Protokoll der Sitzung vom 22.05.2014

Meine Damen und Herren! Ich eröff ne die 100. Sitzung des 15. Landtags von Baden-Württem berg.

Urlaub für heute habe ich Frau Staatsrätin Gisela Erler erteilt.

Krankgemeldet sind Kollegin Anneke Graner und Kollege Karl-Wolfgang Jägel.

Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich Herr Mi nisterpräsident Kretschmann ab 13:00 Uhr, Frau Ministerin Altpeter, Frau Ministerin Krebs ab 14:30 Uhr, Herr Minister Bonde ab 15:00 Uhr, Herr Minister Friedrich, Herr Minister Dr. Schmid ab 14:00 Uhr, Herr Minister Stickelberger, Herr Minister Untersteller.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Sagen Sie doch einfach, wer da ist!)

Ich begrüße die anwesenden Vertreterinnen und Vertreter der Landesregierung auf das Herzlichste.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Kollegin Bärbl Mielich hat heute Geburtstag.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Im Namen des ganzen Hauses darf ich Kollegin Mielich herz lich gratulieren und ihr alles erdenklich Gute wünschen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Arnulf Freiherr von Eyb CDU)

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Herr Innenminister, wurde die neuer liche Ausschreibung der Polizeipräsidenten auf Ihre Wunschkandidaten zugeschnitten? – beantragt von der Fraktion der FDP/DVP

Das Präsidium hat die übliche Gesamtredezeit von 40 Minu ten festgelegt mit der üblichen Aufteilung auf die einzelnen Fraktionen, wobei ich auch die Regierung bitte, sich an den vorgegebenen Redezeitrahmen zu halten.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Professor Dr. Goll von der Fraktion der FDP/DVP.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Ich glaube, zu Beginn dieser Aktuel len Debatte können wir erst einmal das Fragezeichen aus dem Titel streichen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Zuruf von der SPD: Unglaublich!)

Denn dass bei der zweiten Runde der Bewerbungen um die Spitzenämter bei der Polizei das Ergebnis von vornherein be einflusst werden sollte, steht fest. Das ist durch den E-MailVerkehr, den wir alle in der Presse lesen konnten, mittlerwei le klar.

Meine Damen und Herren, es war ja ein naheliegender Ver dacht der Opposition, dass es da auch beim zweiten Mal nicht mit rechten Dingen zugeht und man der Verlockung nicht wi derstehen kann, es so zu machen, dass möglichst das Gleiche herauskommt wie beim ersten Mal – beflügelt auch durch ei ne prekäre, hochgefährliche Äußerung des Ministers, dass beim zweiten Mal nichts anderes herauskommen wird als beim ersten Mal. Auf einem solchen Nährboden kann ja leicht ein Verdacht entstehen. Aber es ist kein Verdacht mehr, es ist Gewissheit. Es war so. Hinter den Kulissen lief ein abgekar tetes Verfahren mit dem Ziel, dass bei der zweiten Runde nichts anderes herauskommen soll als bei der ersten.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Thomas Blenke CDU: Unglaublich!)

Das, meine Damen und Herren, ist schon ein unglaublicher Vorgang. Man muss sich das einmal vor Augen führen: Es gab ein Bewerbungsverfahren, ein erstes Besetzungsverfahren, das an dem schweren Fehler litt, dass keine Beurteilungen vorla gen und insofern die Entscheidung nicht nachprüfbar war. Das hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit einem Urteil so krass klargestellt, wie es eigentlich in der Geschichte schon ziemlich neu war. Es hat also wirklich mit dem großen Knüp pel deutlich gemacht: So geht es nicht.

Nun hätte doch vielleicht jeder von uns gesagt: „Jetzt machen wir ein blitzsauberes Verfahren, an dem keiner auch nur das Geringste aussetzen kann, an dem alles wasserdicht ist.“ So hätten Sie es gemacht, so hätten wir alle es gemacht. Passiert ist es nicht.

Passiert ist etwas ganz anderes, nämlich dass man mit einer ziemlich erschütternden Hartnäckigkeit nur versucht hat, das Urteil des Verwaltungsgerichts zu unterlaufen,

(Abg. Martin Rivoir SPD: Umzusetzen!)

um zum gleichen Ergebnis zu kommen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, lieber Herr Minister, ich weiß nicht, was einen an diesem Vorgang mehr erschüttert: diese Hartnäckigkeit, diese Blindheit gegenüber dem Hinweis des Verwaltungsgerichts, diese Haltung „Das kriegen wir trotz dem hin“ oder aber der zweite Punkt, der fast noch wichtiger ist, dass Sie mit dieser Haltung auf mittlere und lange Sicht die Funktionsfähigkeit der Polizei in Baden-Württemberg ge fährden.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Thomas Blenke CDU: Das ist der ent scheidende Punkt! – Zuruf von der SPD: Quatsch!)

Sie konnten uns schon in der Ausschusssitzung nicht genau sagen, wann dieses Verfahren zu Ende ist, wenn es ordentlich läuft.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Wer weiß denn das?)

Jetzt steht ein Verfahren im Raum, das umgeben ist vom bei ßenden Geruch der Rechtswidrigkeit. Dieses Verfahren, das jetzt läuft, ist von vornherein wurmig. Es sieht doch schon jeder, dass darin wieder die größten Risiken liegen. Damit gefährden Sie die Funktionsfähigkeit der Polizei auf mittle re und lange Sicht. Das ist das eigentlich Schlimme an dem Vorgang.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Wie sehr wir an der Nase herumgeführt wurden, zeigt übri gens noch folgendes Glanzlicht negativer Art, Stichwort Ein satzerfahrung. Lieber Herr Minister, Sie haben den Ausschluss der Juristen aus der Bewerberrunde, den ich nicht für beson ders intelligent halte,

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

damit begründet, dass die Juristen keine Einsatzerfahrung hät ten. Gleichzeitig wissen wir jetzt, dass Sie sich nicht getraut haben, „Einsatzerfahrung“ in die Ausschreibung hineinzu schreiben, weil diese Einsatzerfahrung Ihren Kandidaten zum großen Teil ebenfalls fehlt. Da kann man sich nur noch ver äppelt fühlen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Das ist doch dreist, uns so hinters Licht zu führen und an der Nase herumzuführen.

Deswegen sage ich: Lieber Herr Innenminister, man kann ei nen Fehler machen. Man kann auch einen dicken Fehler ma chen. Wenn dann aber immer noch keiner auch nur das Ge ringste lernt und begreift, wenn sich daraus die groteske Situ ation ergibt, dass die Funktionsfähigkeit der Polizei in BadenWürttemberg vor allem von Teilen der Polizeispitze selbst und des Innenministeriums gefährdet und in Mitleidenschaft ge zogen wird, dann würde ich mir als zuständiger Minister lang sam, aber sicher schon die Frage stellen: Bin ich eigentlich selbst in der Lage, mein Amt so zu führen, wie es sich gehört und wie es erwartet werden kann?

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Lieber Herr Innenminister, Sie haben jetzt im Rahmen dieser Debatte die Gelegenheit, uns zu erklären, warum Sie das ge gebenenfalls anders sehen.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Für die CDU-Fraktion spricht Kol lege Thomas Blenke.

Herr Präsident, werte Kollegin nen und Kollegen! Der Fehlstart der Polizeireform wird zur Dauerkrise. Dieser Schlamassel wird für immer mit dem Stempel stümperhafter grün-roter Innenpolitik versehen sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Martin Rivoir SPD: Freie Rede!)

Heute ist der nächste Akt der Tragödie: erneut Fehler bei der Stellenbesetzung. Dabei ist das zuständige Innenministerium doch eigentlich das Beamtenrechtsministerium. Es müsste Ih nen, sehr geehrter Herr Minister, und Ihrem Haus also klar sein, dass hemdsärmelige Besetzungen rechtswidrig sind, dass das nicht nach Gutsherrenart geht. Spätestens jetzt müsste größte Sorgfalt an den Tag gelegt werden.

Eines ist uns wichtig: Für uns ist unstreitig, dass die ursprüng lich ausgewählten Beamten ohne Zweifel alle das Zeug zum Präsidenten oder zum Vizepräsidenten haben.

(Zuruf von der SPD: Aha! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Jetzt auf einmal! Späte Erkenntnis, Herr Kol lege!)

Zuhören!

Die alles entscheidende Frage, lieber Herr Kollege Schmie del, ist aber: Bekommen weitere, ebenfalls unzweifelhaft ge eignete Beamte eine Chance, da überhaupt mitzumachen? Das ist die entscheidende Frage.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)