge schichte und der Natur genießen öffentlichen Schutz und die Pflege des Staates und der Gemeinden.
Dies steht in Artikel 3 unserer Landesverfassung und ist ein wichtiger Auftrag, den wir, das Land, die Landesregierung und die Landesverwaltung haben. Übrigens ist dies kein üb licher Verfassungsauftrag. Denn nicht alle Bundesländer ha ben den Schutz der Kulturdenkmale als Auftrag in der Lan desverfassung. Deshalb ist es für uns eine ganz besondere Ver pflichtung, die Denkmale im Land – ob verborgen oder offen sichtbar – zu erhalten.
Deshalb hat sich die Landesregierung schon sehr früh – dies steht schon im Koalitionsvertrag – dazu verpflichtet, die Denk
malpflege organisatorisch zu stärken; so lautet die Formulie rung im Koalitionsvertrag zwischen den Grünen und der SPD. Wir haben dieses Thema sehr schnell nach der Regierungsbil dung angepackt.
Ich möchte kurz zurückblicken – Herr Kollege Dr. Bullinger hat es schon erwähnt –, woher wir kommen und wie sich die Entwicklung seit den Siebzigerjahren gestaltete. Bis zu den Jahren 2004/2005 bestand die Landesdenkmalverwaltung mit einem Landesdenkmalamt, wie es damals noch hieß, als ei genständige Behörde. Diese Struktur wurde im Rahmen der Verwaltungsreform geändert bzw. – so möchte ich es durch aus wertend sagen – zerschlagen, und die Zuständigkeiten wurden in die Regierungspräsidien integriert. Fortan gab es ein Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart und drei Referate für Denkmalpflege in den Regie rungspräsidien Tübingen, Karlsruhe und Freiburg.
Auf den ersten Blick könnte man meinen – ich gebe zu, be vor ich mich tiefer mit der Materie befasst habe, hatte auch ich immer diese Vorstellung –, dass das im wunderschönen Esslingen gelegene Landesamt für Denkmalpflege mit seinen 250 bis 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die vorgesetz te Behörde für die Referate für Denkmalpflege in Tübingen, Freiburg und Karlsruhe sei. Das ist aber weit gefehlt. Die vor gesetzte Behörde dieser Außenstellen, dieser Referate ist, was die Fachaufsicht angeht, das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft.
Bisher war es so: Wenn ein Fall strittig war und von der obers ten Denkmalbehörde geklärt werden musste, dann hat das Mi nisterium hier nicht allein gehandelt, sondern hat sich bei den Fachleuten des Landesamts für Denkmalpflege im Regie rungspräsidium Stuttgart rückversichert.
Dass dies weder effizient noch im Sinne einer transparenten Verwaltungsstruktur war, war uns klar. Deshalb wollten wir daran etwas ändern; wir wollten die Denkmalpflege organisa torisch stärken.
Wir haben dies in einem breiten Beteiligungsprozess gemacht. Wir haben nicht gesagt: „So stellen wir uns das vor, und so muss es dann auch umgesetzt werden“, nein, wir starteten ei nen breiten Prozess, der von der Führungsakademie moderiert wurde. Unter Beteiligung der Beschäftigten und der Partner in der Denkmalpflege – ich denke an die Verbände, an die Kir chen, an Denkmaleigentümer –, aber auch unter Beteiligung der unteren Denkmalbehörden wurde ein neues Konzept er arbeitet, das die Vorteile der alten Struktur mit den Synergien der Eingliederung in die Regierungspräsidien verknüpft.
Wir formen die Landesdenkmalpflege wieder zu einer einheit lichen Behörde, belassen sie aber unter dem Dach des Regie rungspräsidiums Stuttgart, um die Synergien einer solch gro ßen Behörde wie des Regierungspräsidiums weiter zu nutzen, aber gleichzeitig auch die fachliche Zusammengehörigkeit wieder zu gewährleisten.
Darüber hinaus garantieren wir die Nähe zum Objekt; wir las sen also die Außenstellen, Herr Kollege Wald, selbstverständ lich weiterhin bestehen, damit die Ansprechbarkeit gegeben ist. Es war vor allem den kommunalen Landesverbänden sehr wichtig, dass es Ansprechpartner vor Ort gibt. Das wird auch in Zukunft gewährleistet bleiben.
Welche Ziele haben wir mit der Organisationsreform? Wir wollen natürlich eine einheitliche Anwendung des Denkmal rechts. Wenn klare fachliche Zuständigkeiten und klare fach liche Zuordnungen auch der einzelnen Behörden – zukünftig der Außenstellen – in den einzelnen Regierungsbezirken zum Landesamt für Denkmalpflege eingeführt werden, dann ist na türlich gewährleistet, dass es hinterher eine fachliche Instanz gibt, die über Fälle entscheidet, und eine Einheitlichkeit der Anwendung des Denkmalrechts auch über das Land und über die Regierungsbezirksgrenzen hinweg gewährleistet ist.
Die einheitliche Förderung wird ebenfalls besser gewährleis tet. Die Landesdenkmalpflege wickelt auch die Förderung der Denkmalpflege ab. Es ist wichtig, dass auch dies über die Re gierungsbezirke hinweg einheitlich gehandhabt wird. Auch das wird zukünftig erleichtert.
Ferner erleichtern wir den effizienten landesweiten Einsatz der Personalressourcen. Wir wissen, dass infolge des 1 480-Stel len-Einsparprogramms auch in der Landesdenkmalpflege ge kürzt wurde, und da wir in absehbarer Zeit keine massiven Stellenaufbauprogramme in diesem Bereich erwarten können, müssen wir schauen, wie wir das Personal effizient einsetzen. Das werden wir zukünftig tun, und wenn es Schwerpunktein sätze beispielsweise in der Archäologie gibt, werden wir die se viel leichter auch über die Grenzen eines Regierungsbe zirks hinweg organisieren können. Denn unsere Ahnen – wenn ich das so sagen darf –, diejenigen, die früher auf dem Gebiet des heutigen Baden-Württembergs gesiedelt und gewohnt ha ben – ob das die Kelten oder die Römer waren –, haben sich nicht wirklich an unseren Regierungsbezirksgrenzen orien tiert.
Auch ich möchte zum Schluss Danke sagen. Sehr herzlich sa ge ich zunächst einmal allen Mitarbeiterinnen und Mitarbei tern in der Landesdenkmalpflege Danke. Stellvertretend nen ne ich zwei Herren aus der Spitze der Landesdenkmalpflege – sie sind heute anwesend –, nämlich Herrn Professor Dr. Wolf, Abteilungspräsident des Landesamts für Denkmalpfle ge, und Herrn Professor Dr. Krausse, unseren Landesarchäo logen. – Herzlichen Dank für Ihre Arbeit und die tagtägliche Arbeit der Kolleginnen und Kollegen.
Das ist eine nicht immer einfache Aufgabe. Denn oftmals wird die Landesdenkmalpflege, etwa wenn bei einem Bauprojekt etwas in der Baugrube gefunden wird, als Bremser empfun den. Dann muss man Rückgrat beweisen, um vor Ort Inves toren und Bauherren zu verdeutlichen, dass es um das kultu relle Erbe unseres Landes geht und dass es sich durchaus lohnt, noch die eine oder andere Woche dafür zu investieren, um dieses kulturelle Erbe zu retten oder wenigstens zu doku mentieren. Das ist eine harte Aufgabe, die die Kolleginnen und Kollegen immer wieder erfüllen.
Wenn wir interessante Schwerpunktgrabungen durchführen, Schätze bergen und diese mit nach Stuttgart oder Esslingen nehmen, werden wir hin und wieder hinter vorgehaltener Hand als „Grabräuber“ bezeichnet. Dann muss man dafür eintreten und sagen, warum die Bewahrung des kulturellen Erbes für uns so wichtig ist.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich an das Grab der Kelten fürstin erinnern, das Sie momentan im Ehrenhof des Neuen
Schlosses besichtigen können. Dort finden Sie auch eine klei ne Kabinettsausstellung mit spektakulären Funden aus diesem Grab.
Auch wenn es um Umbauarbeiten – Herr Kollege Kern und Herr Kollege Bullinger haben es angesprochen – in wertvol len Kulturdenkmalen geht, muss man sehr viel Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit bei Bauherren leisten, damit diese Arbeiten und auch der Wert akzeptiert werden.
Insofern danke ich den Kolleginnen und Kollegen nochmals recht herzlich. Bitte richten Sie ihnen meinen Dank aus.
Ich danke natürlich meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbei tern im Haus, die die Erarbeitung des Gesetzes vorangetrie ben haben.
Ich möchte auch Herrn Regierungspräsident Schmalzl dan ken; er ist heute ebenfalls anwesend. Er hat wesentlich dazu beigetragen, im Vorfeld der Beratungen in den Ausschüssen und im Landtag die Verbände und Organisationen, unsere Partner, mit ins Boot zu nehmen, damit auch diese den Weg der neuen Struktur der Landesdenkmalpflege gehen.
Ich freue mich darauf, dass diese wieder intakte Struktur ab dem 1. Januar 2015 gegeben ist und sich ein Traum verwirk licht hat. Wir haben eine Zukunftswerkstatt mit 100 Beteilig ten aus der Landesdenkmalpflege veranstaltet. Dabei haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einer Veranstaltung ihre Vision für die Zukunft definiert. Sie wollten, dass wir wie der ein Haus, eine Landesdenkmalpflege, eine Behörde sind. Ich freue mich, dass das ab dem 1. Januar 2015 wieder der Fall sein wird. Dann wird das Landesamt für Denkmalpflege im wunderschönen Esslingen angesiedelt sein – was aber, Herr Dr. Bullinger, kein Grund für mich war, nach Esslingen zu zie hen. Aber es kann schon sein, dass ich ab und zu vorbeischaue,
denn es ist fußläufig erreichbar für mich.
Insofern wünsche ich dem Landesamt für Denkmalpflege al les Gute.
Eine Bitte habe ich allerdings noch, nämlich dass der Verfas sungsauftrag, den wir haben, die Landschaft sowie die Denk male der Kunst, der Geschichte und der Natur zu schützen und dies als Aufgabe des Staates und der Gemeinden zu verste hen, auch zukünftig hier im Landtag und in der Landesregie rung fest verankert bleibt.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Angesichts der zweiten Lesung und der vielen Argumente, die ausgetauscht wurden, möchte ich mich auf drei Punkte konzentrieren.
Der erste ist das Thema Quoren, das in der ersten Lesung tat sächlich eine große Rolle gespielt hat. Ich habe mich damit noch einmal ernsthaft auseinandergesetzt, weil hierzu durch aus gute Argumente vorgetragen wurden. Aber ich kann Ih nen versichern, dass die Quoren, die wir jetzt vorgesehen ha ben, gewährleisten, dass ein hohes Maß an Zustimmung oder ein extrem geringes Maß an Widerspruch – je nachdem, wie man es formuliert – vorhanden sein muss, um ein solches Quartier zu entwickeln und umzusetzen.
Die 15 % sind zur Initiierung erforderlich. Da passiert noch gar nichts, da muss noch niemand etwas bezahlen. Da muss die Verwaltung handeln – Herr Hollenbach, das ist richtig –, aber bei anderen Dingen muss schon bei wesentlich geringe ren Quoren das Rathaus handeln. Ich denke, 15 % in einem Quartier sind schon eine ganz ordentliche Zahl.
Dann kommt die zweite Hürde, die erfordert, dass weniger als ein Drittel widerspricht und zwei Drittel zustimmen oder – je nachdem, wie Sie es formulieren möchten – ihre Zustimmung dadurch signalisieren, dass sie nicht widersprechen. Und das ist natürlich auch eine Frage des Bürokratieabbaus.
Deswegen verstehe ich nicht, dass infrage gestellt wird, war um wir die Möglichkeit schaffen, dass man eben nicht wider spricht, um Zustimmung zu signalisieren. Wer nicht wider spricht, signalisiert seine Zustimmung.
Das ist doch völlig in Ordnung. Wenn man dagegen ist, wenn es so schlimm ist, wie Sie hier wieder den Teufel an die Wand malen, dann kann man doch widersprechen – das ist doch ein einfacher Akt –, indem man sagt: „Nein, ich mache da nicht mit.“ Das ist doch keine große Hürde. Wenn es wirklich so schlimm ist, wie Sie immer behaupten, dann wird auch je mand im Quartier widersprechen. Da bin ich ziemlich sicher.
Mich berührt schon, dass Sie den Gemeinderäten so wenig zu trauen.
Bei der FDP/DVP verstehe ich es noch, weil sie in den Ge meinderäten kaum noch Stimmen zusammenbekommt.
Aber die CDU kann doch genug Selbstbewusstsein haben. Sie haben doch in vielen Gemeinderäten sehr große Fraktionen. In diese Fraktionen können Sie doch Vertrauen haben und sa gen: Wenn der Gemeinderat nicht zu mindestens 50 % zu stimmt, dann kommt das sowieso nicht. Haben Sie Vertrauen in Ihre Kommunalpolitiker, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Dann noch zur Härtefallregel: Herr Hollenbach, Sie sind ja vom Fach. Eine Härtefallregel ist immer eine Individualbe trachtung. Es kann nie eine Pauschalbetrachtung sein, wie Sie sie haben wollen. Deswegen ist das, was Sie fordern – eine Pauschalregelung für Härtefälle zu machen –, gesetzessyste matisch falsch. Das widerspricht sich nämlich. Eine Härtefall regel setzt immer eine Individualprüfung voraus.
Der pauschale Ausschluss, den Sie wollten, ist enthalten. Das ist dargestellt worden; Frau Lindlohr hat es angesprochen. Der Ausschlussgrund ist schon aufgeführt, und der Rest ist eine Individualbetrachtung des Härtefalls. Wenn ein Härtefall ein tritt, dann wird jedes Rathaus auch gut reagieren. Es ist ein Gesetz des Ermöglichens, nicht des Zwingens. Keine Kom mune wird gezwungen, das zu machen.
Frau Gurr-Hirsch, ich habe Ihre Frage aus der letzten Debat te beantwortet – der Brief müsste angekommen sein –, wel che Kommunen sich hierfür interessiert haben. Seit der ers ten Lesung kamen neue hinzu, die sich für das Instrument in teressieren. Es ist vor allem für die vielen kleinen Einzelhänd ler eine Stärkung. Die Filialen von großen Konzernketten wer den eher dagegen sein und sich unter Umständen nicht groß dafür interessieren, wie gut ein Einkaufsquartier, eine Ein kaufsstraße aufgestellt ist. Die kleinen Einzelhändler werden dadurch gestärkt. Wenn Sie mit denen reden, bin ich mir si cher, dass Ihnen zurückgemeldet wird, dies sei ein gutes und sehr demokratisches Instrument. Die Einzelhändler, die das machen wollen, sind einbezogen. Die Gemeinden und Ge meinderäte sind einbezogen. Daher halte ich es für ein gutes Gesetz des Ermöglichens, um der schwierigen Situation, der viele Einzelhändler in den Innenstädten ausgesetzt sind, zu begegnen. Ich bitte um möglichst breite Unterstützung hier im Haus.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir heute Morgen schon über vier Stunden Haushaltsdebatte hatten und auch das Thema der Verschuldung intensiv diskutiert haben, nachdem wir uns mittlerweile in der sechsten Lesung dieses Gesetzent wurfs befinden, weil er schon dreimal hier vorgelegt und mit jeweils zwei Lesungen behandelt wurde, möchte ich mich sehr kurz fassen und noch einmal auf zwei Dinge eingehen.
Erstens eine Richtigstellung: Der Ministerpräsident – das hat er mir gerade noch einmal bestätigt – hat nicht gesagt, dass es keine Eintagsfliege sein soll und die Neuverschuldung dauer haft auf null sein soll, sondern dass sich die Neuverschuldung innerhalb eines Rahmens von maximal einer halben Milliar de bewegen soll. Das wird der Fall sein. Wenn Sie zitieren, dann bitte richtig, Herr Rülke. Aber das erwarte ich von Ih nen mittlerweile gar nicht mehr.
Das Zweite, worauf ich noch hinweisen möchte:
Wenn wir über Schulden diskutieren – auch das ist heute Mor gen, glaube ich, sehr deutlich geworden –, gibt es keine gu ten oder schlechten Schulden. Es gibt jedoch verschiedene Ar ten von Schulden – so, wie jeder Kaufmann in einer kaufmän nischen Buchführung rechnet. Diese haben wir noch nicht beim Land; wir werden 2016 eine Vermögensrechnung, einen ersten Schritt hin zu einer kaufmännischen Buchführung, vor legen. Aber ich möchte schon darauf hinweisen, dass wir ehr lich sagen: Es gibt noch andere Arten von Schulden. Das sind etwa fehlende Pensionsrückstellungen – jeder Betrieb muss beispielsweise Rückstellungen für Betriebsrenten bilden –, das ist aber auch der Sanierungsstau bei unseren landeseige nen Gebäuden, der laut Rechnungshof ein Volumen in Milli ardenhöhe ausmacht, oder bei unseren landeseigenen Straßen mit einem Volumen von ebenfalls mehreren Hundert Millio nen Euro.
Wir sollten uns klarmachen, dass es mehrere Arten von Schul den gibt und dass man sich an der Zukunft versündigt, wenn man z. B. bei den Investitionen oder bei den Sanierungen spart. Wenn man sich die Zahlen anschaut, dann sieht man, dass das in der Vergangenheit einfach so war. Der Rechnungs
hof hat nicht umsonst bestätigt, dass wir einen Sanierungsstau in Milliardenhöhe bei den landeseigenen Gebäuden haben und dass wir einen Sanierungsstau von Hunderten Millionen Euro bei den Landesstraßen haben. Das hat er nicht aus der Luft ge griffen. Deshalb bitte ich darum, dass wir in Zukunft sehr ge nau darauf achten.
Wir haben eine Kreditmarktverschuldung; daran werden wir, die Politik, momentan in allererster Linie gemessen. Aber es gibt noch weitere Faktoren, die man nicht gegeneinander aus spielen darf. Ich sehe die Briefe, auch von vielen Kolleginnen und Kollegen aus der Opposition, vor mir, in denen geschrie ben steht: „In der Hochschule XY besteht dringender Sanie rungsbedarf.“ „Im Finanzamt XY besteht dringender Sanie rungsbedarf.“ „Das Polizeirevier ist in einem schlechten Zu stand.“ Wir kennen, glaube ich, in jedem unserer Wahlkreise mindestens ein landeseigenes Gebäude, bei dem ein massiver Sanierungsstau vorliegt.
Deshalb bitte ich Sie, das eine nicht gegen das andere auszu spielen. Das ist heute Morgen passiert, das darf nicht passie ren. Auch ein Sanierungsstau bei unseren landeseigenen Ge bäuden ist eine Verschuldung, liebe Kolleginnen und Kolle gen. Wir müssen auch diese Verschuldung abbauen und dür fen nicht wie das Kaninchen auf die Schlange nur auf die Kre ditmarktverschuldung schauen.
Das möchte ich für die weiteren Beratungen, auch was den Haushalt angeht, zu bedenken geben. Wir legen nämlich ge rade in Bezug auf diese implizite Verschuldung, diesen Sanie rungsstau in dem nächsten Doppelhaushalt ein sehr ehrgeizi ges Programm vor, und ich bin mir ziemlich sicher, dass alle Kolleginnen und Kollegen dieses ehrgeizige Programm un terstützen werden und den Abbau dieser Verschuldung mit uns gemeinsam fortführen. Denn der Abbau dieser impliziten Ver schuldung ist mindestens genauso wichtig wie der Abbau der Kreditmarktverschuldung.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Wenn man sich fragt: „Was macht eine Stadt, eine Kommune heute lebenswert und attraktiv?“, kommt man relativ schnell auf das Thema Einkaufsmöglich keiten zu sprechen und ist sich einig, dass diese möglichst zen tral und vielfältig in den Ortskernen und Stadtzentren vorhan den sein sollten.
Das finden Sie auch in den allermeisten Städten und Kommu nen in unserem Land.
Aber viele Einkaufsstraßen verändern ihr Gesicht. Alteinge sessene Familienunternehmen in Innenstädten sehen sich neu er Konkurrenz gegenüber. Wir erleben das auch in den Groß städten. Kürzlich gab es einen großen Bericht über die Situa tion in Stuttgart.
Einkaufszentren ziehen mit ihrem gebündelten Angebot im mer mehr Menschen an. Häufig bilden sich auch neue Ge schäftszentren vor den Toren einer Stadt. Diese Entwicklung mag für Kunden erfreulich sein, aber sie geht auch zulasten der Innenstädte. Erhöhter Erneuerungsbedarf, Leerstand und sinkende Bereitschaft, dort zu wohnen, mindern die Attrakti vität innerörtlicher Geschäftslagen.
Hinzu kommt noch ein weiterer Wettbewerbsnachteil: Die großflächigen Einzelhandelszentren verfügen in der Regel über ein professionelles Gesamtmanagement, ausreichende Parkraumangebote und häufig auch über einen gemeinsamen Etat für Marketing, für Veranstaltungen, über Budgets für Si cherheit und Sauberkeit. Inhabergeführte Einzelhandelsunter nehmen haben diesem Wettbewerbsvorteil leider nichts ent gegenzusetzen.
Wenn immer mehr Geschäfte aufgeben, oder wenn ein Filia list an den anderen grenzt, nimmt die Lebendigkeit unserer Innenstädte deutlich ab. Immer weniger Kunden nutzen die Innenstädte für den Einkauf. Dies geschieht auch in Städten, die mit großem Aufwand ihre Innenstadtquartiere städtebau lich erneuern. Wir unterstützen die Kommunen bereits seit mehr als 40 Jahren mit hohem Aufwand und mit hohen Lan des- und Bundesmitteln bei der städtebaulichen Erneuerung ihrer Quartiere, und dies durchaus auch mit Erfolg.
Doch auch ein noch so aufwendig sanierter Stadtkern kann nicht verhindern, dass die Attraktivität von Stadtzentren und Stadtteilzentren sinkt. Dieser Tendenz muss auf anderem Weg begegnet werden. Ausgehend von den positiven Erfahrungen aus Nordamerika, aber auch aus Hamburg als dem ersten Bun desland mit einem sogenannten BID-Gesetz – „Business Im provement District“ – und weiteren deutschen Bundesländern möchte die Landesregierung daher ein zusätzliches Instrument zur Aufwertung von Quartieren anbieten. Ich sage bewusst „anbieten“; niemand ist verpflichtet, so etwas zu machen. Aber wir haben Nachfragen. Wir haben mittlerweile ganz konkre te Nachfragen von drei Städten in Baden-Württemberg, die einen solchen Business Improvement District gern hätten, ei ne Plattform, auf der sich Private verstärkt in die Verbesse rung ihres Quartiersumfelds einbringen können.
Die Ermächtigungsgrundlage dafür ist § 171 f des Baugesetz buchs. Der Name, den wir hierfür gewählt haben, mag etwas sperrig sein. Wir wollten aber nicht den englischen Begriff „Business Improvement District“ dafür verwenden,
sondern einen deutschen Begriff. Es ist, meine Damen und Herren, ein Angebot für alle Grundstückseigentümer in Innen städten, Stadtteilzentren und sonstigen städtebaulichen Ent wicklungsbereichen. Sie können Maßnahmen zur Steigerung der Funktionsfähigkeit des Quartiers selbst entwickeln und in Abstimmung mit der Kommune auch durchführen.
Das GQP ist die Rechtsgrundlage, damit sich diese Quartiers gemeinschaften in Innenstädten und Stadtteilzentren bilden können, die bei der Gemeinde einen Aufwertungsbereich be antragen. Die Quartiersgemeinschaften schlagen dabei in ei nem Maßnahmen- und Finanzierungskonzept geeignete Maß nahmen vor. Das können gemeinsame Entwicklungskonzep te oder auch Dienstleistungen wie beispielsweise ein Hol- und Bringdienst sein. In einer älter werdenden Gesellschaft ge winnt dieses Thema immer mehr an Bedeutung. Wir bemer ken vor allem auch im ländlichen Raum, dass ein solcher Hol- und Bringdienst beim Einkaufen ein ganz wichtiger Beitrag für die Infrastruktur vor Ort ist.
Denkbar sind auch gemeinsame Werbemaßnahmen. Dies wird in manchen Städten schon umgesetzt; ich denke beispielswei se an eine außergewöhnliche Weihnachtsbeleuchtung für das Weihnachtsgeschäft in einem bestimmten Geschäftsquartier.
Sie sehen, der Kreativität der Akteure vor Ort sind keine Gren zen gesetzt.
Für ein solches Antragsverfahren muss sich erstens eine Quar tiersgemeinschaft bilden, und zweitens müssen 15 % der Grundstückseigentümer, die gleichzeitig über mindestens 15 % der Fläche im Quartier verfügen, hinter dem Antrag ste hen. Natürlich bleibt die Stadt bzw. die Gemeinde jederzeit Herrin des Verfahrens; sie kann einen solchen Antrag auch ab lehnen.
Die Gemeinde kann eine auf maximal fünf Jahre befristete Satzung über die Bildung eines eigentümergetragenen Auf wertungsbereichs erlassen. Grundvoraussetzung hierfür ist aber, dass eine qualifizierte Mehrheit von zwei Dritteln der Grundstückseigentümer mit zwei Dritteln der Fläche im Auf
wertungsbereich dem zustimmt. Auch da gibt es also eine ho he Hürde, die wir eingeführt haben, um auch die Sicherheit zu haben, dass möglichst viele in diesem Quartier hinter dem Projekt stehen.
Zwischen Gemeinde und Quartiersgemeinschaft wird ein öf fentlich-rechtlicher Vertrag zur Einhaltung der Pflichten, Zie le und Aufgaben beschlossen. Einzelne Grundstückseigentü mer können das Aufwertungsgebiet dann nicht verhindern. Genau daran sind private Initiativen bisher gescheitert. Dabei kam es immer wieder vor, dass sich Einzelne „davongestoh len“ haben. Sie haben zwar von den Aktivitäten im positiven Sinn profitiert, haben diese aber nicht mitfinanziert und haben auch das Konzept nicht finanziell mitgetragen.
Um dieses Risiko zu minimieren, wollen wir mit diesem Ge setzentwurf vorbeugen. Die Finanzierung der standortbezo genen Maßnahmen erfolgt jährlich durch eine Sonderabgabe von allen Grundstückseigentümern im eigentümergetragenen Aufwertungsbereich. Der Verteilungsmaßstab wird dabei von der Gemeinde festgelegt.
Keine Sonderabgaben fallen für Grundstücke des Gemeinbe darfs an, für die kein Zusatznutzen erkennbar ist, die keinen wirtschaftlichen Nutzen davon haben oder die nicht wirt schaftlich genutzt werden oder die – das ist uns, der Landes regierung, besonders wichtig – ausschließlich dem Wohnen dienen. Bei gemischt genutzten Grundstücken ist der Anteil der Wohnnutzung dann von der Abgabepflicht ausgenommen. Bei unbilligen Härten kann auch eine Befreiung von der Son derabgabe erfolgen. Das führt zu einer hohen Flexibilität für die Kommune vor Ort.
Eine Landesförderung ist damit nicht verbunden – übrigens wurde eine solche von denjenigen, die bisher bei uns ange fragt haben und die Interesse bekundet haben, auch gar nicht eingefordert.
Die Gemeinde überwacht die ordnungsgemäße Mittelverwen dung anhand von Verwendungsnachweisen und einer eigenen Prüfung. Bei Verstößen kann sie die Satzung aufheben und den öffentlich-rechtlichen Vertrag kündigen.
Bei der öffentlichen Anhörung, die wir zu dem Gesetzentwurf durchgeführt haben, haben zwölf der 24 angeschriebenen Ver bände und Organisationen eine Stellungnahme abgegeben. Den Gesetzentwurf begrüßen sechs Verbände, zwei weitere sehen in ihm große Chancen, die Attraktivität von Innenstadt quartieren zu verbessern. Eine kritisch-neutrale Position nah men drei Verbände ein.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit diesem Gesetz eröffnen wir neue Spielräume. Wir schrei ben niemandem vor, dass er etwas tun muss, aber wir ermög lichen den Kommunen im Land, die so verfahren möchten, und den Gewerbetreibenden, vor allem den vielen kleinen Ein zelhändlern in unseren Stadtzentren, die dies möchten, einen solchen Business Improvement District umzusetzen.
Sehr gern.
Wir haben von Stuttgart eine Nachfrage, wir haben von Bad Urach eine Nachfrage, und die Antwort darauf, welches die dritte Stadt war, werde ich Ihnen nachliefern.
Ja.
Gut, ganz formal gesehen ist es so. Aber ich bin davon ausgegangen, dass, wenn ein Drittel widerspricht und zwei Drittel nicht widersprechen, diese zwei Drittel dies unterstützen. Denn sonst hätten sie ja widerspro chen.
Sie können mir gern erklären, was der Unterschied ist und weshalb jemand nicht widerspricht, wenn er eigentlich dagegen ist. Mich würde interessieren, wa rum sich jemand daran gehindert fühlen könnte, zu widerspre chen, wenn er dagegen ist. Das müsste man dann noch einmal darstellen, welchen Grund jemand haben könnte, nicht zu wi dersprechen, obwohl er dagegen ist.
Aber noch einmal, meine Damen und Herren: Ich halte das geplante Gesetz für ein wichtiges und dringendes Instrument für die Kommunen, die dies umsetzen wollen. Haben Sie – gerade auch Sie, Herr Hollenbach – doch bitte Vertrauen in die kommunalen Mandatsträger, in die Rathäuser, in die Bür germeister.
Denn ein Antrag kann jederzeit von der Kommune abgelehnt werden. Es wird also nur dort zustande kommen, wo die Kom mune und die Einzelhändler – und zwar zwei Drittel der Ein zelhändler – nicht widersprechen – dann formuliere ich es eben so –, und wenn die Kommune dafür ist. Warum wollen Sie es diesen Kommunen verwehren? Ich finde, das ist ein hervorragendes Instrument, um dies den Menschen zu ermög lichen.
In diesem Sinn bitte ich Sie um Unterstützung für diesen Ge setzentwurf.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Herr Rülke, Ihr Vortrag war wieder typisch.
Er hat mit unsachlicher und ungerechtfertigter Polemik
gegen den Ministerpräsidenten angefangen. Das war völlig daneben.
Sie haben das Handeln des Ministerpräsidenten danach zwar gewürdigt, aber eine Entschuldigung wäre vielleicht auch ganz nett gewesen.
Sie haben wieder mit Halbwahrheiten um sich geworfen.
Darauf komme ich gleich zu sprechen. Ich werde dies zu je dem einzelnen Punkt ganz genau erläutern. – Es waren auch wieder Peinlichkeiten dabei.
Sie haben – das gehört einfach zur Wahrheit dazu – 2012 die ausgestreckte Hand der heutigen Regierungsfraktionen zur
Verankerung der Schuldenbremse in der Landesverfassung ausgeschlagen. Sie haben sie ausgeschlagen.
FDP/DVP und CDU wollten sie nicht.
Jetzt im Nachhinein so zu tun, als seien Sie die Einzigen, die die Idee erfunden hätten, eine Schuldenbremse in die Landes verfassung aufzunehmen, ist einfach peinlich.
Frau Aras hat darauf hingewiesen: Es ist die dritte Kopie ei nes Gesetzentwurfs. Es wäre peinlich genug, wenn Sie von sich selbst kopiert hätten, aber Sie haben gar nicht von sich selbst kopiert.
Sie haben den Referentenentwurf des Ministeriums für Finan zen und Wirtschaft von damals kopiert. Das ist eigentlich fast eine Plagiatsaffäre, was Sie hier abziehen.
Wenn man die Passagen aus Ihrem Gesetzentwurf, die Sie bei uns abgeschrieben haben, rot anstreichen würde, wäre in Ih rem Gesetzentwurf fast alles rot.
Sie haben es ein bisschen hin- und hergeschoben, aber im We sentlichen ist es ein Plagiat eines Regierungsentwurfs, eines Referentenentwurfs aus dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft. Das ist also peinlich.
Zu den Halbwahrheiten: Sie haben PwC in einzelnen Sätzen herausgepickt zitiert.
Sie haben natürlich wieder völlig verschwiegen, dass wir in diesem Sommer wieder zweimal AAA – von Moody’s und von Standard & Poor’s – bekommen haben.
Wenn das, was Sie gesagt haben, stimmen würde, müssten wir die schlechteste Bewertung aller Ratingagenturen bekommen. Sie haben also wieder Halbwahrheiten verbreitet.
Herr Mack, auch bei Ihnen war eine Halbwahrheit dabei. Sie haben gesagt, die CDU stehe für die Schuldenbremse im Grundgesetz. Ja, wer von Bundesseite hat denn das Angebot, die Schuldenbremse im Grundgesetz zu lockern, gemacht?
Das war Bundesfinanzminister Schäuble, der aus Baden-Würt temberg stammt. Das gehört zur Wahrheit auch dazu.
Nach dreieinhalb Jahren in diesem Amt und in diesem Minis terium ist mir eines besonders wichtig: Unsere Strategie zur Konsolidierung des Landeshaushalts – ich sage: nicht nur des Landeshaushalts, sondern der Landesfinanzen – ist der wich tige Dreiklang aus Konsolidieren, Investieren und Sanieren. Wenn man immer nur eines im Blick hat, dann passiert genau das, was in den vergangenen Jahrzehnten passiert ist, nämlich dass man die Pro-Kopf-Verschuldung, die Kreditmarktver schuldung einigermaßen passabel niedrig hält, dass aber die Landesstraßen und die Landesgebäude verlottern. Das ist ge nau das, was Sie gemacht haben.
Bei den Landesgebäuden gibt es einen Sanierungsstau in Mil liardenhöhe. Das hat der Rechnungshof – dessen Präsident ist anwesend – schon mehrfach festgestellt. Ich bekomme doch die Briefe – auch von Oppositionsabgeordneten –, die besa gen, das Finanzamt sei in einem schlechten Zustand, die Hoch schule sei in einem schlechten Zustand, das Polizeirevier sei in einem schlechten Zustand.
Woher kommt denn das? Man hat immer versucht, die Kre ditmarktverschuldung niedrig zu halten, und hat die indirek te Verschuldung in Form von Sanierungsstau in Kauf genom men. Das ist die Ursache, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Deswegen konsolidieren wir den Haushalt und führen die Kre ditmarktverschuldung zurück. Das verstehen wir unter Kon solidieren. Deswegen investieren wir in die landeseigenen Ge bäude. Sie werden mit dem Doppelhaushalt 2015/2016 einen Landeshaushalt vorgelegt bekommen, in dem die Beträge für die Sanierung, für den Erhalt des landeseigenen Vermögens so hoch sind, wie sie es noch in keinem vorherigen Haushalt gewesen sind.
Wir nehmen auch die Verantwortung, die mit der indirekten Verschuldung verbunden ist, ernst. Die indirekte Verschul dung ist nämlich in den Regelungen zur Schuldenbremse gar nicht erwähnt.
Wir sanieren, und wir investieren. Investieren muss BadenWürttemberg immer. Unser Land ist ganz vorn dabei, was Wirtschaftsstärke und Forschungsintensität angeht. Wir müs sen investieren in unsere Forschungsinfrastruktur, in unsere Hochschulen, in unsere Landesstraßen – sprich in die Ver kehrsinfrastruktur für die Wirtschaft –, aber auch in die Kom munen im Land, liebe Kolleginnen und Kollegen. Denn im Vergleich zu Bayern – dieses Beispiel wird gern angeführt – geht es den Kommunen in Baden-Württemberg gut.
Warum? Weil die Landesregierung – das gilt auch für die frü heren Landesregierungen – dafür gesorgt hat, dass die Kom
munen bei uns gut ausgestattet sind. Wir tun dies in vielen, vielen Bereichen. Die U-3-Betreuung ist nur einer davon.
Deshalb: Es sind Krokodilstränen, die Sie hier vergießen, in dem Sie zum dritten Mal den gleichen Gesetzentwurf, das gleiche Plagiat des Referentenentwurfs aus unserem Ministe rium vorlegen und sich beklagen, wir würden nicht zustim men. Hätten Sie sich damals auf einen konstruktiven Weg ein gelassen, wären wir jetzt weiter als heute.
Wir haben unseren Plan, wie wir die Landesfinanzen insge samt – nicht nur die Kreditmarktverschuldung – in den Griff bekommen. Sie haben weder konsolidiert noch investiert noch saniert. Wir tun dies, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Kollegen Deuschle, vorgetra gen durch Frau Kollegin Kurtz, wie folgt:
Zu Buchstabe a: Zur Sicherung eines angemessenen Alimen tationsniveaus in der W-Besoldung und zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit bei der Gewinnung von Professoren und Nachwuchswissenschaftlern soll eine Novellierung der W-Besoldung erfolgen.
Bei der Feststellung der neuen Grundgehaltssätze in W 2 und W 3 ist zum einen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu berücksichtigen. Dieses Urteil musste daher zunächst sorg fältig ausgewertet werden. Zum anderen strebt die Landesre gierung an, auch nach der Reform der W-Besoldung einen at traktiven Spitzenplatz unter den Ländern einzunehmen.
Es wäre daher verfehlt gewesen, vorschnell zu handeln. Viel mehr empfahl es sich im Hinblick auf die bestehende Kon kurrenz zwischen den Bundesländern, zunächst die Festlegun
gen anderer Bundesländer abzuwarten, um dann entsprechend reagieren zu können.
Im Übrigen waren aufgrund des bestehenden Zielkonflikts zwischen einer angemessenen Erhöhung der Grundgehälter und dem Erfordernis der Haushaltskonsolidierung viele Ab wägungen zu treffen und zeitaufwendige Kostenberechnun gen durchzuführen. Dies erforderte einen längeren Entschei dungsprozess, an dessen Ende das Wissenschaftsministerium mit einer Pressemitteilung vom 25. Oktober 2013 die vorge sehenen Eckpunkte für eine Reform der W-Besoldung bekannt gegeben hat.
Zwischenzeitlich wurde vom Ministerium für Finanzen und Wirtschaft in Abstimmung mit dem Wissenschaftsministeri um ein Gesetzentwurf erarbeitet, in dem die Einzelheiten der Gesetzesänderung konkret festgelegt sind. Der Ministerrat hat am 22. Juli, also in dieser Woche, diesen Gesetzentwurf zur Anhörung von Gewerkschaften und Verbänden freigegeben. In den nächsten Tagen wird das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft ein entsprechendes Anhörungsschreiben versen den.
Zu Buchstabe b: Aufgrund der Vielzahl der ganz unterschied lichen Sachverhaltskonstellationen kann eine einfache Aussa ge dazu, ob und, wenn ja, in welcher konkreten Höhe die Be troffenen mit einer höheren Steuerlast infolge der höheren Nachzahlung für die rückwirkende Besoldungserhöhung rech nen müssen, nicht erfolgen. Die steuerliche Belastung hängt jeweils von den Umständen des Einzelfalls ab. Insofern be steht grundsätzlich kein direkter, abstrakt-genereller Zusam menhang zwischen der individuellen Steuerlast und dem Zeit punkt der Umsetzung der Besoldungsreform. Sofern die Be troffenen oder, im Fall der Zusammenveranlagung, ihre Ehe gatten oder Lebenspartner beispielsweise neben ihrem Ar beitslohn weitere Einkünfte beziehen, ändert sich die steuer liche Belastung.
Auch die Frage einer Berücksichtigung der möglicherweise infrage kommenden Tarifermäßigungen nach § 34 des Ein kommensteuergesetzes kann nur anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls beantwortet werden.
Wird rückwirkend für vergangene Zeiträume nachbezahlt, ist zunächst über die Frage zu entscheiden, ob diese Nachzahlun gen laufende Arbeitslohn- oder sonstige Bezüge darstellen. Danach richtet sich dann auch der Zeitpunkt des Zuflusses so wie die Höhe der daraus entstehenden Steuerlast.
Ich werde abklären, ob das mög lich ist.
Ja, auf jeden Fall.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu nächst herzlichen Dank dem Antragsteller für die fundierten Nachfragen, die wir nach bestem Wissen und Gewissen zu be antworten versucht haben. Aus der Stellungnahme zu dem An trag und aus der heutigen Debatte ist eines deutlich geworden: Baden-Württemberg ist, was sein kulturelles Erbe, vor allem das archäologische Erbe, angeht, wirklich einmalig.
Unser Land hat eine lange Geschichte im Herzen, im Zent rum Europas, und wir haben viele Zeugnisse aus den verschie denen Epochen dieser Zeit: Bau- und Kulturdenkmale sowie archäologische Denkmale. Ich denke an das Kloster Maul bronn und die Klosterinsel Reichenau, zwei herausragende UNESCO-Welterbestätten aus dem Bereich der Bau- und Kul turdenkmale in unserem Land, die international hoch aner kannt sind.
Unser Land gehört auch, wie schon von den Vorrednern er wähnt, zu den an archäologischen Denkmalen, an archäologi schen Schätzen reichsten Fundstätten. Im nationalen und in ternationalen Vergleich zeichnet sich Baden-Württemberg durch eine außerordentliche Quantität und Qualität der Fund stücke, der Bodendenkmale aus, und zwar dezentral im gan zen Land und nicht nur an einzelnen oder wenigen Stellen. In unseren Böden schlummern unglaublich viele Zeugnisse der Geschichte. Mit dem Obergermanisch-Raetischen Limes im Norden des Landes und den Pfahlbauten am Bodensee haben wir seit 2011 auch zwei archäologische UNESCO-Welterbe stätten – ein internationales Projekt mit internationaler Aus strahlung.
Die zeitlichen Dimensionen, mit denen wir uns beschäftigen – sie sind heute auch schon deutlich geworden –, sprengen ei gentlich unsere menschliche Vorstellungskraft. Wenn wir bei spielsweise die Reste der römischen Baukultur vor etwa 2 000 Jahren mit den vor 40 000 Jahren konstruierten, entwickelten, vielleicht erfundenen Musikinstrumenten oder Kunstwerken vergleichen, sind unsere römischen Funde vergleichsweise modern und neuzeitlich.
Bemerkenswert sind vor allem – die Kollegen haben darauf hingewiesen – die bei uns gefundenen Kunstwerke. Die ältes ten Kunstwerke der Menschheit kommen aus Baden-Würt temberg. Das muss man sich einmal vorstellen. Man könnte also mit Fug und Recht behaupten: Kunst und Kultur sind in Baden-Württemberg erfunden worden. Kunstwerke, die inter nationale Reputation haben und international ausgestellt wer den, sind etwa die „Venus vom Hohle Fels“, ein bekanntes Kunstwerk, das kleine Mammut, der „Löwenmensch“ vom Hohlenstein-Stadel oder auch das kleine Pferd vom Vogel herd, das Frau Kollegin Gurr-Hirsch heute als Schmuckstück um den Hals trägt.
Nicht das Original, aber eine Replik. Ein Bekenntnis der Kollegin zur archäologischen Denkmalpflege. Herzlichen Dank auch dafür.
Die Kunstwerke von damals schmücken also auch heute noch, wie man an diesem Kunstwerk sieht.
Meine Damen und Herren, auch die ältesten Musikinstrumen te der Menschheit wurden in Baden-Württemberg gefunden. Vor 40 000 Jahren eine Flöte zu konstruieren, das war schon eine Leistung. Diese wurde bei uns in Baden-Württemberg er bracht – wirklich bemerkenswert.
Ganz aktuell – auch das wurde schon angesprochen – hat die Kultusministerkonferenz deshalb am 12. Juni in Berlin be schlossen, unsere Höhlen der ältesten Eiszeitkunst auf Platz 1 der deutschen Tentativliste, also der Vorschlagsliste für die UNESCO, zu setzen.
Deutschland kann pro Jahr nur e i n e Stätte zur Anerken nung als UNESCO-Welterbe anmelden und bei der UNESCO anerkennen lassen. Das heißt, es wäre schon ein großer Fort schritt, wenn wir mit dieser Stätte der ältesten Kunst der Menschheit von den bisher vier UNESCO-Welterbestätten zu einer fünften kommen würden. Wir haben bis 1. Februar 2016 Zeit, den Antrag auszuformulieren und weiterzuleiten. Wir werden das natürlich mit Hochdruck tun, Herr Kollege Dr. Bullinger.
An dieser Stelle möchte ich allen Kolleginnen und Kollegen in der Landesarchäologie sehr herzlich danken, die es mit ei ner rein fachlichen Arbeit geschafft haben, einen solchen Er folg zu erzielen. Denn der Fachbeirat, der über die Tentativ liste entscheidet, setzt sich aus internationalen Fachleuten zu sammen. Es gibt in diesem Bereich keine Möglichkeit, irgend wie politisch Einfluss zu nehmen. Das heißt, es muss wirklich fachlich überzeugen, und das ist den Kolleginnen und Kolle gen gelungen. Herzlichen Dank deshalb allen, die an diesem großartigen ersten Etappensieg mitgearbeitet haben.
Ist der Antrag erfolgreich, haben wir neben dem Obergerma nisch-Raetischen Limes und den Pfahlbauten ein drittes ar chäologisches Welterbe, was, wie gesagt, ein großer Erfolg für die Vielfalt der archäologischen Denkmale in unserem Land wäre.
Diese Vielfalt zu schützen, Denkmale für die Nachwelt und die nächste Generation zu sichern ist eine ebenso ehrenvolle wie wichtige Aufgabe, die aber nicht immer einfach ist. Ich möchte darauf hinweisen, dass es immer wieder Konflikte mit der archäologischen Denkmalpflege und auch mit der Bau denkmalpflege gibt, wenn es darum geht, Bauprojekte, die umgesetzt werden sollen, zunächst für einige Wochen anzu halten, um entdeckte Funde zu sichern oder zumindest zu do kumentieren.
Ich denke an den Bereich der Landwirtschaft, wo es Hügel gräber gibt, die durch die landwirtschaftliche Bearbeitung je des Jahr ein Stück mehr abgetragen werden. Dadurch werden Fundstücke nach oben getragen und unter Umständen bei der landwirtschaftlichen Bearbeitung zerstört. Auch dort gibt es immer wieder Konfliktpotenzial, und es ist wichtig, dass Po litik und Verwaltung zur archäologischen Denkmalpflege, zum Erhalt des kulturellen Erbes stehen und darauf bestehen, Fun de zumindest zu dokumentieren, wenn sie schon nicht gesi chert werden können.
Der Stellenwert der Denkmalpflege ist in Baden-Württemberg hoch. Die Bewahrung des kulturellen Erbes ist in der Verfas sung des Landes Baden-Württemberg verankert. Das ist nicht in jedem Bundesland der Fall; auch darauf sei hingewiesen. Das heißt, für uns, die Landesregierung, ist die Bewahrung des kulturellen Erbes ein Verfassungsauftrag und deshalb ei ne wichtige Aufgabe. Die Bedeutung sieht man auch an der
Entwicklung der Mittel, die wir aus dem Wettmittelfonds, al so aus den staatlichen Lotterien, dafür einsetzen.
Sie sind deutlich gestiegen, und zwar von 3,3 Millionen € im Jahr 2011 auf 4,7 Millionen € im Jahr 2014. Das ist wirklich eine hervorragende Entwicklung.
Auch bei der Denkmalförderung für Bau- und Kunstdenkma le, über die Sie auch immer nachrichtlich informiert werden, liegen wir deutschlandweit an der Spitze. Andere Bundeslän der, die Denkmaleigentümer in anderen Bundesländern benei den uns um diese hervorragende Denkmalförderung.
Ich bin zwar nur Staatssekretär, aber ich gestatte sie trotzdem.
Das hätte ich am Schluss gemacht. Sie haben es vorweggenommen, aber ich werde es noch tun.
Neben dem vielen Alltagsgeschäft, das unsere archäologische Denkmalpflege zu bewältigen hat, haben wir natürlich auch regionale Schwerpunkte, Sonderprojekte und Sondergrabun gen, die wir jedes Jahr machen, z. B. im Bereich römischer oder mittelalterlicher Städte, wo wir Sicherungsmaßnahmen vornehmen und auch Forschungsprojekte am Laufen haben.
Wir haben aber auch Großgrabungen, die durch Infrastruktur projekte umgesetzt werden können. Auch darauf haben die Vorredner bereits hingewiesen. Ich möchte als Beispiel das Bahnprojekt Stuttgart–Ulm nennen, ein auch für die Landes denkmalpflege, für die Archäologie wichtiges Projekt, weil wir begleitend zum Bau dieser Bahnstrecke natürlich auch Ausgrabungen vornehmen. Kollege Rivoir hat auf einen durchaus spektakulären Fund hingewiesen – spektakulär nicht aufgrund der Fundstücke, sondern aufgrund der Lage, weil solche Fundstücke dort von den Archäologen eigentlich nicht erwartet wurden und dadurch natürlich auch neue Fragen auf geworfen werden, die durch die weitere Aufarbeitung dieses spektakulären Funds zu beantworten sind.
Heuneburg: Das ist ein Stichwort, das natürlich nicht fehlen darf. In diesem Haus wurde schon vielfach darüber diskutiert. Ich bin – das habe ich schon mehrfach erwähnt – sehr froh und glücklich, dass wir nach jahrelangem Stillstand und der jahrelang offenen Frage, was denn in der Zukunft mit dem Freilichtmuseum passiert, eine Lösung gefunden haben, und zwar im Einvernehmen mit dem Ehrenamt, mit den vor Ort auf der Heuneburg Tätigen.
Wenn unsere Vermutungen stimmen, ist die Heuneburg als Pyrene die älteste Stadt nördlich der Alpen, von einem grie chischen Geschichtsschreiber und Reisenden erstmals erwähnt als einzige Stadt überhaupt nördlich der Alpen. Jetzt möchte ich das berühmte Prädikat einer baden-württembergischen Stadt, die sich „älteste Stadt Deutschlands“ tituliert, ja nicht schmälern, aber die Heuneburg als Pyrene wäre dann tatsäch lich noch älter; sie ist, wenn sie Pyrene ist, tatsächlich die äl teste in einer Karte eingezeichnete Stadt, also die älteste Stadt nördlich der Alpen.
Ein ganz besonderes Projekt der archäologischen Denkmal pflege sind die Pfahlbauten am Bodensee – auch diese möch te ich nicht unerwähnt lassen –, denn es handelt sich dabei um Unterwasserarchäologie. Wir haben tatsächlich auch Taucher im Einsatz, die sich um dieses archäologische Denkmal am Bodensee kümmern, die es erfassen und die dort auch immer wieder – wenn man es so nennen kann – Grabungen durch führen.
Ich bin besonders stolz darauf, dass es uns mit den Pfahlbau ten gelungen ist, ein internationales UNESCO-Welterbe in Ba den-Württemberg zu haben. Denn es ist ein Kooperationspro jekt zwischen Deutschland, der Schweiz, Italien, Frankreich, Slowenien und Österreich. Alle sind an diesem UNESCOWelterbe Pfahlbauten beteiligt. Ich denke, das ist eine groß artige Kooperation, die auch deutlich macht, dass archäologi sche Denkmale natürlich nicht an Grenzen haltmachen. Die Grenzen waren damals eben andere.
Wir werden jetzt gemeinsam daran arbeiten, wie wir, alle die se Länder gemeinsam, dieses archäologische Denkmal, die ses UNESCO-Welterbe entsprechend präsentieren, sodass wir auch international mithalten können, was die Vermittlung die ses Welterbes in der Öffentlichkeit angeht.
Zum Obergermanisch-Raetischen Limes, also der römischen Nordgrenze, dürfen wir im nächsten Jahr ein wunderbares Ju biläum feiern. Er ist seit zehn Jahren UNESCO-Welterbe, ein wichtiges Welterbe. Er war die Nordgrenze des Römischen Reiches. Von seiner Gesamtlänge von 550 km führen 164 km quer durch unser Land.
Also gut: innerhalb Zentraleuropas die Nordgrenze, Herr Kollege Dr. Rösler. Der Hadrianswall war zugegebenermaßen etwas nördlicher. Aber hier auf dem Kontinent war der Ober germanisch-Raetische Limes die Nordgrenze des Römischen Reiches. 164 km davon liegen in Baden-Württemberg. Wir werden auch das erwähnte Jubiläum im nächsten Jahr natür lich gebührend feiern.