Protokoll der Sitzung vom 24.07.2014

Meine Damen und Herren! Ich eröff ne die 106. Sitzung des 15. Landtags von Baden-Württem berg.

Krankgemeldet sind Frau Ministerin Bilkay Öney, Herr Kol lege Bernd Hitzler, Herr Kollege Heribert Rech und Herr Kol lege Marcel Schwehr.

Aus dienstlichen Gründen entschuldigt hat sich Herr Minis ter Peter Friedrich bis 10:00 Uhr.

Meine Damen und Herren, wir haben heute – am letzten Sit zungstag vor der parlamentarischen Sommerpause – zwei Ab geordnete zu verabschieden.

Herr Abg. Grimm hat mit Schreiben vom 25. Juni 2014 mit geteilt, dass er sein Landtagsmandat mit Ablauf des 31. Juli 2014 niederlegen wird.

Herr Grimm gehört dem Landtag seit dem 12. April 2011 an und wirkte als Mitglied im Ausschuss für Europa und Inter nationales sowie im Petitionsausschuss mit. Außerdem war er stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft, im Ausschuss für Umwelt, Klima und Energie wirtschaft sowie im Ausschuss für Verkehr und Infrastruktur.

Ich danke Herrn Grimm für seine wenn auch kurze Tätigkeit hier im Landtag von Baden-Württemberg und wünsche ihm namens der Kolleginnen und Kollegen alles Gute.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Mit Schreiben vom 26. Juni 2014 hat Herr Kollege Manfred Groh mitgeteilt, dass er mit Ablauf des 30. September 2014 sein Mandat niederlegen wird.

Herr Kollege Groh gehört dem Landtag seit dem 12. April 2006 an. In der 14. Wahlperiode engagierte sich Herr Abg. Groh vor allem im Finanzausschuss und – seit Oktober 2007 – im Wirtschaftsausschuss, dem er bis dahin als stellvertre tendes Mitglied angehörte. Weiter wirkte er zu Beginn der Wahlperiode – bis Oktober 2007 – im Europaausschuss mit.

Außerdem gehörte er als stellvertretendes Mitglied dem Stän digen Ausschuss, dem Innenausschuss, dem Landwirtschafts ausschuss, dem Wissenschaftsausschuss und dem Petitions ausschuss an. Darüber hinaus arbeitete Herr Kollege Groh als stellvertretendes Mitglied im Sonderausschuss „Konsequen zen aus dem Amoklauf in Winnenden und Wendlingen: Ju gendgefährdung und Jugendgewalt“ mit.

In der 15. Wahlperiode lag der Arbeitsschwerpunkt unseres Kollegen Groh im Ausschuss für Verkehr und Infrastruktur

sowie im Petitionsausschuss. Als stellvertretendes Mitglied gehörte er dem Ausschuss für Umwelt, Klima und Energie wirtschaft und dem Untersuchungsausschuss „EnBW-Deal“ an.

Mit Herrn Groh verlässt den Landtag ein langjähriger Abge ordneter, der sich für die Anliegen der Bürgerinnen und Bür ger sowie für die Belange von Karlsruhe stets intensiv einge setzt hat.

Lieber Herr Kollege Groh, ich danke auch Ihnen für die gute Zusammenarbeit, für Ihr langjähriges Wirken als Abgeordne ter und wünsche Ihnen für die Zukunft alles Gute, vor allem Gesundheit. Herzlichen Dank für das gute Miteinander.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Damit treten wir in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Heimat und Natur bewahren – die grün-rote Naturschutzstrategie – beantragt von der Frak tion GRÜNE

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 40 Minuten festgelegt – mit der üblichen Abfolge der Rednerinnen und Redner, was die einleitenden Erklärungen und die sich anschließende Aus sprache angeht. Natürlich bitte ich auch die Mitglieder der Landesregierung, sich an den vorgegebenen Redezeitrahmen zu halten.

Schließlich darf ich mit Blick auf § 60 Absatz 4 der Geschäfts ordnung darauf hinweisen, dass im Rahmen der Aktuellen De batte die Aussprache in freier Rede zu führen ist.

Das Wort für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Kollegen Dr. Rösler.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Ganz ohne Biber!)

Sehr geehrter Herr Präsi dent, werte Kolleginnen und Kollegen! „Stop the loss“ hieß es im Jahr 2002, als die Regierungschefs der Europäischen Union festgestellt hatten, dass dem jahrzehntelang anhalten den Schwund an biologischer Vielfalt entgegengewirkt wer den solle und müsse. Das Ziel war, bis 2010 diesem Schwund an biologischer Vielfalt in der gesamten EU entgegenzuwir ken.

2010 stand fest: Kein einziger der 27 EU-Mitgliedsstaaten hat es geschafft, diesem Schwund entgegenzuwirken, und auch

kein einziges der 16 Bundesländer in Deutschland hat es ge schafft – auch Baden-Württemberg nicht –, dieses Ziel zu er reichen.

Die roten Listen werden immer länger.

(Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)

Wenn wir überprüfen, welche Arten davon betroffen sind, se hen wir, dass die Vorkommen einzelner Arten wie Weißstorch, Schwarzstorch und Biber durchaus zunehmen. Die Bilanz ist also nicht nur einseitig. Aber insbesondere der Bestand an Ar ten der Agrarlandschaft geht weiter zurück, Arten wie Feld lerche oder Haussperling, die vielen von Ihnen durchaus ge läufig sind – scheinbare Allerweltsarten. Das ist kein gutes Zeichen. Daher liegt im Zusammenspiel zwischen Landwirt schaft und Naturschutz einer der wichtigsten Schlüssel für ei ne erfolgreiche Naturschutzstrategie.

(Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)

Seit wenigen Tagen, also quasi druckfrisch, liegt die „Natur schutzstrategie Baden-Württemberg“ vor. Dieser Text ist ei ne Kurzfassung und damit für viele Menschen, die sich dafür interessieren, auch etwas leichter verdaulich. Hinterlegt ist ei ne noch viel umfangreichere Strategie mit sehr vielen konkre ten Maßnahmen und Vorschlägen, die wir in dieser und natür lich auch in der nächsten Legislaturperiode umsetzen möch ten.

Damit legt Baden-Württemberg eine wichtige, eine essenzi elle Grundlage vor, wie wir die biologische Vielfalt im Land erhalten wollen. Im Gegensatz zu der von CDU und FDP/DVP getragenen Vorgängerregierung distanzieren wir uns mit die ser Strategie auch nicht von der nationalen Biodiversitätsstra tegie, sondern wir integrieren das, was auf der nationalen Ebe ne formuliert wurde.

Ein immer wieder diskutiertes Beispiel ist der Anteil von 5 % Waldwildnis, von 5 % der Waldflächen in Deutschland, die sich natürlich entwickeln dürfen. Wir Grünen und die Kolle gen von der SPD standen und stehen zu diesem Ziel.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Wir setzen uns auch für dessen Umsetzung ein.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Die CDU und die FDP/DVP in Baden-Württemberg stehen bis heute leider nicht dazu, und dies, obwohl selbst die Kanz lerin geradezu mantrahaft das Ziel eines Anteils von 5 % Waldwildnis verkündet.

Ein wichtiger Baustein hierfür ist übrigens der Nationalpark Nordschwarzwald.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Genau!)

Auch da bewegt sich die CDU in Baden-Württemberg in gro ßen Teilen hinter der Debatte her und sinniert, wie ich in der letzten Woche in Baiersbronn hören durfte, als ich dort am Wochenende meinen Urlaub verbrachte,

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

in Hinterzimmern noch immer über ein Konzept, das bei der Nationalparkdebatte ins Hintertreffen geraten ist. Einzelne, versprengte CDUler debattieren tatsächlich noch immer über einen Nationalpark, Herr Hauk, der internationalen Kriterien nicht genügt und der genauso wenig den nationalen Kriterien entspricht, die Sie selbst 2008 mit abgezeichnet haben.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das ist ja aller hand! – Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)

Grün-Rot hingegen richtet den Blick nach vorn. Wir haben Wert auf eine moderne, auf eine innovative Strategie mit neu en Aspekten gelegt, auf eine Strategie, die im Gegensatz zur Fassung unter der Vorgängerregierung aus dem Jahr 2011, die viele wichtige Bausteine enthielt,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig!)

auch neue Themen mit aufgreift. Eine Kapitelüberschrift lau tet: „Naturverträgliches Leben und Wirtschaften“. Denn wir, Grün-Rot, verbinden Ökologie mit Ökonomie. Wir von GrünRot sind diejenigen, die Themen wie Business und Biodiver sity in die Strategie integriert haben. Ausgerechnet die Partei en, die sich sonst sehr gern damit brüsten, Wirtschaftskompe tenz zu besitzen, haben bei der alten Fassung der Naturschutz strategie bei dem Thema Ökonomie versagt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)

Wir haben Botschaften und Ziele formuliert zu „Wirtschaft und Unternehmen pro Natur“, „Naturschutzökonomie, Natur schutzmarketing“, zu diesem weltweiten, globalen TEEB-Be richt – The Economics of Ecosystems and Biodiversity –,

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

der die ökonomischen Aspekte der biologischen Vielfalt auf greift.

Wir möchten ein TEEB für Baden-Württemberg mit erarbei ten,