Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich Herr Mi nisterpräsident Kretschmann ab 15:30 Uhr, Herr Minister Friedrich und Herr Minister Hermann für heute Nachmittag sowie ab ca. 15:00 Uhr Herr Minister Gall.
Aktuelle Debatte – Wohnungsnot – die Notwendigkeit ei ner konzertierten Politik gegen einen gesellschafts- und familienpolitischen Missstand – beantragt von der Frak tion der SPD
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben die heutige Ak tuelle Debatte unter den Titel „Wohnungsnot – die Notwen digkeit einer konzertierten Politik gegen einen gesellschafts- und familienpolitischen Missstand“ gestellt. Dass es diesen Missstand gibt, zeigt die Lebenswirklichkeit, zeigen aber auch viele Studien.
Ich beziehe mich jetzt im Wesentlichen auf eine Studie, die die Bertelsmann Stiftung bei der empirica AG in Auftrag ge geben hat. Was man da liest – auch über Baden-Württemberg –, lässt einen schon zusammenzucken. Ich nehme jetzt einmal die Stadt Freiburg als Beispiel. Dort liegt die Armutsschwel le für Familien bei 1 564 €, die mittlere Mietbelastung bei 780 €. Es bleiben noch 784 € übrig; die Hälfte des Einkom mens geht hier für Miete und Nebenkosten verloren. Die Kon sequenz daraus ist – das ist das, was mich beim Lesen der Stu die am meisten hat zusammenzucken lassen –, dass gerade einmal 1 % der Wohnungen, die in Freiburg auf dem Markt verfügbar sind, für diese Menschen erschwinglich sind.
Das zeigt sehr deutlich, dass hier gehandelt werden muss und dass auch in vielen baden-württembergischen Städten, in de nen es nicht ganz so dramatisch, aber auch problematisch ist, gehandelt werden muss. Vor diesem Hintergrund glaube ich, dass wir heute mit dieser Aktuellen Debatte auch ein wirklich aktuelles gesellschaftspolitisches Thema auf die Tagesord nung gesetzt haben.
Dieses Problem wird natürlich auch dadurch ausgelöst, dass in unserem Land die Zahl mietpreisgebundener Wohnungen dramatisch absinkt. Ich erinnere an die Renaissance des sozi alen Wohnungsbaus während der Großen Koalition zwischen 1992 und 1996 unter dem damaligen Wirtschaftsminister Die ter Spöri. Damals hat man der Landesregierung Ausgabener mächtigungen über 480 Millionen € gegeben. Am Ende der Regierungszeit von Schwarz-Gelb, im Jahr 2011, waren es noch 48 Millionen €, also gerade einmal 10 % davon.
Wenn man diese Zahlen mit den Zahlen in anderen Bundes ländern – Bayern oder Nordrhein-Westfalen – vergleicht, stellt man fest, dass dafür in Baden-Württemberg unter SchwarzGelb im Vergleich zu Bayern pro Kopf nur die Hälfte bzw. im Vergleich zu Nordrhein-Westfalen nur ein Viertel zur Verfü gung gestellt wurde. Ich glaube, es ist daher wichtig und gut, dass diese grün-rote Landesregierung den sozialen Wohnungs bau in Baden-Württemberg wiederbelebt.
Wir hatten bei diesem Programm bei uns in Baden-Württem berg schon lange Zeit einen guten Abfluss, insbesondere bei der sozialen Eigentumsförderung. Wir sind sehr froh – genau ere Zahlen wird der Minister nachher sicherlich noch darstel len –, dass seit der Genehmigung des Programms durch die EU auch im sozialen Mietwohnungsbau die Mittel abgenom men werden. Ich glaube, das Signal, das in diesen Tagen an die Familien in unserem Land geht, dass eben Wohnraum Stück für Stück wieder erschwinglich werden wird, ist ein starkes Signal. Das wird zwar nicht von heute auf morgen pas sieren – diese Wohnungen müssen logischerweise erst noch gebaut werden –, aber wir sind hier absolut auf dem richtigen Weg.
Wir haben hier in Baden-Württemberg auch innovative Pro gramme vorangebracht. Ich nenne als Beispiel die Wohnei gentumsförderung. Die Eigentümergemeinschaften hatten Riesenprobleme, überhaupt an Kredite zu kommen. Wir ha ben diese erst einmal besichert und stellen jetzt an dieser Stel le sowohl für Sanierungen im energetischen Bereich als auch
für den altersgerechten Umbau noch Kredite zur Verfügung – mit einem Zinssatz von 0,0 %; besser geht es nicht. Wir er gänzen das Ganze jetzt noch um eine Förderung für den Er werb von Genossenschaftsanteilen für selbst genutztes Wohn eigentum. Dabei müssen die Menschen zum Teil auch fünf stellige Beträge hinlegen; auch diese müssen im Zweifelsfall besichert werden.
Vor diesem Hintergrund freue ich mich sehr, dass wir dieses gute Programm in den nächsten Jahren noch besser machen werden und daher hier in Baden-Württemberg auf einem gu ten Weg sind.
Inzwischen gibt es im Wohnungsbau wieder ordentliche Fer tigstellungszahlen. Etwa 20 000 Wohneinheiten waren es vor drei, vier Jahren; heute sind es 35 000. Das ist immer noch nicht das, was es in den Neunzigerjahren gab und was wir ei gentlich erreichen müssen. Aber wir sind hier in Baden-Würt temberg auf einem guten Weg.
Aber – das freut uns noch mehr – wir sind jetzt auch in der Bundespolitik auf einem guten Weg. Wir freuen uns sehr, dass die Wohnbaufördermittel verstetigt wurden – 518 Millionen € jährlich – und dass die Kappungsgrenze bestehen bleibt, mit der man die Mietpreissteigerungen in Gebieten mit Woh nungsmangel innerhalb von drei Jahren von 20 auf 15 % sen ken kann.
Wir freuen uns insbesondere darüber, dass eine Mietpreis bremse für Gebiete mit nachgewiesen angespannten Woh nungsmärkten kommen wird. Die Gesetzgebung wird laufen.
Die Modernisierungsumlage wird vom Bund von 11 auf 10 % gesenkt werden. Das ist, glaube ich, vor dem Hintergrund der heutigen Zinssätze auch gegenüber den Investoren vertretbar.
Ich kann nur sagen: Es ist gut, dass die SPD im Land und im Bund regiert und auf beiden Ebenen den für Wohnungsbau zuständigen Minister bzw. die zuständige Ministerin stellt.
Ich glaube, dass dieses Thema gut angegangen wird, bedan ke mich aber auch ganz herzlich bei unserem Koalitionspart ner im Land, den Grünen, für die gute Zusammenarbeit. Ich bin genauso überzeugt, dass das mit Schwarz-Rot auf Bun desebene in den nächsten Jahren auch gut werden wird.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Her ren! Für die CDU-Landtagsfraktion haben die Wohn- und die Lebensqualität der Mitmenschen in Baden-Württemberg ei nen sehr hohen Stellenwert. Ausreichender bezahlbarer Wohn raum in ansprechender Qualität ist unerlässlich, und auf ein entsprechendes Angebot hinzuwirken ist Aufgabe aller Land tagsfraktionen und der Regierung in unserem Land.
Die neue unionsgeführte Bundesregierung unter der Führung unserer Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel legt den Bundes
ländern eine wohnungsbaupolitische Steilvorlage vor. Der vor gelegte Koalitionsvertrag sieht einen wohnungsbaupolitischen Dreiklang vor: Stärkung der Investitionstätigkeit, Weiterfüh rung des sozialen Wohnungsbaus und eine ausgewogene miet rechtliche und sozialpolitische Komponente. Dies sind, mei ne ich, wichtige und richtige Maßnahmen zur Bekämpfung der Wohnungsknappheit für alle gesellschaftlichen Gruppen.
Meine Damen und Herren, der Bund sollte auch für die grünrote Landesregierung in Baden-Württemberg Vorbild sein. Nicht einzelne Maßnahmen, sondern Baupolitik aus einem Guss – das ist die Lösung für mehr bezahlbare Wohnungen.
Baden-Württemberg, das bisher stolze Land der Häuslebauer und Wohneigentümer, entwickelt sich unter Grün-Rot im Be reich des Wohnungsbaus zu einem Entwicklungsland.
Sie, meine Damen und Herren, haben in Ihrer zweieinhalb jährigen Regierungszeit nur einzelne Maßnahmen ergriffen, Maßnahmen, welche Bauwillige – Häuslebauer und Woh nungsbauinvestoren – verschrecken: Das Landeswohnraum förderungsprogramm ist hoch gestartet, aber laut Experten ein völliger Flop; die Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes auf 5 % erschwert den jungen Familien, Wohnungen zu kaufen; Verknappung bebaubaren Raums durch Maßnahmen des Ver kehrsministeriums, die geplante Novelle der Landesbauord nung, die geplante Verschärfung des Erneuerbare-Wärme-Ge setzes, die beschlossene Umwandlungsverordnung und – heu te Nachmittag werden Sie es mit Ihrer Mehrheit durchsetzen – das umstrittene Zweckentfremdungsverbotsgesetz, all das sind einzelne Giftpfeile für den Wohnungsbau.
Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, ich freue mich, dass Sie endlich die Notwendigkeit einer konzer tierten Wohnungsbaupolitik einsehen und heute eine Aktuel le Debatte hierüber beantragt haben. Aber bitte richten Sie dann auch Ihre Politik danach aus. Mehr Ziegelsteine und we niger Bürokratie – das schafft Wohnungen.
Das schafft zufriedene und glückliche Mitmenschen sowie Mitbürgerinnen und Mitbürger, welche Wohnraum suchen.
Um dieses große Ziel einer ausreichenden Zahl bezahlbarer Wohnungen zu erreichen, muss die Politik positive Rahmen bedingungen schaffen, um den Neubau zu forcieren und zu stimulieren. Des Weiteren muss sie Anreize schaffen, damit sanierungsbedürftige Wohngebäude umfassend modernisiert werden. Dies hilft zum einen dem Klimaschutz und schützt zum anderen den Mieter vor steigenden Nebenkosten, welche sich stetig zur zweiten Miete entwickeln.
Die Politik – das sind die Regierung und die Landtagsfrakti onen –, die Wohnungsbauwirtschaft, die Mieterverbände, die kommunalen Landesverbände und das baden-württembergi sche Handwerk: Nur gemeinsam können wir der drohenden Wohnungsknappheit begegnen, indem wir den Wohnungsbau ankurbeln durch einfache und zielgerichtete Landesförderpro gramme für den sozialen Wohnungsbau, auf jeden Fall besser als das Programm aus dem Jahr 2012, sowie durch verbesser te Eigenheimprogramme für junge Familien, denn Eigentum schützt vor Altersarmut. Wichtig ist auch die Ausweisung von Bauland; denn Wohnraum kann nur dort entstehen, wo genü gend Bauland für Mietwohnungsbau, Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser ausgewiesen wird. Die Attraktivität des ländlichen Raums muss gestärkt werden.
Wie erreichen wir dies? Durch verbesserte Infrastruktur, ver besserte Verkehrsnetze, ÖPNV, verbesserte Breitbandversor gung, schnelles Internet, gute Bildung im ländlichen Raum, sichere Arbeitsplätze für qualifizierte Menschen, Nahversor gung durch genossenschaftliche Dorfläden. Diese Maßnah men, meine Damen und Herren, sorgen dafür, dass das Woh nen im ländlichen Raum gerade auch für junge Familien wie der attraktiver wird.