Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich Herr Mi nister Friedrich und ab 11:00 Uhr Frau Staatsrätin Erler.
Meine Damen und Herren, eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt vervielfältigt auf Ihren Tischen. Sie neh men davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvor schlägen zu. – Es ist so beschlossen.
20. September 2013 – Vierteljährliche Unterrichtung über Steuerein gänge und Staatsausgaben (Beschlüsse des Landtags vom 15. März 1973, Drucksache 6/1993, und vom 20. Dezember 1973, Drucksache 6/3910 Ziff. II Nr. 6); Bericht für das Haushaltsjahr 2013 (Januar bis Juni) – Drucksache 15/4081
71/13 – Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz zu dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag und zu dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder sowie gegen das Landesglücksspielgesetz
über Staatsvertragsentwürfe; hier: Entwurf des Vertrages des Landes Baden-Württemberg mit dem Verband Deutscher Sinti und Roma, Landesverband Baden-Württemberg e. V. – Drucksache 15/4128
Aktuelle Debatte – Ausbau der direkten Demokratie – of fen diskutieren, zeitgemäß ausgestalten – beantragt von der Fraktion der FDP/DVP
Das Präsidium hat für die Aktuelle Debatte eine Gesamtrede zeit von 40 Minuten festgelegt. Für die einleitenden Erklärun gen und für die Redner in der zweiten Runde gilt jeweils ei ne Redezeit von fünf Minuten. Ich darf auch die Mitglieder der Landesregierung bitten, sich an den vorgegebenen Rede zeitrahmen zu halten.
Mit Blick auf § 60 Absatz 4 der Geschäftsordnung bitte ich Sie, die Aktuelle Debatte in freier Rede zu führen.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Ich glaube, wir alle sind uns in die sem Raum völlig einig, dass es sich jederzeit lohnt, darüber nachzudenken und daran zu arbeiten, wie wir die Bürgerin nen und Bürger noch besser in das Geschehen der Politik ein beziehen können, wie wir die Beteiligung optimieren können – gerade in einer Zeit, in der sich viele Menschen, ob nun im mer berechtigt oder nicht, eher von der Politik abwenden. Das ist die Ausgangssituation.
Zur Ausgangssituation gehört aber auch, dass es wohl noch nie so gute Handlungsmöglichkeiten gab wie jetzt, dass es noch nie so gute Möglichkeiten gab, sich bei diesem Thema zu einigen, zu einem Kompromiss zu kommen und etwas ge meinsam zu machen.
Ich möchte an dieser Stelle sagen: Nach unserer Meinung kann und soll diese Debatte nicht dazu dienen, dass wir die Handlungsspielräume, die vorhanden sind, durch Festlegun gen eher einschränken; wir werden das nicht tun, auch ich werde das nicht tun. Es ist eine Debatte, die, glaube ich, im Großen und Ganzen – abgesehen von Fragen der Durchfüh rung – zu einem Konsensthema geführt wird. Wer gern eine kontroverse Debatte hat, den darf ich auf den Tagesordnungs punkt 2 verweisen.
An dem Thema Bürgerbeteiligung arbeiten wir in einer inter fraktionellen Arbeitsgemeinschaft. Die FDP/DVP hat zu die sem Thema drei Gesetzentwürfe eingebracht, deren weitere Behandlung aber vorläufig ausgesetzt, weil wir abwarten wol len, ob es nicht doch klappt, in dieser interfraktionellen Ar beitsgemeinschaft zu Ergebnissen zu kommen. Diese Arbeits gemeinschaft braucht aber – das ist der Hintergrund der De
batte – nicht immer hinter verschlossenen Türen zu tagen; es wäre geradezu ein bisschen paradox, wenn wir gerade dieses Thema „Beteiligung der Bürger“ sozusagen als Geheimsache behandeln würden. Deswegen ist diese Debatte sinnvoll und kann hilfreich sein.
Bei diesem Thema geht es um drei große Bereiche – es ist sicher sinnvoll, das Thema so zu unterteilen –: erstens frühzeitige Bürgerbeteiligung, zweitens Bürgerentscheide auf Landesebene, drittens Bürgerentscheide auf kommunaler Ebene. Das sind die drei Themenkomplexe.
Wenn wir uns diese Themenkomplexe im Einzelnen anschau en, fällt auf, dass eigentlich alle für eine frühzeitige Bürger beteiligung sind. Alle halten es für richtig, darüber nachzu denken, wie man die Bürger frühzeitig beteiligt. Paradoxer weise kommt das Geschehen deshalb nicht voran, weil der da zugehörige Leitfaden nicht über die Ziellinie kommt, weil er schlicht und einfach nicht fertig wird. Das ist schon ein er staunliches Problem. Wir nehmen wahr, dass das diesbezüg liche Verfahren innerhalb der Landesregierung offensichtlich nicht ideal ist. Darüber muss man sich wirklich Gedanken ma chen. Es wirkt – wenn ich es höflich, vornehm ausdrücken darf – ein bisschen unprofessionell.
Wir haben auch den Eindruck, dass zu wenig miteinander ge redet wird. Es ist zwar sehr schön, wenn man, wie in meinem Fall, angeboten bekommt, sich zu beteiligen – ich bedanke mich für das Angebot –, aber noch besser, als frühere Minis ter zu beteiligen, wäre es, wenn man sich mit derzeitigen Mi nistern ausreichend unterhalten würde, damit dieser Leitfaden in eine Form kommt, in der er tatsächlich auch praktiziert werden kann. Denn es wäre schade, wenn das Vorankommen beim Thema „Frühzeitige Bürgerbeteiligung“ dadurch beeinträch tigt würde.
Ich stelle fest, welche Anforderungen nach meiner Ansicht für frühzeitige Bürgerbeteiligung erfüllt werden sollten.
Erstens muss aus dem Leitfaden hervorgehen, welche Lasten privaten Vorhabenträgern auferlegt werden. Es darf auf kei nen Fall passieren, dass eine Behörde sagt: „Das war eine um fangreiche frühzeitige Beteiligung, und das mittelständische Unternehmen, das eine Erweiterung plant, zahlt das Ganze.“ Das geht nicht. Sie, Frau Staatsrätin Erler, haben freundlicher weise in den letzten Sitzungen gesagt, das sei klar. Ich halte es nach dem Wortlaut noch nicht für hundertprozentig klar. Aber wenn es tatsächlich klar ist, dann ist es gut.
Noch besser wäre es, wenn dieser Leitfaden für die Verwal tung wirklich handhabbar ist. Wir haben eigentlich immer noch unsere Zweifel, ob die Vorschrift in der vorliegenden Form vernünftig umsetzbar ist. Man kann eigentlich nur ap pellieren, möglichst schnell unter gebührender Beteiligung – eben auch unter Beteiligung des Innenministeriums, dem Haupt betroffenen von Verwaltungsfragen – eine umsetzbare Vari ante ins Spiel zu bringen; denn das sollte das Vorankommen des Verfahrens nun nicht gefährden.
Der zweite Teil betrifft die Bürgerentscheide auf Landesebe ne. Dabei geht es im Grunde genommen zunächst um ein The ma, zu dem ich gern mit Erlaubnis des Präsidenten den Prä sidenten zitieren würde.
Leider habe ich Ihr Manu skript nicht. Sie, Herr Präsident, haben vor zwei Tagen beim 150-Jahr-Jubiläum der Verwaltungsgerichtsbarkeit eigentlich meine heutige Rede zur Bürgerbeteiligung komplett vorweg genommen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von der SPD: Was? – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Ghost writer! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Redezeit be endet! Nächster! – Weitere Zurufe)
Wahrscheinlich kann ich die „präsidiale Summe“ dieses The mas gar nicht so parteiübergreifend ausdrücken, wie Sie es dort getan haben. Sie haben zu Recht als Erstes die Volksini tiative erwähnt; in diesem Thema sind wir uns auch einig. Die Volksinitiative ist eine neue Möglichkeit, dass die Menschen das Parlament mit einem Thema befassen; wir, das Parlament, können dann immer noch Ja oder Nein sagen, aber wir müs sen uns damit beschäftigen. Das halte ich für eine gute Idee. Dafür sollte man die Schwelle nicht zu hoch ansetzen. 50 000 Unterschriften wären nach unserer Meinung ein diskutabler Wert. Die Volksinitiative sollte auf jeden Fall kommen; wir sollten sie hinbekommen.
Ferner gibt es natürlich die heikle Diskussion über die Quo ren. Unter Umständen muss man bereit sein, sich ein bisschen zu bewegen. Wir, die liberale Fraktion, sind vielleicht in der glücklichen Lage, dass wir schon immer einen Mittelweg vor geschlagen haben. Es gibt ziemlich extreme Positionen, die vielleicht auch mit der damaligen Oppositionsrolle der heute regierenden Fraktionen erklärbar sind, weil man damals na türlich immer noch etwas Weitgehenderes bieten musste, näm lich z. B., die Quoren ganz abzuschaffen; das würde, glaube ich, der Demokratie nicht unbedingt guttun. Denn es gibt auch sehr viele Menschen, die sich auf die repräsentative Demo kratie verlassen, und das sind auch nicht die schlechtesten Bürgerinnen und Bürger.
Da muss man schon die Gefahr sehen, dass sie alle naselang schauen müssten, dass sie nicht irgendeine Abstimmung ver passen, bei der sonst vielleicht 20 Leute irgendetwas beschlie ßen würden, was ihnen gerade gefällt. Dass in der Abschaf fung von Quoren Gefahren liegen, sollte, glaube ich, klar sein.
Bei den Quoren – um es an dieser Stelle abzukürzen – war man zum Schluss in dem Bereich von etwa 10 % für das Volksbegehren und 20 % für den Volksentscheid angelangt. Ich weiß, dass dies von den Regierungsfraktionen einiges an Bewegung verlangt. Ich würde mich aber trotzdem freuen, wenn man sich bei den Quoren in diesem Bereich treffen könnte, bevor letztlich wieder gar nichts zustande kommt.
Der dritte Bereich sind die kommunalen Entscheide. Auch da geht es immer wieder um die Frage „Was kann Gegenstand sein, was kann nicht Gegenstand sein?“ und wiederum um die Frage der Quoren. Wir sind uns Gott sei Dank einig, dass über öffentliche Abgaben nicht vom Volk abgestimmt werden soll te. Das ist jetzt im Negativkatalog enthalten. Ich glaube, öf
fentliche Abgaben und Kosten sind geradezu ein Paradebei spiel dafür, dass man den Gemeinderat braucht, weil nur die ser natürlich den Überblick über die ganze Finanzierung hat und die Gefahr riesengroß ist, dass ohne dessen Einbeziehung nur ein Stück herausgebrochen wird und dann der Rest nicht stimmt. Punktuell das Volk über Abgaben abstimmen zu las sen ist, glaube ich, nicht sinnvoll und wird hier auch nicht wirklich gefordert und verfolgt.
Anders ist es bei der Bauleitplanung. Wir werden sicherlich noch weitere Diskussionen darüber zu führen haben, ob man die Bauleitplanung da ganz herauslässt, wofür natürlich eini ges spricht, oder ob man zumindest Teile der Bauleitplanung entscheidfähig macht. Das ist aber für mich schon fast eher eine Frage der Feinarbeit und nicht das ganz grundsätzliche Problem.
Schwieriger wird es dann wieder bei den Quoren. Ich stelle fest – ich weiß nicht, wie es Ihnen geht –, dass hier doch quer durch die Fraktionen auch die Bedenken vorhanden sind, dass man die Stadträte, die Gemeinderäte nicht allzu sehr entmün digen sollte.